Als Hauptargumente, für die sogenannte Rheinland-Hypothese, gilt die jiddische Sprache. Ihre enge Verwandtschaft mit der deutschen Sprache gilt als Beweis dafür, dass die Juden Osteuropas aus dem Rheinland stammen.
Nachdem
Arthur Koestlers Hypothese noch immer die Gemüter bewegt, habe ich sein Buch "
Der dreizehnte Stamm" antiquarisch erworben, was mich allerdings 34 Euro kostete - darunter kann man es nicht mehr bekommen.
Koestler postuliert eine Abstammung der Ostjuden in Polen und Russland von den türkischen Chasaren. Wie ich oben schon sagte, nahm das halbnomadische Turkvolk der Chasaren etwa um 800 den jüdischen Glauben an. Das geschah laut entsprechender Quellen aus taktischen Gründen, da die Chasarenkagane gegenüber dem christlichen Byzanz und dem muslimischen Kalifat ihre Eigenständigkeit bewahren und keinen Missionsversuchen ausgesetzt sein wollten. Ende des 10. Jh. ging das südrussische Chasarenreich durch einen Kriegszug der Waräger/Rus unter.
Koestler behauptet nun, dass die Chasaren in großer Zahl nach Norden migrierten und künftig den Kern der osteuropäischen Aschkenasim bildeten. Nach seiner Meinung waren die Juden im Rheinland eine kleine Minderheit, die niemals die große Masse von Ostjuden hätte bilden können.
Problematisch bleibt bei dieser Beweiskette, wie die jiddische Sprache der Ostjuden zu erklären ist, die bekanntlich aus dem Mittelhochdeutschen hervorging und u.a. hebräische, aramäische und romanische Elemente enthält. Koestler erklärt das mit einem Taschenspielertrick: Er behauptet, dass die Deutschen, die im Zuge der Ostsiedlung Städte in Polen gründeten oder deutsches Stadtrecht dorthin verpflanzten (z.B. Lemberg, Krakau, Posen, Gnesen, Kulm), eine große wirtschaftliche und politische Bedeutung hatten. Deutsche Sprache im polnischen "Stedtl" sei demnach im Handel und anderen Bereichen wichtig gewesen und aus diesem Grund hätten die chasarischen Juden die Sprache aufgenommen und zum Jiddischen fortentwickelt.
Bei dieser Argumentation hakt es allerdings gewaltig, obwohl eine Migration vertriebener chasarischer Juden nicht ausgeschlossen ist.
Einen Brandsatz stellt die Hypothese von Koestler insofern dar, als die aschkenasische Masse heutiger Juden damit keine semitischen Wurzeln hätte, sondern türkisch-chasarische. Das hat vielen Antisemiten seither einen Grund geboten, den Anspruch der Juden auf Palästina zu bestreiiten.
Koestler ist im übrigen ein ungarisch-österreichischer Jude und verstarb 1983 in London.
Der dreizehnte Stamm ? Wikipedia