Ich glaube es WDR-Zeitzeichen, wo ich letzthin etwas über den Schulmädchenreport gehört habe (ich glaube, es ging um einen Porno- und Sexfilmproduzenten, der aber über heutige Pornos einen Stab brach), der Schulmädchenreport und seine Ableger wurden tatsächlich als Dokumentarfilme getarnt, damit sie legal im Kino laufen konnten.
Oft aber nicht immer.
Ja, manchmal werden Faktoide verbreitet.
Vor ein paar Tagen habe ich eine Arte-Doku über Hexenverfolgung im Elsass gesehen (Hexenjagd im Elsass, En Alsace Casse de sorcieres . Es gibt keine Worte, um diese Qual zu beschreiben!
Ich habe schon viele Dokus gesehen, manche waren furchtbar oberflächlich, andere furchtbar reißerisch. Bei wieder anderen ist zwar am Ende Schrott dabei herausgekommen- da konnte man sich immerhin noch damit trösten, dass das Redaktionsteam seinen Spaß hatte, und vermutlich beim Trip nach Rom, Paris, Neapel oder Capri jede Menge Cannabis geraucht hat.
Viele, viele schräge Dokus habe ich in den letzten 20 Jahren gesehen. Reißerische, woke, immer wieder auch mal was Gutes, das leider meist durch schlechte Spielszenen runtergezogen wurde. Laufe der Zeit bin ich dabei aber ziemlich schmerzunempfindlich geworden.
Ehrlich gesagt habe ich mich über Dokus der öffentlich-rechtlichen mehr geärgert als über reißerisch-pseudowissenschaftliche Dokus im Stile von Galileo.
Bei Dokus sind mir immer wieder mal Unstimmigkeiten bei Kostümen oder Ausrüstung aufgefallen, und generell ein Narrativ, dass das Mittelalter eine besonders barbarische, rückständige, grausame Zeit war, es hat mich ein belehrender Duktus genervt, aber bei den meisten Dokus war das doch meist die Kritik eines Geschichtsnerds, eines Pedanten, der Details moniert, die man beim durchschnittlichen Zuschauer oder auch Redakteur nicht voraussetzen kann.
Selten haben Dokus wirklich kontrafaktische Tatsachenbehauptungen gemacht.
Was Arte da aber geliefert hat, das war ein derartig wüster ideologischer Unsinn, dass ich es als eine Unverschämtheit empfinde, wenn der Öffentlichkeit so etwas als Bildung und Aufklärung vorgesetzt wird. Bei vielen Zuschauern wird das nicht einmal bemerkt werden.
Zum Inhalt: Arte stellt folgende Behauptungen als Tatsachen hin:
1. Hexenverfolgung war das Werk der allmächtigen Kirche, die um ihre Macht fürchtete, die Wissen um Heilpflanzen für sich behalten wurde.
2. Hexenverfolgung wurde von oben geplant, nicht von unten getriggert.
3. Hexenverfolgung richtete sich gegen kräuterkundige, weise Frauen, die uraltes Wissen bewahrt haben.
4. Hexenverfolgung fand statt im Zeitalter der Renaissance.
5. Sie richtete sich ausschließlich gegen Frauen, dass in manchen Regionen bis zu 50% der Opfer Männer waren wird völlig ausgeblendet.
6. Hexenverfolgung war eine Verschwörung gegen weise Frauen-
7. Hexenverfolgung richtete sich gegen uralte Fruchtbarkeitskulte, die überlebt haben.
Arte greift dabei ganz tief in die Mottenkiste des 19. Jahrhunderts die in der Hexenkartei und Hexenforschung des Reichsführers SS auf die Spitze getrieben wurde.
Man lässt eine moderne Hexe schwurbeln.
Diesen Mist tischt Arte uns auf, das Ganze noch garniert mit jeder Menge Esoterik, "magischen Orten" im Elsass und einer Dame, die sich sicher ist, sie wäre bestimmt als Hexe verfolgt worden.
Arte kommt zu folgendem Schluss-Satz:
Angesichts der Entzauberung dieser Welt scheint es, als hätte das Elsass genau das Heilmittel in seinem Kessel. Einen Trank, der weder abstoßend noch bitter schmeckt. Ein Trank, der die Welt wieder zu dem macht, was sie ist: Ein Märchen!"
Das war wirklich heftig, das war nicht eine schlecht gemachte Doku, sondern eine, deren sachliche Aussagen fast alle von A-Z totaler Humbug ist. Jedem, der sich auch nur oberflächlich mit Hexenverfolgung beschäftigt hat, musste bekannt sein, dass man da wirklich massiven Unsinn erzählt.
Arte hat einige gute, leider aber auch einige ganz fürchterliche Dokus gemacht.
Diese war das Schlimmste, was ich überhaupt je gesehen habe. Die Spiegel-Doku, die
@Griffel, durchaus zu Recht, aufgestoßen ist, die schlimmsten Exzesse der Schüler Dänikens über Prä-Astronautik waren nicht halb so schrecklich wie das. Da ist der Unsinn doch auch für schlichtere Gemüter erkennbar, es ist reißerisch.
Bei Arte kommt das auf leisen Sohlen esoterisch, vulgärfeministisch, politisch korrekt und woke daher, und einem Großteil der Zuschauer wird vermutlich nicht einmal erkennen wie sehr man da für dumm verkauft wird unter dem Qualitätssiegel, den viele Arte zubilligen, dass Arte aber keineswegs ummer verdient.