Wie will man da eine wirklich belastbare Aussage treffen? Man kann nur Möglichkeiten aufzählen und Argumente sammeln.
Wir müssen uns damit abfinden, dass die Identität der Seevölker nicht mehr zu klären ist. Dass es sie gab, beweisen die eindeutigen Aussagen und bildlichen Darstellungen im ägyptischen Tempel von Medinet Habu. Unbestritten identifiziert sind bis heute lediglich die Peleset bzw. Pelishtim, hinter denen sich die Philister verbergen. Im übrigen wissen wir nicht, woher die Seevölker kamen und wo sie geblieben sind.
Verschiedene Verwüstungen gehen alledings eindeutig auf das Konto der Seevölker. So z.B. die Zerstörung der Stadt Ugarit an der palästinensischen Küste um 1190 v. Chr. Es scheint also Beutezüge gegeben zu haben, die sowohl von See als auch von Land aus erfolgten.
Eine neue Hypothee hat der Geoarchäologe
Eberhard Zangger in seinem aktuellen Buch "
The Luwian Civilization. The Missing Link in the Aegerian Bronze Age", Istanbul 2016, entwickelt.
Kontroverse in der Archäologie: Entscheidungsschlacht um Troja - NZZ Feuilleton: Kunst und Architektur Er postuliert dort eine mächtige Staatenkonföderation der Luwier in Westkleinasien, die den Mykenern und Hethitern ebenbürtig gewesen sei. Dieser luwische Staatenverband verursachte den Sturz des Hethiterreichs, baute eine Flotte und griff Ägypten an. Die so genannten "Seevölker" sind also nach Zangger identisch mit den luwischen Völkern Westkleinasiens, die auch Mykene bedrohten. Als Antwirt entsandten die Mykener eine Flotte nach Troja und vernichteten es. Bei der Rückkehr der mykenischen Könige nach Griechenland kam es zum Kampf mit ihren Stellvertretern in den mykenischen Staaten, was zu Bürgerkriegen und zum Systemkollaps der mykenischen Staatenwelt führte. Der Untergang erfolgte also ohne Einwirkung von außen.
Soweit also Zangger, dessen Hypothesen umstritten sind und auf Widerstand in der Fachwelt stoßen. Etwas disqualfiziert haben ihn frühere Spekulationen und Publikationen, in denen er Troja mit dem sagenhaften Atlantis identifizierte.
Seine Hypothese zu den anatolischen Luwiern als Bindeglied zwischen Mykenern und Hethitern erläuterte Zangger letztes Jahr auf einer Fachtagung, was in einer kleinen Publikation zusammengefasst wurde.
Die Luwier: Bindeglied zwischen Mykenern und Hethitern | Serdal Mutlu and Eberhard Zangger - Academia.edu
Man mag ja zu Eberhard Zangger stehen wie man will. Auf jeden Fall aber gibt seine Hypothese einen neuen Anstoß, sich mit den bislang vernachlässigten anatolischen Luwiern und ihren Kleinstaaten in Westkleinasien zu beschäftigen.