Von Aton zu Jahwe?

ich bin jetzt leicht verwirrt!
Ich auch. :winke:

Und ich erst! :pfeif:

Im Ernst: ich muß jetzt erst einmal quer nachlesen und feststellen, daß meine Beschäftigung mit der Geschichte Phoinikiens bzw. des (vor)biblischen Kanaans schon auf das Jahr zurückgeht, da ich mich hier anmeldete.

Zunächst zu

Ich nahm bisher folgendes an:

1. die Hyksos sind nicht EIN bestimmtes Volk sondern allgemein westsemitische Kriegernomaden die eine Zeitland [sic.] Ägypten bedrohten und Teile davon zeitweise beherrschten.

2. die Apiru oder Hebräer sind nicht DIE Hyksos, aber möglicherweise ein Teil davon bzw. als nomadische Wüstenräuber Nachfolger/Nachfahren von ihnen

3. die Juden sind nicht die Hebräer sondern Nachfahren eines Teils der Kanaaniter und ein TEIL oder evtl. teilweise Nachfahren der Hebräer die in Kanaan einwanderten.

ad 1) westsemitisch anscheinend ja, aber man rechnet - analog der "Amurrisierung" Mesopotamiens - mit einer langsamen Infiltration vor Machtübernahme. Den Terminus "Kriegernomade" würde ich vor dem Hintergrund für ungeeignet halten. (vgl. http://www.geschichtsforum.de/253188-post5.html)
ab 2) Eher sollte man von Verwandtschaft sprechen.
ad 3) So ganz verstehe ich deine Differenzierung nicht: Von Juden spricht nun wirklich erst seit sehr viel späterer Zeit. Für die Zeit vor Zeitrechnung spricht man durchaus von Hebräern! Gemäß Finkelstein wären diese demnach dann durchaus die Nachfahren und Erben der Kanaanäer.

=> Da die Kanaanäer nun wiederum mit den Hyksos verwandt sein sollen - ihre Namen hat man als westsemitisch identifziert - ließe sich hier also ein gewisse kulturelle Tradition konstruieren.

Jetzt zu
Die erwähnten Finkelstein/Silberman sind interessant, weil sie - sicher nicht als erste! - archäologische Befunde vortragen.

Diese aber gewissermaßen in Umkehrung der These, daß die Bibel doch recht hätte und diese Umkehrthese, daß die Bibel eben doch nicht recht haben könne, konsequent vortragen.

Es gab im kanaanäischen Bergland drei Besiedlungswellen, wovon hier interessant sind (S. 130):

  • Zweite Besiedlungswelle 2000-1550, ca. 220 Orte nachgewiesen, vermutlich ca. 40.000 Menschen
    • Krise 1550-1150, nur ca. 25 Orte nachgewiesen
  • Dritte Besiedlungswelle 1150-900, ca. 250 Orte nachgewiesen, anfangs vermutlich ca. 45.000 Menschen

Die Autoren bringen eigentlich nur die letzten Besiedlungswelle mit dem späteren Volk Israel in Verbindung, das aus dem forschreitenden Niederganges Kanaans herrschaftlich emporwuchs.

Bei beiden Wellen ist es denkmöglich, dass zu den Zuzügler auch Leute aus Ägypten, egal welcher Volkszugehörigkeit, gehörten. Die "Zweiten" konnten von dort aber den Aton-Kult noch nicht mitbringen, und bei den "Dritten" müsste man annehmen, dass sie diesen sozusagen 200 Jahre lang bei sich "verwahrt" und dann mitgenommen haben.


Denkmöglich ist natürlich auch, dass ein Einzelner - nennen wir ihn Mose - irgendwann allein oder in Begleitung Weniger aus Ägypten oder aus irgendeiner anderen Gegend nach Kanaan zog und dort den JHWH-Kult begründete bzw. aus anderen Kulten, mit oder ohne göttliche Offenbarung, "herausdestillierte".

Damit ich das nur richtig verstehe: Damit beziehst du dich aber nicht mehr auf Finkelstein & Silbermann: Die These etwa von Norman Gottwald, die die Autoren allerdings schlecht profiliert wiedergeben, wird abgelehnt. Trotzdem wäre vor dem Hintergrund der Konfrontation des archäologischen Materials mit dem Monotheismus der Thora die Suche nach einem Einfluß im Sinne einer (echn)aton'schen Prägung seit der El-Amarna-Zeit interessant. Das gilt im Grunde auch für deine weiteren Denkmöglichkeiten.
 
Damit beziehst du dich aber nicht mehr auf Finkelstein & Silbermann ...

Völlig richtig. Meine Phantasie über Moses & die Wenigen wurde entzündet durch folgenden Passus im Lexikon Alte Kulturen, Bd. 2, S. 358:
Jahwe begegnet zuerst Moses am Sinai. Von diesem Ort, der als Wallfahrts- und Offenbarungsstätte schon vor Moses bekannt war [sic], oder [sic] von den umwohnenden Halbnomadenstämmen der Edomiter, Midianiter oder Keniter stammt die Jahweverehrung.
Religionsgeschichtlich entscheidend war dann, dass JHWH, zunächst "ein in Jerusalem verorteter Lokalgott", dort in "neue Funktionen" hineinwuchs und aus der Monolatrie der Monotheismus entstand (Monotheismus ? Wikipedia).
 
[...] Meine Phantasie über Moses & die Wenigen wurde entzündet durch folgenden Passus im Lexikon Alte Kulturen, Bd. 2, S. 358:
Jahwe begegnet zuerst Moses am Sinai. Von diesem Ort, der als Wallfahrts- und Offenbarungsstätte schon vor Moses bekannt war [sic], oder [sic] von den umwohnenden Halbnomadenstämmen der Edomiter, Midianiter oder Keniter stammt die Jahweverehrung.
Religionsgeschichtlich entscheidend war dann, dass JHWH, zunächst "ein in Jerusalem verorteter Lokalgott", dort in "neue Funktionen" hineinwuchs und aus der Monolatrie der Monotheismus entstand [...].

Ich bin nicht sicher, aber unter Berücksichtigung der Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese scheint mir diese Denkmöglichkeit allerdings zu kurz gegriffen. So nimmt man etwa an - wenn ich das richtig wiedergebe, daß nicht nur die Sinaiperikope, auf die du mutmaßlich ansprichst, ursprünglich nicht mit der Mosegeschichte - auch als sie schon mit einer Landnahme (in Verbindung mit einer Josuageschichte) endete - verbunden war, sondern daß die literarische Verknüpfung von Vätergeschichten und der Mose-Exodus-Geschichte nicht mehr einem Jahwisten der frühen Königszeit zugeschreiben kann: Diese sollte erst im ausgehenden 6. Jh. v. Ztr. erfolgt sein, wobei Zenger, dem ich diese Information entnehme, darauf hinweist, daß es durchaus auch die Auffassung gibt, diese Kompilation wenigstens noch ins 7. Jh. v. Ztr. zu datieren. Aber auch infolge dieser Frühdatierung würde sie nach dem Niedergang des Nordreiches erfolgt sein und zwar in der Redaktion des sog. Jerusalemer Geschichtswerkes. Hinzu kommt, daß man die Herkunft der Abraham-Erzählkranzes im Nordreich ansetzt, die der um Jakob im Süden und nach Zenger etwa deren Verknüpfung zwar noch der Jerusalemer Geschichtskompilation voransetz, aber ebenfalls schon nach Ende des Nordreiches datiert. Zu berücksichtigen wäre im übrigen überhaupt, daß JHWH als dynastischer Wettergott oder Ähnliches konzipiert war, wobei meine Informationen keinen Überblick erlauben, inwieweit Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen den Könighäusern der beiden israelitischen Staaten (im Norden die Dynastie Omri; im Süden das Haus David) existierten. Jedenfalls scheint die JHWH-allein-Bewegung ebenfalls im Norden entstanden und ihre Vetreter sollen ins Südreich geflohen sein, wo sie sich am Könighof durchsetzen konnten.
Als Ansatzpunkt wäre vielleicht einmal zu eruieren, welche religiösen Vorstellungen sich eigentlich mit dem Fest vor dem goldenen Kalb verbunden habenkönnte.
 
Nach vielen Legenden soll Moses in Ägypten einen ägyptischen Aufseher getötet haben und anschließend nach Syrien geflohen sein, wobei der mögliche Aufenthaltsort nicht näher lokalisiert werden kann, als das damit der heutige Nahe Osten gemeint ist.

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, wenn man denn an Moses und den Auszug der Juden aus Ägypten glaubt:

1. der sich schon länger entwickelnde Monotheismus der Ägypter, der unter Echnaton seinen Höhepunkt erreichte, wurde von den Juden übernommen.
2. Moses brachte den Gedanken des Monotheismus aus dem Nahen Osten mit, wo der Zoroastrismus blühte, der auch später das Juden- und damit auch das Christentum sehr stark beeinflußte
3. die Juden kannten den Monotheismus schon und Moses stellte "nur" späteren neuen Regeln auf.

Im Endeffekt werden wohl die verschiedensten religiösen Einflüsse der damaligen Region zusammengeflossen sein, bis dann bei einem Volk das enstand, was wir unter Judentum kennen. Kann heute nur keiner mehr nachvollziehen, weil es keine Quellen und Aufzeichnungen darüber gibt.
 
Nach vielen Legenden soll Moses in Ägypten einen ägyptischen Aufseher getötet haben und anschließend nach Syrien geflohen sein, wobei der mögliche Aufenthaltsort nicht näher lokalisiert werden kann, als das damit der heutige Nahe Osten gemeint ist.

Viele Legenden? Ich kenne nur die jüdische, aus der später vielleicht andere abgeleitet worden sind. Aber vielleicht kennst du ja neue, bisher unbekannte Quellen?

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, wenn man denn an Moses und den Auszug der Juden aus Ägypten glaubt:

Wenn man an Legenden glaubt, gibt es immer allerhand Möglichkeiten, sich etwas zurecht zu reimen. Das hat viel mit Credo zu tun und wenig mit einer kritischen Geschichtsbetrachtung. Und da es sich hier um ein Geschichtsforum handelt und nicht ein Theologieforum...

1. der sich schon länger entwickelnde Monotheismus der Ägypter, der unter Echnaton seinen Höhepunkt erreichte, wurde von den Juden übernommen.

Darüber ist in diesem Thread schon einiges geschrieben worden. Nicht zuletzt sind die Einwände dagegen behandelt worden, die du mit Schweigen übergehst.

2. Moses brachte den Gedanken des Monotheismus aus dem Nahen Osten mit, wo der Zoroastrismus blühte, der auch später das Juden- und damit auch das Christentum sehr stark beeinflußte

Wenn man einmal annehmen will, Moses sei eine historische Figur gewesen, dann wäre er auf jeden Fall in eine Zeit vor dem 12. Jahrhundert zu datieren. Demgegenüber ist der Zoroastrismus nicht vor dem
6. Jahrhundert sicher bezeugt. Von einer Blüte des Zoroastrismus im
2. Jahrtausend vor Christus auszugehen, von der Moses beeinflusst worden sein soll, ist reine Fantasy.

3. die Juden kannten den Monotheismus schon und Moses stellte "nur" späteren neuen Regeln auf.

Auch das ist hochspekulativ und insofern unbrauchbar. Gerade in den letzten Tagen wurde in diesem Thread schon einiges zum Thema Judentum und Monotheismus ausgeführt, nicht zuletzt zu den grundsätzlichen Problemen, was hier wieder gänzlich ignoriert wird.
 
Viele Legenden? Ich kenne nur die jüdische, aus der später vielleicht andere abgeleitet worden sind. Aber vielleicht kennst du ja neue, bisher unbekannte Quellen?

Im Beitrag 25 aus dem Jahr 2007 dieses Threades zitierst du selbst eine Quelle nichtjüdischen Ursprunges. Ist halt schon etwas her... .


Wenn man an Legenden glaubt, gibt es immer allerhand Möglichkeiten, sich etwas zurecht zu reimen. Das hat viel mit Credo zu tun und wenig mit einer kritischen Geschichtsbetrachtung. Und da es sich hier um ein Geschichtsforum handelt und nicht ein Theologieforum...

Und darum bringst du uns die Beweise wie es wirklich war, obwohl selbst die moderne Forschung zu diesem Thema nur weiß, daß sie so gut wie nichts weiß? Ich bin beeindruckt.


Darüber ist in diesem Thread schon einiges geschrieben worden. Nicht zuletzt sind die Einwände dagegen behandelt worden, die du mit Schweigen übergehst.

Zu diesem Thema kann für alles und gegen alles, oder doch nur ein bißchen sein. Und alle haben irgendwo Recht. Kann sowieso keiner beweisen.
 
Im Beitrag 25 aus dem Jahr 2007 dieses Threades zitierst du selbst eine Quelle nichtjüdischen Ursprunges.

Das ist richtig, allerdings habe ich zu dieser Quelle, Manetho, auch angeführt:

Heute wird darüber gestritten, ob Manethos Geschichte eine reine antijüdische Erfindung ist...

Zuletzt habe ich nahegelegt, dass Manetho nicht von der jüdischen Überlieferung unabhängig ist, sondern seine Variante eben auch aus der jüdischen Sage abgeleitet worden ist:

Es ist sehr fraglich, ob Manetho hier alte Aufzeichnungen verarbeitet. Die antijüdische Tendenz ist so unübersehbar, dass die Geschichte unter Fiktionsverdacht steht. Gerade im hellenistischen Alexandria (und in diesem Umfeld müssen wir Manetho ja einordnen) gab es intensive Auseinandersetzungen (im guten wie im schlechten) zwischen Griechen, Juden und Ägyptern, so dass die polemische Intention leicht zu erklären ist. Gut möglich, dass Manetho an die ihm bekannte jüdische Moses-Geschichte anknüpft und sie bewusst "korrigiert" bzw. karikiert.

Soviel zur Klarstellung.

Zu diesem Thema kann für alles und gegen alles, oder doch nur ein bißchen sein. Und alle haben irgendwo Recht. Kann sowieso keiner beweisen.

Warum du hier die reine Unverbindlichkeit predigst, ist mir nicht klar. Warum mit anderen diskutieren, wenn angeblich sowieso alle Recht haben? Es geht doch wohl darum, so sorgfältig wie möglich zu eruieren, was sich sagen lässt und was nicht - und nicht darum, Fantasieergüsse darüber, wie es gewesen sein könnte, auszumalen, zumal Ergüsse, die sich mit dem Stand der Forschung nicht vereinbaren lassen.
 
Nach vielen Legenden soll Moses in Ägypten einen ägyptischen Aufseher getötet haben und anschließend nach Syrien geflohen sein, wobei der mögliche Aufenthaltsort nicht näher lokalisiert werden kann, als das damit der heutige Nahe Osten gemeint ist.

Gemäß Bibelexegese soll hier in der Tat eine alte Geschichte vorliegen, allerdings - wie bereits angedeutet - ohne Exodus-Anschluß; außerdem gilt die Gottesbegegnung (Dornebusch) als eingeschoben.

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, wenn man denn an Moses und den Auszug der Juden aus Ägypten glaubt:

Demnach gäbe es - aus bibelexegetischer Sicht - eben keine solche Möglichkeit. Allerdings betrachtet man die Gestalt Miriam in der ursprünglichen Wüstenüberlieferung als zentral. Nur leider weiß ich darüber zu wenig.

1. der sich schon länger entwickelnde Monotheismus der Ägypter, der unter Echnaton seinen Höhepunkt erreichte, wurde von den Juden übernommen.
2. Moses brachte den Gedanken des Monotheismus aus dem Nahen Osten mit, wo der Zoroastrismus blühte, der auch später das Juden- und damit auch das Christentum sehr stark beeinflußte
3. die Juden kannten den Monotheismus schon und Moses stellte "nur" späteren neuen Regeln auf.

Während ich Beetlebums Urteil vertraue, was seine Einwände bezüglich des Zoroastrismus in bezug auf einen "historischen" Mose betrifft - ein religionsgeschichtlicher Einfluß wäre zu prüfen, wobei ich davon bisher noch nichts gehört habe - ist zu den anderen Punkten zu sagen:
ad 1) In meinem Beitrag hatte ich schon angedeutet, daß man einem Einfluß der Atonreligion auf die kanaanäische Provinz einmal untersuchen sollte. Die Bibelexegese gibt wenigstens eine Andeutung in bezug auf einen der Schöpfungsberichte, aber man müßte dem genauer nachgehen.
ad3) Das scheint völlig abwegig, sowohl aus historsicher, als auch aus exegetischer Sicht.

Im Endeffekt werden wohl die verschiedensten religiösen Einflüsse der damaligen Region zusammengeflossen sein, bis dann bei einem Volk das enstand, was wir unter Judentum kennen. Kann heute nur keiner mehr nachvollziehen, weil es keine Quellen und Aufzeichnungen darüber gibt.

Auch hier muß ich Beetlebum zustimmen; es mag sein, daß manches spekalitiv bleiben dürfte, aber gewisse Erkenntnisse über die Entstehung der jahwistischen Religion - wie sie mal nennen möchte - halte ich für durchaus möglich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei den Fachbüchern, die ich zu Hause im Regal stehen habe, ist man sich nur einig, daß die Quellenlage mehr als dürftig ist und das man darum so gut wie nichts weiß.
Oder um es anders zu schreiben: Von der antiken griechischen und römischen Literatur geht man davon aus, daß heutzutage um die 1% überliefert und erhalten wurde. Der Rest ist verschollen, vernichtet.

Da kann man sich ausmalen, was von einer Zeit nochmal 1000 Jahre davor übriggeblieben ist. Da kann man einfach nur spekulieren und im Nebel stochern. Da helfen dann auch Hilfswissenschaften nur unwesentlich weiter, da auch diese nur auf Vermutungen und Theorien aufbauen.
 
Bei den Fachbüchern, die ich zu Hause im Regal stehen habe, ist man sich nur einig, daß die Quellenlage mehr als dürftig ist und das man darum so gut wie nichts weiß.
Oder um es anders zu schreiben: Von der antiken griechischen und römischen Literatur geht man davon aus, daß heutzutage um die 1% überliefert und erhalten wurde. Der Rest ist verschollen, vernichtet.

Da kann man sich ausmalen, was von einer Zeit nochmal 1000 Jahre davor übriggeblieben ist. Da kann man einfach nur spekulieren und im Nebel stochern. Da helfen dann auch Hilfswissenschaften nur unwesentlich weiter, da auch diese nur auf Vermutungen und Theorien aufbauen.

Wenn das nicht dein Ding ist, brauchst du dich damit ja nicht zu beschäftigen. Ich für meinen Teil finde das gerade spannend, wie Historiker, Historiolinguisten, Archäologen usw. versuchen, eine Frühgeschichte zu konstruieren.
Man versuche sich zunächst auf den Standpunkt Livius' zu stellen: "Wenn schon so vieles im Schoße der Vergangenheit verborgen liegt, dann kann auch dieser Punkt unklar bleiben." - Nur daß sich selbst Livius an diese Devise nicht gehalten hat und gewiß wird man darüber streiten wollen, ob wir etwa über die Frühgeschichte Roms mehr zu wissen beanspruchen können, als die antike Geschichtsschreibung. Es ist nur leichter bezüglich der römischen Frühgeschichte eine relativistische Position einzunehmen, als im Falle der Bibel; so findet sich etwa bei Wikipedia unter dem Stichwort der Abraham:

Außerhalb der biblischen Erzählungen existieren keine Nachweise für die Existenz Abrahams. Er gilt daher nicht als historische Person. Die in den Abrahamserzählungen erwähnten historischen Verhältnisse erlauben auch keine eindeutigen Rückschlüsse auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund der biblischen Erzählungen. Die erzählte Zeit wird im Allgemeinen mit dem Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. angesetzt.
Abraham ? Wikipedia

Es scheint hier eben der Drang vorzuherrschen, für die Abrahamgeschichten eine zeitliche Einordnung vornehmen zu müssen, obwohl es eigentlich nicht möglich ist. Hier wären für mich die Frage:
Ist die zeitliche Einordnung überhaupt korrekt oder basiert sie nicht auf der biblischen Chronologie? Was ist aus der Geschichte auszuscheiden, um eine Vorfahrenerzählung im Sinne Gerhard Noths zu rekonstruieren?

Was nun eine mögliche Verbindung von Atonismus und der JHWH-allein-Bewegung betrifft, müßten erst einige Voraussetzungen geklärt werden:
- Wodurch kennzeichnet sich eigentlich die Atonreligion aus?
- Wie weit war ihr Einfluß sowohl geographisch als auch zeitlich?
Sofern man aus der wohl spärlichen Überlieferung dazu Informationen zusammen bekäme, wäre dann nach Hinweisen in der Bibel zu suchen. Ich hatte so etwas schon angedeutet: So entnehme ich einem Hinweis bei Eugen Drewermann, daß der Psalm 104 eine hebräische Nachdichtung eines Sonnengesanges von Echnaton sein könnte.
Allerdings sind andere Motive der biblischen Überlieferung aus der anderen Richtung, nämlich aus der mesopotamischen Altliteratur unübersehbar besser belegt und zahlreicher.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Moses ist eine Figur der Erinnerung, aber nicht der Geschichte; Echnaton dagegen ist eine Figur der Geschichte, aber keine der Erinnerung." (Assmann , Moses der Ägypter, S.18)

Angesichts des Diskussion über einen Zusammenhang zwischen Echnatons Atonreligion und der "mosaischen" Religion vor einigen Tagen (http://www.geschichtsforum.de/f24/ertrunkener-pharao-31837/index6.html#post530405) halte ich es doch für angebracht, auf diesen Thread hinzuweisen, wo die Thesen von Jan Assmann, gewiß sinnvoller zu diskutieren wären.
 
echnaton und jahwe

Es spricht nicht nur die recht kurze Regierungszeit des Echnaton dagegen, dass sich daraus die Vorstellung von einem Gott bei den Juden ableiten ließe. Denn von der Sonne als der alles Gedeihen bestimmenden Kraft, die Echnaton aus Amun-Re weiterentwickelte und der er sich als Gott ebenbürtig zur Seite stellte, zu der Schöpfervorstellung des jüdischen Gottes ist doch ein gewaltiger Sprung, der auch nicht etwa durch eine lange zeitliche , schrittweise sich vollziehende Entwicklung erklärt werden kann. Jan Ammann ist nicht nur ein profunder Kenner Ägyptens, sondern auch ein sehr guter Schriftsteller. Er versteht es , die von ihm angenommenen Fakten zu verständlichen Ergebnissen zu führen, anders als ein anderer, der mit Gewalt mehr fordert als belegt, dass die Bibel doch recht hat. Ein guter Katholik allemal und seinen Oberen erkennbar dienend, was Wissenschaftlichkeit per se in Frage stellt.
 
Der Artikel in Wikipedia enthält sachliche Fehler. Nicht erst Pharao Eje (Ay) kehrte zu Amun als Staatsgott zurück, sondern schon Tutanchamun, der noch als Tutanchaton geboren worden war, wie ein Thronsessel in seinem Grab mit dem alten Namen darauf beweist. Außerdem ist die Idee schon seit dem 19. Jh. bekannt und immer noch nicht verifiziert.
 
Übrigens ist Aton keine Erfindung Echnatons, er erhob nur diesen vorher schon lange verehrten Gott zum alleinigen Reichsgott. Aton war immer die Verkörperung der sichtbaren Sonnenscheibe, Re ursprünglich der Wärme und Kraft der Sonne in ihrer Auswirkung auf die Menschen und Amun war die Kraft der bewegten Sonne in Auswirkung auf ihre eigene Lebensenergie und Göttlichkeit. Unter Echnaton vereint Aton alle diese Aspekte in sich allein. Vor echnaton waren alle drei Götter erst zusammen genommen die Gesamterscheinung Sonne.
 
Das hast du alles sehr schön und plastisch umrissen El Quijote und dafür sei dir Dank!

Bei der Frage nach dem Monotheismus sind wir aber dennoch nicht weitergekommen, wo sich ja oben die Frage erhob, ob die Israeliten eine entsprechende Anregung vom Aton-Kult des Echnaton empfangen haben könnten. Oder sind sie darauf ganz allein verfallen? Oder hat sich Jahwe ihnen entsprechend offenbart?

Ich halte es auf jeden Fall für nicht unwahrscheinlich das sich der Abrahamitische Monotheismus sich zumindestens unter den Einfluss des Atonkultes entwickelte. Ich meine viele Monotheistische Religionen entstanden aus Sonnenkulten wie eben der das Atons...
 
Übrigens ist Aton keine Erfindung Echnatons, er erhob nur diesen vorher schon lange verehrten Gott zum alleinigen Reichsgott. Aton war immer die Verkörperung der sichtbaren Sonnenscheibe, Re ursprünglich der Wärme und Kraft der Sonne in ihrer Auswirkung auf die Menschen und Amun war die Kraft der bewegten Sonne in Auswirkung auf ihre eigene Lebensenergie und Göttlichkeit. Unter Echnaton vereint Aton alle diese Aspekte in sich allein. Vor echnaton waren alle drei Götter erst zusammen genommen die Gesamterscheinung Sonne.

Aton hatte schon neben Maat eine sehr wichtige Stellung bei Amenophis III. aber dieser gab im Gegensatz zu Amenophis IV.(Echnaton) das polytheistische Prinzip nicht auf.
 
Ich halte es auf jeden Fall für nicht unwahrscheinlich das sich der Abrahamitische Monotheismus sich zumindestens unter den Einfluss des Atonkultes entwickelte. Ich meine viele Monotheistische Religionen entstanden aus Sonnenkulten wie eben der das Atons...
Also, Echnaton wird ja auf ca 1340 v. Chr. datiert.

Der Prophet Elia war noch kein Monotheist. Er bestand nur darauf, dass JHW von den Israeliten allein angebetet werde. Er lebte so im 9. Jh. v. Chr.

Zwischen denen liegen also etwa 400 Jahre, was es mir nicht als wahrscheinlich sein lässt, dass Echnatons Religion den jüdischen Monotheismus initiiert hat.
 
Der Prophet Elia war noch kein Monotheist. Er bestand nur darauf, dass JHW von den Israeliten allein angebetet werde. Er lebte so im 9. Jh. v. Chr.
Woraus leitest Du das ab? Im 18. Kap. des 1. Buchs der Könige "beweist" Elija doch, dass Baal nicht existiert.
(Wie zuverlässig man von der Darstellung Elijas in der Bibel auf den historischen Elija schließen kann, ist freilich eine andere Frage ...)
 
Woraus leitest Du das ab? Im 18. Kap. des 1. Buchs der Könige "beweist" Elija doch, dass Baal nicht existiert.
(Wie zuverlässig man von der Darstellung Elijas in der Bibel auf den historischen Elija schließen kann, ist freilich eine andere Frage ...)
Überwiegend wird in der Wissenschaft (z.B, Martin Beck, "Elia und die Monolatrie") davon ausgegangen, dass Elia lediglich die Alleinstellung JHWHs für Israel vertrat. Z.B. geht er offenbar in 2 Kön 1, 6+16 von der Existenz Beelzebubs aus und bestreitet seine Existenz keineswegs. Aber wie dem auch sei: Von einem Monotheismus kann zur seiner Zeit in Israel keine Rede sein.
 
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