Hallo Gisone,
bei meiner Ansicht beziehe ich mich auf eine Stelle in Willibalds "Leben des Bonifatius", wo er ein sehr differenziertes Bild zur Religion der Althessen entwirft.
Jo, aber dann müssen wir vorne anfangen:
721:
Er begab sich dann sogleich auf den Weg und gelangte endlich an einen Ort, den man Amöneburg nannte, [...]. Als er dem Herrn in Friesland eine große Menge Volks erworben hatte und viele, durch seinen geistlichen Unterricht belehrt, durch das Aufleuchten der Strahlen des wahren Lichtes zur Kenntnis der Wahrheit gekommen waren, da begab er sich der Predigt wegen unter Gottes väterlichem Schutz nach anderen Ländern Germaniens, erreichte mit Gottes Hilfe den oben genannten Ort, dem zwei Zwillingsbrüder namens Dettic und Deorulf vorstanden, und rief sie zurück von der schändlichen Verehrung der Götzenbilder, der sie, einen Rest von des Christentums Namen sehr mißbrauchend, anhingen; auch zog er eine große Menge des Volks, nachdem er ihnen den richtigen Weg der Erkenntnis eröffnet und sie ihren schrecklichen Irrtum abgelegt hatten, vom sündhaften Aberglauben des Heidentums ab und errichtete, nachdem er eine Schar von Gottesknechten gesammelt hatte, ein Klösterlein. Ebenso befreite er an den Grenzen der Sachsen das Volk der Hessen, das bis dahin noch im Irrtum heidnischer Gebräuche befangen war, aus der Gefangenschaft der bösen Geister durch Verkündigung der evangelischen Botschaft.
Zwei Namen, Dettic und Deorulf, werden hier genannt und eine große Menge des Volkes. Hier kann man davon ausgehen das hiermit die unmittelbare Umgebung von der Amöneburg angesprochen wird. Wo ist aber die Grenze zu Sachsen anzusetzen? Meiner Meinung nach Richtung Kassel und nicht Richtung Grenze zu Thüringen. Nicht zu vergessen das Klösterlein.
723:
Er [Bonifatius] aber durchwanderte auf weiten Umwegen die Gebiete vieler Völker und kam zuletzt zu dem genannten Fürsten der Franken, von dem er ehrerbietig aufgenommen wurde. Und nachdem er dem Herzog Karl den Brief des genannten römischen Bischofs und des apostolischen Stuhls [493/495] überbracht hatte, wurde er vom Fürsten in Huld und Schutz genommen und kehrte mit Erlaubnis des Herzogs Karl zu den schon früher besuchten Gefilden der Hessen zurück.
Damals aber empfingen viele Hessen, die den katholischen Glauben angenommen und durch die siebenfältige Gnade des Geistes gestärkt waren, die Handauflegung; andere aber, deren Geist noch nicht erstarkt, verweigerten des reinen Glaubens unverletzbare Wahrheiten zu empfangen; einige auch opferten heimlich Bäumen und Quellen, andere taten dies ganz offen; einige wiederum betrieben teils offen, teils im geheimen Seherei und Wahrsagerei, Losdeuten und Zauberwahn; andere dagegen befaßten sich mit Amuletten und Zeichendeuterei und pflegten die verschiedendsten Opfergebräuche, andere dagegen, die schon gesunderen Sinnes waren und allem heidnischen Götzendienst entsagt hatten, taten nichts von alledem. Mit deren Rat und Hilfe unternahm er es, eine ungeheure Eiche, die mit ihrem alten heidnischen Namen die Jupitereiche genannt wurde, in einem Orte, der Geismar hieß, im Beisein der ihn umgebenden Knechte Gottes zu fällen. Als er nun in der Zuversicht seines standhaften Geistes den Baum zu fällen begonnen hatte, verwünschte ihn die große Menge der anwesenden Heiden als einen Feind ihrer Götter lebhaft in ihrem Innern. Als er jedoch nur ein wenig den Baum angehauen hatte, wurde sofort die gewaltige Masse der Eiche von höheren göttlichen Wehen geschüttelt und stürzte mit gebrochener Krone zur Erde, und wie durch höheren Winkes Kraft barst sie sofort in vier Teile, und vier ungeheuer große Strünke von gleicher Länge stellten sich, ohne daß die umstehenden Brüder etwas dazu durch Mitarbeit getan, dem Auge dar. Als dies die vorher fluchenden Heiden gesehen, wurden sie umgewandelt, ließen von ihrem früheren Lästern ab, priesen Gott und glaubten an ihn. Darauf aber erbaute der hochheilige Bischof, nachdem er sich mit den Brüdern beraten, aus dem Holzwerk dieses Baumes ein Bethaus und weihte es zu Ehren des heiligen Apostels Petrus <1>.
Hier fängt die Geschichte wieder von vorne an:
Viele Hessen, den katholischen Glauben und die Wunderfällung, diesmal mit Unterstützung der fränkischen Herrschaft. Natürlich auch der Bau eines Kirchleins.
731:
Und so geschah es, daß der Ruf seiner Predigt ruchbar wurde und so sehr wuchs, daß sein Name schon im größten Teile Europas widerhallte und zu ihm aus den Landen Brittaniens eine große Anzahl Knechte Gottes, Lehrer und Schreiber, sowie Männer, die auch in verschiedenen anderen Künsten geübt waren, zusammenströmten. Von diesen ordneten sich nun sehr viele seiner Leitung als Mönche unter und riefen an vielen Orten das Volk von den unheiligen Abwegen des Heidentums zurück, andere [497/499] wiederum predigten im Lande der Hessen, andere auch in Thüringen weit und breit unter dem Volk zerstreut in Gauen und Dörfern das Wort des Herrn.
Als nun bereits von beiden Völkern eine große Menge die Sakramente des Glaubens empfangen hatte und viele Tausend Menschen getauft waren, sandte er, als der Papst des apostolischen Stuhles Gregor der Zweite seligen Angedenkens verschieden war [1] und der ruhmreiche jüngere Gregor den Hochsitz des apostolischen Stuhles einnahm [2], wiederum seine Boten nach Rom, die den Bischof des apostolischen Stuhles begrüßten [...]
Darauf erteilte ihnen der heiligen Bischof des apostolischen Stuhles sofort eine gnädige Antwort und beschenkte den heiligen Bonifatius sowohl wie auch seine Untergebenen mit der engen Gemeinschaft und Freundschaft des apostolischen Stuhles, ja er verlieh ihm das erzbischöfliche Pallium und schickte die Gesandten damit und mit Geschenken und verschiedenen Reliquien der Heiligen ehrenvoll in die Heimat zurück.
Als aber die Boten heimkehrten und die bereitwilligen Antworten des apostolischen Mannes überbrachten, da wünschte er sich Glück, daß er so durch Beistimmung des apostolischen Stuhles in seiner Schwachheit unterstützt sei, und erbaute, von dem Beistand der göttlichen Gnade begeistert, dem Herrn zwei Kirchen, eine in Frideslare [3], die er dem heiligen Petrus dem Apostelfürsten weihte, und die andere in Hamanaburch [4] zu Ehren des heiligen Erzengels Michael. Auch fügte er zwei Klösterlein den beiden Kirchen hinzu und versammelte in ihnen eine nicht geringe Anzahl von Dienern des Herrn, so daß bis zum heutigen Tage dort dem Herrn Gott Ruhm und Preis und Danksagung in Demut dargebracht wird.
Erst hier in 731 kann man von einer flächendeckenden Missionierung von Hessen/Thüringen sprechen, alleine oder mit einigen Getreuen war es nicht möglich die gesamte Fläche dauerhaft dem christlichen Glauben zuzuführen.
Nur mit dem Ausbau einer Kirchenstruktur und intensiver Missionierung war es möglich das Christentum als den wahren Glauben in Hessen und Thüringen zu festigen.
Was mich hier ein wenig stört ist das zweite Klösterlein in Amöneburg und die zweite Kirche in Fritzlar. Ist nach seinem Weggang von der Amöneburg 721, das Klösterlein dort wieder untergegangen? Genau so die Kirche aus der Eiche bei Fritzlar?
Meiner Meinung nach ist nur ab den Zeitraum nach 731 von einer flächendeckende Christianisierung von Hessen und Thüringen auszugehen.
Maglor:
Die Region war also um 600 deutlich bereits oberflächlich christlich und heidnische Riten wurden wenn überhaupt nur geheim praktiziert.
Ein Beleg für eine weitgehende Christianisierung vor Bonifatius ist das sicherlich, sie fällt jedoch bereits in die Zeit fränkischer Herrschaft.
Dem kann ich nicht zustimmen, heidnische Riten wurden immer noch öffentlich praktiziert.
En hesse