War das Heilige Römische Reich zukunftsfähig?

Dieses Thema im Forum "Das Heilige Römische Reich" wurde erstellt von Der Habsburger, 18. Dezember 2011.

  1. Leo X.

    Leo X. Neues Mitglied

    "Die Deutschen" gab es erst 1990, wenn ich mich recht entsinne.
    Dafür gab es z. B. die Franken. Dann gab es ein Volk, dass weder er noch sie war. Jeder Staat hatte sein eigenes Volk. Nie wäre jemand vor 1806 auf die Idee gekommen, sich "Deutscher" zu nennen. Er war dann eben Preuße, Sachse, Brandenburger (obwohl in Personalunion mit dem Hzt. Preußen), Bayer oder oder oder.

    Nochmal bezüglich 1806: Ich musste darüber lachen, als ich das das erste Mal gehört habe. Ist doch auch praktisch, oder? Ich habe die eine Kaiserkrone nicht mehr, nehme mir dafür dann eben eine andere. Find ik jut! :D

    Nun gut, Napoléon hat tatsächlich die Deutschen zusammengebracht, ohne es zu wollen. Denn erstmals in der Geschichte dieses zerrütteten Landes, das aus so vielen Staaten bestand, schlossen sich so viele Armeen gegen einen gemeinsamen Feind zusammen, schlossen sich so viele Staaten zu einem Bund zusammen. Napoléon ist es zu verdanken, dass das Reich unterging und dass doch heute Deutschland eins ist.
    Und wäre er in Russland nicht aufgehalten worden vom Zaren, würde es heute vielleicht auch kein eines Deutschland geben, wer weiß? Hätte er erst ganz Europa, dann große Teile der Welt (Asien, Nordafrika) erobert, wäre Deutschland schon lange Frankreich gewesen.

    Aber FRIEDI: Du kannst natürlich nicht alles auf Napoléon beziehen! Er hatte seinen Beitrag geleistet (unwissentlich und ungewollt), aber ich denke, am Ende waren es Herrscher gleichsam wie das Volk. Die Nationalversammlung, der König Friedrich Wilhelm (IV.?) von Preußen zustimmen MUSSTE, um weitere Aufstände zu vermeiden, und der Studentenaufstand (v. a. Wartburg) führten dann doch dazu, dass ein allgemeines Umdenken stattfand. Kinder dieses Umdenkens waren nicht nur die Romantiker, die ein eines Deutschland wollten, nur eben teils als Anarchie, als Kommunismus oder gar Diktatur, sondern auch die Personen aus "Sturm und Drang", zu denen zweifelsohne auch Goethe gezählt werden kann.

    Wäre es trotz eines möglichen Bestehens des Reiches von 962 zu einem Nationalsozialismus gekommen? Wäre Hitler gezwungen worden, der NSPD beizutreten, hätte er Gefallen gefunden und hätte er die NSDAP gegründet? Wäre alles so gekommen, wie es kam?

    EDIT: Ein gewisser jemand denkt also, dass das Unsinn ist. Dann erwarte ich jetzt eine Stellungsnahme dazu, was Unsinn ist und wie es richtig ist.
     
    Zuletzt bearbeitet: 9. Januar 2012
  2. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Das halte ich für ziemlich früh! :D

    Was für ein Zwitter sollte das gewesen sein?

    Der Deutsche Bund ist 1815 nicht plötzlich vom Himmel gefallen, auch das Wartburgfest nicht, wo Studenten im Oktober 1817 als Vorkämpfer nationaler deutscher Einheit auftraten und in einem Feuer als "un-deutsch" und reaktionär bezeichnete Schriften und Gegenstände symbolisch verbrannten.

    Es wird also schon "vor 1806" jemand "auf die Idee" gekommen sein, sich Deutscher zu nennen. Dass er darüber hinaus auch Bayer, Sachse und Preuße war, können wir voraussetzen.

    Es ging hier um diplomatische Gleichrangigkeit des ehemaligen römisch-deutschen Kaisers in Bezug auf Napoleon, den "Kaiser der Franzosen". Als "Erzherzog" oder König von Böhmen hätte der Habsburger nicht mehr viel hergemacht.

    "Zusammengebracht" waren die Deutschen auch schon vorher, nämlich im Verband des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation unter einem Kaiser. Allerdings hatte sich die Zahl der unabhängigen Territorien im Rheinbund und später im Deutschen Bund von einst über 300 dramatisch verringert. Von einem nationalen Zusammenschluss kann man aber erst seit der Reichsgründung 1871 sprechen.

    Diese was-wäre-wenn-Fragen sind nicht vernünftig zu beantworten, da die Geschichte bekanntlich die unwahrscheinlichsten Wendungen vollzogen hat und noch vollzieht.
     
    Zuletzt bearbeitet: 9. Januar 2012
  3. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Bist du sicher, dass du bei der Aussage bleiben willst?



    Die andere hatte er ja schon 2 Jahre vorher, und ich schätze nicht, dass er zu der Zeit davon ausging, dass das Reich tatsächlich aufhören würde zu bestehen.

    Erstmals... ist das so? Hatte es nicht immer wieder Reichskriege gegeben? Ich denke hier vorallem an die Lechfeldschlacht.


    Ich sehe da keinen direkten Zusammenhang, also warum nicht?
     
  4. thanepower

    thanepower Aktives Mitglied

    Gerne noch mal als Wiederholung. Sich als "Deutscher" zu bezeichnen hat eine multiple Bedeutung. Und die hatte weitgehend noch im 18. Jahrhundert und davor eine andere Bedeutung wie im 19. Jahrhundert.

    Mindestens zwei Interpretationen werden von Dir, entweder absichtlich oder einfach aufgrund mangelnder analytischer Differenzierung, als Synonym verwendet.

    Die Bezeichnung von Personen im HRR bezieht sich auf die Angehörigen im "Reich" und bezieht sich auf eine historisch gewachsene Verwaltungseinheit, die mit "Deutscher Nation" endet. Und Gebiete völlig unterschiedlicher kultureller Vielfalt und Sprachen umfasste. Sofern sich jemand im HRR als "Deutscher" empfindet signalisiert er primär, bis zu den Befreiungskriegen, diese Zugehörigkeit.

    Seine Bindung hat er an die spezifsiche Region und an den jeweiligen Landesfürsten, die beide für ihn verbindlich Symbole darstellten und die kulturelle, soziale und politsiche Normen vorgaben. Also sinnstiftend wirkten, im Gegensatz zum HRR, das dieses nicht leisten konnte. Der Absolutismus kannte noch keinen "deutschen Patriotismus"!!!!!!, sondern die personenorientierte Bindung, teils als legitim angesehen, teils erzwungen, an den jeweiligen Landesherren.

    Lediglich eine kleine "nationalistisch" eingestellte Elite (Herder, Fichte etc.) knüpfte weitergehende Konzepte, die die Ursprünge der Idee des modernen Nationalismus bildeten, an die Selbstbezeichnung "Deutscher".

    Dieses Verständnis grenzt sich aber analytisch deutlich ab gegen die zweite Verwendung, den sich entwickelnden Nationalismus im 19. Jahrhundert. Und diese Idee basiert dann auf einer kollektiven Identität, die aber neuartige Vergesellschaftungsprozesse erforderlich machte.

    Wie beispielsweise bei Wehler beschrieben:

    Bismarck und der Imperialismus - Hans-Ulrich Wehler - Google Bücher

    So zumindest, kurz und grob skizziert, der aktuelle Diskussionsstand. Den Du einfach nicht zur Kenntnis nimmst und auch keine entsprechende Literatur vorlegst, die Deine Interpreation unterlegt. Bestenfalls Quellen, die mit einer sinnentstellenden Deutung der Selbstattribuierung einzelner Autoren "als Deutsche" versehen werden und nationalstaatlich interpretiert werden.
     
    Zuletzt bearbeitet: 10. Januar 2012
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  5. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Achja, als hätte ich irgendwas von einer nationalstaatlichen Interpretation geschrieben...

    Alles, was ich (an dieser Stelle) bezweifle, ist die Richtigkeit der Aussage "Nie wäre jemand vor 1806 auf die Idee gekommen, sich "Deutscher" zu nennen."
     
    Zuletzt bearbeitet: 10. Januar 2012
  6. Apvar

    Apvar Premiummitglied

    Auf kurz oder lang hätte sich das HRRdN reformieren müssen. Es gab nicht nur den Konflikt Preussen <-> Österreich, sondern auch noch als das Königreich Hannover, was vielfach unterschätzt wird. Bis zum Regierungsantritt von Queen Victoria war der Kurfürst von Hannover auch ab 1720 König von England, später König von Großbritannien.
    Zum anderen hatte Österreich ja auch noch in seinem, nicht im HRRdN liegenden, Gebieten Probleme. Das Reich hätte sich wohl nach einige weiteren Jahrzehnten Reformiert.

    Apvar
     
  7. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Ich denke, dazu war das Heilige Römische Reich mit seinen über 300 selbstständigen Territorien und Zaunkönigen sowie seiner lockeren staatlichen Struktur nicht in der Lage.

    Da musste erst Napoleon kommen und einen gewaltsamen Schlussstrich mit seinen Säkularisationen, Mediatisierungen und dem Rheinbund ziehen, in deren Folge der Kaiser die Krone des HRR niederlegte.
     
  8. Brissotin

    Brissotin Aktives Mitglied

    Generell ergab sich eine wesentliche Reform ja schon schrittweise. Die kleineren Reichsstände verschwanden zusehends. Das traf nicht nur aber auch Reichsstädte.
    Weitere Reformen, die vom Reich selbst ausgegangen wären, scheiterten aber letztlich an der Undurchführbarkeit, und dabei meine ich eigentlich weniger, dass sie an der Vielzahl der Kleinen scheiterten, als an der Macht der Großen.
    In Wahrheit machten ja ohnehin die mittleren und großen Staaten auf dem Reichstag in vielen Fragen unter sich aus, wie sich das Reich verhalten sollte. Der Einfluss des Conclusum der Kurfürsten war schon sehr groß (J.J. Moser macht das sehr schön deutlich.).

    Einen englischen Konflikt mit dem Reich kenne ich nicht. Hast Du dazu Quellen? Soweit mir bekannt, war Kurbraunschweig eigentlich in der Regel relativ gut auf Österreich zu sprechen, wenn man einmal den siebenjährigen Krieg ausklammert. Ein Grund war bestimmt die Konkurrenz zu Brandenburg-Preußen in Norddeutschland.
    Es gibt einige Hinweise darauf, dass England/Kurbhannover versuchte Verbündete den Preußen abzutrotzen. Ich glaube, es war Graf Lehndorff, der anlässlich eines Aufenthaltes in Strelitz einmal bemerkte, dass es sich Preußen mit seiner Hochnäsigkeit mit diesem mecklenburgischen Haus verdarb und es regelrecht dem braunschweig-lüneburgischen Kurfürsten als Verbündeten in die Arme trieb.
     
  9. Götz

    Götz Neues Mitglied

    Da dieses Thema bzw. die Ausgangsfrage (zumindest indirekt) mit der Thematik der Auflösung
    bzw. des Untergangs des HRRdN – Stichwort „Abdankung Franz II.“ - zu tun hat, möchte ich die
    Diskussion hier noch einmal aufgreifen.

    In den fast 50 Beiträgen sind sehr viele interessante und bemerkenswerte Argumente und Aspekte
    genannt und aufgezeigt worden (in der Kürze der Zeit konnte ich nicht alles im Detail lesen;
    manches habe ich nur überflogen – sollte daher mein Gedankengang, auf den ich gleich eingehe,
    bereits in der Deutlichkeit genannt worden sein, bitte ich, mir dies nachzusehen).

    Um konkret auf die Ausgangsfrage zu antworten:
    Nein, ich denke, das HRR/HRRdN war nicht zukunftsfähig.
    Nicht so sehr wegen der (tatsächlich vorhandenen) Schwierigkeiten, das „Reich“ verfassungs-
    rechtlich einzuordnen (um dann entsprechende „Reformbemühungen“ anzugehen) – verkürztes
    Stichwort „irregulare monstro simile“ v. Pufendorf , sondern aus der Erwägung heraus, dass die
    (zwar unter ganz anderen Voraussetzungen) 1517 einsetzende Reformation zu einer tiefen Spaltung
    nicht nur im konfessionellen, sondern auch politischen Bereich geführt hat oder sogar führen
    musste.
    Ich denke, ab 1529/1530 waren bereits die entscheidenden Gegensätze im HRR so unumkehrbar
    angelegt, dass das „Alte Reich“ in seiner 500 – 600jährigen Struktur nicht mehr „zukunftsfähig“ im
    Sinne eines einheitlichen Gesamtgebildes (um den modernen jurist. Staatsbegriff zu vermeiden)
    gewesen ist und dies auch nicht sein konnte.

    Außer die „Altgläubigen“, sprich die Gegenreformation wäre in letzter Konsequenz, die dann auch
    die physische Vernichtung der Protestanten hätte bedeuten können, oder aber der Schwedenkönig
    wäre auch nach 1632 erfolgreich gewesen (wäre er am Leben geblieben; dann wäre aber die
    Tradition zum röm.-kath. Universalgedanken unterbrochen worden).
    Müßig darüber weiter zu philosophieren, beides ist nicht eingetreten.
    Unabhängig davon, ob Gustav II. Adolf tatsächlich an die Kaiserwürde dachte.

    Daher mein eindeutiges Nein zur Ausgangsfrage.

    Nur um Missverständnissen vorzubeugen, meine Meinung soll keine Diskreditierung der
    Reformation sein – ganz im Gegenteil. Aber die durch die Reformation einsetzende Spaltung blieb
    nicht nur auf Glaubensfragen beschränkt, sondern hat halt alle Lebensbereiche erfasst.
    Da es hierzu immer nur halbherzige Kompromisse gegeben hat (1555 u. 1648) und das
    „Kriegsglück“ auch keinen eindeutigen Sieger hervorbrachte, war die Frage einer Zukunftsfähigkeit
    des HHR eigentlich schon damals besiegelt – Götz zum Gruß.
     
  10. hardy73

    hardy73 Neues Mitglied

    Ein Staat/Reich besteht aus Staatsvolk, Staatsrecht und einem Staatsgebiet. Wenn man nun bedenkt das alle drei genannten Bereiche einer ständigen Entwicklung bzw. Modernisierung durch z.B. eigene Erfahrung oder äußere Einwirkungen unterworfen sind, ist das HRR sicherlich heute noch existent und damit zukunftfähig. Dabei erscheint mir die jeweiligen Namensänderungen oder die Zeit der napolionischen Fremdherrschaft als nicht wirklich verändernd, sondern eher Symptome einer generellen Entwicklung zu sein. Die Bundesrepublik hat das Staatsrecht lediglich modernisiert, Staatsvolk und Staatsgebiet haben sich verkleinert, aber im Kern ist unser Land doch eine direkte Fortführung dieses Staatsgebildes.
    Sollte man es jedoch genau nehmen so lehrt uns die Geschichte das kein Reich ewig existiert. Siehe Ägypten mit seinen 3000 Jahren oder Rom mit seinen 1000. Somit ist kein Reich jemals zukunftfähig gewesen.
    Demnach wäre die Frage eher müßig, weil zu weit gefasst, einfach nur spekulativ oder eine Frage der Sichtweise. ;)
     
  11. hardy73

    hardy73 Neues Mitglied

    Ein Nachtrag zum Thema deutsch.
    Der Zusatz "Deutscher Nation" zum HRR kommt erstmals gegen Ende des 15.Jh. auf und geht eigentlich auf eine beleidigend gemeinten Bezeichnung der oberitalienischen Städte zurück, die dem römischen Begriff "furor teutonicus": die teutsche raserei
     
  12. Götz

    Götz Neues Mitglied

    Die Schlussfolgerung, aufgrund des ständigen Wandels äußerer Faktoren (oder Zuschreibungen) sei
    das HRR sicherlich heute noch existent und damit zukunftsfähig, kann ich ehrlich gesagt nicht
    nachvollziehen.
    Unabhängig davon, dass es (systematisch) unterschiedliche Staatsbegriffe gibt (z.B. den
    soziologischen vs. den juristischen), so hat sich auch deren Inhalt unterschiedlich entwickelt.
    Im 17. Jhdt. wurden andere Theorien und Begriffe entwickelt bzw. verwendet als im 20.

    Nur der Vollständigkeit halber bezieht sich die angedeutete „Drei-Elementen-Lehre“ von Jellinek
    auf die sog. „Staatsgewalt“, nicht auf „Staatsrecht“ - dieses könnte ohne Staatsgewalt systematisch
    (zumindest dauerhaft) gar nicht zur Entstehung kommen.

    Und ich denke, dass sich im Kern auch die Ausgangsfrage des Themenstarters auf dieses Merkmal
    „Staatsgewalt“ sowohl nach Innen als auch nach Außen darauf konzentriert – also war das HRR im
    Sinne innerer und äußerer Souveränität zukunftsfähig ?

    Sowohl die praktische Entwicklung als auch die der theoretischen Grundlagen seit Beginn des 16.
    Jhdt. dürften gezeigt haben, dass eine echte, sprich nachhaltige Zukunftsfähigkeit der damaligen
    Strukturen nicht gegeben war – unabhängig, ob man (aus welchen Gründen auch immer) so etwas
    ernsthaft wünschen würde.
    Schönen Brückentag – Götz zum Gruß.
     
  13. hardy73

    hardy73 Neues Mitglied

    @ Götz

    Da hast du natürlich Recht.
    Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte ist die Problematik des Endes und des Anfangs und damit zukunftfähig oder nicht. So sehe ich in den verschiedenen deutschen Staatsgebilden seit 1806 bzw. davor immer noch eine gewisse Kontinuität, selbst in der Zersplitterung des HRR, die sich in den einzelnen Ländern und der Förderalität wiederspiegelt.
    Als Vergleich könnte man Großbritannien heranziehen. Heute ist Großbritannien nicht mehr das England von Wilhelm dem Eroberer oder Jakob I., sicher auch nicht mehr das von Viktoria, es hat sich in seiner Größe ebenso wie in seinem Recht weiterentwickelt und verändert wie Deutschland. Letztlich ist es immer noch bestehend und sicher zukunftsfähig.
    Ein weiteres Beispiel mit dem ich die Problematik der Frage verdeutlichen möchte ist das alte Ägypten. Das Alte Reich zerfiel in viele Teilfürstentümer und war damit beendet, das wiedervereinte Mittlere Reich wurde durch die Fremdherrschaft der Hyksos beendet und wieder neu vereint. Trotzdem sehen wir im alten Ägypten bis zur Römerzeit, selbst unter den Persern und Ptolemäern ein kontinuierliches Staatsgebilde,
    Das HRR in seiner damaligen Form sicher nicht. Selbst wenn Friedrich Wilhelm III. die Krone angnommen hätte, wären die Mittelalterlichen Strukturen schon überholt gewesen. Da muß man eigentlich nicht drüber diskutieren, denn es ist beendet worden, ergo nicht zukunftfähig. Aber das gemeinsame deutsche Staatsgebilde existiert heute noch.
    Ich hoffe ich konnte die Problematik auf die ich angespielt habe etwas besser verdeutlichen.
     
  14. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Nicht wirklich. Die Bezeichnung "deutsch" in der Form "thiudisc" (die genaue Schreibweise möge man mir nachsehen) kommt aus dem Althochdeutschen, und bedeutet so viel wie "aus dem gemeinen Volk", und wurde mit der Zeit auf die Sprecher germanischer Dialekte angewendet.

    Und das "deutscher Nation" ist auch kein wirklicher Zusatz zum Reichstitel. Wenn man sich Urkunden aus der Zeit ansieht, stellt man fest, dass das eine Floskel ist, die mehr oder minder einfach "deutsch" bedeutet.
    "Christlicher Adel deutscher Nation", "Grenzen deutscher Nation", und viele weitere Beispiele wären da zu finden. Nach ein paar Jahrzehnten kam der Terminus auch wieder aus der Mode.
     
  15. Simplicius

    Simplicius Aktives Mitglied

    An unsere alte Diskussion, die wir vor einigen Monaten führten, anknüpfend, wüsste ich gerne, was Sie unter "deutschen Patriotismus" verstehen und welche Autoren behaupten, einen solchen hätte es im 18. Jh. und davor nicht gegeben.

    Die Autoren, die ich lese (G. Schmidt, A. Schmidt, Hirschi, Lahrkamp, Gardt usw.), gehen, anders als Sie, in unterschiedlichem Maße davon aus, dass ein deutsches Nationalgefühl und ein Patriotismus sehr wohl bereits seit dem 16. Jh. existierte.

    Da Sie aber viel klüger sind als ich und ich von Ihnen lernen will, wäre es ganz toll, wenn Sie mir weiterhelfen könnten. Schließlich möchte ich meine offensichtlich falschen Ansichten, die durch den Blödsinn, den genannte Herren fabrizieren, und die wohl völlig falsche Interpretation von Originaldokumenten (wo Leute, die sich als Deutsche bezeichnen, fälschlicherweise davon sprechen, sie würden Deutschland oder das Reich lieben und für es kämpfen wollen, was natürlich gar nicht sein kann, da es damals ja noch keinen deutschen Patriotismus gegeben hat), die ich lese, genährt werden, revidieren. Hoffentlich können Sie mir dabei helfen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 22. Mai 2012
    1 Person gefällt das.
  16. Brissotin

    Brissotin Aktives Mitglied

    Hast Du ein paar Zitate, welche knackig und überschaubar, den Patriotismus wiederspiegeln - meinetwegen auch von den erwähnten Autoren.

    Generell wäre ich Deiner Meinung. D.h. wenn ich Dich dutzen darf. ;)
     
  17. thanepower

    thanepower Aktives Mitglied

    1. Meine Positionen hatte ich durch entsprechende Autoren, inklusive Seitenfundstelle, belegt.

    2. Dann bin ich sehr gespannt, welcher Autor, die oben genannt werden, auf welcher Seite was genau behauptet. Also bitte etwas präziser.

    3. Und wenn auf meine Äußerungen Bezug genommen wird, dann wäre es doch einfach nur hilfreich, sich die Mühe zu machen, einen Beleg für die entsprechende Formulierung anzuführen.

    4. Und etwas weniger Ironie wäre sicherlich auch hilfreich.

    5. Patriotismus und dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen.
    Wiki: "Politisch in der Masse der Bevölkerung verankert wurde der Patriotismus und der damals ebenfalls noch positiv verstandene Nationalismus vor allem durch die französische Revolution von 1789 bis 1799. Spätestens in den napoleonischen Kriegen wurde die Idee des Patriotismus auch in den bürgerlichen Schichten anderer europäischer Länder verbreitet."

    6. außer: es sind eine Reihe hervorragender Beiträge z.B. von "Dieter" in diesem Thread vorhanden, die das Thema ebenfalls gut beleuchten.
     
    Zuletzt bearbeitet: 22. Mai 2012
  18. thanepower

    thanepower Aktives Mitglied

    Wettkampf der Nationen: Konstruktionen einer deutschen Ehrgemeinschaft an ... - Caspar Hirschi - Google Books

    Was kritisiert denn beispielsweise Hirschi an Gellner, Anderson oder Hobsbawn?

    Unabhängig davon ist mindestens auch noch Schieder durchaus relevant für die Interpretation. Aber das ist ja Hirschis Entscheidung, an wem er sich argumentativ abarbeiten möchten.

    Welche Theoriegebäude stellt er (Hirschi) denn dem von ihm kritisierten "Mainstream" entgegen?, einer Sichtweise, die er selber als dominates Interpretationsraster für die Nationenbildung wahrnimmt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 22. Mai 2012
  19. Simplicius

    Simplicius Aktives Mitglied

    Genau wie Sie habe ich mehrmals aus diesen Schriften zitiert (v.a. Schmidt). Wenn Sie sich ernsthaft dafür interessieren, empfehle ich Ihnen folgende Bücher und Aufsätze: http://www.histinst.uni-jena.de/Institut/Lehrst%C3%BChle+und+Professuren/Lehrstuhl+Fr%C3%BChe+Neuzeit/Personal/Prof_+Dr_+Georg+Schmidt/Publikationen-p-2095.html

    Aber darum soll es hier nicht gehen. Wie ich bereits geschrieben habe, weiß ich ja, dass ich dumm bin und falsch liege und dass alles, was ich lese, ebenfalls falsch ist oder dass ich zu minderbemittelt bin, es richtig zu verstehen. Mir geht es hier deshalb nicht darum, Sie etwas zu lehren, sondern im Gegenteil von Ihnen etwas zu lernen.

    Ich möchte verstehen, warum es nichts mit Patriotismus zu tun hat, wenn deutsche Fürsten, die sich selbst „Patrioten“ nennen, eine Gesellschaft gründen, die sich als „patriotisch“ bezeichnet (z.B. die Fruchtbringende Gesellschaft). Ich möchte verstehen, warum es nichts mit Patriotismus zu tun hat, wenn ein kaiserlicher Reitergeneral wie Jan von Werth davon spricht, er möchte sein ganzes Blut dafür einsetzen, die „außlendischen cronen“, die mit dem „römischen reich nichts zu schaffen haben“, aus Deutschland zu vertreiben. ich möchte verstehen, warum es ncihts mit Patriotismus zu tun hat, wenn heftig darüber gestritten wird, ob man einem König nichtdeutscher Abstammung die Kaiserkrone geben könne oder nicht (Diskussion nach dem Tod Maximilians I., empfohlen: Ein französischer Kaiser? Die Diskussion um die Nationalität des Reichsoberhauptes im 17. Jahrhundert, in: Historisches Jahrbuch 123 (2003), 149 – 177).

    Kurz: Ich möchte verstehen, warum es nichts mit Patriotismus oder Nationalgefühl zu tun hat, wenn damalige Deutsche von „Vaterland“, „Patriotismus“ usw. gesprochen haben. Und ich wüsste gerne, was sie denn dann damit gemeint haben. (Das Gegenteil von dem, was sie sagten? Und warum sagten sie es dann?) Nicht mehr und nicht weniger möchte ich verstehen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 23. Mai 2012
  20. Simplicius

    Simplicius Aktives Mitglied

    Es tut mir sehr leid, gleich noch einen Beitrag schreiben zu müssen, aber leider kann ich den vorherigen nicht editieren. Obwohl ich dumm bin und alles falsch sehe und die Literatur, die ich lese, entweder unrichtig ist oder ich sie unkorrekt interpretiere, möchte ich nun doch thanepowers Anfrage nachkommen. Ich habe vorher extra über eine Stunde an der nahegelegenen Bibliothek zugebracht und einen 20-seitigen Aufsatz G. Schmidts als PDF-Datei gespeichert. Wenn ihn jemand komplett haben will, kann ich ihn ihm schicken. Bis dahin sei nur daraus zitiert.



    (Quelle: Georg Schmidt. Reich und Nation. Krieg und Nationsbildung in Deutschland.) Jedenfalls finde ich als Idiot und Trottel, wenn ich diesen Aufsatz lese, dass es offenbar im 17. Jh. schon eine Art Patriotismus gegeben haben muss.

    Als intelligenter Mensch weiß man natürlich, dass dem nicht so ist. Aber warum dem nicht so ist, das wüsste ich gerne. Man möge mich aufklären und endlich zum Licht führen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 23. Mai 2012

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