Zur Lage von Hethis (Alt-Corvey)

Dieses Thema im Forum "Die Franken" wurde erstellt von Marcus Antonius, 14. September 2022.

  1. Marcus Antonius

    Marcus Antonius Mitglied

    [...] [gekürzt, da Kopie aus Die Etymologie von Idistaviso ]

    Als im Jahre 815, kurz nach der Unterwerfung der Sachsen, Mönche ein Kloster gründeten, taten sie dieses unweit der Weser, in einem als „Hethis“ bezeichneten Ort. Wo gründete man Kloster oder baute man Kirchen? Dort, wo auch vorher heilige Órte der Heiden bestanden, dann fiel die Umgewöhnung nicht so schwer.

    Nach 7 Jahren siedelten diese Mönche nach Corvey über, wohl wegen der Abgelegenheit oder Unwirtlichkeit des Ortes Hethis. Was uns von Hethis bleibt, ist der Name. Dieser muss einen Sinn gehabt haben, der uns heute nicht bekannt ist. Das Kloster wurde dann später (Uni Göttingen, Autor fällt mir gerade nicht ein) in der Nähe von Neuhaus im Solling lokalisiert, nahe der Ahlequelle. Der Ort bietet neben einem Thingplatz auf einem Berg 1,5 km südlich auch einen besonderen Stein (Bredenstein- interessante Veröffentlichung hierzu im Internet Friedrich Berger „Der Bredenstein im Solling“) .

    In der zweiten Lautverschiebung wurde laut Wiki aus einem D ein T. Daher halte ich die Namen für identisch, es würde sich also bei Idistaviso um die Wiese(n) bei (später) Hethis handeln.

    Der Solling war zur römischen Kaiserzeit unbesiedelt oder schwach besiedelt, dennoch solll eine Heerstraße aus Drususzeiten hindurchgeführt haben. Er soll die Südgrenze zwischen Angrivariern und Cherusker gewesen sein (siehe Friedrich Berger).

    [...]
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 18. September 2022
  2. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    [...][Beitrag gekürzt, da kopiert (s.o.)]

    Eine bekannte Gleichung. Aktuell läuft ein Thread, der zeigt, dass diese Gleichung doch nicht so einfach ist.

    Das schöne an solchen Orten, die man nicht kennt ist, dass man sie quasi überall verorten kann.

    Die einzige Quelle, die Hethis (in einer HS wohl auch Hechi) erwähnt, ist die Translatio Sancti Viti, darin wird der Ort als aridus (‚trocken‘) qualifiziert. Das ist so ziemlich alles, was wir über diesen Ort erfahren. Und dass er mehr als eine Tagesreise von Höxter entfernt war
    Wir wissen also nicht wo Hethis - oder hieß es Hechi? - wirklich lag.
    Es war im Übrigen Georg Heinrich Wertz, der Hethis oder Hechi im Solling verortete (1829).

    Kommt der Solling für Idistaviso in Frage?
    Der Solling liegt schon ziemlich weit südlich. Zur Beschreibung der Örtlichkeit passt tatsächlich am ehesten die Region um Rinteln/Porta Westfalica.
     
    Zuletzt bearbeitet: 18. September 2022
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  3. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Kirchen baute man in Siedlungszentren, Klöster im Gegensatz dazu oft an abgeschiedenen Orten.

    ... wurden verhältnismäßig selten Kirchen gebaut.
    Der Thread, den @El Quijote meint, ist dieser: (Dis)Kontinuität von Kultstätten

    Der Sinn des Namens ist nach Ansicht der Ortsnamenexpertin Birgit Meineke problemlos entschlüsselbar; damit ist auch eine plausible Lokalisierung möglich, und zwar in Heiden:

    "simplex, das in älteren sicheren Belegen wie Heden als Form des lokativischen Dat. Sg. oder Pl. zu bestimmen ist und zu as. hēđa, heiđa f., mnd. hēide, ahd. heida ‘Heide’ gehört (vgl. GW-Verzeichnis). Formal entspricht Heden genau der zu 815 (A. 12. Jh.) überlieferten Form Hethis der Translatio Sancti Viti, die auch als lat. Dat.-Pl.-Form mit lokativischer Funktion zu bestimmen ist und nicht, wie Honselmann, Initia S. 6f. angenommen hatte, als „Falschlesung des im frühen 9. Jahrhundert üblichen nach oben offenen a als cc“ aufgefaßt werden muß. Lat. Pluralformen auf is sind in lat. Kontext z.B. auch für → Lage und → Talle bezeugt. Der Nom. Sg. Hetha des Corveyer Catalogus Abbatum (Krüger, Gründungsberichte s. 11f. mit weiteren Angaben) zum Jahr 822 (A. 12. Jh.) entspricht as. Nom. Sg."​

    https://core.ac.uk/download/141739864.pdf[/QUOTE]
     
    Zuletzt bearbeitet: 14. September 2022
  4. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Interessant ist diese Argumentation Bonn Helmut Wiesemeyer, in Westfälische Zeitschrift 112, 1952, S. 245 - 274:

    Unser Translatio-Autor berichtet nun von der Errichtung von Klosteranlagen auf den Theodrad-Besitzungen, und zwar an einem Orte, der Hethis genannt wird. Da in der Translatio S. Viti jede genauere geographische Fixierung hierzu fehlt, stellt sich uns die Frage, bis zu welchem Grade der genannte Ort Hethis (Hethi usw.) noch lokalisiert werden kann. 1819 hat Paul Wigand in seiner Darstellung der mittelalterlichen Geschichte Corveys die von dem um 1600 schreibenden Chronisten Johannes Letzner, evangelischem Pfarrer zu Hardeggen im Solling, vermittelte Nachricht übernommen, daß Hethis in unmittelbarer Nähe des heutigen Dorfes (und Luftkurortes) Neuhaus, östlich von Höxter mitten im Solling-Wald an der östlichen Grenze des niedersächsischen Landkreises Holzminden gelegen, zu suchen ist. So gilt allgemein Neuhaus im Solling als Ort der ersten Corbie-Corveyer Klostergründung. Da Letzner in seinen geschichtlichen Darstellungen mit Fälschungen arbeitete und er infolgedessen allgemein als unzuverlässig gilt, hat es nicht an Versuchen gefehlt, die Hethis-Neuhaus-Lokalisierung zu widerlegen'". Wir wissen heute nicht mehr, ob Letzner seine Lokalisierung Hethis' in Neuhaus im Solling tatsächlich auf schriftliche oder mündliche Klostertradition oder auf sonstige, uns nicht mehr bekannte Quellen gegründet hat, und seine Mitteilungen über noch vorhandene Mauerreste und einige noch auf klösterliche Verhältnisse hinweisenden Flurnamen in Neuhaus haben sich als unbegründet erwiesen. Andererseits besteht kein Anlaß, die Hethis-Neuhaus-Lokalisierung nur deshalb zu verwerfen, weil ein Letzner sie überliefert. Auch bietet die physikalisch-geographische und die spätere siedlungsgeographische Situation des Ortes Neuhaus und seiner Umgebung keinerlei Gegensatz zu den Angaben der Translatio S. Vitia. In jüngster Zeit [1957, Anmerkung EQ] hat der emeritierte Althistoriker der Universität Göttingen, Professor Dr. Kahrstedt, das Hethis-Problem um wertvolle Gesichtspunkte bereichert. Während man bisher - nach Letzner - eine Stelle westlich der Anhöhe des Moosberges, und zwar nordöstlich von Neuhaus zwischen der Straße nach Silberborn - DasseI und dem Holzminde-Bach als Klosterplatz annahm, ist letzterer nach Kahrstedts Theorie weiter nordöstlich zu suchen, und zwar zwischen dem Dorf Silberborn und dem Nordwestende des östlich von Silberborn gelegenen Torfmoores (und südlich des sogenannten "Roten Wassers!"). Doch bedarf noch vieles der Klärung. Begnügen wir uns hier mit der Feststellung, daß man nicht ohne einen schlüssigen Gegenbeweis berechtigt ist, an der Annahme von Hethis in Neuhaus (vielleicht mit der von Kahrstedt vorgenommenen Modifizierung bei dem in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Dorf Silberborn) im Solling-Wald zu zweifeln.
    Halten wir das noch mal fest! Wiesemeyer sagt, dass
    • die Verortung von Hethis nicht möglich sei, da der Ort „geographisch nicht fixiert“ ist
    • die Verortung von Hethis im Solling auf einen als Geschichtsfälscher bekannten lokalen Autor zurückgeht
    Trotzdem weist er Zweifel an der Verortung „ohne schlüssigen Gegenbeweis zurück“. Ich würde das für Beweislastumkehr halten.
     
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  5. vindus

    vindus Aktives Mitglied

    TH zu D passt auch hier wieder.
     
  6. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Das -th- wäre hier als Wiedergabe des altsächsischen -đ- zu lesen.
     
  7. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

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  8. vindus

    vindus Aktives Mitglied

    Ist das nicht genau das was ich schrieb?
     
  9. Carolus

    Carolus Aktives Mitglied

    Wie soll das denn wo passen?

    In dem germanischen Ortsnamen mag ein th-Laut vorhanden gewesen oder auch nicht. Das wissen wir halt nicht. Angenommen, es wäre irgendwo einer vorhanden gewesen, wie hätte ein Lateinischsprachler diesen vermutlich transkribiert? Da das Lateinische diesen Laut nicht hatte, wird man wohl an der Stelle einen ähnlichen Laut eingesetzt haben. Ich vermute einen S-Laut.

    Möglicherweise ist das s in Idistavisio dieser th-Laut gewesen: Idithtavisio

    Aber wie ich oben schon mit Verweis auf den Beitrag von Ravenik geschrieben habe, ist das ursprüngliche Wort sehr unsicher.
     
    Zuletzt bearbeitet: 15. September 2022
  10. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Thusnelda
    Thumelicus (Däumling?)
    theatrum
    Athena

    Die ollen Römer schrieben das griechische θ -th-, und vermutlich das gleichlautende germanische þ genauso.
     
  11. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ich weiß nicht, ob ich Dich richtig verstanden habe. Was meinst Du mit "wieder"?

    Der Mars Thingsus würde mir noch einfallen.
    Andererseits wurde das th auch oft mit einfachem T geschrieben, man denke an die Teutones oder den Saltus Teutoburgiensis.

    Ähnliches ist bei der Wiedergabe des germanischen h (im Unterschied zum heutigen deutschen h ein velarer Frikativ, wie das ch in Krach) zu beobachten; der Stammesname der Chauchen wird von den Römern mal Chauci, mal Cauchi und mal Cauci geschrieben.

    Falls die Römer auf den germanischen Vorgängernamen des mittelalterlichen Hethis (*haiþī) gestoßen wären, wäre mit der Wiedergabe *Chaethi-, aber eventuell auch *Caethi-, *Chaeti- oder *Caeti- zu rechnen. Ein *Idi(sta) wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 15. September 2022
  12. Heine

    Heine Aktives Mitglied

    Wobei die lateinische Transkription die ursprüngliche Aussprache des griechischen Buchstaben theta (Θ, θ) als aspiriertes t widerspiegelt.

    Th (digraph) - Wikipedia
     
  13. Carolus

    Carolus Aktives Mitglied

    Allerdings wurde θ im Altgriechischen (anders als im Neugriechischen) nicht wie das englische th (that) ausgesprochen. Wenn ich das im Artikel richtig verstehe, dann eher wie ein t gefolgt von einem gehauchten h.

    Theta – Wikipedia .

    Guter Einwand, aber könnte das auch auf eine germanische Aussprache wie Teehusnelda bzw. Teehumelicus hindeuten?

    Das ist ein guter Punkt. Dabei setzt man allerdings voraus, dass in Thingsus das th wie im heutigen englischen thing ausgeprochen wird.

    Das mit Teutones bzw. Teutoburgiensis finde ich nicht ganz so überzeugend. Es mag ja neben dem th auch noch t im Anlaut vorgekommen sein.
     
  14. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    hieß wohl die Betreiberin einer ostfriesischen Teestube.
     
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  15. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Man geht ja auch davon aus, dass der Name mit dem Thing (englisch: thing, deutsch nach regelmäßiger Lautverschiebung Ding etymologisch zusammenhängt)

    Was schlägst Du dann für eine Etymologie für die Teuto-Namen vor? Hängen die nicht mit den später bezeugten Namen Theodo, Theoderich (deutsch: Dietrich) usw. zusammen? Mit welcher auch nur halbwegs überzeugenden Begründung ließe sich die Annahme eines ein *t- statt *þ- rechtfertigen?
     
  16. Carolus

    Carolus Aktives Mitglied

    Das wollte ich auch nicht in Zweifel ziehen. Die th-Aussprache erscheint eine sinnvolle Annahme zu sein.

    Gutes Argument! An die Verbindung mit Theoderich (dann wohl auch mit "th"-Aussprache) habe ich nicht gedacht. Falls dann Teutonen oder der Teutoburger Wald damit zusammenhängen, ist die th-Aussprache vorstellbar.


    Die Lautverschiebung von th zu d fand erst relativ spät (9. /10. Jhdt.) statt. Wenn ich das im Wiki-Artikel richtig verstehe, wurde der noch gesprochene th-Laut im Althochdeutschen (oder auch im Altniederdeutschen) mit th geschrieben. Also es gab im Gegensatz zum Altenglischen (?) oder skandinavischen Sprachen keinen dafür geschaffenen Buchstaben.

    :D
     
  17. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Wenn du in deinen Schriftsystem kein Graphem hast, um einen Laut darzustellen, dann musst du dafür eine Lösung finden. Sei es nun, dass du ein neues Graphem einführst, sei es, dass du mit den zur Verfügung stehenden Graphemen etwas machst.

    Die Teutonen kommen eigentlich in allen Quellen mit t- vor, nie mit th- oder θ-, siehe Ptolemaios‘ Τεύτονες und Τευτόόαροι, Teutonen und Teutovarier.
    Man kann natürlich annehmen, dass Ptolemaios nur lateinische Quellen zur Verfügung standen.

    Auch Plinius‘ Überlegungen zum Bernstein kommen die Teutonen vor, er bezieht sich dabei auf griechische Quellen (hier Pytheas):

    Sotacus credidit in brittannia petris effluere, quas electridas vocavit, pytheas guionibus, germaniae genti, accoli aestuarium oceani metuonidis nomine spatio stadiorum sex milium; ab hoc diei navigatione abesse insulam abalum; illo per ver fluctibus advehi et esse concreti maris purgamentum; incolas proligno ad ignem uti eo proximisque teutonis vendere.
     
  18. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    Beim Teutates! Die Teehusnelda hat mir irgendwas in den Tee geschüttet, dass mir die Teutonen samt Teutobod wie Gallier vorkommen :D

    ((kleiner flacher Jux zu Teutonen – Wikipedia
    ))
     
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  19. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Der Jux ist gar nicht mal so flach, denn ich halte in der Tat eine interpretatio gallica nicht für ausgeschlossen, ähnlich wie beim Namen Catualda (*Haþuwalda):

     
  20. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    eine Interpretation gallica wird auch beim Namen Baduhenna diskutiert/vorgeschlagen - der "flache" Jux ist das Asterix-Obelix Zitat :)
     

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