Warum ist die Aufarbeitung der Nazizeit gescheitert?

Andrea-Ulrike

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Ich stelle mich echt die Frage, man kriegt das ja auch viel mit, es gibt immer noch total viele Nazis und es wird nichts dagegen gemacht. So sind rassistsiche narrative normal in Deutschland und Antifeminismus ist keine Ausnahme. Dabei gibt es auch viel politsch interessierte Leute die aufklären wollen und Haltung gegen rechts zeigen. Bekannt ist ja auch die Initative HANS. so kannst du wenn auf Spotify rechte Hetze hörst die melden.
H.A.N.S. – The Hateful Audio Notification Service
Auf spotify ist rechte Hetze normal. dagegen wird viel zu wenig unternommen.

Ich finde in der Schule sollten auch Bücher gegen rechts mal gelesen werden.
Ich empfehle von Horst Schöpfner das Buch: Antifa heißt Angriff.
Auch gibe es Selbsthilfegruppen von Migrant*innen. Das sind halt so Themen, die kriegt man nur mit wenn man sich dafür interessiert und die Schule muss dafür ein Bewusstsein schaffen, weil sonst die rechten nur ihren Überfremdungsspin durchziehen.

Es ist alles liegengeblieben in Deutschland und das kann nicht so weitergehen.
 
Zunächst einmal stelle ich die Frage, ob die Aufarbeitung der Nazizeit gescheitert ist.
Das was Du sagst ist erst einmal eine Tatsachenbehauptung, unbewiesen. Und als Titel Deines Beitrages eine Unterstellung, ein Axiom das Deine grobe Behauptung den Mitdiskutierenden aufzwingt.

Ich sage ganz entschieden: nein, die meisten Dinge sind bekannt, sie sollten aber immer wieder wach gerufen werden. Aufarbeitung ist ein Prozess der auch Dich betrifft, und er ist nicht abgeschlossen und eine Sache der Vergangenheit.

Ich habe in der Schule Eugen Kogons "Der SS-Staat" von meinen Lehrern nahe gelegt bekommen, und das war auch für die 1960er Jahre gute Lektüre, Wertschätzung der Schüler durch die Lehrer, und vor allem Vertrauen in deren Fähigkeit zu Lesen.

Wenn Du Dich ernsthaft mit dem Nationalsozialismus und mit totalitären Denkweisen beschäftigen willst, enthalte Dich steiler Thesen, die letzten Endes die Verbrechen relativieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit kann man zeigen, heute guck ich kein Fussball sondern kümmere mich um Gayrights oder das Klima.
wir sind doch eine arbeitsteilige Gesellschaft: ich finde es gut und richtig, dass du dich um Klima und Gayrights kümmerst, während ich Fußball gucke. Denn wenn keiner mehr Fußball guckt, sondern sich um Klima und Gayrights kümmert, wer pfeift dann den Elfmeter?
 
Es gibt in der deutschen Geschichte wohl keine Periode, die besser erforscht ist, als die NS-Diktatur. Gerade auch auf dem Gebiet der Lokal- und Regionalforschung ist in den letzten 30 Jahren sehr viel gemacht worden. Die Aufarbeitung der Geschichte hat sich über drei Generationen erstreckt. Es gab eine Reihe von Leuten, die bei der Erinnerung an HJ-Veranstaltungen ins Schwärmen gerieten, die die Meinung äußerten, es sei im 3. Reich nicht alles schlecht gewesen. Es war aber doch eine winzige Minderheit, die sich ernsthaft diese Zeit zurückwünschte. Die überwältigende Mehrheit der "alten Nazis" sind im Laufe der Zeit in der Demokratie angekommen und wussten die Errungenschaften der Demokratie durchaus zu schätzen.

Es hat sich wohl kaum ein Volk so intensiv mit seiner Geschichte auseinandergesetzt wie das deutsche. Das war auch notwendig, um überhaupt jemals wieder in der Staatengemeinschaft aufgenommen zu werden, um mit seinen Nachbarn überhaupt eine Möglichkeit wieder zu finden der Zusammenarbeit.

Zugegeben-ein guter Teil von Tätern wurde nie zur Verantwortung gezogen, Nazis saßen überall in der BRD in Schlüsselpositionen, und die DDR machte es sich ganz einfach mit der Azfarbeitung: Sie erklärte sich für den besseren deutschen Staat und für antifaschistisch.

Es war zu allen Zeiten die Zahl groß, die nichts gesehen, nichts gehört und nichts gewusst haben, die sich jeglicher Auseinandersetzung verweigerten, die fanden, dass endlich mal Schluss sein muss.

Insgesamt aber wird man der großen Mehrheit der Deutschen zubilligen dass die (kritische) Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit ernst gemeint war- und es hat sich das deutsche Volk nicht zuletzt auch dadurch wieder Respekt bei seinen Nachbarn erworben. Aus der Zusammenarbeit von Historikern, aber auch durch Projekte von Ländern und Gemeinden ist in der Holocaust-Forschung sehr viel getan worden.

Wie und woran willst du das Scheitern der Aufarbeitung überhaupt festmachen? Dass eine rechtsextreme Partei im Bundestag sitzt, die sich von der NPD laut eigener Aussage nur durch ihr bürgerliches Umfeld, nicht aber ideologisch unterscheidet?

Rechtspopulistische Parteien haben in zahlreichen Staaten Zulauf: In Frankreich, in Ungarn.

In dieser Zuspitzung ist der Thread-Titel eine Zumutung: Er konstatiert eine Behauptung als Tatsache ohne auch nur ein Argument zu liefern, warum die Aufarbeitung als gescheitert zu betrachten ist.
 
Es gibt in der deutschen Geschichte wohl keine Periode, die besser erforscht ist, als die NS-Diktatur.
Das ist richtig, steht aber zu der These der Überschrift nicht unbedingt im Widerspruch. Die Mitscherlichs sprachen bereits vor Jahrzehnten von der "Unfähigkeit zu trauern", das ist jüngstvon Per Leo mit einem neuen Buch aufgegriffen worden: Tränen ohne Trauer.
 
Es gibt in der deutschen Geschichte wohl keine Periode, die besser erforscht ist, als die NS-Diktatur.

Mitunter würde man sich allerdings wünschen, dass die Ergebnisse dieser Forschung über die Medien auch der Öffentlichkeit näher gebracht würden. Das werden sie oft leider nur in Ausschnitten, während dann andere Dinge in den Medien kursieren, bei denen ich mich immer wieder frage, ob sowas sein muss.

Es vergeht ja im Grunde kein Tag, auf dem man nicht auf irgendeinem Sender Dokumentationen über den 2. Weltkrieg von sehr fragwürdiger Qualität sehen kann, die diverse in der Forschung längst widerlegte Mythen wieder aufkochen, unter anderem unter recht unkritischer Verwendung orriginalen Propaganda-Materials.
Das finde ich mitunter sehr fragwürdig.

Nun kann man im Besonderen den privaten Sendern nicht so einfach verbieten Dokumentationen auszustrahlen, nur weil sie ein schiefes Bild vermitteln und voll am Forschungsstand vorbei gehen, aber man sollte doch erwarten dürfen, dass der öffentlich rechtliche Rundfunk und staatliche Stellen sich dann wenigstens um sinnvolle Gegendarstellungen bemühten. Da passiert in meinen Augen wenig.


Auch an der Art und Weise wie Erinnerungspolitik in diesem Land betrieben wird, läuft mMn einiges verkehrt, weil sie mMn zu wenig lebendig und viel zu stark erstarrt und ritualisiert ist.



Der Einschätzung, dass die Aufarbeitung der NS-Zeit gescheitert sei, kann ich mich demgegenüber nicht anschließen.
Man wird mit einigem Recht sagen können, das es lange dauerte, bis die Aufarbeitung der NS-Zeit in der Weise betrieben wurde, wie man es von Anfang an hätte tun können, spätestens seit den 1980er-1990er Jahren, ist die allerdings, so meine Einschätzung, recht umfassend und perspektivenreich.
 
Die juristische Aufarbeitung der Nazizeit würde ich summarisch durchaus als mangelhaft und damit gescheitert bezeichnen.
Angesichts dessen, dass Haupttäter in den 1950er und 1960er Jahren in beiden Staaten oft unbehelligt blieben und erst jetzt oft zu Tatzeiten recht junge Menschen, mit geringem Handlungsspielraum strafrechtlich angegangen werden, ist das sicherlich schon schief.

Aber auf der anderen Seite muss man den Juristen auch zugestehen, dass sie mit Auschwitzprozessen und Einsatzgruppenprozess historische Aufarbeitung der Naziverbrechen ganz wesentlich ins Rollen brachten. Wenn es vielleicht auch an Konsequenz mangelte.
 
Die Frage ist auch, was für eine Aufarbeitung wann von wem* gesellschaftlich und / oder politisch gewünscht war. Unsere Vorstellungen zu übertragen ist Unsinn.

Das Motto einer begrenzten, aber unübersehbaren juristischen Verfolgung, damit Gesellschaft und Staat funktionieren können war fraglos erfolgreich.

Juristische Verfolgung, Gesellschaftliche Verarbeitung und Verhinderung einer neuen totalitären Diktatur sind verschiedene Dinge, die alle zusammen mit anderen Aspekten unter das je nach Verständnis quasi-Homonym oder Homonym Aufarbeitung fallen.

Wird nicht abgegrenzt, was betrachtet werden soll, ist es ein Gummi-Begriff.

Dann muss auch gesagt werden, was nicht dazugehören kann. Eine dauerhafte Ausgrenzung von Tätern oder eine Verneinung von deren Menschenwürde verbietet unsere Verfassung. Dennoch wird das immer wieder gefordert. Das Phänomen der Sternenmoral ist dabei auch nicht unbekannt.

*Wir können in dieser Frage bis heute nicht von einer einheitlichen Position reden.
 
Nichts für ungut, aber dieser Strang hat eine derart differenzierte und profunde Diskussion doch gar nicht verdient. Ganz abgesehen davon, dass es intellektuell unaufrichtig ist, die eigene Wahrnehmung als unverrückbare Tatsache darzustellen, beruhen @andrea-Ulrikes "Argumente" auf Framing, politisch motivierter Verzerrung und infantiler Simplifizierung.
 
Selbst wenn es in anderen Ländern auch faschistische Parteien gibt, ist das keine Entschuldigung für eine Partei wie die AfD bei uns, die die Herrschaft der Nazis als „Fliegenschieß in der Geschichte“ Deutschlands bezeichnet und damit mehr als 10 Prozent bei den letzten 2 Bundestagwahlen erhielt.

Das erscheint verhältnismäßig wenig, aber dahinter gibt es (erschreckende) Gründe für dieses Wahlverhalten – Zitat (Fettschreibung durch mich):

Im Vorfeld zur Bundestagswahl 2021 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung im Februar 2021 die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von YouGov vom Juni 2020. An der Befragung nahmen 10.055 Menschen teil. Demnach haben 29 Prozent der AfD-Wähler eine „manifeste rechtsextreme“ Einstellung und weitere 27 Prozent vertreten eine „latente rechtsextreme“ Einstellung. 15 Prozent der Befragten befürworten eine rechtsgerichtete Diktatur, 13 Prozent verharmlosen den Nationalsozialismus, 13 Prozent vertreten Antisemitismus, 54 Prozent Chauvinismus, 65 Prozent Fremdenfeindlichkeit und 8 Prozent Sozialdarwinismus.

Diese Prozentwerte offenbaren den wahren Geist der AfD - und damit auch die Tatsache, dass der Geschichtsunterricht in den Schulen gescheitert ist: Es wird viel vom Mittelalter und dem Deutschen Reich, aber wenig vom sog. III. Reich erzählt, weil er meist am Ende des Schuljahres erfolgt, als die Zeugnisse schon geschrieben sind und auch sonst wenig Interesse besteht, Negatives aus deutscher Geschichte zu erfahren.

Was also tun? Zeigen, wofür Rechtsextreme stehen, was rechtsgerichtete (und linksgerichtete) Diktaturen angerichtet haben, warum Nationalismus und Chauvinismus gefährlich sind, und warum Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nur 2 Bezeichnungen für ziemlich das Gleiche sind.

Dazu wäre z.B. notwendig, die Luthers Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ nicht nur zu erwähnen, sondern Punkt für Punkt durchzunehmen und darauf mit Beispielen belegen, was davon die Nazis verwendet haben, um die Verfolgung der Juden zu rechtfertigen und zu realisieren. Ob das ihm Rahmen des Geschichts- oder des Religionsunterichts geschieht, ist gleichgütig - am besten bei beiden.

PS:
Der Einschätzung, dass die Aufarbeitung der NS-Zeit gescheitert sei, kann ich mich demgegenüber nicht anschließen.
Die juristische Aufarbeitung der Nazizeit würde ich summarisch durchaus als mangelhaft und damit gescheitert bezeichnen.
Da wird dir auch sicher niemand widersprechen wollen, die kann man schwerlich für gelungen halten.
Was denn nun, @Shinigami?
 
Es wäre zu klären, was man unter „Aufarbeitung“ konkret überhaupt verstehen soll:

- Bestrafung von Verantwortlichen
- Klärung von Sachverhalten und Ereignissen (hist., ökon., soziol. etc.)
- Verständnis der Abläufe
- Wiedergutmachung
- strukturelle Konsequenzen, siehe etwa Folgen für die Ausgestaltung des GG

…?

Man kann vermuten, dass sich die Aufarbeitung in den Fragestellungen unterschiedlich beantworten läßt.
 
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