Zinnquellen in der Frühbronzezeit

Dieses Thema im Forum "Frühzeit des Menschen" wurde erstellt von Brahmenauer, 30. August 2010.

  1. Brahmenauer

    Brahmenauer Mitglied

    Mich würde interessieren, welche Informationen es hierzu gibt, die fundiert sind. Speziell der Bronzereichtum der Aunjetitzer Kultur im thüringisch- sachsen-anhaltinischen Bereich benötigt Zinnquellen.
     
  2. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Ergiebige Zinnquellen lagen in Cornwall, von dort stammt auch lt. Isotopenanalyse das verwendete Zinn der Himmelsscheibe von Nebra. Es gibt aber auch kleinere historische Zinnbergwerke in Sachsen und Böhmen. Da solche Untersuchungen aufwändig und teuer sind, zudem eine Materialentnahme erfordern, kann man nicht jede Bronzeklinge genau untersuchen. Solange man Bronze nur in geringen Mengen verwendete und keine Kolossalstatuen goss, wird man die genannten lokalen Quellen genutzt haben.
    Kassiterit ? Wikipedia
     
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  3. silesia

    silesia Moderator Mitarbeiter

  4. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

  5. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Berühmt und dir sicher bekannt sind die antiken Zinnminen auf Cornwall, die über Fernhändler schon die festländischen Schmiede Europas der Bronzezeit versorgt haben. Ebenso wird ein Zinnhandel von Cornwall über spanische Häfen (z.B. Gades) durchs Mittelmeer bis nach Ägypten angenommen, wobei karthagische Zwischenhändler eine wichtige Rolle spielten.
     
  6. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Zinnvorkommen gab es aber auch in Kleinasien.
     
  7. Ogrim

    Ogrim Aktives Mitglied

    Zinnseifen

    Hallo allerseits,

    sogenannte "Zinnseifen", also Reste von ehemals bestehenden Zinnvorkommen, finden sich auch in der Troas, dem Gebiet um den Hügel Hissarlik ("Troja"). Da man diese Vorkommen erst vor kurzer Zeit entdeckt hat im Zuge der umfangreichen Forschungen von Korfmann, besteht die Hoffnung/Erwartung, dass man bei genauerer Nachsuche auch an anderen Stellen solche ausgebeuteten Vorkommen entdecken kann.
    Tatsächlich ist es aber so, dass es bei der gewaltigen Menge an Bronze, die in dieser Zeit in Umlauf war, auch von einem regen Handelsverkehr und einer spezialisierten Gewinnungsindustrie ausgehen muss.
    In der Antike berühmt waren grundsätzlich die "Zinninseln", also Englang. Hier muss wohl einer der Schwerpunkte des Abbaus gelegen haben.
     
  8. Brahmenauer

    Brahmenauer Mitglied

    Hallo an Alle,

    bis hierher herzlichen Dank - besonders an balticbirdy für seine ausgiebige Zusammenstellung. Trotzdem bleibt meine Frage noch offen, da Troas, Mittelasien, etc. mir für Handelsbeziehungen zu weit erscheint. Cornwall war mir bekannt, die Bretangne, unsere Mittelgebirge sowieso.
    Ist zu erwarten, daß die Aunjetitzer Kultur, welche unzweifelhaft eigene Formen hervorgebracht hat, auf Zinn oder Bronze nur aus Fernhandelswegen angewiesen war oder hauptsächlich autark agierte? Aufgrund der massiven Bronze-Depotfunde neige ich eher zur autarken Bronzetechnologie. Die Bronzelegierung der Nebraer Himmelsscheibe ist mir aus dem Katalog zur Sonderausstellung insoweit bekannt, daß das Kupfer, vom Mitterberg/Salzburger Land stammen soll, wobei es dafür auch abweichende Meinungen dazu gibt. Das Gold einiger Applikationen auf der Scheibe soll aus Siebenbürgen/Rumänien stammen. Dass nach Isotopenanalysen Cornwall die Zinnquelle der Scheibe sein soll, habe ich so noch nicht gelesen. außerdem ist die Himmelsscheibe um einiges jünger als die Aunjetitzer Kultur, wenn man den Datierungen Glauben schenkt.
     
  9. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Während Kupfervorkommen im Europa der Bronzezeit relativ häufig waren, waren Vorkommen von Zinn überaus selten. Das war ein zentraler Grund für die Intensivierung des Fernhandels, denn Bronze war eine begehrte Ware, sodass sich der Transport von Zinn auch über lange Distanzen lohnte. Man könnte sogar sagen, dass der Transport von Zinn zum Ausbau der Handelswege entscheidend beitrug, was noch zur Zeit des vorangegangenen Neolithikums nur in geringem Umfang notwendig war.

    Die ergiebigen Zinnminen im englischen Cornwall waren bereits während der frühen Bronzezeit in Betrieb und wurden seit etwa 1500 v. Chr. zur Hauptversorgungsquelle des Mittelmeerraums ("Zinninseln") und Mitteleuropas. Vermutlich wickelten die Phönizier, die mit ihren Schiffen die Straße von Gibraltar durchqueten und den Atlantik befuhren, den größten Teil des lukrativen Zinnhandels ab. Bedeutende Zinnvorkommen gab es ferner in Kleinasien, daneben kleine Vorkommen in SW-Frankreich und im Westen der Iberischen Halbinsel.

    Es gibt hierzu eine schöne Karte, die Rohstoffquellen und Handelswege im Europa der Bronzezeit zeigt: Großer Atlas zur Weltgeschichte, Seite 4, Karte (5): Rohstoffquellen und Handelsverbindungen in der Bronzezeit. Westermann Verlag.

     
  10. DerGeist

    DerGeist Neues Mitglied

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  11. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Interessant fand ich noch diese Nachricht, nach der das Zinn der Himmelsscheibe von Nebra aus Cornwall stammt:

    http://derstandard.at/1259281529732/Material-fuer-Himmelsscheibe-von-Nebra-stammt-aus-Cornwall
     
    Zuletzt bearbeitet: 31. August 2010
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  12. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Damit ist das entfernte Cornwall für mich erstmal vom Tisch. Aus wenn es damals noch keinen Zinnbergbau in Mitteleuropa gab - zu jener Zeit konnte man die Erzbrocken einfach aufsammeln und musste nicht schürfen.
     
  13. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    So weit würde ich nicht gehen, denn die Wahrscheinlichkeit liegt wohl bei Cornwall. Zudem gab es nach der mir vorliegenden Karte kaum Zinnvorkommen in Mitteleuropa, was ja der Grund dafür ist, dass man die beschwerliche Reise zu den berüchtigten "Zinninseln" auf sich nahm.

    Wie dem auch sei. Cornwall war in der Bronzezeit der wichtigste Zinnliferant für das gesamte Mittelmeer und wohl auch Mitteleuropa.
     
  14. Wilfried

    Wilfried Aktives Mitglied

    och nö, Kupfer und Zinnerze in NENNENSWERTEN Mengen liegen und lagen nicht so einfach in der Gegend rum. Und mir ist keine Lagerstätte dieser Erze bekannt, in der beide zusammen vorkommen.
     
  15. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Was sind denn nennenswerte Mengen? Für ein paar Bronzeklingen, die ohnehin sich nur der Siedlungs-Cheffe leisten konnte, benötigte man die nicht. Richtig ist, das Kupfer und Zinn nicht zusammen vorkommen, das habe ich aber auch nicht behauptet. Jeder Hobby-Mineraliensammler weiss, dass man die entsprechenden Erzbrocken noch heute mit Glück vereinzelt an der Oberfläche finden kann. Wieviel mehr muss früher da gelegen haben?

    Denk mal an Beispiele aus der Neuzeit. Die ersten Diamanten von Kimberley/Südafrika fanden Kinder als "hübsche Kiesel" - 20 Jahre später war dort ein Riesenloch in der Landschaft.
     
  16. Ogrim

    Ogrim Aktives Mitglied

    Lieber Balticbirdy,

    du hast da eine Art Denkfehler im Kopf.
    Der Handelsverkehr in Europa war bereits in der Jungsteinzeit sehr ausgeprägt. Das zeigen z.B. die Funde von Bernsteinperlen, die weit verbreitet sind und sich bis ins Zweistromland finden lassen. Die Herkunft kann nur die Ostsee sein, demnach MUSS der Handel bereits so früh so weit gegangen sein. Entfernungen stellen also in der Archäologie ein lösbares Problem dar.
    Ganz falsch ist die Einstellung "Für ein paar Bronzeklingen...". Ich glaube, du machst dir keine Vorstellungen davon, welche Mengen an Bronzen in europäischen Museen lagern. Wir müssen einen professionellen, ausgedehnten Zinnabbau annehmen. Und dieser lässt sich am Leichtesten für Cornwall wahrscheinlich machen. Das heisst nicht, dass es keine anderen Minen gegeben hätte, aber für einen umfangreichen Abbau fehlen sonst meist die Belege.
    Leider kenne ich die Minen in Böhmen nicht, das müsste man genauer recherchieren. Aber keinesfalls lag das Zinn "in Brocken" herum, man kann dieses Material nicht mit Diamanten vergleichen. Denk einfach immer daran, dass man große Massen gebraucht hat, um all diese Gegenstände herzustellen.
     
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  17. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Lieber Ogrim, man kann Erze aber auch nicht mit Bernstein vergleichen. Dass der (leichte) baltische Bernstein schon in sehr früher Zeit quer durch Europa gehandelt wurde, ok. Ich will auch keineswegs die damaligen Handelsbeziehungen negieren oder kleinreden.

    Aber "große Massen" Erze oder Metallrohlinge in der frühen Bronzezeit? Es gab kein ausgebautes Wegenetz und vermutlich auch keine Tragtiere. Also warum Zinn aus Cornwall oder gar aus Kleinasien, wo es doch andere Quellen quasi vor der Haustür gab.

    Nebenbei, in Mansfeld/Südharz wurde noch im 20. Jh. Kupfer abgebaut. All diese Kupfer- und Zinnbergwerke entstanden irgendwann einmal, indem man den begrenzten Erzadern an der Oberfläche (Nun ratet mal, wann das wohl der Fall war.) in die Tiefe folgte. Auch die Ruhrkohle lag noch in der Neuzeit stellenweise offen herum - und wie tief sind die Schächte heute?
     
  18. DerGeist

    DerGeist Neues Mitglied

    Auf jeden Fall eine beträchtlich Menge, ich beziehe mich mal auf Süddeutschland.

    In der frühen Bronzezeit wurden große Menge an Bronzen als sog. Hortfunde in den Boden gebracht. Es handelte sich hauptsächlich um Barrenringe, Ringbarren u. Spangenbarren.

    Die Arbeit von Stein und Lennarz sind sehr gut zum Einstieg. Alleine Lennarz hat 1020 Barrenringe aus Süddeutschland erfasst. Die genaue Anzahl der anderen Barren müsste ich mühsam nachschlagen.
    Außer den Barren sind noch weitere Objekte in den Hortfunden vertreten. Außerdem sollte man auch die Beigaben der Gräber nicht außer acht lassen.
    Nimmt man dies nun alles zusammen, und behält im Hinterkopf, dass wir nur noch einen Bruchteil dessen was in den Boden gelangt ist, auch finden, so ist alleine für Süddeutschland eine beträchtliche Menge an Bronze im Umlauf gewesen.

    Es gibt einige Literatur dazu:

    • [FONT=Verdana, sans-serif]Stein, Frauke:
      Bronzezeitliche Hortfunde in Süddeutschland, Beitr. zur Interpretation einer Quellengattung. Saarbrücker Beitr. Altertumskunde 23 (1976).
      [/FONT]
    • [FONT=Verdana, sans-serif]Menke, Manfred:[/FONT]
      [FONT=Verdana, sans-serif]Studien zu den frühbronzezeitlichen Metalldepots Bayerns. Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 19/20, 1978/79 ( 1982).[/FONT]
    • Krause, Rüdiger: Zur Entwicklung der frühbronzezeitlichen Metallurgie nördlich
      der Alpen. In (Hrsg. B. Hänsel): Mensch und Umwelt in der Bronzezeit Europas.(Kiel, 1998). S.163-192.
    • Krause, Rüdiger: Studien zur kupfer- und frühbronzezeitlichen Metallurgie zwischen Karpartenbecken und Ostsee. Vorgeschichtliche Forschungen 24.(Rhaden/Westfl., 2003).
    • Lennarz de-Wilde, Prämonetäre Zahlungsmittel in der Kupfer- und Bronzezeit
      Majolie: Mitteleuropas. In: Fundberichte Baden-Württemberg 20.
      (Stuttgart, 1995). S. 229-327.
     
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  19. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Vielen Dank für die Berichtigung, lieber @Geist. Auch wenn die Bronzezeit viele Jahrhunderte dauerte, es scheint doch mehr im Umlauf gewesen zu sein, als ich vermutete.
     
  20. Wilfried

    Wilfried Aktives Mitglied

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    Nun, für "ein paar Bronzeklingen" lohnt der Aufwand nicht. Erstmal muß man wissen, wie das Erz zu rösten ist, anschließend aus dem Kupferstein das Kupfer erschmelzen, das gleiche für´s Zinn, dann beide im richtigen Verhältnis legieren und sauber abgießen. Da bleibt man dann wohl doch gern am Ort, wo´s das Kupfererz gibt ( Harz und andere deutsche Mittelgebirge) Und dabei ist man dann ganz schnell im Berg, so man eine ergiebige Ader gefunden hat. Ausser man verwendet " Seifenerz" , also am Bach ausgewaschenen Kupferkies, da spart man denn das zerkleinern.
     
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