Ein Truppentransporter ist doch wohl eindeutig ein zum Militärschiff umdeklariertes Zivilschiff und somit auch ein militärisches Ziel. Oder sehe ich das zu blauäugig?
An die Haager Abmachungen von 1907, hier Nr. 7, hat sich offenbar niemand gehalten.
Avalon Project - The Laws of War
In den Haager Abkommen steht etwas zu Handelsschiffen (private vessel), die Truppen transportieren, und dadurch (automatisch?) zum Staatsschiff konvertiert werden? Welche völkerrechtlichen Fälle vor 1915 (Kriegsschiff=warnungslose Versenkung) betreffen Truppentransporter?
Nach den Haager Abkommen - und sonstigem Kriegsrecht als Völkergewohnheitsrecht - gab es
Kriegsschiffe und Handelsschiffe, sonst nichts. Die Umwandlung von Handelsschiffen ist geregelt (ausschließlich im Umwandlungsabkommen), oder sie ergab sich mE durch faktische Umwandlung - das war 1914/15 die Bewaffnung.
Selbstverständlich ist 1914 ein Handelsschiff als Truppentransporter ein militärisches Ziel: Versenkung gerechtfertigt, allerdings nach Prisenordnung, also nicht warnungslos. An Bord befinden sich Kombattanten, Behandlung ebenfalls nach Völkerrecht.
Wie gesagt, man sollte die Praxis 1939
Deutsche U-Boote 1935 - 1945 [U-Boote, Uboote, u-boote, uboote, uboot, u-boot, unterseeboote, Unterseeboote, submarine, submarines, uboat, u-boat, uboats, u-boats]
und 1914 unterscheiden.
Kurz dazu das Zitat:
Artikel 38 der deutschen Prisenordnung von
1939:
"Feindselige Unterstützung liegt vor: ...
5. wenn ein Fahrzeug die Reise eigens macht, um Nachrichten
im Interesse des Feindes oder Angehörige der feindlichen
Streitmacht oder Personen zu befördern, die sich in den Dienst
der feindlichen Streitmacht stellen wollen;
6. wenn ein Fahrzeug mit Wissen des Eigentümers, des Charterers
oder des Kapitäns eine geschlossene feindliche Truppenabteilung
an Bord hat, oder Personen befördert, die die feindlichen
Operationen während der Fahrt unmittelbar unterstützen. ..."
Folge:
Artikel 40
(1) Fahrzeuge, die feindliche Unterstützung begehen,
unterliegen
der Aufbringung und Einziehung ¹). Überdies kann mit Waffengewalt
gegen sie vorgegangen werden,
soweit dies nach allgemeinem Kriegsrecht zulässig ist ²). ...
²) Z.B. gegen Fahrzeuge, die an Kampfhandlungen teilnehmen,
Transportschiffe, die Truppen an Bord haben.
... und das (Kriegsrecht!) war es eben nicht, es sei denn, das Schiff leistet Gegenwehr (Rammen), die Mannschaft oder die transportierten Truppen leisten Gegenwehr, es funkt, fährt im Geleitzug etc.
Übrigens gibt es daraus einen weiteren Schluss: diese Regelungen besagen im Umkehrschluss, dass es sich nicht automatisch um ein Kriegsschiff handelt. Sie besagen weiter, dass für das fragliche Handelsschiff die Anwesenheit von Truppen vorliegen muss - nach Prisenordnung also festgestellt werden müßte.
Nach Rechtsstand 1914/15 wurde dieses überhaupt nicht problematisiert. Wie gesagt, die Problematisierung stammt erst aus 1939!
Ist aber egal, es ging im Mai 1915 nicht um die Versenkung von "Truppentransportern" für Schwieger. Da die Lusitania überdies keine Truppen transportierte, wäre die Versenkung selbst noch nach der deutschen Prisenordnung von
1939 völkerrechtswidrig.
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