Fabelwesen mit realem Hintergrund?

Wenn der Versuch, das römische Heer mit einem Drachen gleichzusetzen, eine moderne Interpretation ist, könnte man ja fragen, ob da nicht eine Parallele hergestellt werden sollte zur Johannesoffenbarung, in der der Drache, das Tier mit den sieben Köpfen, ja auch als Metapher für die römischen Kaiser gesehen wird.
 
Ich zähle mich nicht zur Fraktion der "Arminius-Siegfried-Identität-Befürworter", (bin da eher neutral), aber man hat doch in einem römischen Limeskastell irgendwo bei Neuwied (oder die Ecke) eine römische Reiterstandarte in Form eines Drachenkopfes gefunden. Möglicherweise wurde dann so der Drache zum Synonym für die Römer, so wie man heute den MSV Duisburg wegen seines Vereinswappen mit dem Zebra als "die Zebras"* bezeichnet.

Nachtrag: hier ist der römische Drachenkopf:

Funde

*Wir sind Zebras weiß blau, unser Club der MSV...(offizielle MSV Hymne):yes:
 
Drachen waren doch nicht ein ausdrückliches Zeichen für Römer. Welche Erklärung soll es dann für alle anderen Monster in Sagen, seit der Antike geben. Diesen Drachenkopf als Beweis heranzuziehen ist etwas weit hergeholt. In keiner anderen Sage behauptet man, dass der Drache ein Heer symbolisieren soll. Weshalb ausgerechnet bei Siegfried ? Nur weil man in ihm zu gerne Arminius wiederfinden möchte. Die ganze Handlung weist keinerlei Zusammenhänge mit den Ereignissen des Jahres 9 n.Chr. auf. Die Rolle des Untieres ist verglichen mit der Gesamthandlung doch nur eine Episode von vielen.

Im Mittelalter, in dem das Niebelungenlied niedergeschrieben wurde war der Drachen Synonym für das Böse oder den Teufel. Das römische Heer war da schon über tausend Jahre Geschichte und nicht mehr allgegenwärtig. In den Sagen findet man in erster Linie Menschen die miteinander kämpften. Ausgerechnet die Römer sollen da die große Ausnahme sein. Vollkommen unlogisch. Genauso gut hätte man da die Hunnen zu einem Ungeheuer machen müssen, die in der Völkerwanderungszeit die größte Bedrohung darstellten. Statt dessen finden wir Attila (Etzel) als gütigen und gerechten König ,das Musterbeispiel eines Herrschers. Das dürfte an der Historie auch ziemlich vorbei zu gehen. Man hat sich in den Sagen eine Ritterwelt zurechtgbastelt, die mit realem Geschehen ,der Spätantike relativ wenig zu tun hatte.
 
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Ich zähle mich nicht zur Fraktion der "Arminius-Siegfried-Identität-Befürworter", (bin da eher neutral), aber man hat doch in einem römischen Limeskastell irgendwo bei Neuwied (oder die Ecke) eine römische Reiterstandarte in Form eines Drachenkopfes gefunden. Möglicherweise wurde dann so der Drache zum Synonym für die Römer, so wie man heute den MSV Duisburg wegen seines Vereinswappen mit dem Zebra als "die Zebras"* bezeichnet.
Dann lies mal bitte ab welcher Zeit die Römer den Draco als Standarte führten, im 4. Jh. Zur Zeit des Arminius dürften es hauptsächlich die Legionsadler gewesen sein und die hatten nichts mit Drachen zu tun. In der Aufzählung findet man zahlreiche Völker, die auch den Draco als Zeichen führten u.A. auch die Hunnen.
Dracostandarte ? Wikipedia
 
Das Kastell Niederbieber wurde während der Regierungszeit des Kaisers Commodus (180-192 n. Chr.) errichtet. Die Varusschlacht war in der zweiten Hälfte des Jahres 9 n. Chr.
 
Wenn man die heutigen Schätzungen der Truppenstärke des Varus von ca 20.000 Mann (3 Legionen plus Auxiliartruppen) zugrunde legt, dann dürfte der ganze Troß etwa an die 20 Kilometer lang gewesen sein. Die Versorgung, der Nachschub, das Schlachtvieh, die Familien, all das waren sehr große Dimensionen, die auf einen neutralen Beobachter sehr wohl wie das Kriechen eines großen Lindwurms oder Schlange ausgesehen haben mag.
Mit viel Fantasie mag das Heer an eine Schlange erinnert haben. Die Frage aber bleibt: Warum hätten die Germanen das römische Heer als Schlange/Lindwurm bezeichnen sollen? Wie also konnte aus dem Heer in der Überlieferung ein Lindwurm werden?

Heutzutage mag auch so mancher Stau auf der Autobahn wie eine riesige Schlange in der Landschaft wirken, trotzdem erzählt niemand, der in einem Stau steckte, hinterher, wenn er mit Verspätung zur Arbeit kommt, seinem Chef, er sei unterwegs von einer Schlange verschluckt worden, die ihn erst nach einer Stunde wieder ausgespuckt habe ....

Geschichtsschreibung im antiken Sinn hatte auch immer viel mit Geschichten erzählen zu tun, sie diente bspw im Orient auch der Unterhaltung. Siegfrieds alleinigen Kampf würde ich frei als seinen Plan interpretieren, das Bad im Drachenblut vielleicht eine Allegorie auf seine militärische Ausbildung in Rom?
Allerdings ist die militärische Ausbildung in Rom auch eine Erfindung des 19. Jhdts.

Ganz grundsätzlich wird gerne ein Punkt übersehen: Wenn man nur lange genug sucht und abstrahiert, wird man zwischen praktisch jedem beliebigen historischen Ereignis und jeder beliebigen Sage Parallelen finden und dann argumentieren können.

Beispiel gefällig? Dietrich von Bern fiel der Sage nach mit hunnischen Verbündeten in Italien ein. Hannibal fiel ebenfalls mit einem Heer, dem Krieger verschiedener Völkerschaften angehörten, in Italien ein. Also Dietrich=Hannibal?

Das war aber noch ein einfaches Beispiel. Richtig umständlich wird es, wenn in der Überlieferung ein Heerzug zu einem Lindwurm, eine militärische Ausbildung zu einem Bad im Drachenblut oder gar Jahre im römischen Dienst zu einer Tarnkappe werden sollen. Wie soll denn das praktisch funktionieren? Wie soll beim mündlichen Weitererzählen einer Überlieferung eine militärische Ausbildung zu einem Drachenblutbad werden?
 
Im Leben des Arminius dürfte der Kampf gegen die Römer das zentrale Thema gewesen zu sein. Wäre er Siegfried in Person und der Drachen die Metapher Roms, müsste der größte Teil Sage vom Kampf gegen das Untier handeln. Tut es aber nicht. Der Drachenkampf kommt ziemlich früh in der Handlung vor und danach geht es um vollkommen andere Dinge.

Wenn man sich große Mühe gibt, kann man auch in Rotkäppchens Jäger Arminius wiederfinden. Der Wolf ist die Metapher für die römische Wölfin und die verschluckte Oma und Rotkäppchen sind die unterjochten Germanen. Der Jäger(Arminius) schneidet der römischen Wölfin den Bauch auf und befreit damit die Germanen. Die Steine, die die vereinten Germanen dem Wolf in den Bauch füllen stehen für die Sorgen des Augustus und der Fall in den Brunnen den Rückzug der Römer ninter den Rhein.:autsch:
Das funktioniert, wenn man es will mit fast jeder Sage oder jedem Märchen. Man kann in alles etwas hineininterpretieren wenn der Wunsch der Vater des Gedankens ist.:)
 
naja, warum ist ein Heer ein Lindwurm?
Die Schilde sind nun mal aus Linde, warum das dann mit dem Drachen gleichgesetzt wurde????
 
naja, warum ist ein Heer ein Lindwurm?
Die Schilde sind nun mal aus Linde, warum das dann mit dem Drachen gleichgesetzt wurde????

Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, dass die Schilde aus Linde gewesen seien (kann ja durchaus sein), der Begriff Lindwurm allerdings hat mit dem Baum und seinem Holz nichts zu tun.
 
der Begriff Lindwurm allerdings hat mit dem Baum und seinem Holz nichts zu tun.
Bist Du da ganz sicher ? Auf Wappen, die einen Lindwurm tragen sind manchmal eine Linde oder stilisierte Lindenblätter mit abgebildet.

Siegfrieds Wurm hatte auch einen Namen, Fafnir. Auch dieses Wort lässt sich kaum mit Römern in Verbindung bringen.
 
Nun, im Hildebrandslied stehts drin:
irgendwie so: "Die weiße Linde splittert"und es gibt Funde von Schilden aus Linde.
Aber dazu können ja Kompetentere hier was sagen
 
Im Leben des Arminius dürfte der Kampf gegen die Römer das zentrale Thema gewesen zu sein. Wäre er Siegfried in Person und der Drachen die Metapher Roms, müsste der größte Teil Sage vom Kampf gegen das Untier handeln. Tut es aber nicht. Der Drachenkampf kommt ziemlich früh in der Handlung vor und danach geht es um vollkommen andere Dinge.

Wenn man sich große Mühe gibt, kann man auch in Rotkäppchens Jäger Arminius wiederfinden. Der Wolf ist die Metapher für die römische Wölfin und die verschluckte Oma und Rotkäppchen sind die unterjochten Germanen. Der Jäger(Arminius) schneidet der römischen Wölfin den Bauch auf und befreit damit die Germanen. Die Steine, die die vereinten Germanen dem Wolf in den Bauch füllen stehen für die Sorgen des Augustus und der Fall in den Brunnen den Rückzug der Römer ninter den Rhein.:autsch:
Das funktioniert, wenn man es will mit fast jeder Sage oder jedem Märchen. Man kann in alles etwas hineininterpretieren wenn der Wunsch der Vater des Gedankens ist.:)


Es gibt zu Hänsel und Gretel eine großartige Wissenschaftsparodie, bei der man manchmal glauben möchte, es ist doch etwas dran:
Die Hexe soll eine Nürnberger Lebkuchenbäckerin gewesen sein, die anno ? der Hexerei bezichtigt wurde.
 
Bist Du da ganz sicher? Auf Wappen, die einen Lindwurm tragen sind manchmal eine Linde oder stilisierte Lindenblätter mit abgebildet.
Ja da bin ich. Wenn es solche Darstellungen von Drachen und Lindenblättern gibt, dann werden die auf Pseudoetymologien oder ggf. Siegfrieds Lindenblatt basieren. Lint ist ein altes Wort für Schlange, Lindwurm also eine Tautologie.

Siegfrieds Wurm hatte auch einen Namen, Fafnir. Auch dieses Wort lässt sich kaum mit Römern in Verbindung bringen.
Wir hatten mal einen User, der versucht hat, aus Fafnir Varus zu machen.
Hyokkose hat dann folgendes ausgeführt (im Übrigen, dass Hyo meinen Namen wählte lag nicht daran, dass ich der nämliche User gewesen wäre, dem er dies entgegnete; das war in der Tat nicht so):

Nicht nur Regelmäßigkeiten müssen belegt werden, sondern namentlich "Unregelmäßigkeiten" müssen belegt und nicht einfach nur behauptet werden. Und besonders ausgefallene Behauptungen (etwa: aus "rus" wird "fner") erfordern besonders gute Begründungen.

Mit einem Gemisch aus Halbwahrheiten, unwissenschaftlicher Methodik und der Behauptung von "Unregelmäßigkeiten", die jederzeit als Joker hervorgezogen werden, läßt sich jeder beliebige Zusammenhang aufstellen. Wie beliebig, demonstriere ich gern ein weiteres Mal; diesmal behaupte ich, daß "Quijote" von "Varus" abgeleitet sei.

"Beweisführung":

1. Aus "w" wird "gw" (in der Schrift "gu" oder "qu" oder so ähnlich), das kennt man ja vom germanisch-romanischen Sprachkontakt zur Genüge: "werra"/"guerra", "Welfen"/"Guelfen" etc.
Varus -> Quarus

2. Aus "r" wird "l" (kleine Kinder verwechseln oft "r" mit "l")
Quarus -> Qualus

3. Im Spanischen wird aus "l" ein "ij" und aus dem "us" ein "o" (latein "filius" wird zu spanisch "hijo"
Qualus -> Quijo

4. Die Endsilbe "-te" wird angehängt, hat wohl mit der Anrede zu tun, z. B. "calma" -> "calmate"
Quijo -> Quijote

Wir sehen: Die Herleitung von "Quijote" aus "Varus" ist besser begründet als die Herleitung von "Fafner" aus "Varus".

Solange die Trickkiste "Ich behaupte mal ne kleine Unregelmäßigkeit" nicht methodisch ausgeschlossen ist, kann ich Dir jedes beliebige Wort aus "Varus" herleiten.


Nun, im Hildebrandslied stehts drin:
irgendwie so: "Die weiße Linde splittert"und es gibt Funde von Schilden aus Linde.
Aber dazu können ja Kompetentere hier was sagen

Es splittert das weiße Schild (huitte scilti) und ihre lindenen (unti im iro lintun).
 
Lint ist ein altes Wort für Schlange, Lindwurm also eine Tautologie.
mittelhochdeutsch lintwurm, zu althochdeutsch lint = Schlange, Drache; also eigentlich verdeutlichend = Schlangenwurm
aus Duden | Lindwurm | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Synonyme, Herkunft

...insofern nützt es also wenig, dass in ein paar frühmittelalterlichen Texten als Metapher für den Schild verwendete Lindenholz zu nehmen (z.B. in einem altengl. Zauberspruch) und zu fantasieren, dass die Lindenholzschilde von Varus´ Legionen als Schuppen eines Linden(holz)wurms in die Sage eingegangen waren... :D ein Holzweg sozusagen
 
Wer sprach von Varus Legionen? Und dann die nächste Frage: "ist es ein Zirkelschluß" aus angeblich Lint= Schlange,Drache zu schließen, das der Lindwurm eben nicht den Heerzug von mit Schilden bewaffneten meint??

Kann es sein, mal so in die Runde gefragt, das lint ursprünglich den Heerzug meint und Duden dann auf das Fabelwesen kommt?

Denn ein Zug mit Schilden bewaffneter sieht nun mal von weiten aus , wie ein mit Schilden geschuppter Wurm. Diese hellen, ~80cm im Durchmesser runden Dinger sieht man von weitem, den buntscheckigen Rest eher weniger.

Damit gäbe es ein reales Wort für etwas sehr reales, zumindest im Ursprung. Während es im anderen Fall eine Bezeichnung für etwas reales (den Baum/das Holz) gleichlautend mit etwas fantastischem (Schlange/Drache) wäre. Gut , "Melissengeist" ist in der Hinsicht allerdings auch zweideutig ;-)
 
Kann es sein, mal so in die Runde gefragt, das lint ursprünglich den Heerzug meint und Duden dann auf das Fabelwesen kommt?

Nein, das Wort ist nicht nur im Deutschen belegt.
Kann es sein, dass du versuchst, mit Gewalt eine falsche Hypothese zu retten?

Denn ein Zug mit Schilden bewaffneter sieht nun mal von weiten aus , wie ein mit Schilden geschuppter Wurm. Diese hellen, ~80cm im Durchmesser runden Dinger sieht man von weitem, den buntscheckigen Rest eher weniger.

Sind die denn früher immer alle in Reih und Glied marschiert?
 
Zuletzt bearbeitet:
Denn ein Zug mit Schilden bewaffneter sieht nun mal von weiten aus , wie ein mit Schilden geschuppter Wurm. Diese hellen, ~80cm im Durchmesser runden Dinger sieht man von weitem, den buntscheckigen Rest eher weniger.
Kann sein, ich halte auch immer eine lange Autoschlange auf der Autobahn für ein qualmspeiendes, brüllendes Monster und wage mich nur durch gutes Zureden mich dem Untier anzuschließen;).

Hätte der Held ganz allein ein Heer besiegt so wäre das eine größere, besingenswertere Heldentat als ein Drachenkampf gewesen. Warum hätte man den Ruhm des Recken in der Sage so schmälern sollen ?
 
Wer schon mal eine Truppe Leute mit Rundschilden wie eine Hammelherde o.ä. in Richtung Schaukampfplatz hat gehen sehen, weiß was ich meine. Die laufen nicht in Reih und Glied aber immer irgndwie recht wenige nebeneinander und viele hintereinander.

Ich will hier durchaus keine Hypothesen stützen, allerdings aber die Hypothese, der Lindwurm sei ein Fabelwesen ohne realen Hintergrund, hinterfragen.
DAS Siegfried nicht allein ein Heer besiegte, einen Drachen tötete,scheint klar,denn Arminius hat ja auch nicht nur Varus besiegt , wo auch immer. Schön wärs gewesen, wären nicht so viele Legionäre gestorben ...
 
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