Der Kampf gut gegen böse - Römer und Punier

Soweit die Marmertiner die rechtmässigen Besitzer der Stadt sind, wäre das zutreffend. Aber diese haben nun mal die Stadt von Ihren originalen Bewohnern geraubt.
Da gibt es keinen Dissenz.
Aber was heißt das für die Karthager?

Ja, ich halte den Vertrag für historisch und damit stehe ich nicht alleine.
Auch, dass du den Philinos-Vertrag für historisch hältst, musst du nicht rechtfertigen. Die Argumente für seine Exsitenz überwiegen deutlich die gegen seine Existenz.
 
Bleiben wir mal in der Situation vor dem ersten punischen Krieg.

Es war es moralisch korrekt von Rom, den Marmertinern in Rhegion das Handwerk zu legen.

Ich gehe jetzt mal davon aus, das das Jahr 269 historisch ist für das Eingreifen der Karthager bei den Marmertinern. Die Marmertinische Mörderbande war nach der verlorenen Schlacht am Longanus stark geschwächt. Messana war stark befestigt, aber man hatte offenbar nicht mehr genug Mannschaftsstärke um die Mauern der Stadt vollständig zu besetzen.

Das einzige moralisch richtige wäre es gewesen, dem syrakusischen Feldherrn Hieron zu erlauben, die Marmertiner endgültig zu erledigen. Letzteres aber hätte dazu geführt, das Messana unter Kontrolle von Karthagos Erzfeind Syrakus gefallen wäre. Das konnte man aus Karthagos Sicht aber nicht erlauben. Also legte Karthago eine Besatzung in die Stadt Messana.

Offensichtlich war diese Besetzung aber nicht sehr stark, die nominelle Kontrolle über die Stadt blieb weiterhin bei den Marmertinern. Sie reichte offenbar, um Syrakus klarzumachen, dass ein Angriff auf die Stadt, einen Krieg mit Karthago zur Folge hat.

Obwohl Karthago hier die Gelegenheit hatte, sich die Stadt Messsana vollständig anzueignen, wurde dies unterlassen. Es genügte Karthago offenbar dafür zu sorgen, dass Syrakus die Kontrolle nicht bekam. Ein weiterer Punkt, der zeigt, dass Karthagos Besatzung nicht stark war, ist der, dass 5 Jahre später es einer römischen Vorhut - also nicht der vollen konsularischen Armee - gelang diese einfach heraus zu werfen.

Urteilt selber, wie imperialistisch war diese Besetzung Messanas durch Karthago?
 
Es war es moralisch korrekt von Rom, den Marmertinern in Rhegion das Handwerk zu legen.

Ich gehe jetzt mal davon aus, das das Jahr 269 historisch ist für das Eingreifen der Karthager bei den Marmertinern. Die Marmertinische Mörderbande war nach der verlorenen Schlacht am Longanus stark geschwächt.
Ganz ehrlich: Die Schilderung der Mamertiner und wie sie sich Messanas bemächtigten, halte ich für topisch und überzogen: Dass sie sämtliche männliche Bevölkerung über die Klinge hätten springen lassen, um dann die Frauen zu nehmen. Sie werden dennoch sicherlich ein brutales Regime geführt, manchen Bewohner ausgeplündert/getötet, und manche Frau vergewaltigt haben. Wenn man davon ausgeht, dass die Mamertiner sich als Kriegerkaste über die Stadt gelegt haben, dann werden sie mutmaßlich die syrakusische Funktionselite von Messana vertrieben und ermordet haben. Aber vermutlich eher nicht Handwerker und einfachen Bewohner.
 
Ich hatte es eigentlich schon geschrieben: Weder hatten die Karthager was auf Sizilien zu suchen, noch die Römer. (...) Wenn schon, dann für Sikaner und Sikuler.

Dann wende diese gleichen Kriterien doch bitte bei Rom und Karthago und und zwar aus der Sicht 264 v. Chr. ....

Also in 264 lebten die Phönizier bereits seit etwa 500 Jahren auf Sizilien. Wann genau sich die phönizischen Städte unter den Schutz Karthagos stellten ist nicht klar. Die Aggression ging dort die meiste Zeit von den Griechen aus, vor allem aus Syrakus.
Von daher gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen der karthagischen und der römischen Präsenz.
Von Sikaner und Sikulern braucht man 264 kaum noch zu reden.
 
Also in 264 lebten die Phönizier bereits seit etwa 500 Jahren auf Sizilien. Wann genau sich die phönizischen Städte unter den Schutz Karthagos stellten ist nicht klar. Die Aggression ging dort die meiste Zeit von den Griechen aus, vor allem aus Syrakus.
Von daher gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen der karthagischen und der römischen Präsenz.
Von Sikaner und Sikulern braucht man 264 kaum noch zu reden.
Vorsicht, du vermischt phönizische, meist auf Halbinseln angelegte Siedlungen mit den Karthagern. Karthager waren zwar Phönizier, aber nicht die Phönizier Karthager. Und ich würde Sikuler, Elamer und Sikanier nicht so einfach als inexistent abschreiben.
 
Vorsicht, du vermischt phönizische, meist auf Halbinseln angelegte Siedlungen mit den Karthagern.

Eben nicht. Die phönizichen Siedlungen hatten sich (ob freiwillig sein dahingestellt) lange vor den Ereignissen von 264 Karthago unterstellt. Karthago war 264 seit Jahrhunderten auf Sizilien präsent. Rom allerdings nicht.
 
„Ich halte es für sinnvoll, die Karthager der Frühzeit als Phoiniker und die Karthager, die seit dem 7 Jh. in einer eigenständigen politischen und kulturellen Entwicklung begriffen waren, als Punier zu bezeichnen“(3)

Huss S 26
Huss spricht davon, dass es im Rahmen der poinikischen Kolonisation zu Ehen mit den Einheimischen kam. Das ist naheliegend für alle poinikischen Kolonien, läßt sich Falle von Karthago aber beweisen. Durch diese Ehen entstanden dann die "Punier".
 
Urteilt selber, wie imperialistisch war diese Besetzung Messanas durch Karthago?
Eigentlich ist das ganz einfach: Karthago setzte seine Besetzung gegen den Willen der Mamertiner fort. Damit war der Vorwand, man wolle den Mamertinern nur "helfen", obsolet, und Karthago wandelte sich endgültig zur imperialistischen Besatzungsmacht.
Wie stark oder schwach die Besatzung war, tut nichts zur Sache; entscheidend ist, dass sie da war. Im Übrigen muss eine Besatzung nicht so stark sein, dass die gesamte Stadt besetzt ist, um als unerträglich empfunden zu werden. Die Spartaner hatten in Theben nur die Kadmeia (Burg) besetzt, was den Thebanern trotzdem nicht passte, und die Makedonier in Athen nur Munychia (Festung im Hafen Piräus, also sogar außerhalb der Stadt) und wurden trotzdem als Fremdherrscher empfunden.

Das Eingreifen Roms auf Sizilien lässt sich damit nicht rechtfertigen. Diese hatten sich aber im Vertrag von 306 Karthago gegenüber verpflichtet,eben das nicht zu tun.
306 v. Chr. schlossen Karthago und Syrakus einen Friedensvertrag, mit dem im Wesentlichen der Status quo ante vor dem Krieg zwischen Agathokles von Syrakus und Karthago wiederhergestellt wurde, d. h. Sizilien faktisch zwischen Syrakus und Karthago aufgeteilt.
 
306 v. Chr. schlossen Karthago und Syrakus einen Friedensvertrag, mit dem im Wesentlichen der Status quo ante vor dem Krieg zwischen Agathokles von Syrakus und Karthago wiederhergestellt wurde, d. h. Sizilien faktisch zwischen Syrakus und Karthago aufgeteilt.
Danke dass du auf den Vertrag von 306 zwischen Syrakus und Karthago hinweist, aber ich meinte eigentlich den so genannten Philinos Vertrag, welcher ebenfalls aus dem Jahr (306) stammt. Ja, richtig den hat Rom durch sein Eingreifen in Sizilien gebrochen.
Eigentlich ist das ganz einfach: Karthago setzte seine Besetzung gegen den Willen der Mamertiner fort. Damit war der Vorwand, man wolle den Mamertinern nur "helfen", obsolet, und Karthago wandelte sich endgültig zur imperialistischen Besatzungsmacht.
Wie stark oder schwach die Besatzung war, tut nichts zur Sache; entscheidend ist, dass sie da war. Im Übrigen muss eine Besatzung nicht so stark sein, dass die gesamte Stadt besetzt ist, um als unerträglich empfunden zu werden. Die Spartaner hatten in Theben nur die Kadmeia (Burg) besetzt, was den Thebanern trotzdem nicht passte, und die Makedonier in Athen nur Munychia (Festung im Hafen Piräus, also sogar außerhalb der Stadt) und wurden trotzdem als Fremdherrscher empfunden.
Danke, dass du ein Beispiel lieferst, wie pro römische Geschichtsschreibung funktioniert. So vereinfachend dargestellt hört sich das natürlich absolut logisch an. Aber wie der pro römische Geschichtsschreiber Polybios schreibt, waren die Marmertiner sich nicht einig, ob sie lieber eine römische oder karthagische Garnison wollten.

Die Karthager gingen nicht nach Messana um den Marmertiner zu helfen. Warum auch? Schließlich waren diese früher Söldner des Agatokles und hatten gegen Karthago gekämpft. Das primäre Motiv für die karthagische Garnison in Messana war die Verhinderung der Kontrolle durch eine andere Macht, welche Karthagos Rivale war, zunächst Syrakus und später auch Rom.



Wie bereits mehrfach innerhalb dieser Diskussion dargestellt wurde, waren die Marmertiner nicht die rechtmäßigen Besitzer Messanas. Durch diese kann also weder die karthagische noch die römische Garnison legitimiert werden. Noch konnte die karthagische Besatzung durch diese brutale Mörderbande delegitimiert werden. Die Einschätzung unseres geschätzten El Q, dass die Massaker an der ursprünglichen Bevölkerung Messanas durch die Marmertiner übertrieben dargestellt sind, mag stimmen. Aber sicher war es schlimm, auch für damalige Maßstäbe.

Die ursprüngliche Bevölkerung wäre auch die einzige, welche Legitimität verleihen könnte. Leider ist deren Einstellung nicht überliefert. Allerdings kann man diese ableiten. Die ursprüngliche Bevölkerung war durch die Marmertiner so stark dezimiert, dass sie sich aus eigener Kraft nicht mehr gegen die „Übergriffe“ der Marmertiner verteidigen konnte.

Wenn wir als uns deren Lage hineindenken war jede Besatzung, welche die Marmertiner einschränkte, eine Erleichterung. Die pro römische Geschichtsschreibung hätte es bestimmt erwähnt, wenn es durch die Karthagische Besatzung zu Gräueltaten gekommen wäre. Also ist davon auszugehen, dass nachdem die Karthager eine Garnison in die Stadt gelegt hatten, es für die Marmertiner nicht so ohne weiteres möglich war, die Zivilbevölkerung weiter zu drangsalieren. Das legitimiert dann doch die karthagische Garnison, auch wenn der Schutz nur ein sekundäres Motiv für Karthago war. Die Funktion als Schutzmacht findet sich immer wieder im gesamten Verlauf der karthagischen Geschichte.

Man hat zwar festgestellt, dass ein Teil der Marmertiner lieber Rom als Schutzmacht wollte, aber nicht warum. Der ursprüngliche Zweck war erreicht, die Hilfe Karthagos hielt Syrakus fern. Dass man aber mit der Karthagischen Besatzung nicht mehr so leicht die Einwohner Messanas ausbeuten konnte, mag einen Teil der Marmertiner unzufrieden mit Karthago gemacht haben.

Wären die Karthager so böse imperialistisch gewesen, wie das in der Diskussion versucht wird darzustellen, hätten sie jederzeit die Gelegenheit gehabt ihre Garnison so zu verstärken dass Messana vollständig von Ihnen kontrolliert wäre und eine Besetzung durch Rom unmöglich gewesen wäre.
 
Zuletzt bearbeitet:
War Karthago eine Art Antiker NATO?



Oder war Karthago ein böses, imperialistisches, Länder fressendes Ungeheuer? Die pro römische Geschichtsschreibung bedient eher das letztere Bild, auch heute noch sogar hier auf diesem Forum.

Ich glaube das beide Extreme unzutreffend sind, schreibe aber absichtlich plakativ um es verständlicher zu machen. Aber das erste Bild Karthagos als antiker Schutzmacht entspricht weit eher der Wirklichkeit als das zweite. Ich werde – immer so wie es meine Zeit erlaubt - ausführliche Beiträge schreiben, um das zu belegen.
 
Rom ging ja zunächst gegen Syrakus vor, ein Angriff, der durch die Besetzung Messinas durch Karthago bestimmt nicht zu rechtfertigen war. Nein, man wollte sich auf Sizilien festsetzen und die dafür die dortige Konkurrenz ausschalten, was im Falle von Hieron von Syrakus ja auch schnell gelang. Karthago war hartnäckiger.
 
Die Phoinikische Expansion und Karthago. Teil 1

Zunächst weiß man noch zu wenig über die phoinikischen Expansion und auch über die frühe Zeit Karthagos um eine vollständige Geschichte der phoinikischen Expansion zu schreiben.

Der Beginn der phoinikischen Expansion lag literarisch im 12 Jh. BC, die frühesten archäologischen Befunde stammen aus dem 8. Jahrhundert. Diese Diskrepanz ist zu erklären mit der Verwendung vergänglicher Materialien und vor allem damit, dass die ersten phoinikischen Handelsposten noch nicht von dauerhafter Natur waren.

Die phoinikische Expansion gliedert sich daher allen Anschein nach auch in Etappen. Zunächst benutzte man die Häfen fremder Völker als Stützpunkte, so legten sie später teils am Rande bestehender Siedlungen, teils in von der Natur geschützten Lagen – Kontore an. Letzteren gaben sie oft in Heiligtümern Zentren, und gründeten schließlich geschlossene Wohnanlagen. Von diesen Wohnanlagen drangen sie dann gelegentlich - wie insbesondere auf Sardinien - ins Landesinnere vor.

Die Gründung dieser Kontore erfolgte nicht gewaltsam, sondern in Übereinkunft mit den Ureinwohnern gegen einen jährlichen Tribut. Auch die Rohstoffe und anderen Handelsgüter wurden nicht gewaltsam entrissen, sondern gehandelt und natürlich anderswo mit sattem Gewinn wieder veräußert. Das änderte sich im Verlaufe der Geschichte an einigen Orten, aber nicht überall. An vielen Orten, wie etwa der langen afrikanischen Küste im heutigen Algerien oder Marokko blieben die phoinikischen Kontore nur Enklaven ohne großes Territorium. An solchen Orten wurde das Tributmodell beibehalten.

Karthagos Politik war in in seinen verschiedenen „Interessensphären“ unterschiedlich. Bitte erlaubt mir, diese daher zunächst getrennt darzustellen.

Sardinien

„Von den archäologischen Zeugnissen abgesehen, beweist insbesondere die sog. Nora-Inschrift, die gewöhnlich ins 9. Jh. datiert wird, dass Phoiniker bereits zur Zeit der Anfertigung dieser Inschrift auf Sardinien kolonisatorisch tätig waren. Schon im 8. Jh. war Sardinien von einem Kranz phoinikischer Küstenorte umgeben: es waren dies Karalis, Nora, Bitia, Sulkoi, Tharros und Bosa. Im 7 Jh. stießen die phoinikischen Siedler dann von den Küsten über die Flusstäler ins Landesinnere vor, wie etwa aus der Anlage von Militärsiedlungen wie Monte Sira (bei Carbonia)und Pari Loriga (bei Santadi) zu ersehen ist. Im 6 Jh. schließlich griffen die Karthager auf Sardinien ein, um den gegen die expandierenden Phoiniker gerichteten Gegenschlag der Sarden aufzufangen.“ (2)

Eine Eroberung Sardiniens durch Karthago fand im eigentlichen Sinne des Wortes nicht statt. Die Kolonisation erfolgte schon durch die Phoiniker. Bis zum 6. Jahrhundert aber wohl eher mit friedlichen Mitteln. Karthago griff erst ein auf Wunsch der Phoiniker.

Es spricht vieles dafür, dass Karthago zunächst nicht bestrebt war, Kolonien auf der Insel zu errichten. Allerdings verliefen Karthagos Aktivitäten zunächst nicht erfolgreich. Ein gewisser Malchus musste eine empfindliche Niederlage einstecken.

Wohl führte Karthago später noch eine Reihe von Kriegen auf Sardinien. Da fällt der Name Hanno der Sabeller, Dazu gehört auch das Bündnis zwischen Karthagern und Etruskern gegen die griechischen Phokäer um 540. Das Bündnis besiegte letztere in einer grossen Seeschlacht. Karthager und Etrusker konnten danach störende Einflüsse von Ihren Interessensphären fernhalten und einigte sich vermutlich auf Korsika als etruskische Interessensphäre, sowie Sardinien als karthagische Interessensphäre. Ein Sohn Hannos des Sabellers namens Hasdrubal führte 11 Feldzüge auf Sardinien. Wahrscheinlich erfolgreich, er bekam sogar viermal einen „Triumph“ so schreibt es Huss. Zur Zeit des 1. Karthagisch römischen Vertrages war Sardinien in den Machtbereich Karthagos eingegliedert. Zumindest erhoben die Karthager diesen Anspruch und Rom erkannte das an. Die ursprüngliche Bevölkerung war auch danach noch zahlreich vertreten. Im zweiten punischen Krieg stellten diese sogar Truppen für einen Aufstand gegen die römische Besatzung.

Rom auf Sardinien

„Rom führte „sogenannte Kriege“ gegen die Bewohner des inneren Sardinien, welche die gegen sie gerichteten Raubzüge durch Überfälle auf die Küstenstriche vergalten. Im Andenken geblieben ist die Expedition des Tiberius Grachus gegen die Sarden 577 (177) nicht so sehr, weil er der Provinz den „Frieden“ gab, sondern weil er bis 80 000 der Insulaner erschlagen oder gefangen zu haben behauptete und Sklaven von dort in solcher Masse nach Rom schleppte, dass es Sprichwort ward: „spottwohlfeil wie ein Sarde“ (3)

An anderer Stelle, welche ich gerade nicht finden kann (weiss das jemand?) schreibt Mommsen, dass die Bevölkerung des inneren Sardiniens von Rom durch Abschlachten, Versklaven und Wegzüchten am Ende vollständig durch Rom beseitigt wurde.

(2) Huss 9-10
(3) Mommsen Römische Geschichte 4. Auflage DTV 1986 basierend auf der 9. Auflage der Originalausgabe von 1902

wird fortgesetzt.
 
Danke dass du auf den Vertrag von 306 zwischen Syrakus und Karthago hinweist, aber ich meinte eigentlich den so genannten Philinos Vertrag, welcher ebenfalls aus dem Jahr (306) stammt. Ja, richtig den hat Rom durch sein Eingreifen in Sizilien gebrochen.
Und mir ging es um den Vertrag zwischen Syrakus und Karthago, weil er die Einflusssphären beider Staaten absteckte.

Das primäre Motiv für die karthagische Garnison in Messana war die Verhinderung der Kontrolle durch eine andere Macht, welche Karthagos Rivale war, zunächst Syrakus und später auch Rom.
Und das soll nicht imperialistisch sein? Eine Stadt besetzen, damit sie nicht unter die Kontrolle eines Rivalen gerät?

Das legitimiert dann doch die karthagische Garnison, auch wenn der Schutz nur ein sekundäres Motiv für Karthago war. Die Funktion als Schutzmacht findet sich immer wieder im gesamten Verlauf der karthagischen Geschichte.
Die Besetzung Messanas als "humanitäre Mission" zum Schutz der alteingesessenen Bevölkerung (soweit sie überhaupt noch lebte)?

Wenn Du so argumentierst (oder besser gesagt: schönredest), solltest Du aber auch berücksichtigen, dass durch die römische Herrschaft über Sizilien die jahrhundertelangen Kriege zwischen Karthago und den Griechenstädten (und auch zwischen den Griechenstädten) beendet wurden. Also wenn der (angebliche) indirekte Nutzen für die ursprünglichen Messaner die karthagische Besatzung legitimieren (und ihr ihren imperialistischen Charakter nehmen) soll, dann muss das ebenso für die römische Herrschaft über Sizilien gelten.

Wären die Karthager so böse imperialistisch gewesen, wie das in der Diskussion versucht wird darzustellen, hätten sie jederzeit die Gelegenheit gehabt ihre Garnison so zu verstärken dass Messana vollständig von Ihnen kontrolliert wäre und eine Besetzung durch Rom unmöglich gewesen wäre.
Die Besetzung war offenkundig immerhin stark genug, dass zumindest Teile der Mamertiner sie als unerträglich empfanden.
 
Und mir ging es um den Vertrag zwischen Syrakus und Karthago, weil er die Einflusssphären beider Staaten absteckte.
Richtig, aber so weit ich weiß, waren Verträge zwischen Karthago immer so, dass man sich gegenseitig die Einflusssphären anerkannte. Manchmal musste der "Verlierer" Gebiet abtreten. Strittige Gebiete wurden keiner Seite zuerkannt. Eine vollständige Aufteilung der Insel war nicht Bestandteil eines Vertrages zwischen beiden und Messana insbesondere auch nicht. Wenn du andere Quellen hast, lass es mich wissen.
Und das soll nicht imperialistisch sein? Eine Stadt besetzen, damit sie nicht unter die Kontrolle eines Rivalen gerät?
Auch ich halte Karthago für eine Macht, welche im Verlaufe Ihrer Geschichte imperialistische Phasen hatte.
Die Stadt Messana wurde nicht vollständig besetzt, sondern nur eine symbolische Garnison eingebracht. Ja, jemand anderem die Kontrolle zu negieren ist für mich etwas anderes als selber die Kontrolle vollständig auszuüben.
Ja, was Messana angeht ging es der Zivilbevölkerung der Stadt unter den Römern besser als unter den Marmertinern, das legitimiert auch die Römer in diesem Punkt. Nur dass sie sich selber verpflichtet hatten, in Sizilien nicht einzugreifen, bleibt bestehen.
Die Besetzung war offenkundig immerhin stark genug, dass zumindest Teile der Mamertiner sie als unerträglich empfanden.
Die Quellen sagen nur, dass Teile der Marmertiner die Römer und andere die Karthager bevorzugten. Von unerträglich steht da nichts.
Die Besetzung Messanas als "humanitäre Mission" zum Schutz der alteingesessenen Bevölkerung (soweit sie überhaupt noch lebte)?
Wie kann Deiner Meinung nach eine Mörderbande, welche die alteingesessene Bevölkerung derartig abgeschlachtet hat, irgendetwas legitimieren?
 
Da also eine Mörderbande in Not kein Eingreifen legitimieren kann, was bleibt dann noch, was für die Karthager spricht?

Im Gegensatz zu Dir sehe ich nämlich keinen Grund für die Annahme, den Karthagern sei es, als sie eine Garnison nach Messana legten, auch um den Schutz der heimischen Zivilbevölkerung gegangen, nicht einmal "sekundär". Zwischen der Besetzung Messanas durch die Mamertiner und dem Einschreiten Karthagos vergingen mehr als zwei Jahrzehnte - Zeit, in der sich die Karthager offenbar nicht um das Wohl der einheimischen Messaner scherten. In dieser Zeit schlossen die Mamertiner und Karthago sogar ein Bündnis gegen Pyrrhos. In Messana intervenierten die Karthager erst, als die Mamertiner gegen Hieron zu erliegen drohten. Der karthagische Feldherr Hannibal kreuzte vor Messana auf, hielt die Mamertiner davon ab, sich Hieron zu ergeben, und legte eine Garnison in die Stadt.

Es ist also offenkundig, dass es den Karthagern darum ging zu verhindern, dass Messana an Hieron fällt, und deshalb machten sie sich selbst dort breit. Dafür, dass sie das Wohl der heimischen Zivilisten interessiert hätte, sehe ich nicht das geringste Indiz.

Es kann aber keine Rechtfertigung für die Besetzung einer Stadt sein, dass man "nur" verhindern wollte, dass sie an jemand anderen fällt.
 
Aber darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, dass einige hier im Forum immer die Opposition zwischen

{böse, expansionistische Römer} und {arme, überfallene Karthager}
aufmachen. Es geht darum, dass diese Dichotomie genauso wenig der historischen Wirklichkeit entspricht, wie die alte rassistische

{virile, kampferprobte Römer} und {semitische Händler}​
 
Aber darum geht es doch gar nicht. Es geht darum ...

Dir als Threaderöffner geht es darum, richtig. Von Ravenik allerdings liest man auf diesen Seiten genügend Beiträge, die in erster Linie versuchen, den römischen Expansionismus zu verharmlosen und zu rechtfertigen.

Zudem habe ich mehrmals den aus meiner Sicht immer noch berechtigten Einwand vorgebracht, dass die Tatsache, dass Karthago in anderen Gegenden imperialistisch handelte nichts an der doch recht eindeutigen Kriegsschuldfrage der punischen Kriege ändert. Da muss man nicht seitenweise diskutieren, ob die Mameritiner nun freundliche Zeitgenossen und Verwandte waren oder nicht. Rom hatte ganz andere Motivationen.
 
"Expansionismus", "imperialistisch", "Kriegsschuldfrage" (wie könnten auch noch "Angriffskrieg" hinzufügen, "Vernichtungskrieg" kam auch schon vor) - - - das alles sind Begriffe, welche im heutigen Gebrauch negative Wertungen enthalten (!) und damit, wenn sie auf Ereignisse in der Antike angewendet werden, eben diese Wertungen von außen in die Antike hineinlegen. Damit entsteht ein "Narrativ", welches die Antike an heutigen Wertvorstellungen misst und unausgesprochen unterstellt, diese heutigen Werte hätten den antiken Protagonisten/Entscheidungsträgern bekannt sein müssen.
Das kommt mir ebenso weit weg von der historischen Wahrheit vor wie die beiden von @El Quijote dargestellten Narrative (mit den Dichotomien)
 
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