War Hemingway ein Mörder?

Tut mir leid, ich verstehe die Diskussion nicht.

1. Es wird behauptet, Hemmingway hätte (einen/mehrere) Menschen getötet. Stimmt diese Behauptung, ja oder nein?

2. Wenn ja, war er dazu "berechtigt"? Als Soldat, aus Notwehr, wasweissich ...

(Also: Ist es eine Tatsache, und macht sie ihn zum Mörder?)

Zu diesen beiden Punkten haben bislang lediglich Südwester, Ashigaru und der Strangöffner selbst etwas Substantielles geliefert. Sind wir denn schon soweit, dass wir ihn in Schutz nehmen müssen??
 
1. Ob es stimmt, ist wohl kaum noch zu klären, er hat es zumindest so behauptet. Ich habe das auch schon einmal irgendwo gelesen.

2. Soldat war er nicht, laut seiner eigenen Tatbeschreibung war es auch keine Notwehr sondern erfolgte während eines Verhörs und an einem unbewaffneten Gefangenen.

Falls es nun wahr sein sollte (ich hege meine Zweifel, Hemingway neigte zu groben Übertreibungen) würde ich es zweifellos als "Mord" bezeichnen.

An seinen literarischen Qualitäten (persönlich bin ich kein so grosser Fan von ihm, das ist jedoch Geschmacksache) ändert das nichts. De Sade war auch ein grosser Literat und trotzdem ein Scheusal.

Dass er als eigentlicher Zivilist an Verhören teilnahm, ist nicht so unglaubwürdig. Er war damals schon recht bekannt und hatte seine Gönner.
Dass einige Journalisten damals bewaffnet herumliefen, ist auch nicht seltsam. Bis Vietnam und vor allem in den Afrikanischen Konflikten war das noch gelegentlich der Fall.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu seinen "militärischen" Fähigkeiten noch folgendes: Hemingway liess in seinen Macho-Allüren ja oft den Militärexperten heraushängen. Er liess ja auch glauben, er hätte im 1. WK gekämpft, war in der Tat jedoch als Krankenwagenfahrer und nicht als Soldat dabei (wie oben schon erwähnt wurde).
Im Spanienkrieg verfasste er eine Reihe von Artikeln über militärische Ereignisse. Vor kurzem lass ich eine Reportage über eine Republikanische Offensive, bei der er die definitive Wende des Krieges und die enorme technische und moralische (im militärischen Sinne) Überlegenheit der Republikanischen Truppen betonte.

Wie es dann wirklich ausging, ist ja bekannt.
 
Papa Hemingway war Kriegsberichterstatter für mehrere renommierte Blätter, zu dieser Zeit weltweit anerkannter Schriftsteller. Und er war ein sehr professioneller Schriftsteller, nicht nur was das Schreiben betraf, sondern auch im Hinblick darauf, seine Persönlichkeit zu verkaufen. Ich meine das absolut nicht abwertend, denn es unterscheidet letzlich einen erfolgeichen von einem erfolglosen Autor. Hemmingway hatte den Journalismus von der Pike auf gelernt. Er brachte es fertig, mit den Vorhuten in Paris einzuziehen. Glaubt ihr, ernsthaft, daß ein solcher Mann, selbst wenn er solche Gelüste hätte, es sich leisten kann, Gefangene zu erschießen.

Ich stimme Marcia zu, Papa Hem hat mit The Old man and the Sea seinen Zenit erreicht, ist dann aber ausgebrannt, gemessen an dem was sein Standard war. Ich habe sein letztes Buch Tödlicher Sommer gelesen, es ist über den Stierkampf. Er war ein kraftvoller Mensch Zeit seines Lebens fasziniert vom Tod. Was bei seinen wilden Partys bei Sloppy Joe´s in Key West an Sprüchen gefallen ist und in verzerrter Form von Journalisten wiedergeben wurde, halte ich schlicht für ignorierbar. Er wurde schließlich auf Schritt und Tritt von Journalisten umlagert, das kann man wirklich nicht ernst nehmen. Er mochte die deutschen allerdings nicht, verstand sich aber gut mit Marlene dietrich, die er "My little Kraut" nannte.
 
Es macht mich schon mehr als nachdenklich, wenn einige hier meinen, es wäre kein Problem für einen Schriftsteller in der Nazizeit Kinder vom Fahrrad zu schiessen. So geschehen, hat EH sogar damit geprahlt, er würde den Jungen nur in die Leber oder die Niere schießen, da er dann nicht sofort Tod wäre und er was von seinem Ableben hätte. Der 16 jährige flüchtige Bauernsohn wollte nur seine unschuldige Haut auf seinem Fahrrad retten, da schoss EH ihm in den Rücken. Diese und auch weitere Tatsachen aus der so genannten Kriegberichterstattertruppe sind eindeutig bestätigt. EH hat in seinem Wahnsinn, die Eskapaden der jeweiligen zeitgeschichtlichen
Kriegwirren im sicheren Umfeld für sich als Jäger (EH war auch Afrikajäger) in derselben perversen Art und Weise ausgelebt, wie der Irre der den Krieg begann. Deswegen bleibt es beim feigen Morden, da er lediglich auf wehrlose Individuen, mit dem Standardkaliber der US Waffen (7,42) nach Opfern suchend schoss. EH war in keinem Falle nur in der Nähe irgendwelcher für ihn gefährlicher Kriegssituation gekommen, lediglich die Waffe die er gegen Kinder gerichtet hat wurde die größte Gefahr für ihn. Somit war einzig und allein die Profilsucht der Motor für diese ungerechten und bis heute nicht bestraften Morde von EH verantwortlich. Ich werde EH nicht lesen. Gemessen wirst du an deinen Taten. Zitat Ende!
 
...Es macht mich schon mehr als nachdenklich, wenn einige hier meinen, es wäre kein Problem für einen Schriftsteller in der Nazizeit Kinder vom Fahrrad zu schiessen...

Im Gegenzug war es für den deutschen ja auch kein Problem auf Kinder und Frauen zu schiessen. Aber darum geht es doch garnicht.
Fakt ist, wenn EH sagt er habe dies und das gemacht dann sollten wir das als gegeben hinnehmen. Also steht für mich fest das er diese Taten begangen hat und ergo auch als Mörder einzustufen ist. Aber deswegen boykottiere ich doch nicht seine Werke. Ein gutes Buch ist es immer wert gelesen zu werden - unabhängig vom Autor.

Interessanter finde ich folgende Frage.
Ist es Aufgabe eines Schriftstellers, ein moralisch wertvoller Mensch zu sein?
Eigentlich ist es Aufgabe eines jeden Menschen, ein moralisch wertvoller Teil der Gemeinschaft zu sein. Wenn einige das anders sehen, dann braucht sich Günther Grass ja ab sofort keine Sorgen und Vorwürfe mehr zu machen.

Aber war die Ausgangsfrage nicht, ob die Gerüchte über Hemingways Taten belegbar sind?
Wenn ich die Diskussion richtig verfolgt habe, scheinen die Angaben zu stimmen und die Frage ist beantwortet. Alles weitere müsste dann unter der Rubrik "hatte Hemingway Sonderrechte?" oder "war Hemingway für seine Taten verantwortlich?" laufen.
 
Ernest Hemingway mag ein großer Autor gewesen sein - als Mensch war er offenbar nach dem Zeugnis seiner Frauen und Kinder ein Kotzbrocken. Seine große "Heldentat" im 2. WK, dokumentiert durch Filmaufnahmen, war die "Befreiung" einer Bar in der Normandie.
 
Ernest Hemingway mag ein großer Autor gewesen sein - als Mensch war er offenbar nach dem Zeugnis seiner Frauen und Kinder ein Kotzbrocken. Seine große "Heldentat" im 2. WK, dokumentiert durch Filmaufnahmen, war die "Befreiung" einer Bar in der Normandie.


Hemingway nutzte seine Position als Literaturikone und Journalist, um sich in Einsätze zu begeben, wo er als Berichterstatter eigentlich gar nichts zu suchen hatte. Er wurde einige Male in Kampfhandlungen verwickelt.

Papa Hemingway gehörte übrigens zu den ersten, die als Befreier in Paris einzogen, lange vor "Ike" Eisenhower und de Gaulle.
 
Dass entscheidende an Hemingways WKII-Aussagen ist doch, dass es für ihn selbstverständlich war, zu erzählen, wie viele Deutsche er getötet hatte. Wenn er noch zwanzig Jahre länger gelebt hätte, hätte er vielleicht gesagt, er hätte statt hundert gar 300 erschossen.

Das ist eine verallgemeinerungsfähige Hypothese über ein Verhalten, das ja auch dem Bedürfnis des Publikums in hohem Maße Rechnung trägt. Franz-Josef Degenhardt hat das mit dem Lied "Horsti Schmandhoff" (kennt das noch einer?) persifliert, der - Soldat -
... bald darauf in Uniform auf Sonderurlaub kam,
das Panzerkäppi schiefgesetzt, das Ekazwo abnahm,
es zeigte und erzählte, wie er kurz vor Stalingrad
12 Stalinorgeln, 50 Iwans plattgefahren hat,
Kumpanen, da, gesteht euch ein,
da wolltet ihr genau wie Horsti Schmandhoff sein.
 
@jschmidt
Mit dem Unterschied, dass es in dem Lied um einen Soldaten geht, der über seinen Kampfeinsatz berichtet, während es bei Hemingway, wenn diese Gerüchte zutreffen, um Folter und Mord an Gefangenen geht.
Da hilft auch nicht die Warnung vor Aufrechnung, denn Unrecht ist und bleibt Unrecht und wird durch Unrecht nicht Recht.
Auch die Debatte, ob ein Schriftsteller ein moralischer Mensch sein sollte, ist verfehlt. Wieso hat diese Frage denn bei Hitler keiner gestellt? Der war doch auch schriftstellerisch tätig!...
Solche Feigenblattdebatten sind nicht zielführend.
 
Mit dem Unterschied, dass es in dem Lied um einen Soldaten geht, der über seinen Kampfeinsatz berichtet
Kennst also Degenhardt nicht. (Kein Vorwurf, ist auch schon ein älteres Modell.) Dem geht es um alles andere als einen Kampfeinsatz (weder real noch fiktiv), sondern um die Art und Weise, wie gewisse Typen vor Publikum bramarbassieren und mit angeblichen Heldentaten protzen. (Im nächsten Vers des Liedes steht Horst mit 'ner Lucky im Mund an der Theke und erzählt, wie er 1942 "den Drecksack General Paulus in den Arsch getreten hat".)

Das bezog sich eindeutig - siehe Zitat - auf Ashigarus kritischen Hinweis, der mir deswegen einleuchtete, weil auch ich E. H. für einen äußerst extrovertierten Mann mit starken Hang zur Selbststilisierung halte, der es zu einer bestimmten Zeit offenbar liebte, als "Hunnentöter" aufzutreten. Ob an seiner Prahlerei etwas Wahres ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

... Warnung vor Aufrechnung ... moralischer Mensch ... Hitler ... Feigenblattdebatten
Steht auch alles unter @schmidt - wenn ich nur wüßte, warum?:S
 
Steht auch alles unter @schmidt - wenn ich nur wüßte, warum?

War aber nicht auf Dich gemünzt. ;)
Hab vergessen, einige Absätze zur Trennung einzufügen.

andere als einen Kampfeinsatz (weder real noch fiktiv), sondern um die Art und Weise, wie gewisse Typen vor Publikum bramarbassieren und mit angeblichen Heldentaten protzen. (Im nächsten Vers des Liedes steht Horst mit 'ner Lucky im Mund an der Theke und erzählt, wie er 1942 "den Drecksack General Paulus in den Arsch getreten hat".)

Das bezog sich eindeutig - siehe Zitat - auf Ashigarus kritischen Hinweis, der mir deswegen einleuchtete, weil auch ich E. H. für einen äußerst extrovertierten Mann mit starken Hang zur Selbststilisierung halte, der es zu einer bestimmten Zeit offenbar liebte, als "Hunnentöter" aufzutreten. Ob an seiner Prahlerei etwas Wahres ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

Nein. Ich kenne Degenhardt nicht. Ich habe auf den von Dir zitierten Teil geantwortet.
Dennoch bleibt es auch bei reiner Selbstdarstellung essentiell dabei, was das Thema derselben ist.
Sich als gemeinen Mörder darzustellen und zu gefallen hat eine "sehr eigene Qualität".
Für mich besteht schon ein Unterschied, ob jemand wie in den beiden Beispielen über seine Militärzeit protzt oder so wie Hemmingway redet.
 
Dennoch bleibt es auch bei reiner Selbstdarstellung essentiell dabei, was das Thema derselben ist. Sich als gemeinen Mörder darzustellen und zu gefallen hat eine "sehr eigene Qualität". Für mich besteht schon ein Unterschied, ob jemand wie in den beiden Beispielen über seine Militärzeit protzt oder so wie Hemmingway redet.
Nimm Du Dich der Unterschiede an, ich lege mich für die Gemeinsamkeiten weit aus dem Fenster.:winke:
Gemeinsam ist beiden Figuren,
1. dass sie bei den Adressaten ihres Protzens/Redens implizit um Sympathie werben, sich als Identifikationsfigur anbieten ("da wolltet Ihr genau wie Ernest Hemingway sein"),
2. dass ihr fiktives bzw. (eventuell) reales Tun nur im Kontext des Krieges überhaupt verstanden werden kann, in einem Kontext also, der tradierte Vorstellungen über den Wert des Lebens usw. als obsolet erscheinen lässt.
Nach dem Krieg - in offizieller amerikanischer Deutung bekanntlich ein "Kreuzzug"! - he "will now try to go back to being a christian again". So gesehen hat E. H., sollte er getötet haben, ja viele Vorgänger und auch Nachfolger.
 
2. dass ihr fiktives bzw. (eventuell) reales Tun nur im Kontext des Krieges überhaupt verstanden werden kann, in einem Kontext also, der tradierte Vorstellungen über den Wert des Lebens usw. als obsolet erscheinen lässt.

Das sehe ich anders. Immerhin reicht die militärische Tradition des sog. Westens weit zurück und hat immerhin zu international anerkanntem Kriegsrecht geführt.
An dieser Entwicklung sieht man m.E., dass der Wert des Lebens nicht obsolet erscheint.
Es wird geradezu traditionell zwischen der Tötung Gefangener und Tötung im Kampf unterschieden.

Nach dem Krieg - in offizieller amerikanischer Deutung bekanntlich ein "Kreuzzug"! - he "will now try to go back to being a christian again". So gesehen hat E. H., sollte er getötet haben, ja viele Vorgänger und auch Nachfolger.

Wie oben dargestellt würde ich die These "töten ist gleich töten" ablehnen.
Die Metapher Kreuzzug weist auf die Vorstellung eines gerechten Krieges hin. Damit ist aber nicht gemeint, dass jede Tötung gleichwertig sei.
Die Aussage "will now try to go back to being a christian again" führt auch den Kreuzzugsansatz letztlich ad absurdum, wenn man sich von christlichen Idealen abwendet, die hinter der Kreuzzugsidee als gerechtem Krieg stehen.
 
Ich glaube nicht dass man viel gewinnt, die unterschiedlichen Situationen einer Tötung zu bewerten.
In den meisten Rechtssystemen wird zwischen "geplant" (= Mord) und "in der Hitze der Auseinandersetzung (= "Todschlag") unterschieden. In besonderen Situationen ((zeitweise) Unzurechnungsfähigkeit, schwere Provokation) werden "mildernde Umstände" beim Strafmaß berücksichtigt.

Dann gibt es noch straffreie Selbstverteidigung, die aber auch "angemessen" sein muss.

Eine Kriegssituation wird anders behandelt. Philosophisch wird gerne ein "gerechter", ein Verteigungskrieg, sogar ein "Präventivkrieg" abgegrenzt.

Technisch kann man eine konkrete Kampfsituation zwischen Soldaten von der Behandlung gefangener regulärer Soldaten, Nichtkombatanten (="Zivilbevölkerung") und "gefährlichen Subjekten" unterscheiden.

Mir fiel für die letzte Gruppe kein anderes Wort ein: ich meine Spione, Attentäter, Heckenschützen, Freischärler, Aufwiegler, Provokateure.

Letztere wurden niemals fein behandelt.

Wann was jetzt "Mord" oder "unmenschliche Behandlung" ist, kann jeder selbst definieren...

Die von Hemmingway selbst geschilderte Situation ist eine "Geheimdienstsituation", fällt also in diese letzte unsaubere Gruppe. Ein feindlicher Gefangener, der nicht nur wichtige Information besitzt, die das Leben der "eigenen Leute" retten kann, der selbst auch noch einiges auf dem Kerbholz hat (es war von der SS die Rede, nicht?), und - das Schlimmste! - der auch noch frech wird!

Ich möchte den Kinofilm sehen, wo der Held ausgebuht wird, der sich wie Hemmingway verhält. James Bond kommt in den Sinn.... Juristisch sehr sauber (mit "Lizenz"), und auch ein ganz anderer Stil. Aber viel von Hemmingway...
 
@ Elysian, deSilva
Wir sollten Schritt für Schritt vorgehen. Die erste und vorentscheidende Frage lautet: Ist das, was E.H. 1949 an seinen Verleger schreibt, (1.) Fiktion oder (2.) Realität?

Alternative 1: Fiktion

E.H. beschreibt eine Szene, die er sich ausgedacht hat oder die irgendwie mit einer realen Szene zusammenhängt, hat jedenfalls die Tat nicht verübt. Er stellt sich in seinem Bericht, wie häufig, als harten Mann dar, der mal eben jemanden abknallt; so sind harte Männer nun mal, insbesondere in Ausnahmesituationen (Kriegs-Kontext), die ja bald wieder in den Normalzustand übergehen.
Nachdem der Brief veröffentlicht ist, geht es "nur" noch um die Frage der literarischen Rezeption. Dabei kann man die Auffassung vertreten, dass moralische Aspekte völlig unbeachtlich sind: Blut oder Gehirnsubstanz kann fließen - Hauptsache, es ist gut beschrieben. (Siehe auch das breite Spektrum von Todesarten etwa bei Mankell und anderen. Man kann auch noch psychopathologische Aspekte einführen - Stichwort de Sade -, was aber die an der Ausgangsposition nichts ändert.)

Können wir die fiktive Alternative damit "abhaken"? Habe ich etwas elementar Wichtiges übersehen? Will jemand in eine literaturwissenschaftliche Diskussion einsteigen?

Nachtrag: Es ist müßig, die Eingangsfrage klären zu wollen. Es gibt darüber in der Literatur die unterschiedlichsten Meinungen:
- Peter Lieb (Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg, S. 169 --> Googlebooks) nimmt E.H.'s Schilderung ernst.
- Der Anglist H.-P. Rodenberg (Hamburg) hat gutachterlich geäußert, es handele sich um einen fiktionalen Text, wobei er sich [FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif]auf literaturwissenschaftliche und psychoanalytische Hypothesen stützt.
usw.
[/FONT]
 
Ich möchte den Kinofilm sehen, wo der Held ausgebuht wird, der sich wie Hemmingway verhält. James Bond kommt in den Sinn.... Juristisch sehr sauber (mit "Lizenz"), und auch ein ganz anderer Stil. Aber viel von Hemmingway...

Betrifft auch den fiktionalen Teil der Diskussion, könnte aber interessant sein für eine rechtliche Würdigung des E.H.-Falles:

J.B. erhält von seinem Arbeitgeber (öffentlicher Dienst) die Lizenz zu töten. Das macht ja nur dann Sinn, wenn es nicht um Notwehr oder ähnliche anerkannte Rechtfertigungstatbestände geht. Es handelt sich vielmehr um die Einräumung eines praktisch schrankenlosen Ermessensspielraums, der Schurken, sonstwie hinderliche Zeitgenossen oder einfach Leute betreffen kann, die zufällig da sind (Fall des sog. Kollateralschadens.)

Diese Regelung als "juristisch sehr sauber" zu bewerten - das lasse ich mir auf der Zunge zergehen!:winke:
 
Diese Frage ist sicherlich wichtig - aber für mich eigentlich auch belanglos... Mir war heute früh nicht ganz klar, warum ich das Bedürfnis hatte, hier eine Meinung zu posten....

Ich fange mal so an: Wir "Romanleser" möchten wohl gerne, dass unsere Schriftsteller "konsistent" sind, d.h. ihr Leben so verläuft,wie sie ihre Helden schildern. Und wenn sie tendenziös schreiben, dieselben Meinungen wie im Roman auch im Privatleben vertreten.

Das ist natürlich Unsinn! Wir wissen eigentlich, dass (Roman)Schriftsteller lügen, dass sich die Balken biegen: Cervantes, Münchhausen, Karl May, Simmel, Alex Flemming,....

Wie ich oben vermutet habe: Ein Verhalten, wie das von Hemingway geschilderte - im Kriegskontext, gegen ein "zu befreiendes" Land, gegenüber einen der Kriegstreiber - wird bei der Mehrheit der Leser auf Zustimmung treffen. (Ich mag mich täuschen.) Ich habe deshalb auch James Bond ins Spiel gebracht: JB ist ein Held, da gibt es keine Zweifel!

So, wie steht es jetzt mit der "Konsistenz"? Hemingway soll also Romane schreiben, wie er sie schreibt, aber sich selbst "anders" verhalten?

Auf jeden Fall, wenn er ein vorsichtiger Mensch war! Genau der feine Unterschied zwischen literarischer Übertreibung und Einhaltung gesellschaftlicher Normen macht den Profi aus. Alles andere nennen wir Realitätsverlust oder schlimmer.

Egal, sollte Hemingway ein Verbrecher oder Mörder im juristischen Sinne sein, dann hätte sich da jemand drum kümmern sollen. Eine nachträgliche Diskussion könnte höchstens lauten:"Warum hat sich da keiner drum gekümmert?"

Mich interesiert eher. "Warum akzeptieren wir ein solches Verhalten problemlos im Romankontext?" Denn wir tun es ja! Es wird ja nicht als Negativbeispiel benutzt. Die liebe Doppelmoral?
 
Hemingway liebte Mord und Totschlaggeschichten und eine davon ist literarisch und erzählerisch ein wirkliches Meisterwerk.

Ich meine den Bericht der Freischärlerin Pilar über das Massaker an der Guardia Civil und den lokalen Faschisten in einer andalusischen Provinzstadt. Nach der Beschreibung muss es sich um Ronda handeln, und die Opfer werden einer nach dem anderen mit Piken und Dreschflegeln in die Tajoschlucht gedrängt.

Der Guerillaführer Pablo ist am Ende enttäuscht, denn ein Priester hätte seiner Meinung nach im Tod mehr Würde zeigen müssen. Pilar findet, dass er in dieser Situation gerade genug Würde aufbrachte, doch Pablo ist total enttäuscht:

"Er war ein spanischer Priester, er hätte mit mehr Würde sterben müssen!"
 
J.B. erhält von seinem Arbeitgeber (öffentlicher Dienst) die Lizenz zu töten. Das macht ja nur dann Sinn, wenn es nicht um Notwehr oder ähnliche anerkannte Rechtfertigungstatbestände geht. Es handelt sich vielmehr um die Einräumung eines praktisch schrankenlosen Ermessensspielraums, der Schurken, sonstwie hinderliche Zeitgenossen oder einfach Leute betreffen kann, die zufällig da sind (Fall des sog. Kollateralschadens.)

Etwas OT.
Der ursprüngliche Sinn so einer Regelung war wohl, keine geheimdienstlichen Sachverhalte zum Zwecke der Verteidigung vor ein öffentliches Gericht bringen zu müssen.

Doch in Wirklichkeit gehört dies zum Mythos des Superhelden: Er ist Ankläger, Richter und Henker in einer Person. Dies begann schon in "Dr.No", als JB kaltblütig einen Auftragskiller erschießt, der - formal gesehen - "unbewaffnet" war, da er seine Munition bei einem feigen Mordanschlag bereits verschossen hatte. Es gibt ein Interview mit Terence Young, dass diese Szene der Figur eine wesentliche Richtung gegeben hätte. Das war um 1962...
 
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