Wie sahen die Nichtchristen die Christen

Das war mir nicht bekannt, doch es klingt auf jeden Fall einleuchtend. Wie Kleopatra64 schon anmerkte, sollten wir differenzieren und zwischen den frühesten Anfängen des Christentums und der weiteren Entwicklung unterscheiden. Da ich mich vor allem mit der Sicht der römischen Seite auf das Christentum beschäftigt habe, war es doch eine einwenig spätere Zeit und zwar die, als das Christentum schon als Problem für die Römer verstärkt ersichtlich wurde.

Rafael
 
Meines Wissens nach sahen sich die Christen nach Jesu Tod nicht als Juden, denn das Christentum stellte, so wie es für mich aus der Literatur ersichtlich ist, einen neuen Kult dar.

Das ist schlichtweg falsch!
Sie sahen sich durchaus noch nicht als dem Judentum nicht mehr zugehörige neue Religion an.
Zumindest nicht in den ersten Jahrzehnten nach Jesu Tod.
Das wird schon deutlich in den Streitigkeiten zwischen Paulus und den Jerusalemer Urchristen um Jakobus.
Als dessen Männer nach Antiochia kommen wirft Paulus Petrus (und auch Barnabas und den anderen hiermit) vor sich aus Angst vor den Männern des Jakobus plötzlich bei den Speisen von den Heidenchristen abgewendet zu haben. Dies taten Petrus und die Anderen eben WEIL von der Urgemeinde noch das Gesetz der Juden Geltung hatte (Speisegesetze, Beschneidung).
Paulus schreibt dann ja auch, dass man eben nicht beschnitten sein müsse und eben durch Christi Tod und den Glauben an ihn Erlösung findet und nicht durch die Einhaltung des Gesetzes.
 
Danke!
Zum Glück hatte ich davor ein "Meines Wissens nach" hingestellt, sonst wäre es blöde... ;)
 
Enkidu sieht das richtig. Die Christen besuchten ja anfangs noch die Synagoge. Später wurden sie der Synagoge verwiesen, vielleicht, weil sie hellenische Heidenchristen (also unbeschnittene) mit in die Synagoge nahmen.
 
Man muß auch bedenken, dass sich das Judentum nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 neu organisierte, da der Tempel in Jerusalem nicht mehr als Zentrum zur Verfügung stand.
Gab es zunächst ja viele verschiedene, mehr oder weniger einflussreiche Gruppen im Judentum setzten sich nun immer mehr das rabbinische Judentum durch (Pharisäer).
Konkurrierende Gruppen wurden systematisch aus den Synagogen getrieben.
Es heisst zwar auch, die Christen hätten sich freiwillig aus den Synagogen zurückgezogen, doch halte ich den anderen Grund für plausibler.
 
Mit der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. trennen sich dann aber die Wege von Judentum und Christentum, und bereits Paulus konzentrierte sich bei seiner Mission auf die griechischen Poleis in Kleinasien. Christentum und Judentum konkurrierten bei der Mission, und in der Apostelgeschichte erwähnt Lukas die "vornehmen Damen", die mit dem Judentum sympathisieren, und mit einem jüdischen Magier umgab sich auch Sergius Paulus, der Statthalter von Kreta und Kyrene, der aus Antiochia ad Pisidiam stammte, und von dem Paulus vermutlich ein Empfehlungsschreiben für seine erste Missionsreise nach Südgalatien und Lykaonien bekam.

Die Nachrichten über die Christen, die Tacitus und Sueton lieferten, sind recht spärlich. Tacitus schreibt, dass die "Christiani" ihren Namen von einem Mann aus Judäa herleiten, der unter Tiberius von Pontius Pilatus gekreuzigt wurde. Diese Christen habe man weniger wegen ihrer Verbrechen, als wegen ihres Hasses auf das Menschengeschlecht verfolgt. Odium humani generis, griechisch Misanthropia, konnte Grund für Verfolgung sein. Im Klartext hiess das, ob die Christen unbehelligt leben konnten, hing letztlich davon ab, wie gut oder schlecht sie mit den örtlichen Poleis klarkamen. Plinius berichtet, dass der Verkauf von Opferfleisch und Devotionalien in Bithynien rückläufig sei, und will wissen, wie er mit Christen umgehen soll, ob die Tatsache Christ zu sein, (nomen ipsum) Grund zur Verfolgung sein soll. Er schreibt Trajan, dass er einige Christen, die sich weigerten, Christus zu lästern und dem Genius des Kaisers zu opfern hinrichten liess. Trajan schreibt, dass nicht nach ihnen gefahndet werden soll, und er wünscht keine Verfolgungen (nec est in saeculo nostro), billigt aber Plinus Vorgehen. Diese zweideutige Lage begünstigte die Ausbreitung des Christentums, konnte aber auch zu Verfolgungen führen. Zu Plinius Zeit war das Christentum schon durchaus etabliert, Plinius kennt Gebräuche der Christen und weiss, das es sich nicht mehr um eine jüdische Sekte handelt, schreibt aber, dass nur ungebildete Leute Anhänger seien, und er nichts weiter gefunden hat, als einen "Aberglauben". Plinius, so universell gebildet, wie er war, kannte sicher auch Flavius Josephus Schriften.

Was man den Christen von heidnischer Seite vorhielt, war nicht zuletzt die Tatsache, dass Jesus als Aufrührer zum schändlichen Tod am Kreuz verurteilt wurde. Die Weigerung, den Göttern zu opfern oder an der Kaiserverehrung teilzunehmen, brachte den Christen den Vorwurf der Gottlosigkeit ein Als "atheiotes" wurden sie schon unter Nero verfolgt.

Ganz genau auf die Vorwürfe der Heiden gingen Apologeten wie Tertullian vor, der diese Vorwürfe dann einzeln widerlegt.
 
Die Darstellung, die Scorpio uns aufgeschrieben hat, finde ich gut und sie passt zu dem, was ich in der Literatur zu der Vorbereitung meines Textes gelesen habe.
So viel ich aus dem Seminar noch weiß, möchte ich die Aussage ergänzen, dass "[d]ie Weigerung, den Göttern zu opfern oder an der Kaiserverehrung teilzunehmen, [...] den Christen den Vorwurf der Gottlosigkeit ein[brachte]". Denn dies sei das ärgste Problem zwischen Römern und Christen gewesen, nicht die Greuelgeschichten, die man letzteren unterstellte. Und im Seminar haben wir besprochen, dass die Römer weniger Zwistigkeiten mit den Juden gehabt haben, da diese von außen kamen und nicht wie die christlichen Gemeinden, die nicht nur aus 'Ex-Juden' bestanden, sondern nachher immer mehr aus allen möglichen Bewohnern der Provinzen. Und damit wurden immer mehr römische Bürger Christen, die das Wohl der Gemeinde gefährden konnten, da sie nicht an Festen, Zeremonien und Ritualen teilnehmen wollten, die nicht nur religiösen Charakter, sondern nach römischer Vorstellung auch Auswirkungen auf den Staat und die Gemeinschaft hatten. Die starke Missionierung, die die Christen betrieben, war damit den Römern auch ein Dorn im Auge.
Zur Kaiserverehrung ist zu sagen, dass die Christen sagten, sie hätten kein Problem den Kaiser als staatliches Oberhaupt anzuerkennen und ihn in ihre Gebete aufzunehmen, was viele denn auch taten. Man wollte ihn aber nicht als 'Gottkaiser' verehren, da das nach den zehn Geboten schließlich nicht ging.

Spannend fand ich auch die Aussage unseres Dozenten, dass die o.g. Greuelgeschichten (Inzucht, Kanibalismus etc.) gegen die christlichen Gemeinden vor allem in den christlichen Gemeinden und Sekten als Vorwurf untereinander dienten, so dass sie teilweise selbst die Antipathien hochgepuscht haben.
(Vielleicht habe ich das in diesem Thread aber schon mal geschrieben.):grübel:

LG

Rafael
 
Zuletzt bearbeitet:
Esel am Kreuz

Tach zusammen,

ich komm nicht mehr drauf. Es gibt doch ein antikes Graffitie, auf dem ein gekreuzigter Esel abgebildet ist. Es ist doch auch ein Text dabei gewesen *** betet seinen Esel an.
Hat jemand einen Link dazu? Ich finde es nicht mehr. Ich wüsse auch nicht, wo ich in der TRE nachsehen soll.
 
Den hatte ich gesucht, danke!!!:autsch:

Hätte ich doch mal in meiner Vorlesung aufgepasste...ist dann wohl ein Argument, das jetzt mal zu tun. :D
 
Es gibt ein berühmtes Graffito, es zeigt einen gekreuzigten Esel und den Spruch "Marius(?) betet seinen Gott an"

Der Esel war im gräco-ägyptischn Raum ein Symbol für Seth, den Gott dr Wüste. Und er war auch Metapheer für die Wüstenvölker, auch für die Juden. Also wenn ein hellenistisches Spottbild Jesus als Esel zeigt, muß man annehmen das man zu dieser Zeit Christen und Juden noch gleichsetzte und als "heide" keinen Unterschied emfand.
Ein Graffitoschmierer in der Antike wird sich über derartig weitgreifende Dinge ebensowenig den Kopf zerbrochen haben ,wie einer von heute, der an eine Wand schreibt:"Fritz ist doof". Viel mehr sollte das Eselgraffito wohl auch nicht aussagen. Dass ein Angehöriger eines unterworfenen Volkes ,von niedersten Stand, der den schimpflichen Kreuztod sterben musste angebetet wurde ,musste zwangsläufig zum Spott herausfordern.
 
Sind von Seneca oder Marc Aurel irgendwelche Aussagen über das Christentum überliefert?

In den Selbstbetachtungen des Mark Aurel werden die Christen kurz erwähnt, aber relativ substanzlos:

Οἵα ἐστὶν ἡ ψυχὴ ἡ ἕτοιμος, ἐὰν ἤδη ἀπολυθῆναι δέῃ τοῦ σώματος, [καὶ] ἤτοι σβεσθῆναι ἢ σκεδασθῆναι ἢ συμμεῖναι. τὸ δὲ ἕτοιμον τοῦτο ἵνα ἀπὸ ἰδικῆς κρίσεως ἔρχηται, μὴ κατὰ ψιλὴν παράταξιν ὡς οἱ Χριστιανοί, ἀλλὰ λελογισμένως καὶ σεμνῶς καὶ ὥστε καὶ ἄλλον πεῖσαι, ἀτραγῴδως.

Er wirft den Christen, im Hinblick auf ihre Geisteshaltung Starrsinn vor und hält ihr Verhalten während der Hinrichtungen für Schauspielerei.
 
Was war denn das Verhalten von Christen wenn sie hingerichtet wurden?


Sie akzeptierten die Hinrichtung und starben. St. Sebastianus war ein Offzier und Leibgardist des Kaisers Diocletian, der sich zum Christentum bekannte und Christen half und dafür von numidischen Bogenschützen erschossen wurde. Er überlebte aber, nach der legende, wurde von einer Witwe namens Irene gesundgepflegt und erschien wieder vor dem Kaiser, der ihn diesmal mit Keulen im Circus Vaticanus erschlagen ließ.

Einer der ältesten chritlichen Märtyrerberichte handelt von der Verfolgung in Smyrna 155, der Polykarp zum Opfer fiel:
Als ihn Soldaten verhaften wollten, lud er sie zum Essen ein und rief "Gorttes Wille geschehe!". Der Statthalter riet ihm abzuschwören, drohte mit den wilden Tieren, doch Polycarp blieb standhaft. Im Amphitheater waren die Raubtiere offenbar schon aufgetreten, und der Statthalter ordnete Verbrennung an einem Pfahl an.

Noch auf dem Scheiterhaufen soll Polycarp Christus gelobt haben.
 
ja... das war auch eher auf die anfänge des christentums bezogen...

es stimmt, dass die juden jesus nicht als den messias sahen. sie warteten weiter auf ihrten erlöser und sahen in jesus eher einen "feind", denn er krempelte ja ihre sitten um

Man sollte sagen die meisten Juden, denn Judenchristen gab es durchaus.

Die Juden waren kein geschlossener Block.
 
Zurück
Oben