Hier wird unter u.a. davon ausgegangen, dass Idistaviso und die Schlacht am Angrivarierdamm ein Sieg der Römer war. Ich denke diese Annahme ist falsch.
1. Hat Germanius auch am Vorabend der Schlacht von Idistaviso noch sein Ziel verkündet die Elbe zu überqueren und somit das zu vollenden, woran sein Vater (Drusus) gescheitert ist. Am Süntelpass wollte er sich den Durchgang erkämpfen. Nach der Schlacht wendet er sich jedoch wieder nach Westen.
Tacitus bricht von einem Abbruch des Sommerfeldzugs, auf Grund der fortgschrittenen Jahreszeit.
"Doch da es schon hoher Sommer war..."
Seit wann bitte ist denn der Hochsommer ein Grund, den Sommerfeldzug abzubrechen???
2. Römische Kundschafter berichten von einem gigantischem teils berittenem Heer, das im Bereich des Heracleshains auf dem Hohenstein-Plateau lagerte. Wo ist den die Cheruskische Reiterei in der Schilderung des Tacitus?
3. Später schildert Tacitus, wie Verluste des Feldzugs wieder aufgefüllt wurden:
"Viele gaben die jüngst in Vertrag genommenen Angrivarier zurück, nachdem sie von den mehr innen Wohnenden sie losgekauft."
4. Ein Heer aus Jung, Alt...gleichermaßen eine Art Volkssturm, dass in der Lage ist das römische Heer "zu verwirren", muss 1. irgendwo herkommen und 2. entsprechend gerüstet sein.
5. Nach diesem Feldzug endeten die Pläne Roms Germanien zu unterwerfen. Ein Sieg hätte sie doch meiner Meinung nach eher bestärkt, den Versuch weiter zu wagen.
Ich denke folgende Erklärung der Tatsachen ist zur Zeit am wahrscheinlichsten:
Das Germanische Hauptheer hat sich in den Hängen am des Süntels verborgen. Der linke Flügel mit 2 Einheiten unter dem Komando Arminius und seines Onkels Inguiomer besetzte die Hänge auf der gegenüberliegenden Seite des Feldes. Der Plan war nun, die Römer vorrücken zu lassen, bis sie in der für einen Angriff günstigen Position waren und dann von den Seiten über sie herein zu brechen.
Inguiomer Griff nun jedoch zu früh an. Über das warum lässt sich nur spekulieren. Entweder war es Ungedult, oder er wollte sich von seinem Neffen nichts mehr sagen lassen und meinte es besser zu wissen, oder beides...man weiß es nicht.
Um nun den Sieg nicht aus der Hand zu geben war Arminius nun ebenfalls gezwungen die Deckung zu verlassen und anzugreifen. Wir haben es aber immernoch nur mit dem linken Flügel zu tun. Der Angriff endet mit mit der Flucht der Germanen durch die Weser. Hierbei rettet sich Arminius auf seine legendäre Weise, in dem er sich das Gesicht mit Blut aus seiner eigenen Verwundung einschmierte, um nicht erkannt zu werden.
Germanicus verkannte nun die Situation indem er meinte einen Sieg davon getragen zu haben. Nachdem die Verwundeten Feinde getötet worden waren erichtete er seinen Siegeshügel. Dieser war jedoch so klein, dass er von den Germanen kaum war genommen werden konnte, geschweige denn die Insignien darauf. Die von Tacitus beschriebene Empörung der Germanen ist also hierauf eher nicht zurück zu führen.
Vielmehr denke ich, dass er es jetzt mit dem eigentlichen germanischen Hauptheer zu tun bekommen hat. Er hatte ja bisher nur den linken Flügel geschlagen. Dieser Angriff traf ihn völlig unvorbereitet und war vernichtend. Hierauf hin zog er sich zur Ems zurück, wozu er sich auch unter schweren Verlusten den Angrivarierdamm erkämpfen musste.
Da bleibt die Frage offen, warum der sonst so objektive Tacitus von einem Sieg geschrieben hat. Ich denke die Erklärung hierfür ist auch relativ einfach. Der Bericht ist geschönt. Germanicus hatte seinen Triumphzug bereits genehmigt gekriegt. Der Feldzug war also von offizieler Seite bereits zu einem Sieg erklärt worden. Er konnte somit nichts anderes mehr schreiben, wollte er seine Schriften nicht der Zensur aussetzten oder sich sogar selbst in Gefahr bringen. Mit der deutlichen Hervorhebung, dass Germanicus eigentlich zur Elbe wollte und dass viele Gefangene losgekauft wurden, gibt er jedoch hinweise auf das tatsächliche Geschehen und wird seinem objektiven Ruf dennoch gerecht.