Dieses Nebengleis der Diskussion führt nirgendwohin.
Vorsicht: Jura-Alarm.
Prinzipiell weist das Völkerrecht allen Kombattanten das Recht zu, militärische Gewalt gegen andere Kombattanten einzusetzen – kodifiziert seit der Haager Landkriegsordnung, und völkergewohnheitsrechtlich auch bereits davor. Ein formeller Kriegszustand ist dafür irrelevant, und ebenso die Frage, ob eine Seite dabei für eine Regierung handelt, die das (seit dem Briand-Kellogg-Pakt geächtete) Verbrechen der Aggression begeht. Die völkerrechtliche Ächtung des Krieges als vermeintlich ureigenes Recht der Staaten ist nicht gleichbedeutend mit einer Ächtung militärischer Gewalt.
Wenn eine Regierung völkerrechtswidrig Krieg führt, können die von ihr entsandten Soldaten zumindest für Kriegshandlungen, die der Haager Landkriegsordnung entsprechen, nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Kombattant ist, wer entweder von einem Völkerrechtsubjekt dazu erhoben wurde (z.B. indem eine Regierung die Person als Soldat in Dienst nimmt), oder, wer Kombattant sein möchte und die Auflagen der HLKO erfüllt (offenes Tragen der Waffe, Zeichen der Zugehörigkeit, Einbindung in eine Hierarchie mit klaren Verantwortlichkeiten). Personen, die völkerrechtlichen Schutz genießen, dürfen überdies bekämpft werden, wenn sie diesen Schutz missbrauchen.
Italienische Soldaten durften nach dem 08.09.43 gegen deutsche Soldaten militärische Gewalt ausüben; umgekehrt durften die Deutschen militärische Gewalt gegen italienische Soldaten ausüben. Unter der Maßgabe, versteht sich, dass die Vorschriften der HLKO beachtet würden.
Dass Nazi-Deutschland den italienischen Soldaten, die entwaffnet worden waren oder sich ergeben hatten, nicht den Status von Kriegsgefangenen zubilligte, war völkerrechtswidrig. Ebenso wäre es völkerrechtswidrig anzuordnen, dass italienische Soldaten, die sich der Entwaffnung gewaltsam widersetzen bzw. die Kapitulation verweigerten, nicht gefangen genommen werden dürften.
Der Wortlaut der von Rommel ergangenen Anweisung ist meines Erachtens zu vage, um vorbehaltlos zu bejahen, dass er dies angeordnet hat. Da es in seinem Verantwortungsbereich zu keinen Massakern kam und überdies Maßnahmen getroffen zu worden sein scheinen, um Blutvergießen zu vermeiden, scheint es mir naheliegender, dass Rommel gedachte, seine Untergebenen "nur" dazu anzuhalten, keine Rücksicht darauf zu nehmen, dass die Italiener soeben noch militärisch und weltanschaulich Verbündete gewesen waren.
Fraglich wäre nun, ob Rommel wusste, dass die "Militärinternierten" in Deutschland einer völkerrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt sein würden. Laut Wikipedia erging am 01.10.43 folgender Befehl:
Dieser Krieg ist ein totaler Krieg. Soweit die Männer Italiens nicht mehr die Gelegenheit haben, mit der Waffe für die Freiheit und Ehre ihres Vaterlandes zu kämpfen, haben sie die Pflicht, ihre volle Arbeitskraft in diesem Kampf einzusetzen.
Es wird jedoch keine Quelle genannt. Interessanterweise schreibt die englische Wikipedia unter Verweis auf den zitierten Lieb und Maurice Remy:
Italian internees were sent to Germany for forced labour, but Rommel was unaware of this.
Auch hier ist die zumindest für mich verfügbare Informationslage zu ambivalent, um eine sichere Aussage zu treffen. Rommel hätte sich darüber im Klaren sein müssen, dass die internierten Italiener als Kriegsgefangene zu behandeln waren, und dass jede Abweichung davon völkerrechtswidrig wäre. Hier ist freilich die Intention und nicht der Wortlaut der HLKO zu beachten. Hätte Deutschland den Militärinternierten den gleichen Schutz gewährt wie Kriegsgefangenen, und sie aus politischen Gründen nur anders bezeichnet, wäre das nicht weiter problematisch.
Damit stellt sich die Frage, was zu gelten hat, wenn die Angabe der deutschen Wikipedia zutrifft. Hier wäre wieder zu untersuchen, was Rommel wissen konnte bzw. wissen musste. Dem Wortlaut nach handelt es sich nämlich abermals nicht um einen evident rechtswidrigen Befehl; er kann aber je nach Rommels Wissensstand und Vorsatz bzw. Motivlage rechtswidrig gewesen sein.
Gemäß Art. 27 ff. des damals geltenden Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen waren kriegsgefangene Mannschaften verpflichtet, für den Gewahrsamsstaat (gegen Entgelt) zu arbeiten, und die Unteroffiziere, diese Arbeit zu beaufsichtigen. Ausdrücklich verboten war nach Art. 31 nur der (erzwungene) Arbeitseinsatz bei direkten Kriegsanstrengungen. Das Abkommen dazu: "Insbesondere ist es verboten, Gefangene zur Herstellung und zum Transport von Waffen oder Munition aller Art sowie zum Transport von Material zu verwenden, das für kämpfende Truppen bestimmt ist."
Es wäre demnach rechtswidrig, die Gefangenen z.B. in der Rüstungsindustrie arbeiten zu lassen, aber durchaus zulässig, die eigenen Facharbeiter anderer Industrien in der Rüstungsindustrie einzusetzen, und ihre frei gewordenen Arbeitsplätze mit Gefangenen zu besetzen.
Dass Rommel auf den totalen Krieg verwiesen haben und die Brücke geschlagen haben soll vom verhinderten Kampf- zum nunmehrigen Arbeitseinsatz, würde wohl gegen die denkbare Gegenrede sprechen, dass eine indirekte Verwendung (wie oben skizziert) gemeint war.
Wenn die Zuschreibung also korrekt ist, wäre ein schuldhafter Verstoß gegen die HLKO zu bejahen. Wie groß die damit verwirklichte Schuld ist, würde davon abhängen, ob Rommel wusste oder wissen musste, wie schlimm die Zwangsarbeiter behandelt wurden.
Nach heutigem Verständnis wäre Rommel damit ein Kriegsverbrecher. Wobei die Schwere der Schuld, insbesondere bei denkbarer Nichtkenntnis der Zustände, unter denen Zwangsarbeiter im NS-Reich eingesetzt wurden, als eher gering einzustufen wäre.
Rommel war seit der Verlegung nach Afrika kaum mehr in Deutschland gewesen, und scheint innerhalb der Generalität aufgrund seines Status als Günstling des Führers und kleinbürgerlichen Emporkömmlings ja ziemlich isoliert gewesen zu sein. Es ist also möglich, dass er nicht im Bilde war.
Nimmt man, auf Basis des Gesagten, die Urteile von Nürnberg und des Tribunals für das ehemalige Jugoslawien als Anhaltspunkt, wäre er wohl mit einer symbolischen Strafe davon gekommen.
Einer dieser "Gilt mit der Untersuchungshaft als verbüßt"-Kandidaten.
Jetzt bin ich auf Betriebstemperatur gekommen, darum etwas off topic,
Nicht "etwas", sondern "sehr off-topic", sehr politisch, und geeignet, die Moderation zur Schließung zu veranlassen.
Kurzum: bitte nicht.