Von Aton zu Jahwe?

Woran die Chinesen glauben, ist mir im Augenbllick nicht präsent. Gibt es da auch einen Polytheismus?


Das kommt darauf an, welcher Lehre sie jeweils anhängen, falls sie überhaupt religiös sind. Zum Taoismus (in seiner volkstümlichen Variante) gehört ein unübersichtlicher Götterhimmel, im Buddhismus spielen die Götter eine untergeordnete Rolle, da es Wichtigeres gibt, als sich um irgendwelche Götter zu kümmern, und für den Konfuzianismus gilt im Prinzip dasselbe. Der Konfuzianismus kennt das Konzept des "Himmels", einer eher unpersönlichen allumfassenden Wirkkraft; mit dem Monotheismus jüdisch-christlich-islamischer Prägung hat dieses Konzept aber wenig gemeinsam.

Klammer zu.

Weitermachen!
 
Hyokkose hat das oben sehr schön und knapp umrissen: "Im Buddhismus spielen die Götter eine untergeordnete Rolle, da es Wichtgeres gibt, als sich um die Götter zu kümmern."

Der Buddhismus ist eine Heilslehre, bei der es darum geht, welchen Weg der Mensch beschreiten muss, um den Zustand des endgültigen Erlöschens und somit das "Nirwana" zu erreichen, in das der Erlöste eingeht. Dafür gibt es den Grundsatz der "vier edlen Wahrheiten", d.h. Heilswege, denen der nach Erlösung strebende Mensch folgen muss.

Hinsichtlich der Gottesvorstellungen zeigte sich der Buddhismus sehr tolerant, indem er weder den Brahmanismus als Religion, noch die Glaubensformen in anderen Ländern Asiens bekämpfte, die er als missionierende Weltreligion dort vorfand.
 
Hinsichtlich der Gottesvorstellungen zeigte sich der Buddhismus sehr tolerant, indem er weder den Brahmanismus als Religion, noch die Glaubensformen in anderen Ländern Asiens bekämpfte, die er als missionierende Weltreligion dort vorfand.


Ich möchte hinzufügen, daß der Buddhismus sogar einige indische Götter im Schlepptau mit nach China gebracht hat. Von dort aus wurden sie (in chinesischer Gewandung) weiter nach Japan exportiert.

Auf die Schnelle herbeigegoogelt:

Die Wächter der großen buddhistischen Tempel gehören zur großen Gruppe der buddhistischen Devas, Schutzgötter mit meist indischem Ursprung (jap. tenbu, oder -ten; -ten steht für "Himmel", ist im Buddhismus aber ein Titel für einen Gott, bzw. ein Übersetzungswort für sk. deva, "Gott"). Viele dieser Devas sind ausgesprochen kriegerisch. Sie erinnern ihrem Aussehen nach an die Myôô, stehen aber hierarchisch tiefer (d.h. sie sind nicht ganz so erleuchtet und nicht ganz so mächtig). Oft werden sie in Gruppen verehrt und dargestellt.
[...]
Die Gruppe der Vier Himmelskönige (Shi-Tennô) repräsentiert die Himmelsrichtungen und bietet sich daher als Schutz vor Geistern aus allen Richtungen an. Dieser Aspekt wird in vielen Skulpturen deutlich, wo die Shitennô auf zusammengetreten Dämonen stehen. Obwohl auch sie auf indische Devas zurückgehen, ist ihre ikonographische Darstellung stark von China geprägt. Sie tragen chinesische Rüstungen und ihr Gesicht hat die chinesische Symbolfarbe ihrer jeweiligen Richtung: O - grün, S - rot, W - weiß, N - schwarz. Die Bezeichnung "Himmelskönig" wird wie der japanische Tenno ausgesprochen, aber mit anderen Zeichen geschrieben. In ganz Japan gibt es Tempel, Shitennô-ji oder Tennô-ji, in denen sie als Gruppe verehrt werden.

http://www.univie.ac.at/rel_jap/ikon/deva.htm


In der Tiangwang Dian (Halle der Himmelskönige) stehen Statuen der vier Himmelskönige, ein vergoldeter Maitreya und ein ebenfalls goldüberzogener Weituo (Schutzherr des Buddhismus).
[...]
Von hoher Eleganz ist die steinerne Sitzstatue eines Bodhisattva aus der Tang-Zeit; eine eindrucksvolle Ming-Bronze - die Statue des Shakyamuni - sowie eine hölzerne Figur der Göttin der Barmherzigkeit Guan Yin findet man ebenfalls in einer der vorderen Hallen.
http://www.uni-weimar.de/Bauing/iww/exkursionen/china/jadet.htm


Bei der "Göttin" Guan Yin kann man sich streiten, inwiefern die Bezeichnung korrekt ist. Ursprünglich handelt es sich nicht um eine Göttin, sondern (wie bei Maitreya) um einen Bodhisattva.
 
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Die Theorie vom ägyptischen Ursprung des jüdischen Monotheismus ist nicht neu. Sie kann sich auf das in hellenistischer Zeit entstandene Geschichtswerk des Manetho berufen, das zwar nicht erhalten ist, von dem wir aber durch Flavius Iosephus ("Gegen Apion") wissen, dass es Moses als abtrünnigen ägyptischen Priester dargestellt hat.

Manetho zufolge soll Moses ein Priester des Osiris von Heliopolis namens Osarsiph gewesen sein, der sich als Anführer von Aussätzigen gegen den ägyptischen König Amenophis empörte und den Namen Moses annahm. Von Amenophis endlich besiegt, mussten Osarsiph/Moses und seine Leute (samt ihren Verbündeten, den Hyksos) Richtung Syrien abziehen. Soweit Manetho, der die Juden somit als Nachfahren von ägyptischen Aussätzigen darstellt und von Iosephus als Lügner kritisiert wird. Heute wird darüber gestritten, ob Manethos Geschichte eine reine antijüdische Erfindung ist (man denke an die Feindschaft zwischen den Griechen und den Juden in Alexandria) oder ob sie doch einen historischen Kern enthält (nämlich den Ursprung des jüdischen Glaubens im Sonnenmonotheismus Echnatons).



Aus dieser Überlieferung wurden in der Aufklärung weitreichende Schlussfolgerungen gezogen. So kursierte im Kreis der Freimaurer und Illuminaten die Überzeugung, die Priester im alten Ägypten wären Anhänger der "natürlichen und monotheistischen Vernunftreligion" gewesen, hätten aber dem Volk die Wahrheit vorenthalten, um mit dem Aberglauben und dem Polytheismus auch die Furcht vor den Göttern und die Ordnung im Staat zu bewahren. Es gab also zwei Religionen: Eine vernünftige und wahre für die Elite und eine unvernünftige und scheinhafte für die ungebildete Masse. Moses habe dann versucht, diese beiden Systeme zu einem zu verbinden. Das Ergebnis war die Religion der Bibel - ein teilweise in unverünftigen Volksglauben gekleideter vernünftiger Monotheismus aus Ägypten. Diese illuminatische Deutung erwies sich als sehr wirkungsvoll, man denke an Friedrich Schiller ("Die Sendung Moses") oder an Sigmund Freud ("Der Mann Moses und die monotheistische Religion"), und wirkt auch heute noch nach, wenn über eine Verbindung zwischen Echnaton und der jüdischen Religion spekuliert wird.
 
Das ist die erste Theorie. Die finde ich in der Form auch eher abstrus.

Bei der zweiten Theorie finde ich das Gedankenspiel nicht uninteressant. Vielleicht waren ja einige der Geschichten aus der Genesis ägyptische Legenden? So wie Noahs Geschichte scheinbar auch anderen Völkern im Nahen Osten bekannt gewesen zu sein scheint.

Hallo, ich zitiere zwar einen schon längst geschriebenen Beitrag, doch möchte ich dem etwas hinzufügen:
nicht nur von den Ägyptern, auch von anderen Völkern wie den Babyloniern, entlehnten die Schreiber des AT einige passagen, sogar ganze Geschichten. Ein Beispiel ist Genesis 2, also die ältere Schöpfungsgeschichte. In unserem Religionsunterricht lasen wir einen Text von einem Religionshistoriker, der behauptete, dass die Konfrontation mit dem babylonischen Schöpfungsmythos, der stark vom Polytheismus bestimmt wurde, die Verfasser von Gen 2 dazu anregte, Passagen dorthin zu übernehmen. Ein Indiz dafür ist das Schaffen des Menschen aus der Erde, bei den Babyloniern soll es ein Urgott (Namen vergessen) gewesen sein, der den Menschen aus den Felsen von Gebirgen im Quellgebiet des Euphrat geschaffen haben soll, wie ich finde eine sehr große Auffälligkeit!

Was ich damit sagen will, ist, dass die Geschichten des AT und die Religion der Israeliten nicht nur von Ägypten beeinflusst wurden. Das lässt aber auch den Schluss zu, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass eine kurze Epoche in einem einzelnen Land so viel Einfluss auf die gesamte Religionsgeschichte Israels gehabt haben soll, dass damit ein Wechsel von Polytheismus zu Monotheismus verbunden sein soll.
 
Ich habe mittlerweile schon desöfteren gehört ,daß die Ansicht der Aton-Kult sei ein Monotheismus gewesen mittlerweile von vielen bestritten wird...

Aton sei eher eine Art "Henotheismus" gewesen mit möglichen Zügen zu einem Pantheismus ähnlich wie es der spätantike Isiskult war... d.h. es wird nicht STRIKT ein EINGOTT angebetet sondern ein den Göttern übergeordnetes Ur-Prinzip bzw. kann es dazu kommen ,daß wie bei Isis eine einzelne Gottheit als die "wahre Gestalt" des göttlichen aufgefasst wird und andere Gottheiten als Hyposthasen oder Inkarnationen des göttlichen gelten...

ähnlich ist es mit dem Hinduismus der KEIN MONOTHEISMUS im eigentlichen Sinne ist sondern ein un-persönliches göttliches Prinzip kennt, welches aber in persönliche Gottheiten inkarnieren kann. Ähnliche Ideen findet man auch in der hellenistischen Philosophie z.B. bei Platon und Aristoteles...

Ich habe übrigens vor kurzem ein interessantes Buch gelesen: Gott und die Götter, von Walter Beltz...

darin findet er -für mich überzeugende- Argumente dafür ,daß in frühen Teilen der Bibel der Schritt zum Monotheismus noch garnicht vollends getan ist, JHWH, El und Zebaoth weisen noch verschiedene Charakteristiken auf und Elohim erscheint noch als die Mehrzahl Gottes, und Hinweise für die Anbetung geringerer Hausgötzen liegen vor...

Ich denke ,daß ein ähnlicher Vorgang im Zoroastrismus stattfand aber nicht vollendet wurde... aus dem vielgestaltigen iranischen Götterhimmel wurde ein dualismus, aber später wurden wieder mehrere Gottheiten verehrt, die Anlage zum Monotheismus wurde also nicht ausgeformt sondern fiel ins alte zurück...

im Judentum hingegen wurde vielleicht aus einem HENOTHEISMUS nach und nach ein Monotheismus indem der Hauptgott immer mehr lokale Hauptgötter in sich aufnahm und die niederen Hausgötter irgendwann wegfielen...

Ich denke man muss nicht so weit gehen eine Beeinflussung des Judentums vom Atonkult zu fordern... vielmehr gab es im antiken Orient und dem Mittelmeergebiet recht viele solcher geistigen Strömungen und das Judentum konnte bestimmt viele Einflüsse aufnehmen, aber trotzdem eigenständig eine eigene monotheistische Lehre entwickeln... allerdings nicht plötzlich sondern langsam und stufenweise durch sukzessive zurückdrängung polytheistischer Elemente...
 
Zuletzt bearbeitet:
@Haerangil

Deinen Ausführungen ist sicher zuzustimmen, nur dass ich keinen Grund sehe, von einem "Rückfall" zum Polytheismus zu sprechen, so als ob hier dem Fortschritt Abbruch getan worden wäre. Ganz abgesehen von der Frage, ob nicht im Christentum mit seinen vielen Heiligen nicht auch der Polytheismus "durch die Hintertür" wieder hereingekommen ist (mag das nun ein Fortschritt, ein Rückschritt oder sonst etwas sein). Und: Dass der Zoroastrismus die "Anlage zum Monotheismus" nicht ausentwickelt hat - kann man das so sagen? Was ist eine "Anlage zum Monotheismus"? Lässt sich nicht z.B. aus dem Dualismus die Theodizeefrage besser beantworten als aus dem Monotheismus? Genausogut kann man von einer monotheistischen Religion wie dem Christentum, das den Teufel kennt, sagen, sie hätte ihre "Anlage zum Dualismus" nicht voll ausgeformt.
 
Pantheismus ähnlich wie es der spätantike Isiskult war... d.h. es wird nicht STRIKT ein EINGOTT angebetet sondern ein den Göttern übergeordnetes Ur-Prinzip bzw. kann es dazu kommen ,daß wie bei Isis eine einzelne Gottheit als die "wahre Gestalt" des göttlichen aufgefasst wird und andere Gottheiten als Hyposthasen oder Inkarnationen des göttlichen gelten...

ähnlich ist es mit dem Hinduismus der KEIN MONOTHEISMUS im eigentlichen Sinne ist sondern ein un-persönliches göttliches Prinzip kennt, welches aber in persönliche Gottheiten inkarnieren kann. Ähnliche Ideen findet man auch in der hellenistischen Philosophie z.B. bei Platon und Aristoteles...
...im Judentum hingegen wurde vielleicht aus einem HENOTHEISMUS nach und nach ein Monotheismus indem der Hauptgott immer mehr lokale Hauptgötter in sich aufnahm und die niederen Hausgötter irgendwann wegfielen...

Ich denke man muss nicht so weit gehen eine Beeinflussung des Judentums vom Atonkult zu fordern... vielmehr gab es im antiken Orient und dem Mittelmeergebiet recht viele solcher geistigen Strömungen und das Judentum konnte bestimmt viele Einflüsse aufnehmen, aber trotzdem eigenständig eine eigene monotheistische Lehre entwickeln... allerdings nicht plötzlich sondern langsam und stufenweise durch sukzessive zurückdrängung polytheistischer Elemente...

@Haerangil
Deinen Ausführungen ist sicher zuzustimmen, nur dass ich keinen Grund sehe, von einem "Rückfall" zum Polytheismus zu sprechen, so als ob hier dem Fortschritt Abbruch getan worden wäre. Ganz abgesehen von der Frage, ob nicht im Christentum mit seinen vielen Heiligen nicht auch der Polytheismus "durch die Hintertür" wieder hereingekommen ist (mag das nun ein Fortschritt, ein Rückschritt oder sonst etwas sein).

Das kann ich gut nachvollziehen, ohnehin fand ich die strikte Einteilung in Ahnenkult, Polytheismus und manchmal als Entwicklungsendpunkt bezeichneten Monotheismus als zu theoretisch.
Dadurch bleiben viele Zwischenphasen, Überlagerungen und Einflüsse unberücksichtigt.
Trotzdem könnte es auch in Frühphasen ein Verständnis für ein allumfassendes göttliches Prinzip gegeben haben, das einem Monotheismus nahegekommen sein könnte.

Den ausgeprägten Polytheismus, den wir uns zB bei den Griechen und Römern vorstellen, sehe ich auch eher als eine Abfolge von "Göttermoden", wo sich ein ewiges göttliches Prinzip im Laufe der Zeit in immer mal wieder anderen Götterfavoriten manifestiert und die Vorgänger an Beliebtheit einbüßten ohne verteufelt zu werden.
 
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Das mit dem "Rückfall" war von mir nicht wertend gemeint...

Ich will damit auf keinen Fall sagen ,daß ein Polytheismus weniger "wert" oder grundsätzlich primitiver ist als ein Monotheismus... (Damit würde ich ja auch heutigen "Naturreligionen" im Gegensatz zu den großen Monotheistischen Religionen Rückständigkeit zusprechen, was so sicher Falsch ist, es handelt sich immerhin um Parallelentwicklungen und nicht um Relikte aus grauer Vorzeit!)

Ich meinte damit lediglich ,daß der von Zarathustra eigeführte Dualismus nicht strikt eingehalten wurde und in späteren Zeiten im Zoroastrismus wieder auch andere Gottheiten Verehrung fanden...

im übrigen weiss ich nicht wie es der Zoroastrismus HEUTE hält... IIRC gibt es da verschiedene Strömungen die jeweils monotheistischer oder teilweise vom Hinduismus beeinflusst sein können.
 
Das mit dem "Rückfall" war von mir nicht wertend gemeint...Ich will damit auf keinen Fall sagen ,daß ein Polytheismus weniger "wert" oder grundsätzlich primitiver ist als ein Monotheismus...

Ich persönlich bin durchaus der Auffassung, dass ein Monotheismus (zumindest einer im strengen Sinne des "Gottes der Philosophen") insofern fortschrittlicher ist als ein Polytheismus, als er versucht, die Welt unter ein abstraktes Prinzip zu bringen, wie es eben in der Natur der Vernunft liegt. Grob gesagt: Je vernünftiger, desto abstrakter. In diesem Sinn ist der Monotheismus meiner Einschätzung nach entwicklungsgeschichtlich höher zu werten als der Polytheismus. Allerdings gibt es auch den Punkt, an dem die Vernunft quasi ihre eigenen Grenzen oder Probleme erkennt und der "Vernunftmonotheismus" unlösbare Probleme aufwirft: Wie kann Gott Ursache seiner selbst sein? Warum hat er die unvollkommene Welt überhaupt geschaffen? usw.

Solange diese Fragen unbeantwortet sind (und vermutlich sind sie grundsätzlich völlig unbeantwortbar) ist es, metaphorisch gesprochen, auch aus Sicht der messerscharf kalkulierenden Vernunft "legitim", alternative Erklärungen zuzulassen. Ganz abgesehen davon scheint es auch eine gewisse emotionale Tendenz "aufgeklärter" Menschen gegen den Vernunft-Monotheismus zu geben, siehe manche Äußerungen von Goethe, Schiller oder Hölderlin. Von da her sollte man nicht von "Rückfall" in den Polytheismus sprechen, wie du selbst zu recht einräumst. Im Lichte meiner so eben skizzierten Auffassung war meine Kritik oder Verwunderung vorhin allerdings auch etwas irreführend formuliert.

Was schließlich den Zoroastrismus anbelangt: Für ihn gelten die Äußerungen über den Polytheismus ohnehin nicht, da es sich ja grundsätzlich um einen Dualismus handelt, der, was die "Vernunftmäßigkeit" und den Abstraktionsgrad anbelangt, mit dem Monotheismus auf Augenhöhe steht. Umso weniger kann ich verstehen, warum der Zoroastrismus eine "Anlage zum Monotheismus" hätte haben sollen. In dem Punkt kann ich dir nicht folgen, aber nach deiner Replik nehme ich an, dass du auch hier nicht so streng wörtlich genommen werden willst, weil es ja nur eine Randbemerkung war, nicht dein eigentliches Thema.

Genug der Abschweifung. Das Thema des Threads ist ein anderes.
 
Ich wollte weniger sagen ,daß der Dualismus der Zoroastrier eine monotheistische "Anlage" hätte als ,daß ich in ihm eine ähnliche Tendenz erkenne den ursprünglichen Polytheismus zurückzurängen - nur hier eben auf einen Dualismus und nicht auf einen Monotheismus...

IMHO sehe ich aber durchaus eine gewisse Tendenz zum Monotheismus in der "dämonisierung" des Ahriman.

Den Monotheismus möchte ich nicht per se als "progressiver" betrachten als den Polytheismus...

Ich betrachte beides als "idealistische Standpunkte", rein "realistisch" gesehen möchte ich religiösität generell nicht als sonderlich fortschrittlich bezeichnen.

Die Philosophie der Stoa z.B. sehe ich als noch durchaus "polytheistisch" an (oder zumindest nicht im Widerspruch zu polytheistischen Kulten), und das ist IMHO ein sehr gut durchdachtes philosophisches System das sich mit späteren christlichen Philosophen noch heute messen kann.

Aber eigentlich ging es ja um mögliche Einflüsse des Aton-Kultes auf das Judentum...
 
Ich wollte weniger sagen ,daß der Dualismus der Zoroastrier eine monotheistische "Anlage" hätte als ,daß ich in ihm eine ähnliche Tendenz erkenne den ursprünglichen Polytheismus zurückzurängen - nur hier eben auf einen Dualismus und nicht auf einen Monotheismus... IMHO sehe ich aber durchaus eine gewisse Tendenz zum Monotheismus in der "dämonisierung" des Ahriman.

Dem kann ich nur zustimmen.

Den Monotheismus möchte ich nicht per se als "progressiver" betrachten als den Polytheismus...
Die Philosophie der Stoa z.B. sehe ich als noch durchaus "polytheistisch" an (oder zumindest nicht im Widerspruch zu polytheistischen Kulten), und das ist IMHO ein sehr gut durchdachtes philosophisches System das sich mit späteren christlichen Philosophen noch heute messen kann.

Von meinem bereits angedeuteten Gesichtspunkt aus (und es kommt natürlich immer auf den Gesichtspunkt an) halte ich den Monotheismus für tendenziell fortschrittlicher. Das heißt weder, dass er es in allen Formen ist, noch, dass er bestimmten philosophischen Systemen, die Polytheimus "zulassen", überlegen ist. Aber das ist tatsächlich nicht unser Thema hier. Die Positionen sind dargelegt, das genügt.

Ich betrachte beides als "idealistische Standpunkte", rein "realistisch" gesehen möchte ich religiösität generell nicht als sonderlich fortschrittlich bezeichnen.

Ob Religiosität generell fortschrittlich ist oder nicht - ein Blick auf die Geschichte der Menschheit zeigt, dass der "Entwicklungsgang der Vernunft" lange nicht ohne Metaphysik ausgekommen ist. So ist dein "realistischer Standpunkt" überhaupt erst im 18. Jahrhundert mit Immanuel Kant salonfähig geworden - oder sogar erst im 19. Jahrhundert, denn Kant kommt in der Erkenntnistheorie in Wirklichkeit ja auch nicht ganz ohne Gott aus.
Womöglich ist der "realistische" Standpunkt fortschrittlicher als alles zuvor - deswegen muss aber nicht alles frühere gleich wenig fortschrittlich gewesen sein. Man kann schon relative Unterschiede feststellen. Doch wie gesagt: Genug davon, denn:

...eigentlich ging es ja um mögliche Einflüsse des Aton-Kultes auf das Judentum...

Dazu vielleicht zusammenfassend: Stichhaltige Indizien gibt es keine. Es wäre mir neu, dass die Israeliten um die Zeit Echnatons (14. Jhdt.) überhaupt bezeugt wären. Angeblich sind sie es auf einer Stele des Merenptah ca. 1200 v.Chr. - sagt wiki... Auf sicherem Boden sind wir erst mit der Nennung Ahabs von Israel im Bericht des Assyrerkönigs Salmanassar III. über die Schlacht bei Qarqar 853 v.Chr.
Und wie sieht es mit dem Monotheismus der Israeliten aus? Es ist ganz unsicher, ob vor der Endredaktion der älteren Teile des "Alten Testaments" überhaupt nennenswerte monotheistische Tendenzen vorhanden waren - und da die Endredaktion vielleicht erst in der "Exilszeit" im 6. Jahrhundert stattfand, ist ein jüdischer Monotheismus vor dem 6. Jahrhundert nicht gesichert. Es gibt ja auch in der Bibel genügend Indizien dafür, dass im früheren Israel nicht nur ein Gott verehrt wurde. Auf der anderen Seite haben wir den monotheistischen oder henotheistischen Atonkult, der ins 14. Jahrhundert gehört. Wer da eine Verbindung konstruieren will, hat sehr viel Beweislast zu tragen.
 
Und wie sieht es mit dem Monotheismus der Israeliten aus? Es ist ganz unsicher, ob vor der Endredaktion der älteren Teile des "Alten Testaments" überhaupt nennenswerte monotheistische Tendenzen vorhanden waren - und da die Endredaktion vielleicht erst in der "Exilszeit" im 6. Jahrhundert stattfand, ist ein jüdischer Monotheismus vor dem 6. Jahrhundert nicht gesichert. Es gibt ja auch in der Bibel genügend Indizien dafür, dass im früheren Israel nicht nur ein Gott verehrt wurde.

Gute Aussage! Vor allem den Schluß auf die Endredaktion in der Exilszeit finde ich denkenswert...
 
Endredaktion vielleicht erst in der "Exilszeit" im 6. Jahrhundert stattfand
Das ist die überaus plausible Kernthese von Finkelstein/Silbermann (Keine Posaunen von Jericho), die auch schon in http://www.geschichtsforum.de/f34/die-hebr-er-4938/ und an anderen Stellen zitiert wurde.

Es wäre mir neu, dass die Israeliten um die Zeit Echnatons (14. Jhdt.) überhaupt bezeugt wären. Angeblich sind sie es auf einer Stele des Merenptah ca. 1200 v.Chr. - sagt wiki...
Auf der anderen Seite haben wir den monotheistischen oder henotheistischen Atonkult, der ins 14. Jahrhundert gehört. Wer da eine Verbindung konstruieren will, hat sehr viel Beweislast zu tragen.
Ja, das ist wohl wahr! Die Idee einer solchen Verbindung hat freilich immer schon große Denker beschäftigt, etwa Sigmund Freud in seinem "Moses"-Buch, und natürlich auch viele kleine "Spekulanten".

Neuerdings wird angenommen, die "Israeliten" - hier verstanden als ein Volk, das seine Heimat zwischen Mittelmeer und Arabischer Wüste hatte - hätten zu den "Hyksos" gehört, die Teile Ägyptens zwischen 1700/1650 und 1550 beherrschten (aaO, S. 67). Mag sein, dass sie wieder in ihre ursprüngliche Heimat zurückgetrieben wurden - jedenfalls war das aber 200 Jahre vor Echnaton.

Ob "israelitische Reste" zu dessen Zeit noch in Ägypten lebten? Auf der Merenptah-Stele (1207) ist die Rede von einem Sieg des Pharaos über ein Volk namens "Israel" (S. 28), das in Kanaan lebte. Jenen biblischen "Massenauszug aus Ägypten" hat es sehr wahrscheinlich nicht gegeben; "die meisten Menschen, die das frühe Israel bildeten, waren Einheimische", die im kanaanäischen Bergland beheimatet waren (S. 135).

Die Bevölkerungszahl dieses "Reiches" um 1200 nehmen Finkelstein/Silbermann mit 45.000 an, und die Zahl könnte sich in den vier Jahrhunderten danach vervierfacht haben (S. 131). Sollte inmitten dieses kleinen Volkes der Monotheismus um "Jahwe" kreiert worden sein? Oder gehört alles in die Zeit des Exils oder danach?
 
Das ist die überaus plausible Kernthese von Finkelstein/Silbermann...

Wobei ich nicht glaube, dass sie die ersten waren, die in diese Richtung gedacht haben. Ich habe im Moment allerdings keinen Überblick über die Literatur und lasse mich gern widerlegen.

Die Idee einer solchen Verbindung hat freilich immer schon große Denker beschäftigt, etwa Sigmund Freud in seinem "Moses"-Buch, und natürlich auch viele kleine "Spekulanten".

Kein Zweifel. Ich hab dazu schon einiges gesagt:

Die Theorie vom ägyptischen Ursprung des jüdischen Monotheismus ist nicht neu. Sie kann sich auf das in hellenistischer Zeit entstandene Geschichtswerk des Manetho berufen, das zwar nicht erhalten ist, von dem wir aber durch Flavius Iosephus ("Gegen Apion") wissen, dass es Moses als abtrünnigen ägyptischen Priester dargestellt hat.

Aus dieser Überlieferung wurden in der Aufklärung weitreichende Schlussfolgerungen gezogen. So kursierte im Kreis der Freimaurer und Illuminaten die Überzeugung, die Priester im alten Ägypten wären Anhänger der "natürlichen und monotheistischen Vernunftreligion" gewesen, hätten aber dem Volk die Wahrheit vorenthalten, um mit dem Aberglauben und dem Polytheismus auch die Furcht vor den Göttern und die Ordnung im Staat zu bewahren. Es gab also zwei Religionen: Eine vernünftige und wahre für die Elite und eine unvernünftige und scheinhafte für die ungebildete Masse. Moses habe dann versucht, diese beiden Systeme zu einem zu verbinden. Das Ergebnis war die Religion der Bibel - ein teilweise in unverünftigen Volksglauben gekleideter vernünftiger Monotheismus aus Ägypten. Diese illuminatische Deutung erwies sich als sehr wirkungsvoll, man denke an Friedrich Schiller ("Die Sendung Moses") oder an Sigmund Freud ("Der Mann Moses und die monotheistische Religion"), und wirkt auch heute noch nach, wenn über eine Verbindung zwischen Echnaton und der jüdischen Religion spekuliert wird.

So viel dazu.

Neuerdings wird angenommen, die "Israeliten" - hier verstanden als ein Volk, das seine Heimat zwischen Mittelmeer und Arabischer Wüste hatte - hätten zu den "Hyksos" gehört, die Teile Ägyptens zwischen 1700/1650 und 1550 beherrschten (aaO, S. 67). Mag sein, dass sie wieder in ihre ursprüngliche Heimat zurückgetrieben wurden - jedenfalls war das aber 200 Jahre vor Echnaton.

Diese Idee wiederum gibt es in einer Variante aus schon viel älterer Zeit:

Die Behauptung, Moses sei ein ägyptischer Priester gewesen, taucht schon im 3. Jhdt. v.Chr. bei Manetho auf, dessen Werk uns leider verloren ist. Flavius Iosephus berichtet jedoch glücklicherweise in seiner Schrift "Gegen Apion" darüber. Manetho zufolge soll Moses ein Priester des Osiris von Heliopolis namens Osarsiph gewesen sein, der sich als Anführer von Aussätzigen gegen den ägyptischen König Amenophis empörte und den Namen Moses annahm. Von Amenophis endlich besiegt, mussten Osarsiph/Moses und seine Leute (samt ihren Verbündeten, den Hyksos) Richtung Syrien abziehen. Soweit Manetho, der die Juden somit als Nachfahren von ägyptischen Aussätzigen darstellt und von Iosephus als Lügner kritisiert wird.

Das Problem dabei: Es ist sehr fraglich, ob Manetho hier alte Aufzeichnungen verarbeitet. Die antijüdische Tendenz ist so unübersehbar, dass die Geschichte unter Fiktionsverdacht steht. Gerade im hellenistischen Alexandria (und in diesem Umfeld müssen wir Manetho ja einordnen) gab es intensive Auseinandersetzungen (im guten wie im schlechten) zwischen Griechen, Juden und Ägyptern, so dass die polemische Intention leicht zu erklären ist. Gut möglich, dass Manetho an die ihm bekannte jüdische Moses-Geschichte anknüpft und sie bewusst "korrigiert" bzw. karikiert.

Ob "israelitische Reste" zu dessen Zeit noch in Ägypten lebten? Auf der Merenptah-Stele (1207) ist die Rede von einem Sieg des Pharaos über ein Volk namens "Israel" (S. 28), das in Kanaan lebte. Jenen biblischen "Massenauszug aus Ägypten" hat es sehr wahrscheinlich nicht gegeben; "die meisten Menschen, die das frühe Israel bildeten, waren Einheimische", die im kanaanäischen Bergland beheimatet waren (S. 135).

Ob es überhaupt "israelische Reste" in Ägypten gab? Die Annahme setzt ja die Historizität der Geschichte vom Aufenthalt Israels in Ägypten voraus. Solange es dafür keine glaubwürdigen, von der Bibel unabhängigen Zeugnisse oder schlagende Indizien gibt, sind alle Vermutungen über eine mögliche Verbindung der Israeliten mit den Hyksos reine Spekulation. Die Exodusgeschichte vollends - ein ganzes Volk irrt jahrelang durch die Wüste - braucht vom Historiker nicht ernst genommen zu werden, nur vom Gläubigen.
 
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Neuerdings wird angenommen, die "Israeliten" - hier verstanden als ein Volk, das seine Heimat zwischen Mittelmeer und Arabischer Wüste hatte - hätten zu den "Hyksos" gehört, die Teile Ägyptens zwischen 1700/1650 und 1550 beherrschten (aaO, S. 67). Mag sein, dass sie wieder in ihre ursprüngliche Heimat zurückgetrieben wurden - jedenfalls war das aber 200 Jahre vor Echnaton.

hängt das mit der Identifizierung der Hebräer mit einem schattenhaften Volk namens "Habiru" oder "Chabiri" zusammen?
 
hängt das mit der Identifizierung der Hebräer mit einem schattenhaften Volk namens "Habiru" oder "Chabiri" zusammen?
Eigentlich nicht: vgl. http://www.geschichtsforum.de/187714-post5.html, daß heißt die Identifizierung der Apiru mit den Hebräern schon - das ist Standardannahme. Kurz darauf wird von Israel auf einer Stele gesprochen, wie jschmidt erklärt hat.
@ Beetlebum: Meines Wissen lehnen Finkelstein et al. aber definitiv die Identifikation von Hyskos und Herbräern ab, und so hört sich das auch bei jschmidt an.
 
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ich bin jetzt leicht verwirrt!

Ich nahm bisher folgendes an:

1. die Hyksos sind nicht EIN bestimmtes Volk sondern allgemein westsemitische Kriegernomaden die eine Zeitland Ägypten bedrohten und Teile davon zeitweise beherrschten.

2. die Apiru oder Hebräer sind nicht DIE Hyksos, aber möglicherweise ein Teil davon bzw. als nomadische Wüstenräuber Nachfolger/Nachfahren von ihnen

3. die Juden sind nicht die Hebräer sondern Nachfahren eines Teils der Kanaaniter und ein TEIL oder evtl. teilweise Nachfahren der Hebräer die in Kanaan einwanderten.
 
ich bin jetzt leicht verwirrt!

Ich auch. :winke: Die erwähnten Finkelstein/Silberman sind interessant, weil sie - sicher nicht als erste! - archäologische Befunde vortragen. Es gab im kanaanäischen Bergland drei Besiedlungswellen, wovon hier interessant sind (S. 130):

  • Zweite Besiedlungswelle 2000-1550, ca. 220 Orte nachgewiesen, vermutlich ca. 40.000 Menschen
    • Krise 1550-1150, nur ca. 25 Orte nachgewiesen
  • Dritte Besiedlungswelle 1150-900, ca. 250 Orte nachgewiesen, anfangs vermutlich ca. 45.000 Menschen
Bei beiden Wellen ist es denkmöglich, dass zu den Zuzügler auch Leute aus Ägypten, egal welcher Volkszugehörigkeit, gehörten. Die "Zweiten" konnten von dort aber den Aton-Kult noch nicht mitbringen, und bei den "Dritten" müsste man annehmen, dass sie diesen sozusagen 200 Jahre lang bei sich "verwahrt" und dann mitgenommen haben.

Denkmöglich ist natürlich auch, dass ein Einzelner - nennen wir ihn Mose - irgendwann allein oder in Begleitung Weniger aus Ägypten oder aus irgendeiner anderen Gegend nach Kanaan zog und dort den JHWH-Kult begründete bzw. aus anderen Kulten, mit oder ohne göttliche Offenbarung, "herausdestillierte".
 
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