Wie gestaltete sich der Handel der USA nach dem 1. Weltkrieg?

Griffel

Mitglied
Ich würde gerne mehr über das Thema Handel in den USA erfahren. Speziell in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg! Im Gegensatz zu Europa waren ja die 20er Jahre vermeintlich oder tatsächlich "Golden".:rolleyes: Dabei interessiert mich ein Aspekt besonders! Wie sah es eigentlich mit dem Auslandshandel bzw. Außenhandel aus? Denn:
Auf der einen Seite, waren und wollten die USA, immer Freihandel. Auf der anderen Seite entwickelte sich ja nicht zuletzt durch den 1. WK. eine starke isolationistische Bewegung.

Was sich natürlich auch auf den Handel ausgewirkt haben dürfte. Daraus ergibt sich natürlich ein gewisser Widerspruch. "Buy American", existiert ja nicht erst seit gestern! Hier wäre natürlich besonders interessant, wie sich der Handel zwischen den USA und dem Deutschen Reich entwickelte.;) Wobei man natürlich sagen muss, dass dieser Handel, nur aufgrund amerikanischer Kredite zustande kam.

Ein eher unrühmliches Kapitel dieser Zeit ist ja der Alkoholschmuggel. Aber soweit ich weiß, wurde dieses Segment, der Schattenwirtschaft, eher von Kanada aus bedient. Hier war ja die amerikanische Mafia, stark engagiert! Angeblich, soll es ja auch Kontakte nach Deutschland gegeben haben? Das kann ich mir nur schwer vorstellen! Selbst wenn, man vorhatte, die Gesetze zu umgehen. Der Transport per Schiff, hätte die Gewinne, quasi aufgefressen.:confused: Und wie gesagt, Kanada, ist wesentlich näher dran. Somit kann die "Ware", wesentlich einfacher produziert und transportiert werden. Freue mich über viele Beiträge.
 
Auf der einen Seite, waren und wollten die USA, immer Freihandel.

Jedenfalls was die Zeit vor dem ersten Weltkrieg angeht, waren der Außenhandel und das Auslandskapital deutlich geringer, als man gemein hin annehmen würde.
Einfach deswegen, weil die USA einen gigantischen, ziemlich dynamischen Binnenmarkt darstellten, der massiv Investitionskapital und Ressourcen band.

Auf der anderen Seite entwickelte sich ja nicht zuletzt durch den 1. WK. eine starke isolationistische Bewegung.

"Isolationistisch" kann man das eigentlich nicht nennen, das würde bedeuten, dass diese politische Richtung es vorgezogen hätte sich ganz auf sich selbst und das eigene Land zurück zu ziehen.
Das war so nicht der Fall.
Die Vereinigten Staaten haben zu keiner Zeit davon Abstand genommen ihren Einfluss in Lateinamerika auszubauen und auch im Bezug auf Ostasien (Philippinen), China, Japan verhielten sich die USA alles andere als "isolationistisch".

Was es sehr wohl und seit der Gründung der USA gab, war eine deutliche Aversion dagegen sich in die politischen Streitigkeiten Europas einzumischen, wenn es sich vermeiden ließ.

Hier wäre natürlich besonders interessant, wie sich der Handel zwischen den USA und dem Deutschen Reich entwickelte.;) Wobei man natürlich sagen muss, dass dieser Handel, nur aufgrund amerikanischer Kredite zustande kam.
Was erzählst du da von amerikanischen Krediten? Amerikanische Kredite spielten eine wichtige Rolle dabei das System der Reparationszahlungen an die Entente-Mächte gemäß Daws- und Young-Plan zu stützen.

Aber sie dienten nicht in erster Linie der Finanzierung des Außenhandels.

Ansonsten waren jedenfalls zu Beginn der 1920er Jahre für die meisten Europäer US-Amerikanische Produkte schlicht zu teuer.
Das Lohnniveau in den USA lag schon vor dem 1. Weltkrieg über demjenigen der europäischen Staaten. Die zusätzlichen Belastungen durch Krieg, Wiederaufbau, Invalidenversorgung, Verschleiß der Maschinerie durch Überbeanspruchung, Reparation/Rückzahlung von Kriegskrediten, haben das durchaus nicht umgekehrt.

Die Fließbandfertigung ist etwas, dass sich auch in den USA zu Beginn der 1920er Jahre durchaus noch nicht überall durchgesetzt hatte, außerdem musste Europa erstmal sein komplettes Währungssystem neu ordenen.
Das basierte ja vor dem ersten Weltkrieg mehr oder weniger überall in Europa auf dem Goldstandard von dem man sich während des Krieges inflationsbedingt trennen musste.
Dadurch musste sich auch der Wert und die Tauglichkeit der europäischen Währungen erstmal neu einpendeln.
 
Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt! Natürlich weiß ich, dass die hauptsächlichen Kredite für die Dawes und Young-Anleihe aus den USA kamen! Allerdings, wurden ja viele dieser Gelder, in die deutsche Wirtschaft umgeleitet, da man dadurch die Produktion stützen konnte und durch die Verkäufe, die Gelder für die Reparationen zu erwirtschaften. Jedenfalls, hat man mir das so seinerzeit im Geschichtsunterricht erklärt. Der Binnenkonsum in den USA war schon immer wichtig! Aber im Gegensatz zu Europa war da ja auch eine Menge Potenzial vorhanden.

Allerdings war der Boom der 20er, ja auch auf einer Kreditblase aufgebaut, welche dann im Herbst des Jahres 1929 mit einem Knall geplatzt ist.
 
Zitat:
Smoot-Hawley Tariff Act – Wikipedia


Differenzierter und als Abschluss eines langen Diskurses
The Slide to Protectionism in the Great Depression: Who Succumbed and Why? | The Journal of Economic History | Cambridge Core

Hier nur der Schluss, sofern kein Zugang zu Publikation:

Conclusion:
With the outbreak of the Great Depression, policy makers were confronted with an economic policy dilemma. In the face of an unprecedented macroeconomic collapse, the available choices were deflation under the gold standard, currency depreciation, or direct controls over trade and payments to maintain gold and foreign exchange reserves. Most countries rejected deflation as too wrenching given the severity of the shock and the magnitude of the requisite wage and price adjustment. Hence, these three options were effectively reduced to two: maintaining fixed exchange rates or maintaining open trade.

We find evidence of this policy tradeoff: countries that stayed on the gold standard tended to impose tighter trade restrictions than those that allowed their currencies to depreciate. Having sacrificed one policy instrument (monetary autonomy) that might potentially have been used to counter the Depression, policy makers in their desperation resorted to another (trade controls). Historical circumstances conditioned this choice. Countries that had suffered high inflation after World War I chose to stay on the gold standard and maintain the exchange rate peg; effectively, they sacrificed trade policy on the altar of financial stability. The same was true of countries that had acquired financial-center status and now valued its maintenance. France and other countries in this position used import tariffs and quotas to regulate trade and the balance of payments; Germany and the exchange control countries did not maintain free capital mobility, leaving only the choice of whether to impose higher tariffs or allocate foreign exchange o regulate trade and the balance of payments. Countries that did not suffer from monetary problems after World War I or had no financial-center status to defend went off the gold standard, allowed their currency to depreciate, and were able to maintain more liberal trade policies.

Our account helps explain why some countries were more inclined than others to a protectionist response and lends structure to the otherwise chaotic tale of the collapse of world trade. It suggests that had more countries been willing to abandon the gold standard and use monetary policy to counter the slump, fewer would have been driven to impose trade restrictions in the desperate if ultimately futile effort to stem the rise in unemployment.
 
Allerdings, wurden ja viele dieser Gelder, in die deutsche Wirtschaft umgeleitet,

Welche Gelder?
Die Vereinigten Staaten haben Deutschland verschiedentlich Kredite gewährt, das bedeutet aber nicht, dass da tatsächlich in irgendeiner Form Devisen geflossen wären.

Durch die Gewährung von Krediten von amerikanischer Seite wurden keine massiven Geldmittel in das deutsche System gegeben, sondern letztendlich wurden vor allem auf buchhalterischer Ebene die Verpflichtungen Deutschlands gegenüber dem Ausland insofern diversifiziert, als dass Teile der Reparationsverpflichtungen gegenüber der Entente de facto in Verpflichtungen gegenüber den USA mit anderen Laufzeiten umgeschrieben wurden.

Folglich gab es da auch nichts, was man hätte abzweigen können.

Wozu auch? Die deutsche Wirtschaft war infolge des Wertverfalls der Mark und des niedrigen Lohniveaus de facto umfassend konkurrenzfähig.
Das Problem waren eher Außenhandelshindernisse in Form von Schutzzöllen oder Einfuhrverboten in potentiellen Zielländern.
 
Der Dawes Plan, dem später der Young Plan folgte, stellte die deutsche Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Siegermächten des Ersten Weltkrieges sicher. Der Dawes Plan war mit einer Währungsreform verbunden und vorübergehend hieß die deutsche Währung Rentenmark.
Allerdings geriet man deutscherseits zunehmend Abhängigkeit amerikanischer Kredite, was sich ab 1929 sehr negativ bemerkbar machte.
Bis 1929 sind ca. 21 Milliarden Reichsmark an Krediten nach Deutschland; ganz überwiegend aus den USA. Der Dawes Plan beinhaltete aber immer noch nicht das definitive Zahlungsende der Repartionen.
 
Zu "man" und den Krediten:
Zunächst einmal gab es keine Kredite an "Deutschland", sondern amerikanische Käufe von langfristige Anleihen einzelner deutscher Kommunen, Länder, Banken, Industrieunternehmungen. Die Anleihen wurden von US-Finanzinstitutionen über die Kapitalmärkte erworben.

Im kurzfristigen Bereich waren es in erster Linie hohe US-Bankkredite an deutsche Kreditinstitute, die ihrerseits langfristige Kredite an die deutsche Industrie vergaben, also Fristentransformation betrieben.

Grund hierfür waren Zinsdifferenzen zwischen dem Deutschen Reich und den USA, also höhere deutsche Zinsen als US-Zinsen in dem Zeitraum. Das oben beschriebene US-Kapital strebte - bei Währungsstabilität, also vermeintlich ohne Währungsrisiko - in die höher verzinslichen (rentierlichen) deutschen Anlagen.

Populärwissenschaftlich wurde hieraus die angebliche US-Finanzierung der deutschen Reparationsleistungen gestrickt. Der Grund für diese "Interpretation" liegt im Darstellungsbild (aussenwirtschaftlicher) Kapitalverkehrs- und Devisenbilanzen, deren "Gleichungssystem" diese direkte Gegenfinanzierung vortäuscht. Es handelt sich aber um voneinander isolierte ökonomische Vorgänge. So haben weder die "Stadtwerke Köln" noch die Danatbank oder eine andere der vielen geldsuchenden Institutionen US-Kredite aufgenommen, um etwa die Reichsschuld der Reparationen zu tilgen, sondern aus eigenem Finanzierungsbedarf.


Siehe auch hier:
http://www.geschichtsforum.de/f62/versailler-vertrag-zu-hart-und-weich-13487/index5.html#post375475
http://www.geschichtsforum.de/f39/g...ahmenbedingungen-37571/index3.html#post640867
 
Zurück
Oben