Augustus ein "Gutmensch"?

Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß er nicht ganz so sparsam gewesen wäre und 1 Milliärdchen dann doch für die Eroberung Germaniens aufgewendet hätte. Neben dem fast permanenten Haushaltsdefizit ist für mich die Aufgabe der Expansionspolitik eine der hauptursächlichen Komplexe im Gesamtmodell für den späteren Untergang des Reiches.
das führt natürlich weg vom Thema Augustus...

...ist aber ein interessanter Denkanstoß! Volkswirtschaftlich allerdings scheint mir eine permanente Expansion kaum zu stemmen zu sein, besonders dann nicht, wenn sich zunehmend mächtigere und militärisch ernstzunehmende Gegner dieser Expansion entgegenstellen :winke:
 
das führt natürlich weg vom Thema Augustus...

...ist aber ein interessanter Denkanstoß! Volkswirtschaftlich allerdings scheint mir eine permanente Expansion kaum zu stemmen zu sein, besonders dann nicht, wenn sich zunehmend mächtigere und militärisch ernstzunehmende Gegner dieser Expansion entgegenstellen :winke:

Naja, die Germanen (oder besser gesagt einzelne Stämme) waren sicher nicht mächtiger als die Staaten am Mittelmeer.
 
Mächtiger wohl nicht, aber auch nicht so einfach zu bekriegen. Und das scheint Tiberius erkannt zu haben, als er die Offensive gegen Germanien beendete.
 
Naja, die Germanen (oder besser gesagt einzelne Stämme) waren sicher nicht mächtiger als die Staaten am Mittelmeer.
naja, die Grenze des römischen Reichs war ein bissel länger... die Germanen waren nun wirklich nicht die einzigen Gegner :winke: und recht mächtige Gegner befanden sich jenseits des schwarzen und des Mittelmeers

zur römischen Kaiserzeit zeigte sich, dass der Antoniuswall, die agri decumates und Gebiete östlich der Donau nicht zu halten waren

...wie auch immer: das führt uns weg von Augustus
 
Ok, zurück zum Thema... :D

Also ich finde den Beitrag ganz am Anfang, den langen Text, nicht grundsätzlich falsch.

Ich find die Aussage, dass er den Frieden "erschaffen" hat, ziemlich naiv. Also den "äußeren Frieden" lass ich mal weg, aber zum "inneren" kann ich mal bisschen was schreiben, was ich dazu so denke.

Erstmal hat er sich, wie viele andere, an Bürgerkriegen beteiligt bzw. auch welche verursacht, was er auch in den Res Gestae nicht wirklich verschweigt. Also die Historiker haben immer ein Problem mit dem Krieg gegen Antonius und Kleopatra und manche meinen, er habe gegen Antonius Krieg geführt und das in das Gewand eines Krieges gegen auswärtige Gegner (Kleopatra) gekleidet. Die "Angst vor Alexandria als neue Hauptstadt" als Propagandamittel spielt da auch eine wichtige Rolle, wie es scheint. ;) Aber letztendlich sagt er auch nicht direkt, dass es KEIN Bürgerkrieg war. Erstens argumentiert er, wie man halt argumentiert, wenn man einen Bürgerkrieg rechtfertigen will: Antonius hat dem römischen Volk geschadet, indem er sich mit Kleopatra verbündet hat, Brutus und Cassius mussten wegen persönlicher Rache sterben, Sex. Pompeius war gar kein Römer, sondern ein "Pirat" etc...
Und dann basiert ein Großteil seiner Machtstellung nach den Bürgerkriegen aber darauf, dass ER die Bürgerkriege beendet hat. Da kann er sie nicht wirklich leugnen. Er kann sich nur im Nachhinein als der hinstellen, der sie beendet hat (was so ist, wenn faktisch 40 Jahre Frieden herrschte nach 100 Jahren Bürgerkrieg).
Dadurch, dass das Triumvirat mit all den Grausamkeiten schon von Anfang an darauf angelegt war, dass das Ziel die Beendigung der Bürgerkriege ist und er das errecht hat, kann er selbst die Grausamkeiten hinterher ganz gut erklären. Ich finde es gar nicht merkwürdig, dass ihm das so geglaubt wurde und dass er dafür noch mit Ehren überschüttet wurde. Aber letztendlich bleiben es Grausamkeiten und Bürgerkriege und hätte er nicht über alle anderen triumphiert und hätte nicht dermaßen stringent darauf rumgehackt, wie toll das doch ist, wäre alles anders verlaufen.
 
Was wäre denn mit diesem Wunsch verbunden gewesen?

Das hatte ich bereits gesagt:

Neben dem fast permanenten Haushaltsdefizit ist für mich die Aufgabe der Expansionspolitik eine der hauptursächlichen Komplexe im Gesamtmodell für den späteren Untergang des Reiches.

Die sehr vorsichtig formulierte Spekulation von Demandt in "Ungeschehene Geschichte", S 98 ff. ("Was wäre wenn Arminius verloren hätte?") hat was.
Auch wenn mir klar ist, daß eine Grenze Elbe-Donau noch keine hinreichende Grenzverkürzung gewesen wäre und andere Probleme hätte aufwerfen können. Dennoch sehe ich eine Chance, daß die folgenden äusseren Bedrohungen Roms mit einer weiteren Expansion reduziert worden wären. Diese standen allerdings in enger Wechselwirkung mit den weit größeren inneren Problemen des römischen Prinzipats, im wesentlichen politische Legitimation, Rechtssicherheit, Gewaltenteilung, wirtschaftliche und gesellschaftliche Struktur, Budgetdefizit, Zentralismus ...
Von daher sind die Folgen einer Eroberung Germaniens nur schwer absehbar. Aber dennoch ein interessanter Gedanke, der schon viele Historiker beschäftigt hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Caesar beging jedoch einige Fehler bei seiner "Machtergreifung", die u. a. zu seiner Ermordung führten. U. a. ging er zu forsch vor und war auch allzuoft zu Nachsichtig mit seinen Rivalen, die clementia caesaris war ja sprichwörtlich.

Augustus, auch umgebunden von sehr fähigen Beratern, Maecenas und Agrippa wären hier nur zu nennen, vermieden diese Fehler. Gerade diese Leistung darf nicht überschätzt werden. Indem man immer mehr Macht faktisch bei einem einzelnen bündelte, aber gleichzeitig den Anschein bewahrte, die Republik existiere weiter, konnte man das Prinzipat soweit festigen, dass es schließlich nach seinem Tod, durch die Übernahme der Macht durch Tiberius, gefestigt wurde. Noch zu Lebzeiten des Augustus hätten viele Römer, so wären sie denn gefragt worden in welchem System sie lebten geantwortet: "In der Republik".
Naja, die Römer waren nicht naiv. Dass Augustus faktisch ein Alleinherrscher war, war auch seinen Zeitgenossen schon klar. Man lese nur zeitgenössische Dichter: So sehr sie Augustus auch verherrlichen - über einen König hätten sie nicht viel anders schreiben können. Aus den Gedichten von Ovid & Co. geht deutlich hervor, dass ihnen klar war, dass es Augustus war, der das Sagen hatte. Wenn ausnahmsweise einmal Konsuln oder sonstige wichtige Personen gerühmt werden, dann kaum ohne Hinweis, wem sie ihre Karriere zu verdanken haben, freilich panegyrisch überformt, also im Sinne von: "Wegen ihrer edlen Abstammung und ihrer großartigen früheren Leistungen wurden sie vom Princeps für würdig befunden ..." Auch die Geschichtsdarstellung des unter Tiberius schreibenden Velleius Paterculus geht in diese Richtung.
Dass die Römer trotzdem noch gesagt hätten, dass sie in einer "Republik" leben, ist klar und auch gar nicht so falsch. (Übrigens wäre das nicht nur unter Augustus so gewesen: Noch Gregor von Tours nannte das spätantike (Ost-)Römische Reich "res publica".) Schließlich waren Augustus und seine Nachfolger keine Monarchen im formellen Sinn, sondern im verfassungsmäßigen Gefüge nur mit weitreichenden Sondervollmachten ausgestattete Bürger. Dass dadurch die verfassungsmäßige Ordnung ausgehebelt wurde, machte das Reich noch nicht zur Monarchie im eigentlichen Sinn, zumal das Kaisertum nicht erblich war, sondern grundsätzlich jeder neue Kaiser seinen Herrschaftsanspruch selbst durchsetzen und absichern musste. Auch im 19. und 20. Jhdt. und teilweise noch heute gab es etliche Staaten, die von einem diktatorischen Präsidenten oder Generalsekretär einer Partei nach dem anderen regiert wurden und sich trotzdem "Republiken" nannten.

Übrigens ging Augustus gerade zu Beginn seiner Alleinherrschaft eher ruppig und in offenkundigem Widerspruch zu den traditionellen republikanischen Prinzipien vor, indem er Jahr für Jahr das Konsulat bekleidete. Erst allmählich ging er zu zurückhaltenderen Formen der Herrschaftsausübung über. Es gab auch mehrere Verschwörungen gegen ihn. Dass er nicht wie Caesar endete, würde ich also nicht darauf zurückführen, dass er grundsätzlich anders vorging. Zum einen hatte Augustus eben das Glück, dass die Verschwörungen gegen ihn rechtzeitig aufflogen, zum anderen auch, dass die Masse des Volkes, aber auch Teile der Oberschicht einfach all der Wirren und Bürgerkriege müde waren und daher eher bereit, einen Alleinherrscher zu akzeptieren, als das noch bei Caesar der Fall gewesen war. Die Caesar-Verschwörer hofften noch, dass sie nach seiner Ermordung wieder die traditionelle Republik in ihrem Sinne, also die Senatsoligarchie, herstellen könnten, aber zu Augustus' Zeiten hatte sich das als illusorisch erwiesen.
 
Attribute wie "Machtmensch und Diktator" sind unserer heutigen Zeit entlehnt und enstpsrechen nicht der Vorstellungswelt der Antike.
Teilweise schon. Es wurde - zumindest vom Establishment - wert darauf gelegt, dass sich Politiker im Rahmen der überkommenen Ordnung bewegten, sich in das System eingliederten und auch unterordneten. Das war nicht nur in Rom so, sondern auch in Griechenland. Von Magistraten wurde erwartet, dass sie ihr Amt in ordnungsmäßiger Weise erlangen und nach ihrer Amtszeit wieder brav in die zweite Reihe zurücktreten. (Das wurde natürlich insbesondere im Rom der späten Republik ein Problem: Ein erfolgreicher Prokonsul, der nach jahrelangen Feldzügen, in denen er über ganze Völker und auswärtige Könige bestimmt hatte, als Triumphator nach Rom zurückkehrte, sollte danach trotzdem wieder als einfacher Senator im Senat Platz nehmen. Dass es manchen schwer fiel, ihre eigene Karriere freiwillig selbst zu beenden, braucht da nicht zu verwundern.) "Machtmenschen" waren beim Establishment nicht gefragt (sogar Sulla hatte auch bei den Optimaten einen schlechten Nachruf), und beim Volk allenfalls dann, wenn sie es gegen die "da oben" schützten. Von Politikern wurde erwartet, dass sie im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung und in Übereinstimmung mit dem Senat agieren, Machtmenschen machten sich auch in den eigenen Reihen unbeliebt.
Bewundert wurden "Machtmenschen und Diktatoren" eher in neuerer Zeit, im antiken Schrifttum schnitten sie (außer natürlich in Schmeichelschriften von Zeitgenossen) als Zerstörer der Ordnung großteils schlecht ab.

Den Beinamen der Große erhielten erst zwei spätantike Kaiser, die von einer christlichen Historiographie auf diesen Sockel gehoben wurden, wobei Konstantin tatsächlich eine ähnliche Nachwirkung wie Augustus zuzubilligen ist, während Theodosius nur das Christentum zur Staatsreligion erhoben hat.
Allerdings stammt die erste (überlieferte) Bezeichnung von Konstantin als "groß" anscheinend von einem heidnischen Autor, einem gewissen Praxagoras.

Augustus bzw. Octavian hat in dieser Bürgerkriegssituation seinen cursus absolviert und wurde schließlich - teils als Erbe Caesars, teils durch eigenen Anteil - zu einem Protagonisten des Bürgerkrieges.
Seinen cursus hat Augustus eigentlich nie absolviert, er begann seine Ämterlaufbahn gleich mit dem (Suffekt-)Konsulat.

- Zweitens außenpolitische Bedrohungen durch z.B. die Karthager, Kimbern, Teutonen etc.. Da hatte man schlicht keine Gelegenheit, sich in Form von Bürgerkriegen mit sich selber zu beschäftigen
Das sehe ich andersherum. Die großen außenpolitischen Bedrohungen sorgten dafür, dass es notwendig wurde, Heere jahrelang unter Waffen zu halten und sie obendrein jahrelang unter demselben Feldherrn dienen zu lassen, wodurch eine Bindung zwischen Heer und Feldherr entstehen konnte. Solange Rom nur in Italien Kriege führte mit Heeren, die nur für ein paar Monate ausgehoben wurden und von einem der beiden Konsuln oder einem Dictator befehligt wurden, war dieses Problem gering. Als man aber in entfernteren Regionen gegen größere Gegner Krieg führen musste, erwies es sich als unpraktisch, jährlich den Feldherrn zu wechseln.
Dass aber außenpolitische Bedrohungen nicht dazu führten, dass man deswegen aufs Bürgerkriegen verzichtete, sah man während des 1. Mithridatischen Krieges, erst recht aber in der späteren Kaiserzeit, als sich diverse Kaiser untereinander schlugen, während die Germanen gemütlich durchs Reich marschierten.

Auch wenn mir klar ist, daß eine Grenze Elbe-Donau noch keine hinreichende Grenzverkürzung gewesen wäre und andere Probleme hätte aufwerfen können. Dennoch sehe ich eine Chance, daß die folgenden äusseren Bedrohungen Roms mit einer weiteren Expansion reduziert worden wären.
Mit jedem unterworfenen Feind handelte man sich aber neue Feinde ein - zumindest solange, bis man ans Meer stieß, was aber Richtung Osteuropa und Asien realistischerweise nicht möglich war.
Rom hatte schon in der Republik eine Politik der Vorfeldsicherung betrieben und versucht, echte oder potentielle Bedrohungen für sein Reichsgebiet auszuschalten, indem es angrenzende Gebiete unterwarf - bloß lauerten dahinter meist neue Bedrohungen und Konflikte, in die man hineingezogen wurde. Indem man sich z. B. im späten 3. Jhdt. v. Chr. an der Küste Illyriens festsetzte, um die illyrische Piraterie in der Adria zu beenden, wurde man in weiterer Folge nicht nur in weitere Konflikte mit den Illyrern des Binnenlandes verwickelt, sondern drang auch in die Interessensphäre Makedoniens ein und trieb es damit in die Arme Hannibals. Indem man die Gallier in Norditalien unterwarf, geriet man an die Ligurer und später an die Alpenvölker, die gelegentlich für Raubzüge einfielen, und nach deren Unterwerfung grenzte man an Germanien. Indem man unter Augustus u. a. zum Schutz der bereits vorhandenen Provinzen Moesien und Pannonien unterwarf, grenzte man an die Daker, und nach deren Unterwerfung hatte man eine nur schwer gegen die Germanen zu verteidigende Provinz.
Hätte man also die Germanen bis zur Weichsel unterworfen (wobei ich wie tela der Meinung bin, dass das ein höchst schwieriges Unterfangen gewesen wäre), hätte man es eben über kurz oder lang mit Reitervölkern und Slawen zu tun bekommen. Hätte man die Parther unterworfen, hätte man den Iran ständig gegen die Einfälle der Reitervölker aus Zentralasien verteidigen müssen.
Daher finde ich die Politik von Augustus und Tiberius, das Reich nur bis zu einigermaßen kontrollier- und verteidigbaren Grenzen auszudehnen und dort innezuhalten, schon sinnvoll. Das Konzept hat ja auch für einige Jahrhunderte ganz passabel funktioniert und hätte es vielleicht noch länger, wenn die römischen Kaiser nicht irgendwann wieder zur Selbstzerfleischung übergegangen wären.
 
Daher finde ich die Politik von Augustus und Tiberius, das Reich nur bis zu einigermaßen kontrollier- und verteidigbaren Grenzen auszudehnen und dort innezuhalten, schon sinnvoll. Das Konzept hat ja auch für einige Jahrhunderte ganz passabel funktioniert und hätte es vielleicht noch länger, wenn die römischen Kaiser nicht irgendwann wieder zur Selbstzerfleischung übergegangen wären.

Rhein und Donau waren niemals eine verteidigbare Grenze. Es ging auch nicht lange gut. Mit der andauernden Usurpation sprichst du aber einen weiteren großen Grund für den Untergang an. Und auch hier liegen einige Wurzeln bei Augustus und der Konstruktion des Prinzipats. Vielleicht hätte er doch ein kompromißloserer Machtmensch sein müssen. Aber das führt jetzt wirklich zu weit. :grübel:
 
Rhein und Donau waren niemals eine verteidigbare Grenze. Es ging auch nicht lange gut. Mit der andauernden Usurpation sprichst du aber einen weiteren großen Grund für den Untergang an. Und auch hier liegen einige Wurzeln bei Augustus und der Konstruktion des Prinzipats. Vielleicht hätte er doch ein kompromißloserer Machtmensch sein müssen. Aber das führt jetzt wirklich zu weit. :grübel:

Das Reich hat ja Jahrhunderte gehalten, das ist schon viel mehr als viele andere.

Das Römische Reich bis heute in den Grenzen von Trajan ist wohl sehr illusorisch.

Das irgendetwas in der Geschichte ewig bestand hat wird sich bis zum verschwinden der Menschheit wohl nicht spielen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Augustus war bestimmt kein "Gutmensch". Er war ein kaltblütig regierender Despot. Er kaschierte seine Handlungen in den Res gestae. Zudem räumte er in seiner politischen Laufbahn alles und Jeden, der ihm im Weg stand. Sextus Pompeius bezeichnet er als Pirat, Antonius ist "der gegen den ich Krieg führte". Agrippa, der zu 50% seines Erfolges beigetragen hat, erwähnt er einmal in seinen Res gestae. Volkstribungewalten auf Lebenszeit, ohne ein Amt zu bekleiden und dies dann auch noch Res publica nennen. Er stand in seiner Kaltblütigkeit, einem Caligula in nichts nach. Der einzige Unterschied war, dass Caligula ein kranker Soziopat war, der sich nicht im Griff hatte. Augustus war der erbärmliche Schreibtischtäter der alles genau plante, vergleichbar mit einem Heinrich Himmler. Augustus als "Gutmensch" zu bezeichnen ist wie als würdest du Albert Sperr den "guten Nazi" nennen. - Meine Meinung!
 
Der einzige Unterschied war, dass Caligula ein kranker Soziopat war, der sich nicht im Griff hatte. Augustus war der erbärmliche Schreibtischtäter der alles genau plante, vergleichbar mit einem Heinrich Himmler. Augustus als "Gutmensch" zu bezeichnen ist wie als würdest du Albert Sperr den "guten Nazi" nennen. - Meine Meinung!

Man kann ja seine Meinung haben. Dennoch finde ich solche Nazivergleiche hier total unangebracht.
 
Wenn dieser Vergleich unangebracht ist. Das verstehe ich. Dann würde ich ihn mit Stalin vergleichen. Nahezu alle Diktatoren der Geschichte zeichnen sich selbst als ausgesprochen gut und als Wohltäter des Volkes. Blickt man jedoch hinter den Schein ihrer Propaganda, so sieht man meist hässliche Menschen. Der Unterschied zu Stalin ist ganz einfach, dass wir alle nicht in Augustus Zeit gelebt haben und nur wenige Quellen haben. Ein wenig Cassius Dio, ein bisschen Sueton und die Res gestae. Würden wir Augustus hautnah erlebt haben, dann würde manch einem Professor, bei denen ich es erlebt habe, das strahlende Lächeln sicherlich aus dem Gesicht entschwinden. Denn der stolze Kaiser, der er ja eigentlich offiziell nie war, war Augustus mit Sicherheit nicht!
 
Zudem räumte er in seiner politischen Laufbahn alles und Jeden, der ihm im Weg stand.
Aber nicht immer mit Gewalt, im Gegenteil. Die Exzesse der Proskriptionen und des Perusinischen Krieges waren zwar schrecklich, bildeten aber trotzdem eher die Ausnahmen. Die meisten seiner Gegner ließ er nach ihrer Bezwingung am Leben und teilweise sogar ihre Karriere fortsetzen: Lepidus durfte sogar sein Amt als Pontifex maximus behalten. (Zwar amtierte der Pontifex maximus auf Lebenszeit, aber da Lepidus das Amt illegal an sich gerissen hatte, wäre es trotzdem leicht argumentierbar gewesen, ihn abzusetzen.) Sextus Pompeius wurde von Antonius' Leuten umgebracht, und Antonius und Kleopatra endeten durch Selbstmord, also kann man ihre Tode nicht Augustus anlasten. Von Kleopatras Kindern ließ er nach seinem Sieg nur Caesarion töten, von Antonius' Kindern nur Antyllus. Dessen Bruder Iullus Antonius machte er sogar zum Konsul. Auch etliche Anhänger der Caesarmörder und von Antonius ließ er nicht nur am Leben, sondern ermöglichte ihnen sogar eine weitere Karriere, z. B. Messalla, der bei Philippi noch für Cassius und Brutus gekämpft hatte, später aber trotzdem von Augustus das Konsulat, einen Triumph und das verantwortungsvolle Amt des praefectus urbi erhielt.

Agrippa, der zu 50% seines Erfolges beigetragen hat, erwähnt er einmal in seinen Res gestae.
Erstens erwähnt er ihn zweimal, und zweitens hat er ihn im Leben reichlich geehrt, z. B. indem er ihm die tribunicia potestas und ein umfangreiches imperium verleihen ließ, ihm dreimal das ordentliche Konsulat gewährte, ihn zum Amtsgenossen in seiner Censur annahm und ihm seine Tochter zur Frau gab.

Volkstribungewalten auf Lebenszeit, ohne ein Amt zu bekleiden und dies dann auch noch Res publica nennen.
Und das vollkommen zu recht, denn die Staatsform wurde nicht geändert.

Er stand in seiner Kaltblütigkeit, einem Caligula in nichts nach. Der einzige Unterschied war, dass Caligula ein kranker Soziopat war, der sich nicht im Griff hatte. Augustus war der erbärmliche Schreibtischtäter der alles genau plante, vergleichbar mit einem Heinrich Himmler.
Augustus ließ nach seinen Anfangsjahren Gegner im Normalfall nur töten, wenn ihm das unvermeidlich erschien und es ihm auch nicht gelang, sie auf seine Seite zu ziehen. Caligula ging da doch um einiges brutaler vor, wobei man auch noch berücksichtigen muss, dass Caligula fest im Sattel saß, es ihm also ein Leichtes gewesen wäre, seine Gegner z. B. bloß in die Verbannung zu schicken, während Augustus seine schlimmsten Taten zu einer Zeit beging, als er noch um die Macht kämpfen musste. Bei den Proskriptionen ist außerdem zu berücksichtigen, dass er im Einvernehmen mit Antonius und Lepidus handelte und die drei sich gegenseitig hochgeschaukelt zu haben scheinen. Im Perusinischen Krieg ist nicht klar, inwieweit Augustus die Massaker direkt anordnete oder bloß seine Soldateska nicht im Griff hatte. All das ist zwar keine Entschuldigung, lässt diese Taten aber trotzdem in einem anderen Licht erscheinen als bei Caligula, der als Inhaber der alleinigen und absoluten Gewalt grausam gegen alle verfuhr, die ihm zuwider waren. Denn Augustus verzichtete, nachdem er die alleinige Macht übernommen hatte, auf eine blutige Abrechnung mit allen, die gegen ihn waren. Damit steht er auf einer Stufe mit Caesar und hebt sich positiv von Sulla und allen, die als Inhaber der alleinigen Macht grausam gegen ihre Gegner vorgingen (wie Caligula), ab.

Der Unterschied zu Stalin ist ganz einfach, dass wir alle nicht in Augustus Zeit gelebt haben und nur wenige Quellen haben.
Der Unterschied zu Stalin ist u. a. der, dass Stalin im Zuge der Säuberungen Hunderttausende Menschen aus den eigenen Reihen töten ließ. Wäre er wie Augustus gewesen, hätte er im Gegenteil sogar wichtige Ämter mit ehemals führenden zaristischen Offizieren und Beamten und sogar Angehörigen der Zarenfamilie (die großteils überlebt hätte) besetzt.
 
Deine Argumentation ist schlüssig! Bis zu dem Punkt mit den zaristischen Offizieren und Beamten. In der Tat hätte er dies, aber nur aufgrund seiner selbst aufgelegten Fesseln der Res publica. Hätte Augustus anders gehandelt, wäre er wie sein Vater geendet. Also ist diese augenscheinliche "Milde", die er immer wieder für sich beansprucht, nichts weiter als politisches Kalkül. Wie du schon sagtest... Wer weiß schon wie Augustus sich hätte gehen lassen, wenn er die Gewalten eines Caligula gehabt hätte. Demnach musste er zwangsläufig seine Morde besser verheimlichen.
 
In der Tat hätte er dies, aber nur aufgrund seiner selbst aufgelegten Fesseln der Res publica.

Selbst auferlegt? Ich denke du unterschätzt hier die Macht der politischen Klasse zur Zeit des Augustus. Mit seiner Heeresreform, Steuerreform und Verwaltungsreform ging er bereits über die Grenzen des (Un)vorstellbaren hinaus. Diese drei m.E. nach größten Reformen der römischen Geschichte, gingen übrigens sehr unblutig ab. Ich denke auch, man muß unterscheiden zwischen dem jungen Ocatvian, der im Bürgerkrieg überleben musste und dem Princeps und Reformer.

Was hätte er denn ohne selbstauferlegte Fesseln tun können / sollen?
Die Steuern weiter harmonisieren und die Kopf- und Grundsteuer in Italien einführen?
Den Cursus Honorum abschaffen und gleich Alles über zentral gesteuerte Prokuratoren abwickeln?
Den Ältestenrat Senat durch ein auch von den provinzialen Römern gewähltes Parlament ersetzen?
Die Praetorianer auf 50.000 Mann aufstocken unter Kommando seines designierten Nachfolgers?
Brot und Spiele durch Zwangskolonisierung ersetzen?

Das hätte er er wohl kaum überlebt.
 
Zuletzt bearbeitet:
zwischen dem jungen Ocatvian, der im Bürgerkrieg überleben musste und dem Princeps und Reformer.
Da stimme ich dir voll und ganz zu. Im Alter wurde er humaner, bzw. hatte es nicht mehr nötig oder die Quellen verschweigen uns zu viel. Jedoch muss ich sagen, dass es sicherlich einen anderen Weg gegeben hätte. Er hätte doch einfach die Res publica im eigentlichen Sinne durchführen sollen. Seine Imperien, also die Provinzen nicht länger als 10 Jahre innehaben sollen und somit das Heer abzugeben. Dann wäre er zwar immer noch ein Machthungriger Despot gewesen, aber zu diesem Zeitpunkt hätte er wenigstens seine Ziele wirklich erfüllt. Die Wiederherstellung der alten Ordnung, zum Wohle des römischen Volkes. So bleibt er ein kluger Diktator, mit ausgesprochen effektiver Propaganda!
 
Deine Argumentation ist schlüssig! Bis zu dem Punkt mit den zaristischen Offizieren und Beamten. In der Tat hätte er dies, aber nur aufgrund seiner selbst aufgelegten Fesseln der Res publica. Hätte Augustus anders gehandelt, wäre er wie sein Vater geendet. Also ist diese augenscheinliche "Milde", die er immer wieder für sich beansprucht, nichts weiter als politisches Kalkül. Wie du schon sagtest... Wer weiß schon wie Augustus sich hätte gehen lassen, wenn er die Gewalten eines Caligula gehabt hätte.
Das ist Spekulation. Aber immerhin rechnete auch Sulla, als er die Alleinherrschaft erlangt hatte, blutig mit seinen Gegnern ab, ohne ermordet zu werden. Theoretisch hätte Augustus also durchaus diesem Beispiel folgen können. Im Gegenteil: Dass Caesar ermordet wurde, war paradoxerweise durchaus Folge seiner Milde, denn die Hauptverschwörer Brutus und Cassius waren ehemalige Caesargegner, die von ihm begnadigt worden waren. Augustus hätte daraus also durchaus den Schluss ziehen können, dass es für ihn sicherer sei, alle ehemaligen Gegner zu beseitigen.

Demnach musste er zwangsläufig seine Morde besser verheimlichen.
Welche verheimlichten Morde? Immerhin sind haufenweise ehemalige Gegner bekannt, die unter Augustus noch ein langes Leben führten.

die Quellen verschweigen uns zu viel
Die meisten antiken Historiker (ausgenommen Velleius Paterculus) schrieben durchaus kritisch über Augustus und erwähnten auch seine negativen Seiten und seine üblen Anfänge als Triumvir (die auch von Velleius erwähnt, wenngleich etwas beschönigt wurden), aber auch vereinzeltes späteres hartes Durchgreifen gegen Gegner. Das heutige (zu) positive Augustusbild ist eher modernen Ursprungs. Für die Annahme einer Vertuschung durch die antiken Quellen gibt es keinen Grund.

Jedoch muss ich sagen, dass es sicherlich einen anderen Weg gegeben hätte. Er hätte doch einfach die Res publica im eigentlichen Sinne durchführen sollen. Seine Imperien, also die Provinzen nicht länger als 10 Jahre innehaben sollen und somit das Heer abzugeben. Dann wäre er zwar immer noch ein Machthungriger Despot gewesen, aber zu diesem Zeitpunkt hätte er wenigstens seine Ziele wirklich erfüllt. Die Wiederherstellung der alten Ordnung, zum Wohle des römischen Volkes.
Ob das zum Wohle des Volkes gewesen wäre? Wenn man sich die Geschichte der letzten hundert Jahre der Republik anschaut, kann man sich ausrechnen, dass es nach einem Rückzug Augustus' aus der Politik wohl nicht allzu lange gedauert hätte, bis neue Machtkämpfe und Bürgerkriege ausbrechen. So war es auch nach dem freiwilligen Rücktritt Sullas gewesen, und sogar unter Augustus' Herrschaft gab es mehrmals den Keim neuer Konflikte, die aber von Augustus rasch unterdrückt wurden.
Alles in allem ging es den meisten Römern unter Augustus' Herrschaft vermutlich besser als in der späten Republik. Man darf auch nicht vergessen, dass von der politischen Freiheit der Republik ohnehin nur ein paar Dutzend Familien profitiert hatten.

So bleibt er ein kluger Diktator, mit ausgesprochen effektiver Propaganda!
Auch das ist eher eine Betrachtungsweise moderner Natur. Heute wird Augustus vielfach viel positiver gesehen als in der Antike, was den Eindruck erwecken mag, dass seine Propaganda so gut funktioniert hätte.
Dass die zeitgenössischen Dichter ausgesprochen positiv über ihn schrieben, ist natürlich, das machen Dichter im Umfeld eines Herrschers immer (man lese nur die von Martial zu Lebzeiten Domitians über diesen Kaiser verfassten Epigramme), aber, wie erwähnt, wurde er von späteren Autoren keineswegs als reine Lichtgestalt dargestellt. So gut hat seine Propaganda also nicht funktioniert, und schon gar nicht konnte sie seine früheren Untaten vergessen machen.
 
Dass die zeitgenössischen Dichter ausgesprochen positiv über ihn schrieben, ist natürlich, das machen Dichter im Umfeld eines Herrschers immer (man lese nur die von Martial zu Lebzeiten Domitians über diesen Kaiser verfassten Epigramme), aber, wie erwähnt, wurde er von späteren Autoren keineswegs als reine Lichtgestalt dargestellt. So gut hat seine Propaganda also nicht funktioniert, und schon gar nicht konnte sie seine früheren Untaten vergessen machen.

Es hat bei den augusteischen Dichtern aber offenbar auch ein paar Jahre gebraucht, bis sie sich mit dem neuen System arrangiert haben. Ganz zu Beginn scheinen sie noch reserviert gewesen zu sein. Erst durch den schnellen Erfolg des neuen Systems stieg die Begeisterung an. (nach Fuhrmann, Geschichte der lateinischen Literatur).
 
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