Es ist wirklich schade, daß man bei den Frontangriffen auf BOIORIX im Laufe der Diskussion eigentlich nicht mehr mitkommt. Mich hatte vor einigen Tage schon wieder seine Rede von "fränkischen Alamannen" fasziniert. Nur dieser Frage bin ich etwas nachegegangen:
Boiorix schrieb:
E.
Boiorix:
Bucinobanten. Meine Vermutung und Dein Einwand.
Ich basiere mich da auf "R.Wenskus: Stammesbildung und Verfassung" (Verl.Böhlau, Köln, 1965)
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F.
Witege:Zitat: Also "fränkische Alamannen" und daher die fränkischen Namen in Paradiddles Liste. Die stammen doch aus späterer Zeit, als die Alamannen schon von den Franken erobert worden waren.
Boiorix:
Ich habe geglaubt, es handle sich bei der Liste nur um ältere Dokumente, bzw. Namen. Mein Pech!
So ganz verstehe ich das jetzt nicht. Zuvor schreibst du:
Boiorix schrieb:
Also "fränkische Alamannen" und daher die fränkischen Namen in Paradiddles Liste.
Darauf antwortete WITEGE:
Witege schrieb:
Die stammen doch aus späterer Zeit, als die Alamannen schon von den Franken erobert worden waren.
Du revidierst also die Ansicht, daß Alemannen mit fränkischen Namen nicht Franken sind. Aber nicht deine Erwägung, die Bucinobanten als Franken zu betrachten. Mitnichten teile ich zwar die Auffassung, hauptsächlich die von Merowingern geführten Salier als Franken gelten zu lassen, wie du dies implizit tust. Zudem mir dann auch nicht einleuchtet, wenn du schreibst:
Boiorix schrieb:
Ojne die Merowinger würden sich die Franken wohl ähnlich wie die Alamannen entwickelt haben.Und die Merowinger tauchten eben bei den Saliern auf.
Nun kann man auf der Grundlage der gegenwärtigen Forschung sogar sagen, daß es durchaus starke Analogien zwischen fränkischen und alemannischen König- oder Fürstentümern gibt, nur scheint die Ethnogenese durchaus anders verlaufen zu sein. Sofern man schließlich davon ausgeht, daß es vor Chlodwig mehrere Merowinger gab, liegt der Unterschied denn auch nicht bei diesen frühen Merowingern, sondern beginnt erst mit Chlodwig und dessen Hegemonialpolitik. Wie dem auch sei, hinzuweisen sei etwa noch auf das Problem, daß zu dem Zeitpunkt, als die Merowinger auftauchen, eben nicht mehr von Saliern gesprochen wird.
Schließlich verträgt sich die Auffassung der Dominanz der Salier bzw. ihre Einschätzung als eigentliche Franken in keinster Weise mit der These, daß die Bucinobanten eben auch Franken gewesen sein könnten und das finde ich gerade eine interessante Überlegung und finde sie, die ich dann auch gemäß deines Hinweises bei Reinhard Wenskus (1961) erwähnt wieder finde:
Reinhard Wenskus schrieb:
So ist es z. B. zweifelhaft, ob die Bucinobanten, von Ammian [XXIX 4.7] gegenüber Mainz angesetzt, sich selbst als 'Alamannen' ansahen. Das Namensglied -bant weist eher auf eine Herkunft aus dem Nordwestdeutsch-niederländischen Raum (vgl. Tubantes, Brabant, Teisterbant u. a.). Freilich wäre es aufgrund einer solchen Herkunft nicht ausgeschlossen, daß sie damals den Alamannen zugeordnet haben, auch wenn die Gegen über Mainz später fränkisch ist.
Demgegenüber schreibst du:
Boiorix schrieb:
Die "Bucinobanten" gegenüber von Mainz waren nach meiner Meinung Franken, siehe "Tubanten, Brabant, Teisterbant", die aber mit Alamannen gemeinsame Sache machten, und daher für römische Autoren Alamannen waren.
Nun macht es sich WITEGE ziemlich einfach, wenn er behauptet, daß sie keine Franken gewesen seien, weil:
WITEGE schrieb:
Alamannen werden einfach von den Franken unterschieden.
Es kommt ja gerade darauf an, wer hier wie unterscheidet; man ging und geht auch heute noch trotz der scharfen Kritik an der Auffassung einer Zweiteilung der fränkischen Stämme von einer letztlichen Unterscheidung zwischen Sal- und Rheinfranken aus und versucht dies eigentlich erfolglos mit den Quellen zu belegen - etwa für ein ribuarisches Königreich in den Grenzen der Kosmographie von Ravenna, deren Quelle man um 500 n. Ztr. sieht. Oder um ein anderes Beispiel zu nennen: Gregor von Tours erwähnt die Chatten, die von einem fränkischen König geführt werden. Auch Wenskus hält das durchaus für möglich, der Mainstream aber eher für unmöglich; ähnlich bei den Bucinbanten: Denn in der Anmerkung schreibt Wenskus, daß es wohl doch zu weit gehe, wie es G. Schütte (
Gotthiod. Dier Welt der Germanen. 1939, S.97) tue, die Bucinobanten deshalb und wohl direkt als Franken anzusprechen, wobei er auf eine Kritik in einer Habilitationsschrift (Von Polenz, 1959) stützt. Andererseits erwägt er aber:
ders. schrieb:
Es ist allerdings möglich, daß schon der unglückliche Krieg des Bucinobantenkönig Makrian gegen die Franken des Mallobaudes (Ammmian. Marc. XXX 3.7) dies Gebiet unter fränkische Herrschaft brachte.
Nach dem Kosmographen von Ravenna lag etwa die Grenze des Alemannen- zum Frankenland zwischen Worms und Mainz, so habe ich gerade mal nachgelesen bei Ludwig Schmidt (
Die Westgermanen, Bd. II/1940, S.57).
Die Frage aber, ob sich die Buconobanten tatsächlich selbst als Franken ansahen, nur von den Römern etwa mit den Alemannen in Zusammenhang gebracht werden, finde ich wirklich einen interessanten Aspekt, aber sie läßt sich dann doch nicht mit Sicherheit beantworten, da schon die Zuordnung "Franken" viel zu viele Frage offen läßt, es sei denn man vertritt einen ethnizistischen Standpunkt, wie ich ihn etwa bei Ludwig Schmidt finde, der ja bezüglich der Franken von einer Kontinuität einer entsprechenden istväonischen Kulturgruppe am östlichen Rheinufer ausgeht. Da ich eine vergleichende Meta-Anaylse von fränkischen und allemannischen Grabfunden aus der frühen Merowingerzeit und deren ethnologischer Deutung von Frank Siegmund (1998) vorliegen habe, zitiere ich mal sein Resumée:
Frank Siegmund schrieb:
Folgt man mir hierin [d. h. in der Interpretation zweier Kulturmodelle als archäologischen Niederschlag der Alemannen und Franken], gehört bereits in der Frühzeit auch der Mittelrehin bis an den Neckarmündungsraum zum fränkischen Siedlungsgebiet. Die Mainregion scheint ebenfalls fränkisch zu sein [...]
Frank Siegmund, "Alemannen und Franken. Archäologische Überlegungen zu ethnischen Strukturen in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts." in: D. Geuenich (Hg.),
Die Franken und die Alemannen bis zur Schlacht bei Zülpich (496/97). Berlin/New York: De Gruyter, 1998, S.569
Allerdings fehlt natürlich eine Analyse der wirklich frühfränkischen bzw. -alemannischen Funde auch in seiner Habilitationsschrift aus dem gleichen Jahr. Dazu müßte man die Grabunngbefunde in der entsprechenden Literatur durchsehen.
Einen Hinweis, der wiederum gegen die These sprechen könnte: Ammianus Marcellinus erwähnt einen römischen Tribun namens Hariobaudes, der ein leiblicher Bruder des Alemannenkönigs Makrian gewesen sein soll und der die Sprache der Barbaren ausgezeichnet beherrschte. Sofern man Dieter Geuenich (Geschichte der Alemannen. Stuttgart: Kohlhammer, 2005, S.45) darin begründet folgen kann, daß es sich um die alemannische Sprache handelt, wäre das Königshaus der Bucinobanten natürlich alemannisch. Leider kann ich Ammian zur Zeit nicht mehr nachlesen. Ansonsten könnten die Bucinobanten natürlich trotzdem fränkisch gewesen sein und wurden von einem Alemannenkönig beherrscht.
Der Vollständigkeit halber muß ich auch noch BEORNA Diskussion der Frage besprechen, allerdings weiß ich mal wieder nicht, wer nun die "Hattenhuntari" sind bzw. nach welcher Quelle man sie erwähnen kann. Hier habe ich einen solchen pagus gefunden:
Major cities in frankish kingdom - diese wären doch dann aber tatsächlich mit den ptolemäischen "Chättuori" zu identifizieren - wie dies vielleicht Th. Steche (
Altgermanien im Erdkundebuch des Claudius Ptolemäus. Leipzig, 1937, S.72) gemacht haben würde, der allerdings einen eigenen Stamm "Chaitworer" im mittleren Naabtal ansetzt. Ludwig Schmidt (Die Westgermanen Bd. II/1940, S.205 u. Anm.5), dem ich den Hinweis entnehme, hält diese Lokalisation für eigentlich unmöglich bzw. aus einer sehr alten Quelle stammend.
Trotzdem gefällt es mir, wenn du schreibst
Beorna schrieb:
An eine Beteiligung von Franken an den Alamannen darf man ruhig denken. [...] Allerdings gibt es die Franken halt nicht, wie ich oben andeutete.
Aber es gab Franken und davon verschiedene Gruppen, so darf ich das doch verstehen? Mit deinem Hinweis auf Chlodwig sehe ich das auch so.
Und dann:
Beorna schrieb:
Der Name -bant kommt in NW-Deutschland vor. Allerdings ist nicht bekannt, woher die Tubanten kamen. Da sie in Verbindung mit Usipitern und Tenkterer standen, waren sie vielleicht mit ihnen an den Rhein gekommen, wie übrigends auch Chatten. -bant muß also nicht originär westgermanisch sein, da über die Herkunft der erwähnten Völker nichts bekannt ist. Übrigends gibt es in Britannien die Trinovantes. Wie darf man ihren Namen deuten?
Mir ist nichtganz klar, worauf du mit der Frage nach der unsicheren Herkunft der hier genannten istväonischen Stämme anspielst. Du scheinst die Frage offen zu lassen, aber ich glaube schon, daß du eine Erklärung parat hast, wenn du das Suffix "-bant" als "nicht originär westgermanisch" ansiehst. Denkst du eher an die Nordwestblock-Hypothese oder an einen keltischen Zusammenhang?