Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges

Ich denke auch, das Bismarcks Außenpolitik auf Ausgleich ausgerichtet war, unter der Prämisse, dass die Deutsche Sicherheit nicht gefährdet wird. Als das Dreikaiserbündnis 1887 aufgrund des Balkankonfliktes zw. ÖU und R nicht mehr verlängert wurde, schloß Bismarck den Rückversicherungsvertrag mit R, um einen Zweifrontenkrieg für Deutschland auszuschließen.

Der entscheidende Bruch zwischen DR und R kam ja dann erst 1890, nachdem Bismarck gegangen wurde und Wilhelm II. in absoluter Selbstüberschätzung den Rückversicherungsvertrag nicht verlängerte, obwohl Rußland das ja eigentlich wollte.

Versetze dich doch nun in die Rolle des Russischen Zaren: Wilhelm II. läßt Rußland abblitzen. Mit ÖU schwelt der Balkankonflikt. In Asien prallen britische und russische Kolonialinteressen auf einander. Welchen Bündnispartner sucht sich Rußland nun?

Ich denke Wilhelm II hat nur den logischen Schluß aus der vorhergegangenen russisch-französischen Annäherung gezogen und den Vertrag nicht verlängert. Das Reich befand sich seit längerem in einem Zoll und Wirtschaftskrieg mit Rußland, dringend benötigte russische Kreditaufnahmen in Deutschland wurden gesperrt, Rußlands wichtigste Einnahmequelle (rußland war kaum industrialisiert, zusätzlich fiel der englische Markt durch Agrar-Kampfpreise an die USA) brach weg. Zu diesem Zeitpunkt ( noch zu zeiten Bismarcks ) hat Frankreich die Rolle Deutschlands als Russlands Geldgeber, Militärausrüster und Handelspartner übernommen. Die Isolation Frankreichs wurde somit zu Zeiten Bismarcks fundamental unterwandert, zudem bestand Bismarcks Bündnispolitik unter der Voraussetzung dass das Deutsche Reich höchstens eine kontinentale Macht unter Mächten war und bleibt, der rasante, so nicht vorhersagbare, wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wirbelte aber die Verhältnisse nun auch gegenüber den damaligen Weltmächten England, USA und russland durcheinander. Hier finde ich wird Wilhelm II in mancher Hinsicht unrecht getan im direkten Vergleich zu Bismarck. Es galt für den kommenden Konflikt verläßliche Bündispartner zu finden. Gewiss kann man hier die inkonsequnte Haltung England gegenüber scharf kritisieren, aber gegenüber Rußland und Rückversicherungsvertrag weniger.
 
Ich denke Wilhelm II hat nur den logischen Schluß aus der vorhergegangenen russisch-französischen Annäherung gezogen und den Vertrag nicht verlängert.

Wilhelm II hat den Rückversicherungsvertrag 1890 nicht verlängert und die russisch-französische Annäherung erfolgt doch erst anschließend, 1892 in der Militärkonvention. Oder gab es vorher schon andere Formen der Annäherung zwischen dem Zarenreich und Frankreich?
 
Die Sache schon komplizierter als von mir dargestellt. Wir haben es in der Zeit 1875 bis 1890 mit unüberbruckbaren Gegensätzen zwischen Rußland und dem Deutschen Reich zu tun. Erster Anhaltspunkt ist bereits die "Krieg in Sicht Krise 1875" bei der deutlich wurde inwieweit die europäischen Großmächte England und Rußland ein starkes Deutsches Reich tollerieren. Hier wurde bereits eine mögliche Isolation Deutschlands im Falle einer kontinentalen Vormachtsstellung vorgespielt.
Weiterer Eckpunkt der Berliner Kongress mit dem Hintergrund der erstrebten russischen Expansione an den türkischen Meerengen, innerhalb dieses Konfliktes wurde sogar innerhalb der höchsten deutschen Militärführung für ein Präventivkrieg gegen Rußland plädiert. (Das war 1878-79)
Balkankriese 1885-87, Bulgarien hat sich von Rußland gelöst- Rußland versucht Bulgariern wieder in seinen Machtbereich zu integrieren. Dabei geht es auf konfrontation mit Ö-U, D-R und England. Klare positionierung des deutschen Reiches, wieder Präventivschlags Forderungen.
Der Zoll und Wirtschaftskrieg hat seine Höhepunkt in etwa ende der 80er Jahre so ca 1887 ( kann sein das ich mich um ein Jahr irre..)
Ausgelöst durch massive produktivitätssteigerungen auf dem Agrarsektor in den USA und Rußlands. Während die USA sich vermehrt auf England konzentriert was den Absatz des Getreides (Fleisch aufgrund der langen Überfahrt schwer zu transportieren) bleibt Rußland nur der kontinental europäische mit dem Deutschen Reich als Hauptabnehmer übrig. Es ist in diesen Jahren fast die einzige Möglichkeit Rußlands durch guten Export von Agrarprodukten die eigene Industralisierung Voranzutreiben, den Rückstand zu Mittel- und Westeuropa wettzumachen. Aber gerade in diesem Moment schwenkt das Deutsche Reich, Zwecks Erhaltung der eigenen agraischen Produktivkraft (übrigens bis heute in der EU) auf eine protektionistische Zollpolitik um. Dieser weitete sich noch in den 80er Jahren auch auf die kreditvergabe aus. Berlin war bis dahin der Geldmarkt Rußlands, hier hat sich Rußland das nötige Geld für die Notwendigen Großprojekte besorgt. Nachdem diese Möglichkeit versperrt wurde wich Rußland auf Frankreich aus, dort wurden die Gelder zb für den Bau der Transsibirischen und Kaukasischen Eisenbahn aufgenommen.
Folglich haben auch Innenpolitische Massnahmen und Notwendigkeiten eine Aussenpolitische Annäherung an Rußland verhindert.
Wie ernst es den beiden Mächten mit der Vertragsunterzeichnung war kann man auch sehr schön an der Vertragslaufzeit ermessen, 3 Jahre, aussenpolitisch ein Wimpernschlag.
 
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