Warum war Afrika so wenig entwickelt

Der unmögliche Beitrag von Mopsbaer und die Antworten darauf wurden gelöscht.

Scheinbar wollte oder konnte Mopsbaer die Quelle (hier wäre es die Ausgabe des PM, mit Autor usw) nicht benennen. Er war genug lange online um die div. Hinweise der Mitglieder darauf zu lesen.
 
20.000, dann 30. bis 80.000 Sklaven wurden durchschnittlich p.a. in den fraglichen Jahrhunderten nach Amerika transportiert (insgesamt rd. 11 Mio.).
Atlantic slave trade - Wikipedia, the free encyclopedia
Das wären unter Hundert bis zwei-, dreihundert Schiffe pro Jahr. Da dürfte so ziemlich jede Variante greifen, auch unterschiedlich nach den Regionen. Da sich das Geschäft lohnen sollte, gab es auch die Konzentration auf "Umschlagplätze", zB
Ouidah ? Wikipedia

Vergiss mal nicht den Ort, wo alles anfing: Elmina ? Wikipedia. Hier entwickelte sich der Sklavenhandel unter tatkräftigster Mithilfe der Ashantis, die bereits vor Ankunft der Europäer Sklaven hielten (allerdings unter Bedingungen, die eher den römischen denn den amerikanischen glichen). Elmina war unter den Portugiesen und den Holländern reiner Handelsstützpunkt ohne europäische Kolonialgewalt, die Holländer zahlten sogar Tribut an die Stadtregierung für die Handelsrechte und das Fort, insofern kam europäischer Sklavenjagd hier gar nicht in Frage. Nichtsdestotrotz sollen über 10% aller nach Amerika verschifften Sklaven von der Goldküste stammen - ein Gutteil davon wurde in Elmina umgeschlagen.

Da die Engländer, trotz mehrerer Versuche, Elmina nie militärisch unter Kontrolle bekommen konnten (sie erhielten es erst 1872 im Tausch gegen englischen Besitz im südlichen Sumatra), mussten sie sich im 16. Jh. anderweitig mit Sklaven versorgen, eben auch durch eigene Sklavenjagd.

1664 übernahmen die Briten dann das ebenfalls von den Portugiesen gegründete Cape Coast ? Wikipedia (Cabo Corso), etwa 30 km östlich von Elmina, einen weiteren Hauptort des Sklavenhandels an der Goldküste. Nach allem, was ich gehört habe, waren die Verhältnisse dort ähnlich wie in Elmina, d.h. die Briten gingen nicht selbst auf Sklavenjagd, sondern kauften die Sklaven von den Ashanit bzw. Fanti.

Der dritte große Umschlagsplatz an der Goldküste, das dänische Christiansborg (Accra) ? Wikipedia, ist vor allem aus Sicht der norddeutschen Regionalgeschichte interessant, war der dänische Dreieckshandel doch im wesentlichen das Privatgeschäft der Familie Schimmelmann (Ahrensburger Schloss), die große Plantagen auf den dänischen Jungferninseln besass, und auch ihre Spuren im Hamburger Stadtplan hinterlassen hat (Pulverhofsweg, etc.). http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Carl_von_Schimmelmann
Von dänischen Sklavenjagden habe ich allerdings noch nie gehört. Auch die Grabsteine in Nebel auf Amrum berichten zwar von manch einem Seefahrerschicksal im Dreieckshandel, jedoch nicht von Sklavenjagden ..
 
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Im Jahr 1567 fuhr der englische Freibeuter Hawkins, der Onkel von Drake mit den Schiffen Jesus von Lübeck und Minion nach Afrika um Sklaven nach Venezuela zu bringen. In seinem Tagebuch schreibt er: " Sofort landeten wir 150 Mann in der stillen Hoffnung ein paar Neger zu fassen. Wir konnten jedoch nur unter Mühen und Verlusten eine kleine Zahl fangen....Die folgende Zeit verbrachten wir an der Guineaküste und suchten bis zum 12. Januar sorgfältig die Flüsse vom Rio Grande bis nach Sierra Leone ab. Während dieser Zeit nahmen wir nicht mehr als 150 Neger an Bord." Da er mit dem eigenen Fang wenig Glück hatte versprach er einem Stammeshäuptling ihm bei einer Stammesfehde behilflich zu sein. Er verlangte für die Hilfe alle Gefangenen des feindlichen Stammes. Auf diese Weise erhielt er noch über 300 Sklaven und konnte mit etwa 500 Gefangenen im Laderaum nach Westindien abfahren.
Zu diesem frühen Zeitpunkt unternahmen offenbar die Weißen noch teilweise selbst Sklavenjagden.
Das war der Name den ich suchte.
 
Nun, Sklavenhandel und Kriege, dagegen setze ich mal Auswanderung und Kriege, Irland, das einen ähnlichen Aderlass hinter sich hat, einschließlich mehrerer Hungerkatastrophen ist zwar in der EU eins der Schlußlichter, aber doch insgesamt besser aufgestellt als sehr viele afrikanische Staaten.

Ein Grund für die Abkopplung Afrikas könnte die Zerschlagung der autochtonen Gesellschaftsstrukturen sein.
 
Es gab einen englischen Freibeuter, den es als portugiesischen Gefangenen nach Angola verschlug.
Andrew Battell - Wikipedia, la enciclopedia libre
Seinen viele Jahre dauernden Aufenthalt beschrieb er später:
The strange adventures of Andrew Battell of Leigh, in Angola and the adjoining regions : Battel, Andrew, fl. 1589 : Free Download & Streaming : Internet Archive
Daraus geht klar hervor, dass es in dieser Weltgegend entwickelte Staatswesen gab und die katholische Mission auch im Landesinneren festen Fuß gefasst hatte. Er erwähnte auch als erstmalig den Gorilla. Ob sein Bericht über nomadische Kannibalen, die das Innere des Kontinents wie die Heuschrecken verwüsteten, in vollem Umfang der Wahrheit entspricht, kann bezweifelt werden. Es wäre aber (auch) eine Erklärung, warum es in Afrika selbst in Regionen, wenn sie ein Weißer erst 250 Jahre später wieder betrat, von den damals blühenden christlichen Reichen am Kongo nichts mehr vorhanden war.
Jaga (Kongo) - Wikipedia, the free encyclopedia
Imbangala - Wikipedia, the free encyclopedia
Mithin greift es zu kurz, den Niedergang weiter Teile Afrikas zwischen 16. und 19. Jahrhundert dem weißen Mann ganz allein anzulasten.
 
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Nichtsdestotrotz sollen über 10% aller nach Amerika verschifften Sklaven von der Goldküste stammen - ein Gutteil davon wurde in Elmina umgeschlagen.

Es gab eine ganze Reihe dieser Stützpunkte, deren Entstehung zunächst aus dem Schiffsverkehr und auch aufgrund des sonstigen Handels erforderlich wurde. So war Elmina ein Anlaufpunkt der westafrikanischen Küste südlich der Sahara.

Wenn man von 10% Anteil ausgeht, dann sind über Ghana/Elfenbeinküste in den Jahrhunderten etwas über einen Million Sklaven "umgeschlagen" worden, also etwa 500.000 im Jahrhundertdurchschnitt, demnach einige Tausend pro Jahr im Durchschnitt, mit Wellenbewegungen. Bei einer Handvoll Stützpunkte/Umschlagplätze dort wird auch die Bedeutung solcher Festungen für die "Gefangennahme" und Bevorratung sichtbar, weil es entsprechend längere Zeiträume für die Ansammlung und bis zur Abholung gab. Das läßt sich grob überschlagen.

Es wird auch lange Zeiträume gegeben haben, in denen in dieser Hinsicht (Sklavenhandel) nichts geschah. Der Schiffsverkehr bezog sich dann auf den Tausch der übrigen Waren.
 
Das Teile der lokalen Bevölkerung kollaborierten und verdienten, ist Folge der Nachfrage und ihrer Bezahlung. Angesichts mehrerer Jahrzehnte alter Untersuchungen dazu ist das auch keine Sensation. Für Einzelne mag das anders aussehen. Daher kann man die Scheuklappen-Skandalisierungsversuche rückstandsfrei entsorgen.
Das sehe ich allerdings auch so.

Wer die Primärquellen zum Sklavenhandel, also z.B. Logbücher der Schiffe oder persönliche Tagebücher der Sklavenfahrer in seinen Werken anführte, kam um diesen wichtigen Aspekt garnicht drumherum.

Es gab zwar auch, wenn ich die Aufzeichnungen von Nettelbeck recht in Erinnerung habe, konkreten Menschenraub direkt durch die Sklavenfahrer unter der Küste, aber der war offensichtlich viel zu ineffektiv. Man versuchte zwar auch einzelne Bewohner der Küstenregion zu fangen, aber das war deutlich zu zeitaufwändig. Man musste ja innerhalb bestimmter Zeiten seine Reise nach Westindien oder Amerika abgeschlossen und wieder die Heimfahrt nach Europa angetreten haben; auch von den Windverhältnissen zu bestimmten Zeiten war man gewissermaßen abhängig. Der Menschenraub unter der Küste war also eher eine Ergänzung zu dem, was man mit den lokalen Machthabern an Sklaven erhandelte. Bei Nettelbeck klang es mir auch nicht so, als ob man großartig im vorraus mit den entsprechenden Lokalgrößen Verträge abgeschlossen hätte, sondern lediglich ungefähr wusste, wo sie anzutreffen waren und davon ausging, dass diese mal wieder Menschen zu verkaufen hätten.

Ohne extra darauf hinzuweisen muss es einleuchtend sein, dass es für die Europäer wie für die afrikanischen Vermittler der Ware nicht viel schlimmes an sich hatte, mit Menschen zu handeln.
Ich erinnere dabei gern, wenn auch ein Roman, an den "Robinson Crusoe". Der Protagonist erkennt es auch nachdem er selbst einmal das Schicksal des Sklaven an eigenem Leib erfahren hatte, als nichts anrüchiges, selber Sklaven zu erwerben, als er sie für seine eigenen Interessen benötigte.
Ich denke schon, dass man aus der Perspektive nur den Sklavenhandel und die damaligen Ansichten, mal von den Abolitionisten abgesehen, begreifen kann.
War jemand anderes Sklave, so sah man das scheinbar als dessen persönliches Pech an - ein Pech freilich, das einen im Prinzip auch selber ereilen konnte.

Dass Afrikaner einen aktiven Part an der Beschaffung der Sklaven zweifelsfrei spielten, verharmlost oder ändert nichts an der Schuld und der Rolle der Europäer.
 
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Nun, von Schuld oder ähnlichem zu reden, ist problematisch. Wer soll ein Unrechtsbewußtsein entwickeln, wenn Soldaten verschenkt werden können? Oder Musiker o.ä. wie es Friedrich dem Großen passiert ist?
 
Nun, Sklavenhandel und Kriege, dagegen setze ich mal Auswanderung und Kriege, Irland, das einen ähnlichen Aderlass hinter sich hat, einschließlich mehrerer Hungerkatastrophen ist zwar in der EU eins der Schlußlichter, aber doch insgesamt besser aufgestellt als sehr viele afrikanische Staaten.

Ein Grund für die Abkopplung Afrikas könnte die Zerschlagung der autochtonen Gesellschaftsstrukturen sein.

Irland war in den 70ern ein Schlusslicht.

Jetzt ist Irland weiterhin top trotz der Finanzkrise.

Wobei bei diesen Vergleichen mit Irland und Vietnam wird immer unterschlagen das Irland ein Nationalstaat ist und auch Vietnam eine klare Bevölkerungsmehrheit hat.

Afrika leidet da unter wirkürlichen Grenzen und der Feindschaft der einzelnen Völker. Für die Wirtschaft ist es natürlich Gift Infrastruktur kommt nur dem eigenen Volk zugute die anderen währen sich und zerstören diese wiederrum, politische Unruhe verschreckt Investoren.
 
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1. Für einen Gutteil ihrer Unterentwicklung tragen die Afrikaner selbst die Verantwortung.


2. Bekanntlich löst sich die US-amerikanische Geschichtsschreibung ja langsam aus dem Habitus der Selbstgeißelung

3. und beginnt anzuerkennen, daß es keineswegs europäische Streifbanden, sondern ganz überwiegend afrikanische Fürsten und Sklavenhändler waren, die ihre Mitmenschen versklavten und an die Küste zu den europäischen Sklavenschiffe verschleppten.

Die Ausführungen von Gates, auf die Gegenkaiser sich bezieht, sind jedoch in keinster Weise ein Beleg für die Bandbreite seiner Behauptungen.

zu Punkt 1: Macht Gates (im New York Times Interview) überhaupt keine Aussagen.

zu Punkt 2: Sie löst sich nicht aus der Selbstgeißelung, sondern erweitert die Fragestellungen und dazu formuliert Gates folgendes: "While we are all familiar with the role played by the United States and the European colonial powers like Britain, France, Holland, Portugal and Spain, there is very little discussion of the role Africans themselves played"

Und damit unterstreicht Gates erneut die prekäre Rolle der Europäer im Rahmen der Diskussion über Kolonialismus- und Imperialismustheorien. Durchaus kein Hinweis auf eine Abwendung von der von Gegenkaiser behaupteten "Selbstgeißelung".

und Gates schlußfolgert: "The sad truth is that without complex business partnerships between African elites and European traders and commercial agents, the slave trade to the New World would have been impossible, at least on the scale it occurred."..

und berührt und bestätigt somit im Kern Punkt 3. Eine Aussage, die bereits allgemein bekannt und akzeptiert ist, wie Silesia und andere ja schon belegt haben.

Deswegen auch nochmal der Link zu der entsprechenden Datenbank, auf die auch Gates hinweist.

Trans-Atlantic Slave Trade:
Trans-Atlantic Slave Trade

Es bleibt eigentlich nur festzuhalten, dass das "starke Eingangsstatement", "der harte Tobac" wie Köbis zutreffend formulierte, nicht belegt wird und lediglich eine sehr pauschale Auflösung in Richtung Sklavenhandel findet.

Wenn man eine derartige universelle Aussage macht, wie Gegenkaiser es mit seiner Formulierung getan hat, dann sollte man schon ein paar mehr Quellen anführen können, um diese weitreichende Behauptung zu untermauern.

Vor allem bietet Gates keine Handhabe für derartige Formulierungen!
Aber die Selbstbezichtigungsroutine der linken Geschichtsschreibung hat den Blick für die Komplizenschaft der Afrikaner lange verstellt.

Vielmehr spricht Gates von den Problemen der "African-Americans" sich mit dieser "Komplizenschaft" auseinanderzusetzen. @Gegenkaiser: Oder muss ich annehmen, dass die "African-Americans" identisch sind mit Deiner Auffassung von "linker Geschichtsschreibung"?

Vor diesem Hintergrund erscheint mir persönlich die Einschätzung dieses Themenkreises von Gegenkaiser etwas "obskur" und mindestens ruft es nach einer deutlichen Untermauerung durch weitere Quellen!.
 
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Nun von 1830-1930 wanderten allein aus dem deutschsprachigen Raum über 8 Millionen Menschen nach Amerika aus, also den Sklavenhandel als Grund für Unterentwicklung??
Europa hat in der Zeit des Sklavenhandels deutlich mehr Menschen "exportiert" .
Ich will das nicht beschönigen, was passiert ist, aber auch die Kriege in ihrer Grausamkeit gabs ja in Europa auch
 
@ Zoki:
der Satz Politische Unruhe ......
ist einer der Hauptgründe auch in der Vergangenheit für die Abkopplung. Keine Sicherheit, keine Zukunftsinvestitionen, kein Fortschritt.
Kein Mensch baut große Vorratshäuser oder gut ausgerüstete Werkstätten, wenn er damit rechnen muß, das dies alles in den nächsten Jahren zerstört wird.

Kein Mensch erstellt eine gute Infrastruktur, wenn auf diesen Wegen Feinde schneller vorankommen, als man möchte, ja , diese würden sogar von der erschlossenen Bevölkerung wieder unpassierbar gemacht. Dann lieber Subsistenzwirtschaft !

Was auch in Afrika durch Sklavenjagd zum erliegen kam, der kontinentale Handel mit allgemeinen Wirtschaftsgütern ( ausser Salzhandel). Es fehlte eben die Sicherheit
 
Während aus Afrika 10 Millionen Menschen abtransportiert wurden, waren es aus dem kleineren Europa mehr. Trotzdem ist Afrika hinter den Europäern in der Entwicklung zurückgeblieben. Somit ist der Sklavenhandel nicht allein ursächlich für die Unterentwicklung schuld und die am Sklavenhandel beteiligten Schwarzafrikaner also auch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@Wilfried: Ich habe nichts gegen einen gesunden Menschenverstand zur Beurteilung von Problemen, aber für mein Verständnis treibst Du ihn ein wenig zu weit.

Die Unterschiede in der Entwicklung von Kulturen über die letzten Jahrhunderte aus der Kategorie "Sicherheit" vornehmen zu wollen, erscheint ein wenig "reduktionistisch" in der Analyse. Es sei denn Du würdest ein überzeugendes Buch schreiben, Die "Unsicherheits-Gesellschaft" und ähnlich der "Risiko-Gesellschaft" eine neue universelle Analysekategorie konstituieren.

Zu diesem Thema "Entwicklung von Gesellschaften" haben sich Generationen von Ethnologen, Soziologen, Politologen oder Ökonomen ihre Gedanken gemacht und in der Regel deutlich komplexere und auch widersprüchliche Antworten gefunden.
 
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Das Problem an der ganzen Argumentation ist das es die Schwarzafrikaner als politische und ideele Einheit nicht gibt.

Eine gemeinsame Kraftanstrengung dies zu ändern noch weniger.
 
@ Zoki:
der Satz Politische Unruhe ......
ist einer der Hauptgründe auch in der Vergangenheit für die Abkopplung. Keine Sicherheit, keine Zukunftsinvestitionen, kein Fortschritt.
Kein Mensch baut große Vorratshäuser oder gut ausgerüstete Werkstätten, wenn er damit rechnen muß, das dies alles in den nächsten Jahren zerstört wird.

Kein Mensch erstellt eine gute Infrastruktur, wenn auf diesen Wegen Feinde schneller vorankommen, als man möchte, ja , diese würden sogar von der erschlossenen Bevölkerung wieder unpassierbar gemacht. Dann lieber Subsistenzwirtschaft !

Was auch in Afrika durch Sklavenjagd zum erliegen kam, der kontinentale Handel mit allgemeinen Wirtschaftsgütern ( ausser Salzhandel). Es fehlte eben die Sicherheit


Für das Westafrika waren die Auswirkungen des Sklavenhandels weitreichend und komplex. Kurz gesagt, erfolgte eine grundlegende Umkehr der Handelsströme, vergleichbar mit den gleichzeitigen Entwicklungen in Europa:
  1. Staatenbildung im Küstengebiet: Um die europäische Nachfrage nach Sklaven zu bedienen, aber auch zur Sicherung und Monopolisierung der Handelsrouten, bildeten sich mehrere großräumige Staaten wie z.B. das Königreich Saloum ? Wikipedia (Senegal), das Aschantireich ? Wikipedia (östl. Elfenbeinküste / west. Goldküste), die Fanti-Konföderation ? Wikipedia an der Küste des heuitigen Ghana, das Königreich Dahomey ? Wikipedia (Osthghana /BeninTogo/Westnigeria) usw. Materielle Grundlage der Staatenbildung war die Einführung nichtafrikanischer Nahrungspflanzen (Banane, Cassava etc.) über die Europäer, die verstärkte Besiedlung der küstennahen Regenwaldzone überhaupt erst erlaubte. Im Tausch gegen Sklaven von den Europäern in großer Zahl erhaltene Feuerwaffen förderten die Staatenbildung und Expansion.
  2. Fehlender Innovationsdruck an der Küste: Bei aller politisch-militärischen Stärke war die Wirtschaft der Küstenstaaten schwach entwickelt. Da es sich um Neusiedlung im vorher kaum bevölkerten Regenwald handelte, fehlte zunächst eine handwerklich / gewerbliche Basis. Sklavenjagd und -handel, aber auch Goldabbau- und Export, boten ausreichend Einkommen und absorbierten gleichzeitig Bevölkerungsüberschüsse, Fertigprodukte wurden aus Europa importiert, so dass es an Anreizen / Innovationsdruck zum Aufbau eigenen Handwerks / Gewerbes fehlte. Um bei den Analogien fortzusetzen: Die westafrikanischen Küstenreiche ähnelten strukturell dem damaligen Portugal und Spanien, oder auch den heutigen Ölstaaten am persischen Golf.
  3. Entvölkerung des südlichen Savannengürtels: Das "Hauptrevier" für die Sklavenjagden der Küstenreiche war der südliche Savannengürtel, also der Streifen etwa 400-700 km nördlich der Küste. In direkter bzw. indirekter (Abwanderung) Folge der Sklavenjagden wurde dieser Gürtel fast völlig entvölkert. Noch in den 1980er Jahren lag die ländliche Bevölkerungdichte Zentralghanas bei nur 1 Einwohner / km² (Nordghana bis über 150 Einwohner / km²). Hier kam es dann nicht nur zu einem fast völligen Zerfall der Transportinfrastruktur, sondern, infolge fehlender Landschaftspfege, auch zum Vordringen von Krankheitserregern, insbesondere der Tsetset-Fliege, was spätere Wiederbesiedlung erschwerte, weil die Tstset-Fliege nicht nur Menschen, sondern insbesondere auch Weidevieh infiziert.
  4. Wirtschaftliche Abkopplung des Sahelraums: Die mittelalterlichen Großreiche Westafrikas (Malireich ? Wikipedia; Songhaireich ? Wikipedia; Kanem-Bornu ? Wikipedia) im Sahel kontrollierten traditionell den trans-westafrikanischen Handel, sowohl in Nord-Süd-Richtung (Transsahara-Handel ans Mittelmeer, Salz-Gold-/Lebensmittelhandel mit der westafrikanischen Küste), als auch in Ost-West-Richtung (Gambia - Nigerbecken - nördl. Nigeria -Tschadsee - Sudan - Äthiopien - Mekka/Jemen -[Indien?]). Mit dem Aufkommen des transatlantischen Dreieckshandels, und dem starken Rückgang des Handels zwischen westafrikanischer Küste und dem zentralen Savannengürtel infolge von Sklavenjagd / Infrastrukturzerfall verloren diese Großreiche einen Teil ihrer wirtschaftlichen Basis. Insbesondere ging die Kontrolle über die Goldminen an der "Goldküste" verlustig. Ich vermute weiterhin, dass auch der transafrikanische Ost-West-Handel durch die portugiesische Entdeckung des Seewegs nach Indien zurückging. Schliesslich dürfte der Transsahara-Handel indirekt unter zunehmendem Druck der Spanier / Portugiesen auf Nordafrika gelitten haben.
    Diesbezügliche europäische Analogien wären v.a. die Hanse, aber auch Venedig / Süddeutschland, die zu gleicher Zeit in ähnlicher Weise von den Haupt-Durchgangsräumen in die (relative) Peripherie abglitten. Während sich in Europa allerdings durch den Dreieckshandel neue Wirtschaftszentren (England, Flandern / Niederlande, Nordfrankreich / Paris) bildeten, fehlte es in Westafrika an (Anreiz für ? / Mitteln zur ?) Übernahme eigenständiger interkontinentaler Handelsaktivitäten - Westafrika geriet zur Peripherie des nordwesteuropäisch konttollierten Welthandels.
In diesem Zusammenhang sollte auch nicht vergessen werden, dass historische Klimaänderungen sich diametral unterschiedlich auf Europa und Westafrika ausgewirkt haben. Während Europa z.B. vom Temperaturanstieg während des Hochmittelalters profitiert hat, sind für die gleiche Zeit Austrocknungen im Sahelraum belegt, die u.a. für die Einwanderung der Akan (Ashanti) in den westafrikanischen Küstenraum verantwortlich gemacht werden. Die nachfolgende 'kleine Eiszeit' in Europa wiederum korrelierte mit steigenden Niederschlägen im Sahel, ihr Abklingen ab etwa 1730 mit extremen Dürren (vgl. Akan ? Wikipedia, insbesondere den Abschnitt über "Klimatische Veränderungen als Migrationsursache").
[Die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Westafrika sind übrigens bislang wenig erforscht, und wissenschaftlich hochkontrovers. Vgl. Wet or dry? Sahel's uncertain future - SciDev.Net ]
 
Es gab zwar auch, wenn ich die Aufzeichnungen von Nettelbeck recht in Erinnerung habe, konkreten Menschenraub direkt durch die Sklavenfahrer unter der Küste, aber der war offensichtlich viel zu ineffektiv. Man versuchte zwar auch einzelne Bewohner der Küstenregion zu fangen, aber das war deutlich zu zeitaufwändig. .
Ich habe garade mal bei Joachim Nettelbeck nachgeschlagen. Ich lese nicht daraus, dass sie Sklaven fingen sondern ausschließlich bei Einheimischen kauften. Während der große Handel unmittelbar an der Küste abgewickelt wurde, fuhren zwei Beiboote den Fluss hinauf um dort noch Sklaven zu kaufen.
Nettelbeck machte aber auch die Weißen dafür verantwortlich, dass sie mit ihren Tauschwaren die Stammesführer süchtig machten. Zitat: "einmal daran gewöhnt, diese verschiedenen Artikel von den Europäern zu erhalten, können und wollen die Afrikaner sowohl an der Küste als tiefer im Lande diese nicht missen und sind darum unablässig darauf bedacht, sich die Waren zu verschaffen, wogegen sie sie eintauschen können. Also ist auch das ganze Land immerfort in kleine Parteien geteilt, die sich feindlich in den Haaren liegen und alle Gefangenen die sie machen, entweder an die schwarzen Sklavenhändler verkaufen oder sie unmittelbar zu den europäischen Sklavenschiffen abzuführen."
Er schildert aber auch, dass Häuptlinge, die keine Kriegsbeute machten auch durchaus entbehrliche Untertanen verkauften. Die Schiffe fuhren einfach die Küste entlang und wurden von verkaufswilligen Händlern, mittels Lagerfeuer ans Ufer gerufen .
 
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