Das Dumme an den Halstüchern oder Krawatten ist, dass nicht sonderlich viele erhalten sind. Da ist es das gleiche Problem wie mit den Spitzengarnituren des 18.Jh.. Was erhalten ist, kann man oft nicht 100 % so leicht identifizieren, wenn nicht direkt ein Bezug zu einer bestimmten historischen Persönlichkeit überliefert ist.
Heißt: Ein Halstuch eines Herren, könnte ebensogut ein "Brusttuch" einer Dame sein, kann genausogut sonstwas sein... Das heißt mit dem Original an sich in der Hand, weiß man noch nicht sicher, was man denn eigentlich hat. Obendrein stellten weiße Halstücher und Krawatten sicherlich Verschleißgüter da, die man wie einfachere Strümpfe wohl in der Regel trug, bis sie völlig unbrauchbar waren und weggeworfen wurden. Gemusterte Hals- oder Brusttücher, gerade besonders aufwändige Drucke sind eher erhalten (Vergleiche: Linda Baumgarten: "What Clothes Reveal" ).
Beliebt waren halbwegs zeitgenössische, aber auch weit später angebrachte Zettelchen mit einer Aufschrift wie: "Diese Schuhe trug die Frau Willifield, als sie mit George Washington 1785 tanzte. ...". Man war und ist eben auf bestimmte Beziehungen zu Berühmtheiten stolz und geradezu versessen auf möglichst echte und möglichst viele direkte Realien, die in einem Zusammenhang mit historischen Persönlichkeiten stehen. (Die nennenswertesten wirklich 1a-authentischen Sammlungen kenne ich von Kleidern und Accessoires von Gustav Adolph, August dem Starken und Gustav III. von Schweden.)
An originalen Krawatten kenne ich bis jetzt nur die von Struensee, welche er direkt vor seiner Hinrichtung getragen haben soll. (Siehe: "Det
Elegante Liv - fra Frederik 5.s hof" Rosenborg, 2007) Dieses Stück ist allerdings aus den 1770ern und scheint mir recht seltsam. Es ist ein längliches, ich nehme an recht schmales Tuch, das sich an den Enden verjüngt, woran Trodelln befestigt sind.
Die
Krawatte scheint in aller Regel ein längliches, einfarbiges Tuch gewesen zu sein. Bevor die
Halsbinden (franz. Tour de Col, engl. Stock) aufkamen, die hinten i.d.R. mit einer Schnalle zu schließen waren, trug man vor allem Krawatten. In der ersten Hälfte des 18. Jh. setzten sich die Halsbinden für die allgemeine Mode durch. Die Krawatten hielten sich aber daneben noch bei der einfacheren Jagdkleidung und der Unterschicht überhaupt.
Neben der Krawatte gab es noch das
Halstuch(franz. mouchoir), welches quadratisch war, was wohl den größten Unterschied zur Krawatte darstellt. Manchmal findet man, dass die Halstücher in Frankreich in der Regel aus Seide waren. Als Hauptherstellerland für Seide ist das erklärlich. Auch auf Abbildungen der Unterschicht - v.a. die Genremalerei von Greuze wäre zu nennen - glaubt man seidene Halstücher zu erkennen. Von der Form her unterscheiden sich die Halstücher kaum von den ebenfalls quadratischen Schnupftüchern, welche uns das berühmte Werk "
L'art de la lingère" von Garsault (das auch Franklin z.B. besessen haben soll) von 1769 überliefert. Allerdings waren die Schnupftücher von Leinen. Im Vergleich zu den heutigen waren sie riesig.
Neben weißen Halsbinden oder Krawatten sieht man auch oft Schwarze. (Thièbault erwähnt einmal eine Schwarze im Zusammenhang mit einer Reisekleidung.(also wohl 3. Viertel 18.Jh.))
Im späten 18.Jh. verschwanden die Halsbinden wieder zusehends und wurden zumindest für inoffizielle Kleidung von den Krawatten verdrängt. (Es gibt aber noch Beispiele von Halsbinden mit Schnallen aus dem Empire. Bei Hofanzügen meine ich noch in der Regel Halsbinden zu erkennen.)
In den letzten zwei Dekaden des 18.Jh. kamen
bunte, gemusterte Halstücher auf, welche noch über den Krawatten, teilweise recht lose umgeschlungen getragen wurden. (Ich sah mal ein schönes Beispiel in der Ausstellung "Incroyable et Merveilleux" im Musée Carnavalet auf einem Gemälde.) Diese Mode scheint aber v.a. von Stutzern getragen worden zu sein und findet sich auf Porträts normaler bürgerlicher Personen eher selten. Auf Künstler- und Denkerporträts, wenn diese sich bei der Arbeit zeigen wollten, sieht man solche bunten Halstücher schon recht früh, was wohl an ihrer Bequemlichkeit im Unterschied zu den Halsbinden liegen mag.
Nun zu der Länge der Krawatten bzw. Größe der Halstücher um 1800: Da kaum Originale erhalten sind, bzw. nur wenige identifizierbar sind, muss man auch einiges aus zeitgenössischen Berichten und Porträts interpretieren.
Beliebtestes Material für Krawatten war Baumwolle. (Diese trat ja seit der Jahrhundertmitte des 18.Jh. ihren absoluten Siegeszug in Europa an.) Wenn ich mich recht entsinne, variieren die Bezeichnungen für die dünne Baumwolle, man kann aber wohl in der Regel bei den Krawatten von weißem Baumwollbatist ausgehen. Mit seidenen, sehr dünnen Krawatten sind einige Meter Länge möglich. Bei dem allermeisten Baumwollbatist ist hingegen rasch die Ende der Fahnenstange erreicht, wenn man nicht den reinsten Kropf vor dem Hals haben will und einen so dicken Ring aus Krawatte sieht man auf den Porträts selten bis nie. (Ein weites Halstuch/eine weite Krawatte sieht man hingegen, wenn es quasi in Auflösung begriffen sein soll, wenn ein Künstler Nachlässigkeit oder dergleichen ausdrücken will.
File:Jean-Baptiste Greuze Self Portrait.jpg - Wikimedia Commons )
Ungefähr dieser Abstand zum Hals ist typisch:
File:Billaud-Varenne.jpg - Wikimedia Commons
Als Vergleich, um zu sehen, dass bei einer Halsbinde des 18.Jh. die Menge Stoff um den Hals deutlich geringer war, dieses Beispiel:
File:Comte d'Angiviller.jpg - Wikimedia Commons