Welchen strategischen Wert hatten Burgen?

Dass viele großen Burganlagen erst entstanden, als sie eigentlich nicht mehr gebraucht wurden, hängt vielleicht damit zusammen, dass erst ab dann überhaupt die Zeit für einen "richtigen" Bau gab.
Das passt zu den gelegentlich gewaltigen Kreuzfahrerburgen nicht so ganz. Die scheinen einen durchaus militärischen Zweck erfüllt zu haben.

Sodann hängt es freilich auch von der Lage ab: die Burgen Stolpen, Hohentwiel und Königstein konnten ohne allzuviel Aufwand nach Einführung der Feuerwaffen in Festungen modifiziert werden. (ulkig hierbei: abgesehen von den nur im 17.-18. Jh. tauglichen "niederen Werken" des Königsteins sieht man die Umbauten zur Festung nicht: um die Anlagen des späten 19. Jhs. oben auf dem Königstein zu sehen (Kriegslazarett, Batterien etc) muss man schon hoch auf den Felsen gehen und dann genau hinschauen :))

Dass sogar römische Kastelle (vereinfacht gesagt "Vorläufer" des militärischen Burgenbaus) nicht einfach links liegen gelassen werden konnten, zeigt Prokops Gotenkrieg eindrücklich!
 
...
Dass im späten Mittelater immer größere Burgen gebaut wurden, hat mehr mit Machtkonzentration als mit "Zeit" zu tun.

Es geht doch um die Burg, die funktionell als Abwehr bzw. Befestigung eingesetzt ist, und da ist doch wohl entscheidend, wozu und unter welchen Umständen eine Burg erbaut wurde.
Wenn Burgen errichtet werden, weil jemand seine Macht demonstratrieren will, benötigt er Zeit und "Geld" (und einigermaßen gesicherte Bedingungen für den Bau).

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die meisten Menschen im Mittelalter total unpraktisch eingestellt waren. Wenn ich meine Grenze dringend befestigen muss und daher eine Burg bauen lassen, werde ich zunächst einmal gar nicht die Zeit haben, dass ich da etwas Großartiges schaffe. (Sonst erübrigt sich der Befestigungsbau, weil mir der Gegner bereits das Gebiet wieder abgenommen hat oder er lässt mir die halbfertige Burg zerstören ...)

Wenn ich dagegen plane, die Burg auch als Residenz zu benützen, nicht nur zur Verteidigung / Befestigung oder wenn ich lediglich beweisen will, wie mächtig ich bin, dann werde ich sicher mehr Zeit und Geld in die Burg investieren. Aber in diesem Fall werde ich wohl diese Burgen kaum dort errichten, wo gerade Krieg ist und wegen Moment mit Angriffen rechnen muss.
 
Es geht doch um die Burg, die funktionell als Abwehr bzw. Befestigung eingesetzt ist, und da ist doch wohl entscheidend, wozu und unter welchen Umständen eine Burg erbaut wurde.
Wenn Burgen errichtet werden, weil jemand seine Macht demonstratrieren will, benötigt er Zeit und "Geld" (und einigermaßen gesicherte Bedingungen für den Bau).

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die meisten Menschen im Mittelalter total unpraktisch eingestellt waren. Wenn ich meine Grenze dringend befestigen muss und daher eine Burg bauen lassen, werde ich zunächst einmal gar nicht die Zeit haben, dass ich da etwas Großartiges schaffe. (Sonst erübrigt sich der Befestigungsbau, weil mir der Gegner bereits das Gebiet wieder abgenommen hat oder er lässt mir die halbfertige Burg zerstören ...)

Wenn ich dagegen plane, die Burg auch als Residenz zu benützen, nicht nur zur Verteidigung / Befestigung oder wenn ich lediglich beweisen will, wie mächtig ich bin, dann werde ich sicher mehr Zeit und Geld in die Burg investieren. Aber in diesem Fall werde ich wohl diese Burgen kaum dort errichten, wo gerade Krieg ist und wegen Moment mit Angriffen rechnen muss.


Burgen waren in erster Linie Zweckbauten und weniger auf Representation ausgelegt, auch wenn diese natürlich auch eine Rolle spielt, zumeist aber an besonderen Bauteilen (Pallas, Kapelle, Tor).

Es gab sehr verschiedene Typen von Burgen, sowohl von der Form (Turmhügel-, Wasser-, Sporn-, Kamm- Höhlenburgen etc). wie auch von der Nutzung.

Die meisten Burgen dienten wohl als Wohnsitz, wenn auch oft nicht als einzige Funktion. Daneben wurden sie zur Kontrolle von Verkehrswegen, zur Sicherung von Grenzen, oder zur Behauptung von Eroberten Gebiet errichtet (so z.B. die Kreuzfahrerburgen, die gewaltigen englischen Burgen in Wales oder die in Spanien von beiden Seiten errichteten).

Einige kleine Burgen waren Zollstellen. Andere waren eigentlich nur befestigte Bauernhöfe. Es gab auch Wehrmühlen und die oben schon erwähnten Wehrkirchen.

Eine Besonderheit waren die Ordensburgen, die gleichzeitig Kloster und Festung waren, die kleineren davon auch oft eine Wirtschaftsfuktion hatten.

Die englischen Burgen in Wales wie z.B Convy, Beaumaris oder Harlech (http://de.wikipedia.org/wiki/Burgen_und_Stadtmauern_von_K%C3%B6nig_Eduard_I._in_Wales) sind riesig, wurden jedoch in Kriegszeiten in relativ kurzer Zeit gebaut und sind representativ, da sie dem König von England höchst persönlich gehörten. Sie sind in erster Linie Festungen zur Befriedung des besetzten Landes.

Vorbild dafür war jedoch die Burg eines Fürsten: Caerphilly, (http://de.wikipedia.org/wiki/Caerphilly_Castle) so wie die Burgen und Festungen die den Kreuzfahrern im Byzantinischen Reich und im Nahen Osten begegneten.

Die größeren Burgen in Deutschland sind dagegen selten aus einem Guß entstanden sondern im Laufe längerer Zeit gewachsen. Eine besonderheit die ich nicht aus anderen Ländern kenne, ist die Ganerbenburg, in der sich verschiedene Familien eine Burg teilen, die oft intern geteilt ist. So z.B. die Burg Staufenberg im Schwarzwald, in der einst acht verschiedenen Geschlechter residierten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber mit Blick auf Deutschland sollte man die Burg als Machtsymbol und Statussymbol nicht zuweit an die Seite schieben. Nicht jeder konnte und durfte eine Burg bauen. Selbst König Richard von Cornwall musste 1257 auf den Bau einer Burg auf dem Frankfurter Römerberg verzichten und die Baustelle schleifen. Auch schon die karolingische Königspfalz und der spätere staufische Saalhof waren als Burgen bzw Festungen angelegt incl. Dienstmannschaft und Burgvogt. Wobei es in Frankfurt als Königsstadt vom Besitz her ja noch Recht einfach war. Fast zur selben Zeit als Richard auf seine Burg in Frankfurt verzichten musste, gab es auf der Burg Rödelheim schon 4 Besitzer gleichzeitig durch Ganerbschaft.

Ordensburgen liegt mir auch etwas schwer im Magen wenn ich an Deutschland denke. Da fällt mir nur die Marienburg bzw. der Deutsche Orden im Osten ein, der richtige Burgen betrieb. Selbst im Osten Deutschlands dem heutigen Polen, hatten die beiden anderen Ritterorden nur stark befestigte Gutshöfe als Kommende. Die wurden wenn möglich (war ja wieder eine Frage des Grundbesitzes) auch aus Sicht der Verteidigung positioniert. zB auf einer Halbinsel. So das 3 Seiten vom See geschützt wurden.
 
Ordensburgen liegt mir auch etwas schwer im Magen wenn ich an Deutschland denke. Da fällt mir nur die Marienburg bzw. der Deutsche Orden im Osten ein, der richtige Burgen betrieb. Selbst im Osten Deutschlands dem heutigen Polen, hatten die beiden anderen Ritterorden nur stark befestigte Gutshöfe als Kommende.

Zum Staat der Deutschritter wollte ich gestern schon was schreiben, aber vorher zum Osten Deutschlands: Die slawische Bevölkerung kannte schon vor der deutschen Eroberung und Besiedlung Befsetigungen, die auch bei den Auseinandersetzungen im Zuge der deutschen Machtübernahme eine grosse Rolle spielen.

Zu nennen wäre hier zuerst die Brennaburg (das heutige Brandenburg an der Havel), die einem bedeutenden Teil Ostdeutschalnds den nahmen gab, aber ähnliche Plätze gab es in Spandau (heute die Zitadelle, das hat Tradition...), oder Köpenick, oder andere Plätze. Allerdings waren das alles Befestigungen aus Erde, Holz und Wasser (-gräben), keine Burgen aus Stein.

Die in die Hand zu bekommen oder die Menschen/Familien an sich zu binden, die diese Plätze beherrschen, war der Schlüssel sowohl für den Anschluss an das Reich, als auch für die Christiansierung. Wobei bei zweiterem das Phänomen der Wehrkirchen in Brandenburg verbreitet war. Frühe Kirchenbauten sind (immer?/meist?) auch als solide Bauten zur Verteidigung bzw zum Rückzug ausgelegt.

Nun zum Deutschritterorden: Dessen Expansion in Preussen und im Baltikum ist eng mit der Errichtung von Burgen verknüpft, ebenso wie seine Machtausübung. Inwiefern es sich dabei um Neuanlagen handelt, inwiefern um Erweiterungen älterer Anlagen, mag sich jeder selbst informieren. Jedenfalls sind aus der Zeit einige (Stein-) Burgen erhalten, und weitere nachgewiesen.

Es ist sicher eine vereinfachte Darstellung, verdeutlicht aber einen wichtigen Punkt: Der Orden alleine wäre wohl nur schwer in der Lage gewesen, in so ausgedehnten Gebieten einer "heidnischen" Bevölkerung ihren Willen und ihre Herrschaft aufzuwzwingen. Dafür war der Orden zu klein und seine ständigen Mittel zu bescrhänkt. Allerdings gab es einen Zufluss von Außen, sei es in Form vopn Kreuzzügen (also vorübergehend zur Verfügung stehenden militärischen Kräften, im Zweifel mit einem gewissen Eigensinn...), seien es finanzielle Mittel.

Die Ausweitung der Einflussphäre bedurfte (oft) dieser äußeren Unterstützung. Waren erst einmal Burgen (oder befestigte Städte) errichtet, konnte der Orden im Zweifel mit eigenen (rel geringen) Kräften Aufstände unterdrücken bzw aussitzen, da die Eroberung einer solchen Festung idR über die Möglichkeiten besagter Aufständischer ging. Es wär also möglich, Ersatz heranzuführen, oder im Idealfall auf den nächsten Krezzug zu warten...

Beide Geschichten zusammen verdeutlichen mE den entscheidenden Punkt bei eigentlich jeder Wehranlage, Befestigung, Burg oder Festung: Die "Gebietskontrolle". Die Gegen um eine solche Festung herum kann von einem Angreifer* nur kontrolliert werden, wenn entweder die Festung genommen oder blockiert wird. Ersteres ist meist verlustreich und evtl zum scheitern verurteilt, letzteres nur möglich, wenn man ausreichend Truppen lange an einem Ort beisammen hält, was teuer, logistisch schwierig und manchmal schlicht unmgölich ist. Kurz: Selbst wenn mir da irgend jemand meine Herrschaft streitig macht, sobald der weitergezogen oder auseinandergelaufen ist kann nich weiter machen, was immer ich bisher gaten hab. Um mir wirklich was zu wollen, muss man schon schwere Geschütze auffahren.

Was dann, btw, zum Ende der mittelalterlichen Burg führte, als jemand den Spruch ernst nahm und die entsprechenden schweren Geschütze erfand. ;)

* Oder eben auch die "reguläre Ordnungsmacht", wenn sie bei den Leuten nicht so gerne gelitten ist.
 
Noch meine Gedankengänge dazu:
Zuallererst: Die rein militärisch angelegte Burg gibt es zwar auch, sie ist allerdings eher selten. Meist waren Burgen ummauerte Siedlungen.
Daraus habe ich mir immer erschlossen, dass Burgen eher Verteidigungsanlagen waren und auch als solche konzipiert und angelegt wurden. Mit dicken Mauern will man sich ja schützen und nicht angreifen. Also war eine Burg defensiv und "kontrollierte" nur durch die meist recht hohe Lage und den dadurch guten Blick übers Land, die die schnelle Entdeckung einer feindlichen "Armee" möglich machte. Außerdem war sie für ihre Insassen der optimale Schutz; nicht umsonst leitet sich "Bürger" ja auch von Burg ab, also den Leute die in einer Burg lebten. Und nicht ganz zuletzt hatte eine Burg in Friedenszeiten hohen moralischen Wert für die Bürger, die sich sicher und beschützt fühlten und in Kriegszeiten für die Feinde, die sich vor dem Sturm einer Burg in die Hose machten, weil's im Grunde ein Himmelfahrtskommando war. Wenn man also von der Burg als Stadt mit Bollwerk drum herum ausgeht, stellt sich auch die Frage nach dem taktischen Vorteil einer Umgehung gar nicht, weil jede größere Stadt damals eine dicke Mauer drum rum hatte. Wenn man die Stadt haben wollte, musste man durch eine Belagerung und gegebenenfalls einen Sturm schon durch.
Soweit das, was ich mir dazu gedacht habe.
 
Noch meine Gedankengänge dazu:
Zuallererst: Die rein militärisch angelegte Burg gibt es zwar auch, sie ist allerdings eher selten. Meist waren Burgen ummauerte Siedlungen.

Das ist zu unscharf. Es ist zwar richtig, dass man die Burg in erster Linie als einen befestigten Wohnsitz betrachtet, im Gegensatz zu rein militärischen Festungen. Das konnte jedoch vom einfachen Wohnturm, über verschieden große Adelssitze bis zur großen Königs- oder Kaiserburg wie z.B. die Nürnberger Burg sein, in der auch große Hofstaaten untergebracht werden konnten.

Eine befestigte Stadt ist schon etwas anderes, wobei tatsächlich diese im Mittelalter häufig als "Burg" bezeichnet wurden während das was wir heute als Burg bezeichnen Haus (Hus), Stein oder Schloss genannt wurden.

Die Burg und die Stadt sind aber völlig unterschiedliche Kategorien und längst nicht alle Städte waren im Mittelalter befestigt. Das war ein Recht dass sie erwerben mussten (so wie auch das Markt oder das Münzrecht) und ihnen auch wieder entzogen werden konnte. Eine nicht befestigte Burg ist jedoch nicht vorstellbar.

Gelegentlich sind Städte an Burgen entstanden und wurden irgendwann mit diesen Verbunden, bzw. wuchsen sie nebeneinader wie z.B. Spandau und seine Burg oder auch Köpenick. Gelegentlich erheilten Städte erst später eine an den Mauerkranz angebaute Burg um sie zu kontrollieren, wie z.B. die Bastille in Paris oder der Tower in London.


Daraus habe ich mir immer erschlossen, dass Burgen eher Verteidigungsanlagen waren und auch als solche konzipiert und angelegt wurden. Mit dicken Mauern will man sich ja schützen und nicht angreifen. Also war eine Burg defensiv und "kontrollierte" nur durch die meist recht hohe Lage und den dadurch guten Blick übers Land, die die schnelle Entdeckung einer feindlichen "Armee" möglich machte.

Abgesehen davon dass es auch viele Burgen (und die meisten Städte) im Flachland gab, sind auch Burgen mit einer klaren "offensiven" Absicht errichtet worden, z.B. die oben erwähnten Burgen Edwards I. zur Eroberung von Wales, die Burgen die bei den Kreuzzügen oder bei der Spanischen Reconquista in feindliches Land vorgeschoben wurden.
Man griff den Feind an in dem man eine Burg auf sein Land stellte, die ihm die Kontrolle dieses strittig machte und ihm nicht erlaubte dessen Ressourcen zu nutzen.

Außerdem war sie für ihre Insassen der optimale Schutz; nicht umsonst leitet sich "Bürger" ja auch von Burg ab, also den Leute die in einer Burg lebten.
"Bürger" waren nicht die Leute die in einer Burg im heutigen Sinne, sondern in einer Stadt lebten, und auch nicht alle davon. Und ich verstehe nicht, inwiefern dass mit dem mehr oder weniger optimalen Schutz zu tun hat. Umgekehrt, der Bürger in der Mittelalterlichen Stadt hatte die Pflicht zum Unterhalt der Befestigungswerke und zur Verteidigung derselben beizutragen. Er musste also die Stadt "schützen".

Und nicht ganz zuletzt hatte eine Burg in Friedenszeiten hohen moralischen Wert für die Bürger, die sich sicher und beschützt fühlten und in Kriegszeiten für die Feinde, die sich vor dem Sturm einer Burg in die Hose machten, weil's im Grunde ein Himmelfahrtskommando war. Wenn man also von der Burg als Stadt mit Bollwerk drum herum ausgeht, stellt sich auch die Frage nach dem taktischen Vorteil einer Umgehung gar nicht, weil jede größere Stadt damals eine dicke Mauer drum rum hatte.
Wenn man die Stadt haben wollte, musste man durch eine Belagerung und gegebenenfalls einen Sturm schon durch.
Soweit das, was ich mir dazu gedacht habe.

Nochmals: Eine Burg und eine Stadt sind unterschiedliche Sachen und nicht jede Stadt war mit einer "dicken Mauer" befestigt. Einige hatten lediglich einen Erdwall und Weissdornhecken, einge tricksten in dem sie die Häuser dicht einander bauten und nur die geschlossenen Rückwände nach aussen richteten, andere mussten sich mit einer Wehrkirche begnügen um im Notfall Zuflucht zu suchen. "Größere" Städte waren im Mittelalter sowieso selten.

Und viele Burgen und befestigte Städte wurden nicht gestürmt sondern durch hunger bezwungen. Zumindest vor der Verbreitung des Schiesspulvers.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz herzlich Dank nochmal für alle weiteren Beiträge zu diesem Thema! Wie stets hier auf höchstem Niveau und unglaublich informativ! Absolut beeindruckend! Danke Euch!

Beste Grüße,
G.
 
Und nicht ganz zuletzt hatte eine Burg in Friedenszeiten hohen moralischen Wert für die Bürger, die sich sicher und beschützt fühlten...
Der war gut! Die einfachen Bauern im Land um die Burg herum, hätten am Liebsten, dass der adelige Burgherr ohne Befestigung unter ihnen lebt. Dann könnte man ihn schnell einen Kopf kürzer machen, wenn er unpopuläre Entscheidungen traf. Die Burg hat ihn vor der eigenen Bevölkerung geschützt. Hier wurde nur übern Krieg geredet, ne ne Burg ist auch im Frieden sinnvoll. "Ich bin auf der Burg sicher, alle anderen sind unsicher." Man brauchte die Burgen um die eigenen Leute zu unterdrücken.
 
Dass Bauern das Recht erhielten, im Kriegsfall hinter die Burgmauern zu flüchten, kam doch nur äußerst selten vor...

Sicher das die Bemerkung von Ravenik auf die Bauern zielt? Bauern werden auch kaum die Möglichkeit gehabt haben hinter Stadtmauern zu flüchten, wenn sie auf dem Land in einem Dorf gewohnt haben. Das sah nur anders in sogenannten Ackerbürgerstädten aus. Und selbst da waren die Mauern nicht all zu stabil.

Apvar

P.S. Hier 2 Links zu dem Thema Ackerbürger:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ackerbürger
http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/sozialeOrdnung/stadtgesellschaft/unterpunkte/wirtschaft.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Sicher das die Bemerkung von Ravenik auf die Bauern zielt? Bauern werden auch kaum die Möglichkeit gehabt haben hinter Stadtmauern zu flüchten, wenn sie auf dem Land in einem Dorf gewohnt haben. Das sah nur anders in sogenannten Ackerbürgerstädten aus. Und selbst da waren die Mauern nicht all zu stabil.
Zumindest im Falle des 30-jährigen Krieges findet man genau das. Die Einwohner der Dörfer fliehen in Scharen in die nächst liegenden Städte, die entsprechend überquellen bzw. in denen es auch rasch zu Seuchen kommt.
Natürlich war nicht jeder rechtzeitig in der Stadt. Aber wenn ein Krieg längere Zeit dauerte, scheint man schon früher bei ersten Warnmeldungen in die Städte gegangen zu sein.

Bei Burgen stelle ich mir das logistisch etwas schwierig vor. Wie groß war denn eine normale Burg? Wieviele Bauern passen da rein?
 
Das wird dann aber eine Mammut- Aufgabe, weil es "Die Burg" nunmal nicht gibt.

Grundsätzlich würde ich sagen, dass eine Burg eben nicht viel Platz für viele Umlandsbauern hatte. Eine Burg ist in erster Linie darauf ausgelegt mit wenig Besatzung möglichst gut verteidigbar zu sein.
Mehr Platz für Bauern (Hütten für die Menschen; Gehege für das Vieh) bedeuten dann mehr Gebiet das verteidigt werden muss, sprich mehr Besatzung, längerer Wall. Für den Bauherrn also zusätzliche Kosten...

In Fällen wo die örtlichen Gegenheiten es aber hergeben (z.B. ein Bergrücken oder eine Flußschleife, also ein Fall bei dem man mit einer Mauer viel Gebiet absperren kann) könnte ich mir vorstellen das die Bauern reindurften.

Im Regelfall wird aber für sie schlicht kein Platz gewesen sein oder man wollte sich die zusätzlichen Mäuler die gestopft werden mussten ersparen... es waren ja nicht nur kampffähige Männer die reinwollten, sondern auch Frauen, Kinder und Greise.


Die Fluchtburgen der Völkerwanderungszeiten und des frühen Mittelalters habe ich hier ausgeschlossen, da diese ja gezielt für eine größere Menschenmenge ausgebaut wurden.
Gab es soetwas eigentlich auch noch im Hochmittelalter bzw. später?
 
Es gab selbstverständlich viele Burgentypen. Die meisten davon waren zu klein um größeren Gruppen an Bauern Unterschlupf zu bieten. Viele Burgen hatten jedoch eine größere Vorburg die vermutlich als Zuflucht für Bauern und Vieh dienen konnten. Und die Bauern werden nicht allzubereit gewesen sein, im Kriegsfall ihr Vieh in die Burg zu liefern und selber draussen zu bleiben.

Man darf nicht vergessen, dass die Einen wie das Andere letzten Endes ein "Wirtschaftsgut" waren und im Mittelalter die Kriegsführung oft daraus bestand, den Nachbarn die Wirtschaftsgrundlage zu rauben oder zu zerstören. Dem Ritter war nicht geholfen wenn er zwar in seinem befestigten Adelssitz eine Belagerung überstand, beim Herauskommen dann feststellte, das seine Bauern erschlagen und sein Vieh sich in Feindesland befand.
 
Die Fluchtburgen der Völkerwanderungszeiten und des frühen Mittelalters habe ich hier ausgeschlossen, da diese ja gezielt für eine größere Menschenmenge ausgebaut wurden.
Gab es soetwas eigentlich auch noch im Hochmittelalter bzw. später?

In Südfrankreich, im Languedoc, haben noch bis in das Hochmittelalter befestigte Ortschaften und Burganlagen das Landschaftsbild dominiert, in denen ganze Dorfgemeinschaften Unterschlupf gefunden haben. Während des Albigenserkreuzzuges haben sie ganzen Katharergemeinden Schutz bieten können. Z.B. die Burganlage von Lastours oder natürlich das berühmte Castrum auf dem Montségur.
 
In Rumänien in der Nähe von Kronstadt habe ich vor Jahren eine sogenannte Burganlage besichtigt, die eindeutig als "Fluchtburg" für die Bevölkerung in der Umgebung konzipiert war. Ich erinnere mich daran, dass es da eine ganze Reihe von bezeichneten Türen gab, jede Familie im Dorf hatte da sozusagen ihren eigenen "Raum", für dessen Instandhaltung, Lagerung von Vorräten dort etc. sie verantwortlich war.
 
Die Fluchtburgen der Völkerwanderungszeiten und des frühen Mittelalters habe ich hier ausgeschlossen, da diese ja gezielt für eine größere Menschenmenge ausgebaut wurden.
Gibt es irgendwo eine speziell für größere Menschenmengen konzipierte (also quasi stadtartig umfangreiche) spätantike oder auch frühmittelalterliche (passagere) Fluchtburg?

Was hier Fliehburg ? Wikipedia aufgelistet wird, das ist alles kleiner als eine mit Mauerring und Graben umwehrte Römerstadt und vermag demzufolge auch temporär nicht so viele Menschen aufzunehmen wie eine befestigte Stadt (und in solche pflegten sich in Kriegszeiten Teile der Landbevölkerung zu flüchten) ...

Bzgl. des militärischen Sinns von Burgen sollte man bedenken, dass diese Anlagen für den Erfahrungshorizont ihrer Zeitgenossen taugliche militärische Anlagen waren und als solche auch gegebenenfalls wirkten: eine Belagerung war zumeist eine zeitaufwändige Angelegenheit im Mittelalter, davor nicht minder: man denke an Theoderich, Odovakar und Ravenna.
 
In Rumänien in der Nähe von Kronstadt habe ich vor Jahren eine sogenannte Burganlage besichtigt, die eindeutig als "Fluchtburg" für die Bevölkerung in der Umgebung konzipiert war. Ich erinnere mich daran, dass es da eine ganze Reihe von bezeichneten Türen gab, jede Familie im Dorf hatte da sozusagen ihren eigenen "Raum", für dessen Instandhaltung, Lagerung von Vorräten dort etc. sie verantwortlich war.

Das war vielleicht die Kirchenburg Tartlau. Prejmer ? Wikipedia

Siebenbürgen ist ein Landstrich mit besonders aufwendigen Kirchenburgen, die in der Tat den Bauern als Zuflucht dienten. Aber das Grundprinzip gab es überall in Deutschland, unterschiedlich aufwendig. In vielen Fällen war nur der Turm einer Kirche besonders wehrhaft ausgeführt. Gelegentlich aber war eben dann auch der Kirchhof für Notzeiten mit dicken Mauern umgeben. Dann gab es eben noch entsprechende Steigerungen von aufwendigeren Befestungsanlagen (Ecktürme etc.) bis hin zu einer voll funktionsfähigen Burg wie die oben erwähnte.
 
Zurück
Oben