Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Dazu passend auch dieses Zitat:

"Nach einer langen Periode, in der das Blei aus Germanien von Forschern gänzlich ignoriert wurde, erscheint durch die jüngsten Arbeiten eine Produktion im Sauerland unter Augustus sehr wahrscheinlich. Sie dauerte wohl nur sehr kurz, dürfte aber umfangreich gewesen sein. Der Export germanischen Bleis in den Mittelmeerraum ist gut belegt."

https://www.academia.edu/4196592/Bleibarren_Tongeren_lead_ingot_Tiberius

Der einheimischen Bevölkerung und deren Elite kann der Raubbau der Bodenschätze und die Provinzialisierung durch die Römer nicht gefallen haben. Zumal man in einigen Lagerstätten in Niedergermanien links des Rheins Münzen mit dem "hockenden Männlein" (Ubier) gefunden hatte. Sagt nicht Florus das es die Germanen im Jahre 9 n. Chr. hauptsächlich auf die "Sachwalter" abgesehen hatten? Wenn so ein Aufstand in einer kaiserlichen Domäne losbrach musste Varus als oberster Verwalter natürlich reagieren.

Wie gesagt - ich habe zwei Verteil-Zentren bei den Münzfunden des Germanicus:

* Weser-Diemel-Region (15 n. Chr.)
* Werra-Unstrut-Region (16 n. Chr.)
 
(Die Gruben brauchen nicht von Menschen verfüllt worden sein, dass regelt auch die Natur in 5 bis 7 Jahren, was zeitlich auch passt.)
Die Natur legt Knochen eingermaßen geordnet zueinander?

Ach ja, am Eggengebirge zeichnet sich eine schöne Struktur eines ehem. möglichen röm. Landhauses ab. In unmittelbarer Nähe davon fand man 1 Lugdunum I As, welches sowohl einen Gegenstempel des Varus hatte, als auch einen Gegenstempel des Germanicus. In weiterer Umgebung fanden sich 2 weitere Lugdunum I Asse mit VAR-Gegenstempel sowie 1 republik. Denar.
Literatur dazu? Ich frage nur nach, weil du ja gerne mal Gegenstempel, die Werz auf vor 9 datiert nach 9 datierst.
Und was hat das mit unserer Diskussion zu tun?
Das erinnert mich gerade von der Diskussionsweise so ein bisschen an:
F: "Was sagen Sie eigentlich dazu, dass Ihre Partei die Renten radikal kürzen möchte?"
A: "Flüchtlinge fressen kleine Kinder!"
F: "Das können Sie doch nicht verallgemeinern"
Und schon redet man nicht mehr über Rentenkürzung sondern über Flüchtlinge. (Nicht dass ich dir politisch was unterschieben will.)
Daher die Frage: Was hat dieses womöglich römische Gebäude mit unserer Diskussion zu tun?

Sprach nicht Tacitus auch was von "colonias"? Und ist es nicht so, dass Cassius Dio ebenfalls davon spricht ?
Eine solche Stelle ist mir bei Tacitus nicht bekannt. Im Übrigen gilt dasselbe wie oben? Themenbezug?

Wurde bei Brilon von den Römern nicht Blei abgebaut?
Ja. Unter anderem haben wir Bleibarren mit dem Stempel der 19. Legion, sowohl aus Haltern als auch aus einem gekenterten Schiff vor Sardinien. Dieses Blei (aus Sardinien) stammte aus dem Sauerland.
Aber was ist der Themenbezug?

Die müssen doch wo gewohnt haben? Vielleicht in einer kaiserlichen Domäne ???
Die Ausbeutug von Minen wurde von Privatunternehmern übernommen, die dafür dem Staat Pacht zahlten. :rechts: publicani.


Wie gesagt - ich habe zwei Verteil-Zentren bei den Münzfunden des Germanicus:

* Weser-Diemel-Region (15 n. Chr.)
* Werra-Unstrut-Region (16 n. Chr.)
Das ist ja phantastisch, dass du sie sogar so jahrgenau datieren kannst.

Die Ubier waren im Übrigen nach allem, was wir wissen, romfreundlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, die Knochen in den Knochengruben in Kalkriese wurden niedergelegt. Nachdem sie mehrere Jahre obertägig gelegen hatten.
 
Selbstzensur. Nicht, dass El Quijote noch einen Herzinfarkt bekommt. :)

Es ist ja eigentlich eine logische Spielerei.

Hermundure, Deine Hinweise brauchen nicht bedeuten, dass Germanicus da war. Sie sagen nur, dass es Kontakte gab. Da reicht schon, wenn Anwohner für die eine oder andere Seite kämpften. Oder Überschüsse verkauften.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sprach nicht Tacitus auch was von "colonias"? Und ist es nicht so, dass Cassius Dio ebenfalls davon spricht ?

Colonia heißt nicht Kolonie, sondern war ein bestimmter Rechtsstatus für eine römische Stadt. Aber davon schrieb Tacitus nicht, sondern nur Cassius Dio:

(2) ihre Truppen überwinterten dort und gründeten Städte, und die Barbaren paßten sich an ihre Ordnung an, gewöhnten sich an Märkte und trafen sich in friedlichen Versammlungen

Cassius Dio 56,18,2 Internet-Portal "Westfälische Geschichte"
 
Hallo ELQ,

nochmal - den TIB-Gegenstempel 193 z.B. gibt es im Rechtsrheinischen nur in Kalkriese und im Kastell Hofheim am Taunus (und natürlich in den linksrheinischen Standlagern). Jedoch nicht in Haltern, Anreppen, Dorsten-Holsterhausen oder Waldgirmes etc. In Kalkriese kommen aber keine CAES 61 Gegenstempel vor - in Hofheim am Taunus und in den linksrheinischen Standlagern schon. Ergo wurde der TIB 193 Gegenstempel zwischen dem Haltern-Horizont und dem Germanicus-Horizont geprägt. Was ist daran so schwer zu verstehen?

Das Ausschlussverfahren ist das sicherste Verfahren überhaupt. So hat es auch P. Ilisch mit den Lugdunum I Assen gemacht. In Oberaden gibt es diese nicht, aber in Haltern -> ergo muss das Lager in Haltern später angelegt worden sein.

Grüße
 
... Ergo wurde der TIB 193 Gegenstempel zwischen dem Haltern-Horizont und dem Germanicus-Horizont geprägt. Was ist daran so schwer zu verstehen?

Das Ausschlussverfahren ist das sicherste Verfahren überhaupt. So hat es auch P. Ilisch mit den Lugdunum I Assen gemacht. In Oberaden gibt es diese nicht, aber in Haltern -> ergo muss das Lager in Haltern später angelegt worden sein.

Moin
Bin ja nun ein Münzlaie, aber die absolute Festlegung, dass dieses oder jenes Lager dann oder dann entstanden sein muss, nur weil man eine bestimmte Münze dort (noch) nicht gefunden hat, leuchtet mir nicht ein!

Eine etwas relativierendere Ausage würde ich mir schon wünschen!

Gruß
Andreas
 
Es gibt keine TIB-Gegenstempel in Kalkriese. Berger teilt lediglich TIB-Gegenstempel in vor und nach dem Machtübergang von Augustus auf Tiberius ein (S. 48, Die Römische Fundmünzen aus Kalkriese).
 
@ ELQ,

natürlich gibt es den, U. Werz listet ihn doch in seiner Doktorarbeit mit auf. Außer dem TIB 193 Gegenstempel ist da ja noch der CA 58 Gegenstempel. Auch der ist nicht im Haltern-Horizont vertreten. Willst du den auch noch weginterpretieren ???

Einfach mal überlegen - sorry, musste mal so gesagt werden. Ich diskutiere nur über das was da ist, und nicht das was da sein könnte.
 
Hallo Xander,

nein, da gibt es nichts zu relativieren oder zu beschönigen. Haltern hat bisher ca. 4000 Münzen erbracht. und Kalkriese ca. 2000 Fundmünzen. Sollte irgendwann einmal in Kalkriese ein Gegenstempel des Germanicus vom Typ CAES 61 gefunden werden, dann wäre Kalkriese ein heißer Kandidat für Varus. Jedoch glaube ich das nicht. Das zeigt das Münzspektrum. In Anreppen z.B. gibt es mittlerweile über 500 Fundmünzen, jedoch keinen einzigen Gaius-Lucius Denar der Serie I. Somit wissen wir, dass das Lager nicht über das Jahr 5 n. Chr. hinaus bestanden hatte. Das gleiche gilt für Marktbreit, auch wenn hier weniger Münzen bisher gefunden worden sind. Als der Pannonische Aufstand 6 n. Chr. losbrach, hatte man in den vielen großen Münzhortfunden dieser Zeit im Illyricum gerade einmal 1-3 Gaius-Lucius Denare der I. Serie als Schlußmünze (Bilic 2012). Wir wissen mittlerweile das dieser Denartyp erst frühestens 6 n. Chr. die Legionen erreicht hatte. Nach Germanien kam dieser Typ wahrscheinlich erst mit Varus (M. Barkowski 2010; B. Sicherl 2012 nicht publiziert). Auch im großen Hortfund von Polaniec/PL gibt es von den 148 Denaren gerade einmal 3 vom Gaius-Lucius Typ (u.a. auch als Barbarisierung). Aleksander Bursche sieht diesen im Zusammenhang mit dem Pannonien-Aufstand als Stillhaltegelder der Römer an. In der Magna Germania gibt es nur 1 einzigen Hortfund, welcher als sehr früh angesehen werden kann - nämlich der Schatzfund von Gehrden. Dort waren unter den 30 Denaren auch nur 2 Prägungen vom Gaius-Lucius-Typ. Diese waren sogar subaerat. Alle anderen Hortfunde oder Barschaften wie Kalkriese, Dorsten-Holsterhausen oder Seppenrade weisen weit höhere %-Werte auf -> waren also demzufolge später. Wobei Dorsten-Holsterhausen sogar der Anteil mehr als 50% ausmacht !

Grüße


PS: Tabelle ist nur für den Privatgebrauch !
 

Anhänge

  • Hortfunde.pdf
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... In Anreppen z.B. gibt es mittlerweile über 500 Fundmünzen, jedoch keinen einzigen Gaius-Lucius Denar der Serie I. Somit wissen wir, dass das Lager nicht über das Jahr 5 n. Chr. hinaus bestanden hatte. ...


Moin

Aber genau solche Aussagen machen mich stutzig, bzw. skeptisch! Zu postulieren, dass Anreppen über das Jahr 5 n.Chr. nicht bestanden haben kann, nur weil man keine entsprechenden Münzen gefunden hat, finde ich halt etwas gewagt.
So eine klare Deutung sollte doch auf mehr Fakten fußen, als nur auf Münzfunde. :grübel:
 
@ Xander,

Münzfunde, vor allem wenn ich über 500 Stück habe wie im Fall von Anreppen, sind die klarste Aussage für eine Chronologie. Das hat P. Ilisch damals sehr gut am Vergleich Haltern mit Oberaden heraus gearbeitet. Bei Keramik oder Fibeln bekommst du so eine Feindatierung gar nicht hin. Diese können nur als erweiterte Hilfsmittel für die Chronologie dienen. Münzen sind immer die erste Wahl.
 
@ Xander,

Münzfunde, vor allem wenn ich über 500 Stück habe wie im Fall von Anreppen, sind die klarste Aussage für eine Chronologie. Das hat P. Ilisch damals sehr gut am Vergleich Haltern mit Oberaden heraus gearbeitet. Bei Keramik oder Fibeln bekommst du so eine Feindatierung gar nicht hin. Diese können nur als erweiterte Hilfsmittel für die Chronologie dienen. Münzen sind immer die erste Wahl.

5oo Münzfunde sind sicher ein wichtiger/gewichtiger Faktor, aber gewiss nicht "die klarste Aussage"!
Ob eine Münze an einem bestimmten Ort gefunden werden kann hängt ja wohl davon ab, über welchen Zeitraum so eine Münze dort gehandelt wurde und wieviele Exemplare überhaupt im Umlauf waren.
Einfach nur zu sagen, dass man 500 Münzen hat und das Exemplar XY fehlt, ist mir zu wenig.

Gruß
Andreas
 
Willst du den auch noch weginterpretieren ???
Ich interpretiere gar nichts weg. Berger, Die Fundmünzen von Kalkriese, S. 48:
Eine entscheidende Rolle spielen die Gegenstempel bei den römischen Fundmünzen von Kalkriese. Von dort sind bis 1995 473 Kupfermünzen bekannt. [...] Von den eindeutig identifizierbaren 205 Lugdunumstücken tragen 195 einen Gegenstempel (= 95,1 %) Insgesamt sind 280 ganze und 7 Hälften der Kupfermünzen in As-Format mit Gegenstempel vorhanden:
70 (63 ganze und 7 Hälften) IMP mit Lituus im Kreis,
80 AVC im Rechteck,
14 VAR im Rechteck,
2 C.VAL im Rechteck,
1 P Dreiblatt P im Rechteck,
1 Vogel(?) im Kreis,
55 rechteckige Gegenstempel
9 kreisförmige Gegenstempel
48 Gegenstempel sind nur als Vertiefung erkennbar. Die restlichen Asse sind so schlecht erhalten, dass nicht erkennbar ist, ob sie einmal einen Gegenstempel trugen.
Einfach nur zu sagen, dass man 500 Münzen hat und das Exemplar XY fehlt, ist mir zu wenig.

Nur zur Methodik an sich: Da Hermundure schon recht. Wenn eine statistisch signifikante Münze in einem Fundkomplex nicht auftaucht, ist das ggf. erklärungsbedürftig.
 
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Nur zur Methodik an sich: Da Hermundure schon recht. Wenn eine statistisch signifikante Münze in einem Fundkomplex nicht auftaucht, ist das ggf. erklärungsbedürftig.

Darum schrieb ich ja "... sicher ein wichtiger/gewichtiger Faktor"! Dennoch meine ich nicht, dass man hier von einer "klarsten Aussage" sprechen kann!
Die allein stört mich!
 
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