Die Erben von Byzanz heute

@Seldchuk, was jeder in seiner eigenen Volksfrömmigkeit macht in Zeiten wie heute, wo Religionsunterweisung nicht mehr an der Tagesordnung ist, ist eine Sache, die man wohl nicht allgemeingültig beurteilen kann. Was aber die offizielle katholische Sicht angeht, so werden die Heiligen nicht angebetet, wie in einem heidnischen Pantheon, auch wenn das mitunter so wirkt, sondern ihre Nähe zu Gott wird honoriert und sie werden als Mittler angesprochen. Falls Du mal das Glück oder Pech hast, eine Prozession oder einer Wallfahrergruppe zu begegnen, dann stell dich mal an den Rand des Weges und hör zu. Da heißt es dann in wiederkehrenden Versen "Hl(e). X - Bitte für uns". So gibt es zwar Spezialitäten, wie Florian für den Brandfall, oder Antonius als cölestisches Fundbüro, oder am bekanntesten Petrus, für das Wetter, aber die Hl. sind und bleiben Fürsprecher bei Gott. Das gilt selbst für die "Muttergottes".
 
Lediglich verehrt? Nun, bei den Katholiken weiss ich, das sie ihre "Heiligen auch um Hilfe bitten". Das ist nicht nur Verehrung!


Das kann Dir vielleicht ein Katholik besser erklären. Ich hab´nur darauf hingewiesen, dass in der Orthodoxen Kirche die Ikonen nicht angebetet werden.

Das "um Hilfe bitten" der Heiligen ist auch in der Orthodoxie geläufig, da scheint es keinen Unterschied zum Katholizismus zu geben:

12. Heiligenverehrung in der Orthodoxen Kirche: unser Fürsprecher vor Gott.

In seinem Gebet zu Gott ruft der Orthodoxe Christ die Allheilige Gottesgebärerin, seinen Schutzengel und die Heiligen um Hilfe an. Die Anrufung der Heiligen im Gebet ist eine althergebrachte Sitte. Schon im Alten Testament, z. B., ruft der König und Prophet David aus: "Herr, Gott unserer Väter Abrahams und lsaaks und Jakobs". Durch die Erwähnung der gerechten Männer unterstützte der Psalmensänger sein Gebet. Auch heute ruft die orthodoxe Kirche "Christus, unseren wahren Gott, durch die Fürbitten Seiner Allerreinsten Mutter und aller Heiligen" an, sich der Gläubigen zu erbarmen und sie zu erretten.

http://www.russische-kirche-l.de/deutsch/l-glaubed.htm#12
 
Was aber die offizielle katholische Sicht angeht, so werden die Heiligen nicht angebetet, wie in einem heidnischen Pantheon, auch wenn das mitunter so wirkt, sondern ihre Nähe zu Gott wird honoriert und sie werden als Mittler angesprochen.
...
Das gilt selbst für die "Muttergottes".

Unterstützend dazu kann man an dieser Stelle auf einen Wiki Artikel verweisen, auch wenn dort versucht wird, das Thema mit wenigen Sätzen zu erklären: http://de.wikipedia.org/wiki/Römisch-Katholische_Kirche#Glaubensinhalte

Mit dem Thema "Erben von Byzanz" hat das freilich nicht mehr allzu viel zu tun...
 
"[...]wenn in der Orthodoxen Kirche diese Ikonen verehrt werden, bedeutet dies nicht Götzenverehrung, bedeutet es auch nicht Anbetung der Ikonen[...]. Die Verehrung gilt auch nicht den Ikonen selbst, sondern den Heiligen, die auf den Ikonen dargestellt sind."
G. Larentzakis, "Die Orthodoxe Kirche", S. 102, Verlag Styria, 2. Auflage 2001

Einst eine heikle dialektische Auseinandersetzung in der orthodoxen Welt ;

Am wahrscheinlichsten ist, dass eine immer schon vorhandene Abneigung in der Kirche gegen den Bilderkult
zu Beginn des 8. Jahrhunderts an Boden gewann. Kaiser Leon III. schloss sich dieser Auffassung an.
Vielleicht wurde er in seiner Entscheidung durch gleichgerichtete Strömungen im damaligen Judentum und
durch ein bilderfeindliches Edikt des Kalifen Yazid II. (721) bestärkt. An der Überzeugung des Kaisers,
er bekämpfe Auswüchse des christlichen Glaubens, ist nicht zu zweifeln.


Die Argumente der Orthodoxie wurden vor allem von Johannes von Damaskus erarbeitet. Da Christus Mensch
geworden ist, sei die Materie in die Verklärung emporgehoben worden und daher eine bildliche Darstellung
möglich geworden. Die Verehrung des Bildes gelte seinem Urbild, das Bild verachten heiße daher sein
Urbild verachten. Das Bild sei zwar nicht wesensgleich mit dem Urbild, es bestehe aber zwischen ihnen
eine Verbindung.


aus :
http://members.chello.at/nikolaus.werle/Bilderverehrung.htm
 
Das "um Hilfe bitten" der Heiligen ist auch in der Orthodoxie geläufig, da scheint es keinen Unterschied zum Katholizismus zu geben:

Also doch "um Hilfe bitten" und nicht bloss Fürsprache beim Allmächtigen. Zudem kann doch jeder selbst für sich sprechen, oder? Jeder muss sich doch vor Gott selbst verantworten. Mir will nicht in den Kopf, dass andere Menschen, egal wie gottnah sie auch sein mögen, Fürsprache halten könnten für etwaige andere Individuen?

Nun ja, einen Mittler kennen die Muslime im Islam nicht. Und der von Archimbolo angesprochene Bilderstreit, deutet mir an, das die Christen eigentlich auf dem "rechten Pfad" waren, sie aber abdrifteten. Dies ist freilich meine wenige Ansicht.

Um den Bogen zum kulturellen Erbe zu schlagen, muss angemerkt werden, dass das religiöse Erbe der Byzantiner, die Türken nicht übernommen haben.:)
 
Natürlich muss sich jeder selbst verantworten aber da sich die Heiligen durch besondere Nähe zu Gott auszeichnen, meint man, dass auf diesem Wege die Bitten an Gott schneller "bearbeitet" werden.

Im übrigen, willst du wirklich abstreiten, dass es in der islamischen Volksfrömmigkeit Heilige gibt? Dann lies bitte z.B. diese Links durch:
http://www.heiligenlexikon.de/Grundlagen/Heilige_im_Islam.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Heiliger#Heiligkeit_im_Islam
http://de.wikipedia.org/wiki/Marabut
 
Also doch "um Hilfe bitten" und nicht bloss Fürsprache beim Allmächtigen.

Soweit ich den von mir zitierten Text verstanden habe, ist das "um Hilfe bitten" eine Bitte um Fürsprache.

Zudem kann doch jeder selbst für sich sprechen, oder? Jeder muss sich doch vor Gott selbst verantworten. Mir will nicht in den Kopf, dass andere Menschen, egal wie gottnah sie auch sein mögen, Fürsprache halten könnten für etwaige andere Individuen?

Dann vertrittst Du die protestantische Sicht...

Und der von Archimbolo angesprochene Bilderstreit, deutet mir an, das die Christen eigentlich auf dem "rechten Pfad" waren, sie aber abdrifteten. Dies ist freilich meine wenige Ansicht.

An wertenden Urteilen über andere Glaubensrichtungen sind wir hier nicht interessiert.
 
Also doch "um Hilfe bitten" und nicht bloss Fürsprache beim Allmächtigen. Zudem kann doch jeder selbst für sich sprechen, oder? Jeder muss sich doch vor Gott selbst verantworten. Mir will nicht in den Kopf, dass andere Menschen, egal wie gottnah sie auch sein mögen, Fürsprache halten könnten für etwaige andere Individuen?

Nun ja, einen Mittler kennen die Muslime im Islam nicht. Und der von Archimbolo angesprochene Bilderstreit, deutet mir an, das die Christen eigentlich auf dem "rechten Pfad" waren, sie aber abdrifteten. Dies ist freilich meine wenige Ansicht. :)
Es ist aber bekannt, dass gerade in der Türkei Gräber von Derwischordensbrüdern /-gründern verehrt werden. Man geht dorthin, betet an ihnen, es gibt sogar einige, an denen man um spezielle Dinge bittet- z B Gesundheit oder bei Unfruchtbarkeit um Nachwuchs bittet.. Es gibt auch ein Grab eines ganz berühmten Kochs , an das jährlich viele Hausfrauen pilgern.
Insofern ist das nicht weit entfernt von orthodoxer Ikonenverehrung oder katholischerHeiligenanrufung
 
als orthodoxin und orientalistikerin kann ich einen türkischen gebetsspruch doch hier zitieren:"...und ehrerbietig im antlitz und wassers von X bitten wir dich Allah..." hier wird wasser als eine art reinheit des heiligen betrachtet. auf jedenfall gibt es im islam fürbitten, daher gibt es im islam sehr viele fürbitt heilige wie z.B. nur um einen zu nennen "Eyüp Sultan" dessen Grab in istanbul von sehr vielen pilgern besucht wird.
 
Frägt man Orthodoxe Arbreshen (Italo-Albaner) würden sie lieber heute als morgen gegen Konstantinopel ziehen. Ausserdem sind sie byzantinisch Orthodox und nicht griechisch. naja, groß wird der Unterschied nicht sein jedoch scheinen sie darauf zu bestehen das sie Byzantinisch Orthodox sind.
 
Die Arbresh sind meines wissens katholisch jedoch wird bei ihnen die Liturgie nach byzantinischem ritus durchgeführt.
 
Die Arbresh sind meines wissens katholisch jedoch wird bei ihnen die Liturgie nach byzantinischem ritus durchgeführt.

Eigentlich sind sie Orthodox, unterstehen aber der Römischen Kirche, wieso weiss ich auch nicht. Mann sollte auch unterscheiden aus welcher Gegend die Arberesh ursprünglich kamen. Ein aus Epirus ausgewanderter Albaner wird höchstwahrscheinlich Orthodox gewesen sein. Einer aus dem Norden Albaniens widerrum Katholisch.
 
Das sie der katholischen Kirche unterstehen hat einen einfachen Grund. Als sie emigrierten bekamen sie Land zugewiesen auf dem sie sich niederlassen können, jedoch unter der bedingung dass sie sich der römisch-katholischen Kirche und dem Papst unterstellen. Ähnlich war es nämlich bei den Griechen in Cargese (Korsika).
 
Das sie der katholischen Kirche unterstehen hat einen einfachen Grund. Als sie emigrierten bekamen sie Land zugewiesen auf dem sie sich niederlassen können, jedoch unter der bedingung dass sie sich der römisch-katholischen Kirche und dem Papst unterstellen. Ähnlich war es nämlich bei den Griechen in Cargese (Korsika).

Naja, auf jeden Fall denkt mein Arberesh Freund er müsste unbedingt eine Byzantinische Armee unter Führung Skanderbegs nach Konstantinopel schicken um es zu befreien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Heutige Länder, die als Erben des byzantinischen Reiches angesehen werden können: Die "orthodexen" Länder im Allgemeinen und Griechenland und Russland im Speziellen.
 
Heutige Länder, die als Erben des byzantinischen Reiches angesehen werden können: Die "orthodexen" Länder im Allgemeinen und Griechenland und Russland im Speziellen.
hallo an allen und auch dir @MariGanja! ich bin der @absinth.

also ich bin einverstanden, dass alle orthodoxen laender nachvfolger von Byzanz sind. aber warum wird unter den nachfolgern die Tuerkei weggelassen? wenn Byzanz einen direkten nachvolger hat, dann ist es gerade die Tuerkei. vergessen Sie bitte nicht, dass das Osmanische Reich Byzanz administrativ ganz genau kopiert hat.
das Russland eine speziaelle stellung unter den nachfolgern hat, finde ich auch. aber warum soll Griechenland speziaeller als die anderen sein, verstehe ich nicht.
 
Byzanz und die Türkei haben nichts miteinander zu tun. Abgesehen davon, dass sie Todfeinde waren, war Byzanz ein christlich geprägter Staat, der nach seinem Selbstverständnis die Idee des Römischen Reichs fortführte und eine griechisch-hellenistische Prägung hatte. Ich kann nicht sehen, welche Verbindungslinien also zwischen der Türkei (damals Osmanisches Reich) und Byzanz bestehen sollten, weder kulturell, noch religiös oder von der Staatsstruktur her. Die Türken übernahmen lediglich Rudimente der byzantinischen Verwaltung, da sie bis dato in dieser Hinsicht kaum Erfahrung hatten.

Das Osmanische Reich hat sich also durch Eroberung an die Stelle von Byzanz gesetzt, ist aber kein Nachfolger in dem von mir skizzierten Sinn.
 
Byzanz und die Türkei haben nichts miteinander zu tun. Abgesehen davon, dass sie Todfeinde waren, war Byzanz ein christlich geprägter Staat, der nach seinem Selbstverständnis die Idee des Römischen Reichs fortführte und eine griechisch-hellenistische Prägung hatte. Ich kann nicht sehen, welche Verbindungslinien also zwischen der Türkei (damals Osmanisches Reich) und Byzanz bestehen sollten, weder kulturell, noch religiös oder von der Staatsstruktur her. Die Türken übernahmen lediglich Rudimente der byzantinischen Verwaltung, da sie bis dato in dieser Hinsicht kaum Erfahrung hatten.

Das Osmanische Reich hat sich also durch Eroberung an die Stelle von Byzanz gesetzt, ist aber kein Nachfolger in dem von mir skizzierten Sinn.
logisch klingt deine aussage schon, aber richtig ist sie allerdings nicht.

die osmanischen Tuerken lebten jahrhunderte lang in Byzanz bis sie die byzantinische lebensweise, kultur und besonders kriegswessen voellig erlaernt hatten. dann wussten sie eines tages, dass sie es schaffen koennen Byzanz zu uebernehmen. das darauf folgende osmanische reich ist eine gute kopie des Byzantinischen. das was sich als fatal fuer Byzanz und auch fuer die ganze christliche welt erweist ist die zugehoerigkeit des eroberers zum Islam. wenn die osmanischen tuerken orthodoxe Christen waeren, haetten sie Byzanz 100% weitergefuehrt, nur gaebe es eine abwechslung des "herrschenden" volkes, dass die welt kaum gemaerkt haette.

die griechisch - hellenische praegung des staatswesens war im osmanischen reich vorhanden.
 
Ich habe weiter oben dazu schon einiges ausgeführt, das ich hier noch einmal wiederholen will.

Wenn hier der Begriff "Erbe" bemüht wird, so muss man hinzufügen, dass im Erbrecht - um bei diesem Vergleich zu bleiben - nur Blutsverwandte Erbe sein können. Worum geht es also, wenn man diese Begrifflichkeit auf Byzanz überträgt? Um ein kulturelles Erbe, ein religiöses Erbe und ein ideelles Erbe.

In keinem dieser Punkte hat das vom Islam geprägte Osmanische Reich jemals ein byzantinisches Erbe angetreten und auch das türkische Staatsvolk als Reichsbegründer stand diesem Erbe von Byzanz verständnislos gegenüber. Das kann man ihm natürlich nicht vorwerfen, denn es waren halbnomadische Hirtenstämme, die etwa um das Jahr 1000 in Kleinasien einwanderten, und um 1300 aus kleinsten Anfängen das expandierende Osmanische Reich errichteten. Sie nahmen jetzt zwar die geografische Position von Byzanz ein und füllten ein Machtvakuum, doch kulturelle oder ideelle Erben waren sie keineswegs.

Erben in diesem Sinne waren z.B. die süd- und ostslawischen Staaten, ferner Italien sowie auch Mittel- und Westeuropa und - nicht zu vergessen - der christliche Orient.
 
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