Napoleon (2023)

Naja, siegreiche deutschsprachige Soldaten sind wohl auch eine Art Tabu, es sei denn in Kombination mit den Briten wie bei Waterloo (Blücher wird in dem Napoleon-Film übrigens von einem Engländer gespielt).
 
Wobei das in der Mehrzahl Punkte sind, wo selbst ich als Fan historischer Genauigkeit mir denke: Meine Güte … Man wird selten hochkarätige Schauspieler finden, die den historischen Persönlichkeiten, die sie spielen sollen, bis ins letzte Grübchen gleichen. Oder sich an dem Werbeslogan "he conquered everything" zu stören … Das ist doch offensichtlich metaphorisch zu verstehen, und es rollt besser von der Zunge als "he conquered damn near everything".

Selbst für die ahistorische Anekdote, die gleichwohl weit verbreitet ist, dass die Franzosen die Pyramiden beschädigt hätten, kann ich insofern Verständnis aufbringen, als sie aus filmischer Sicht vielleicht besser zur Illustration der Arroganz des Eroberers taugt als manche wahre, aber unbekannte Episode.

Weit problematischer finde ich andere Abweichungen von der Wahrheit, z.B. die Szene, in der Napoleon einen Kavallerieangriff anführt. Denn das ist nicht nur eine bloße Ungenauigkeit im historischen Rahmen, sondern Scott verändert die Geschichte selbst. Aus dem kalt kalkulierenden Feldherrn Napoleon, der Menschen wie Schachfiguren hin und her schob, wird damit ein ganz anderer Anführer, persönlich mutig, der die Gefahren seiner Männer teilt. Und das tat er meines Wissens nun mal nicht.

Das sind die Abweichungen, die ich nicht mag, weil es sich nicht mehr um künstlerische Freiheiten oder filmische Notwendigkeiten handelt, sondern der Regisseur seine Lesart der Geschichte, seine Vorlieben und Abneigungen durchdrücken und mich offensichtlich für dumm verkaufen will.
 
Ja, ich finde auch, dass die o.g. Kritik kleinlich ist: Ein Spielfilm ist erstens keine Dokumentation, und zweitens sind selbst diese ab und zu nicht genau, wenn sie versuchen, Szenen mit Schauspielern nachzustellen.
 
Hier mal meine persönliche Kritik, frei von kleinlichem - nur aus Sicht eines geschichtsinteressierten Laien der auch mal ein pompöses Schlachtengemälde anschaut:

Napoleon (2023)
Irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes. Er zeigt nichts davon wieso Napoleon so groß wurde wie er war, nicht von seinem Schlachtengenie bzw von Taktik oder Motivation seiner Truppen. Die Garde kommt nur vor wenn man einen Halbsatz richtig deutet. Nichts vom Code Civil und den vielen Neuerungen die er der Bürgerschaft in Europa brachte. Nichts von 'Levé en masse' und dem guten Schuhwerk.
Dafür wird die weirdo Beziehung zu seiner josephine dramatisiert und nimmt viel Raum ein.
Nach dem Film war Napoleon irgendwie ein Fuchs auf dem Schlachtefeld und ansonsten ein Sonderling mit einer Art die auch vermuten lässt der er einen Fetisch hätte in Windeln und Schnuller herumzukriechen. Irgendwie unwürdig.

Die Schlachten sind zwar häufig, aber irgendwie garnicht mitreißend wenn ich es mal mit der Patriot,Braveheart oder Königreich der Himmel vergleiche. Ebenso die militärischen Feinheiten - in einer Schlacht wird schön mal ein Karree gezeigt, Meldereiter haben ein zweites Pferd - ansonsten viel oberflächliches in 159 Minuten.
 
Der Trailer den ich gesehen habe hatte nur dieses "Rocklupfen" und dann viel Bum und Pferd und Action :D
 
Napoleons Beziehung zu Josephine … Man suche auf Youtube: Sanjeev Bhaskar reads Napoleon's letters to his wife Joséphine, played by Miriam Margolyes
 
Meine persönliche Meinung, nachdem ich den Film gesehen habe: Außer Spesen nichts gewesen.

(Da ich in den letzten Jahren nicht mehr im Kino war, kann ich natürlich nicht beurteilen, inwieweit so ein Film, dem entspricht, was inzwischen im Kino Standard ist.

ACHTUNG!
SPOILER!

Jede Szene ist musikalisch untermalt, wobei ich mich nach dem Sinn gefragt habe. (Sollte hier etwa Napoleons Leben als Oper in Szene gesetzt werden. Aber auch eine Oper benötigt eine Handlung.) Die Szenen hängen lose aneinander - eine innere Handlung, die sie zusammengehalten hätte, habe ich nicht entdeckt.

Die Schlachten bei Austerlitz und Waterloo sind mit Regen und Schnee jedenfalls stimmungsvoll choreographiert - mein Eindruck, das Einzige, was mir in diesem Film positiv aufgefallen ist. Akzeptabel ist vielleicht noch die Szene, wo die Hinrichtung von Marie Antoinette auf der Bühne nachgespielt wird.

Napoleon ist von Beginn an ein alter, abgehalfterter Mann. Der "jungenhafte" Charme, den Joaquin Phoenix nach einer Rezension versprüht, war für mich nicht zu entdecken. Dass dieser Mann immerhin seine Zeit geprägt hat und sich über Jahre an der Macht hielt, dass er immer wieder Menschen für sich eingenommen hat - unvorstellbar. (Anmerkung meinerseits: Ich gehöre nicht zu den Napoleon-Fans, aber dem "Napoleon", den Joaquin Phoenix spielt, nehme ich den Lebensweg des historischen Napoleon nicht ab: alt, abgehalftert, ständig im selben Outfit und geil auf Josephine. (Die wenigen Schlaglichter, wo er ein paar Konturen kriegt, wirken da nur aufgesetzt - Napoleon holt für Eugene den Säbel seines Vaters, Napoleon mit Paul Barras bei der Planung des Angriffes auf den Hafen von Toulon etc.)

Vermutlich wäre es glaubhafter gewesen, auch Josephine mit einer Schauspielerin, die etwa so alt wie Joaquin Phoenix ist, zu besetzen, dann hätte vielleicht die Chemie zwischen den beiden funktioniert. Zwar wird am Ende des Films durch den letzten Dialog Napoleons mit der verstorbenen Josephine der Eindruck vermittelt, sie wäre die gewesen, die sein Leben gelenkt hätte, bis sie ihn mit der Scheidung erlaubt hätte, alles selbst in die Hand zu nehmen und danach alles schief ging. Das wirkt aufgesetzt, da die Beziehung Napoleons und Josephines zuvor in unzähligen Szenen nur auf vulgäres "Vögeln" reduziert war, zum Teil sehr kindisch und mit primitiven Dialog: Beispiele dazu: Napoleon gibt tierische Laute von sich, ehe er mit Josephine unter dem Tisch verschwindet. Vor der Hochzeit: Napoleon und Josephine sitzen einander gegenüber. Er schaut auf ihre "gespreizten" Beine, sie fordert ihn anzüglich auf, nur nach unten zu sehen und meint, dass er nicht enttäuscht sein wird. Wenn beide Sex haben und das direkt gezeigt wird, wie in der Hochzeitsnacht, geht es schnell und Napoleon "reitet" Josephine stehend etc.).

Josephine sieht zwar hübsch aus und darf in den ersten Szenen sogar mit kurzen Haar, wenn gleich unfrisiert, herumlaufen, wo sie auch das rote Band um den Hals trägt. (Ob die historische Josephine bei einem Theaterbesuch ihr kurzes Haar wirklich so salopp getragen hätte? Ansonsten beschränkt sich ihr ganzes schauspielerisches Können aber darauf, ein stereotypes „Mona Lisa-Lächeln“ zu zeigen. In den Sexszenen mit Napoleon wirkt sie meistens passiv und unbeteiligt.

Die übrigen historischen Figuren haben gewöhnlich nur Auftritt, das heißt, sie kommen einmal vor und sind gleich wieder weg, sie sind auf ihre Namen reduziert und bleiben völlig profillos oder auf eine Funktion reduziert (so z. B. Josephines Tochter, Napoleons Mutter). Einige Figuren wie Paul Barras, Lucien Bonaparte oder der Zar haben zwar einen zweiten, Barras sogar mehr Auftritte, der Eindruck ist jedoch derselbe. Dass jedes Mal der Name eingeblendet wird, ist da nur notwendig. Richtige Beziehungen zwischen ihnen und Napoleon werden nicht aufgebaut. Unvorteilhaft fand ich außerdem, dass der Herzog von Wellington im Film wie der "Deus ex machina" beim Wiener Kongress plötzlich da ist, um Napoleon zu besiegen. Letztlich hätte es keinen Unterschied gemacht, die Nebenfiguren alle zu streichen und durch einen gesichtslosen Typ spielen zu lassen. (Wäre vermutlich nicht nur kostengünstiger, sondern etwas origineller gewesen.)

Der Film hat also ein Hauptdarstellerpaar, das nicht überzeugt oder wenigstens interessant ist. Es fehlen interessanten Figuren. Es gibt keine vernünftige Handlung. Die Dialoge sind meistens besonders dümmlich. Es fehlt eine Klammer, welche die lose Szenenfolge zusammengehalten hätte. (Warum haben die nicht einfach mit einer Rahmenhandlung gearbeitet - der alte Napoleon erinnert sich auf St. Helena an sein Leben, oder der alte Napoleon schreibt auf St. Helena seine Memoiren. So hätten die Filmemacher außerdem den als "Star des Films erwählten" Joaquin Phoenix plausibel in der Rolle des alten Napoleons einbauen können. Den Napoleon in der Handlung hätten sie dann mit einem Schauspieler besetzten können, der etwas jünger als die Josephine ist, das hätte zumindest mehr Sinn gemacht.)

Fazit: "Napoleon" (2013) ist ein Trailer oder Szenenverschnitt, der als Film ausgegeben wurde. Mag sein, dass geplant ist, dass der fertige Film erst als "Direktors Cut" in den Handel kommt.

Meine persönliche Meinung dazu: Wenn die für das Kino keine Filmfassung schneiden können, die die Bezeichnung Film verdient hat, dann sollten sie auf eine Kinofassung verzichten. Das wäre in diesem Fall dem Kinopublikum gegenüber fairer gewesen.
 
@Teresa C.
Vielen Dank für Deine schöne Einschätzung.

Naja, es gibt durchaus Kinofilme, die eine zusammenhängende Handlung darstellen. An viele gute Historienfilme der letzten Jahre kann ich mich allerdings auch nicht erinnern. Aber das liegt ja auch im Auge des Betrachters.
 
Napoleons oft melodramatische, selbst-erniedrigende Liebesbriefe an Josephine zeichnen für mich durchaus das Bild eines hörigen Würstchens, das ohne ihr Honigtöpfchen nicht auskommt und das zur Primadonna wird, wenn es nicht täglich [im frühen 19. Jahrhundert!] mindestens einen Brief von ihr erhält. Sein Verhalten dürfte in ihrem ein Pendant gefunden haben.

Darauf könnten sich die Macher gestützt haben. Zumal das Publikum – so Scott bei der Premiere von 'The Last Duel' – heute nach ebenbürtigen weiblichen Charakteren verlange. Da Napoleon aber nun mal der Kaiser und ein absoluter Machtmensch war, dürfte Scott sich damit beholfen haben, ihn unter Josephines Pantoffel einzubetonieren. Dann hat er seine ebenbürtige Figur, ob historisch korrekt oder nicht.

Was indes die Kritik an der Besetzung und dem Altersunterschied angeht … Da zeigt sich halt wieder die Heuchelei der amerikanischen Filmindustrie. Einerseits gibt man sich feministisch-inklusiv, andererseits geht man nicht vom uralten Besetzungsschema ab, das nach "Eye Candy" verlangt.

Das ist bei allen Genres so – von der meist unpassend jungen Chefin oder Top-Wissenschaftlerin bis hin zur Film-Frau oder -Freundin, die grundsätzlich wenigstens fünfzehn Jahre jünger als ihr Partner ist. Aber bei historischen Figuren fällt es natürlich ganz besonders auf. Cate Blanchett spielte sogar gleich zweimal mit Ende zwanzig und Anfang dreißig die realiter jeweils zwanzig Jahre ältere Elisabeth I.

Hollywoods Männer hingegen dürfen gerne älter sein, zumal älter als die gespielten historischen Vorbilder. Spätestens seit 'Mad Men' ist das Sexsymbol der amerikanischen Filmindustrie ein schon leicht angegrauter Endvierziger mit zwar Waschbrettbauch, aber auch Fältchen um die melancholischen Augen.

:D Vielleicht tröstet das ja die Zuschauerinnen, die ihr Geschlecht mit unrealistischen Erwartungen konfrontiert sehen. Aus männlicher Sicht ist es nicht minder absurd, wenn der 53-jährige Daniel Craig alias James Bond es im Faustkampf mit halb so alten Männern aufnimmt.
 
Gerade bei "Historienfilmen" ist allerdings öfters das Problem, dass sie einen längeren Zeitraum darstellen, die Darsteller aber natürlich während der nur wenige Monate dauernden Dreharbeiten nicht entsprechend altern (und das auch von den Maskenbildnern nur beschränkt kaschiert wird), sodass sie entweder zu Beginn des Films zu alt oder am Schluss zu jung wirken.

Die beiden "Elizabeth"-Filme mit Cate Blanchett sind dafür ein gutes Beispiel: Sie deckten einen Zeitraum von etwa drei Jahrzehnten ab, zwischen ihrer Entstehung lagen aber nur neun Jahre.
 
Eben. Joaquin Phoenix, der in diesem Film Napoleon spielt, war erst in den Waterloo-Szenen in dem Alter Napoleons zu jener Zeit.
 
Es liegt schon etwa 2 Wochen zurück, dass ich mir den Film angesehen habe. Ich hatte die Hoffnung, dass sich mein Eindruck etwas bessert, dass überhaupt etwas positives hängen bleibt.
Und ja, ich habe etwas gefunden:

Vergleichsweise gut fand ich die Erzählung zu Toulon, auch zum Staatsstreich, sprich das erste Drittel des Films.

Mir haben die Schauspieler von Zar Alexander, Napoleons Mutter und auch Josephine gefallen. Sie wirkten als einzige irgendwie realistisch in einem Heer von blassen, langweiligen und grottenfalsch aussehenden und agierenden Personen.

Ich fasse es einfach nicht, wie man eine von Natur aus spannende Geschichte, und das ist ja Napoleons Aufstieg und Fall, derart langweilig und oberflächig gestalten kann. Mich hätte es nicht gestört, einen "Anti-napoleonischen" Film zu drehen, und dass seine Errungenschaften wie Code Civil etc. fehlen, geschenkt. Aber so?
Vermutlich hat sich der Regisseur einfach nur Stichpunkte geben lassen, und die dann zu einer losen Aneinanderreihung von Szenen verwurstet:
Stichpunkt Austerlitz: Österreicher ertrinken im See (übrigens umstritten, und auch erst beim Rückzug, also völlig uninteressant für den Ausgang der Schlacht)
Stichwort Waterloo: Es hat vorab geregnet, Kavallerie gegen Karrees und die Preussen kommen rechtzeitig (aber doch dann bitte von der richtigen Seite!).
Hätte er sich doch wenigstens mal die älteren Filme angeschaut, dann hätte er es immer noch anders machen können und seinen eigenen Stempel aufdrücken können. Aber einen "Braveheart" nur mit anderen Uniformen und 1.Wk-Ausstattung und sinnlos entgegenstürmenden ungeordneten Massen draus zu machen ist einfach nur peinlich.
Also:
Schlachtszenen - 1 von 10 Punkten (Punkt für eindrucksvolles Kanonengedonner, ein paar schöne Uniformen)
Roter Faden - 3 von 10 Punkten (Punkte für die Beziehung Napoleon - Josephine)
Daraus hätte man auch mehr machen können, aber dazu hätte man Napoleons Familie mehr mit einbeziehen müssen)

Ach weh, insgesamt war das wirklich nichts!

Immerhin, mir ist eine Grob-Skizze für ein Drehbuch für "meinen" Napoleon-Film eingefallen:
Ich hätte die Story von Peter Stuart Ney für wahr angenommen, und ihn in Rückblicken erzählen lassen, was er als Marschall Michel Ney an der Seite Napoleons erlebt hat. Und Ney war ja bei vielen wichtigen Ereignissen dabei!
Vielleicht krieg ich ja noch einen Regisseur dazu, den Film zu machen.

Gruss, muheijo
 
Vielleicht krieg ich ja noch einen Regisseur dazu, den Film zu machen.

Vor Jahren sah ich im Fernsehen von Steven Spielberg Krieg der Welten, stellenweise hat es mich bei dem Film wirklich gegruselt und ich habe gedacht: "Wow, jetzt will Spielberg Emmerich mal zeigen, wie man Independence Day richtig erzählt", habe also zunächst nicht gecheckt, dass beide Filme auf dem Radiohörspiel aus den 1930ern basierten (von dem hatte ich schon mal gehört, aber die Verbindung zunächst nicht gezogen). Obwohl Independence Day der kommerziell deutlich erfolgreichere Film war, ist Krieg der Welten sehr viel besser erzählt, da ist mir wirklich in einigen Szenen das Blut in den Adern gefroren (aber nur beim ersten Mal sehen). Also... derselbe Stoff kann von unterschiedlichen Drehbuchautoren und Regisseuren besser oder schlechter verwurstet werden, Ridley Scotts Napoleon ist nicht der erste und wird auch nicht der letzte Napoleon-Film sein.
 
"Stichpunkt Austerlitz: Österreicher ertrinken im See (übrigens umstritten, und auch erst beim Rückzug, also völlig uninteressant für den Ausgang der Schlacht) "
"einen "Braveheart" nur mit anderen Uniformen.."
Ich bin mir sehr sicher das es genau so plump gedacht war. Anstatt den alten und zigmal gezeigten "Wir verstecken irgendwas brennbares und zünden es an" kam hier eben das mit dem Eis und dem Wasser.

Ich weiß nicht wie man napoleonische Schlachten so krass langweilig darstellen kann.

Kennt jemand die Szene aus dem Film über die Dezember Revolution mit dem Kartätschenbeschuss?
(youtube Titel: Decemberists on Senate Square Broken by Grapeshot)
DAS und noch viel mehr hatte ich von Ridley Scotts Napoleon erwartet.
 
Zudem waren es nicht die Österreicher sondern Russen, die in das Eis eingebrochen sind:
Dieser Rückzugsweg war aber sehr riskant, denn während der warmen Tage vor der Schlacht war die Eisdecke erheblich dünner geworden. Und wirklich – das Eis hielt der Belastung nicht stand. Laut der französischen „Nachkriegs“ - Propaganda waren die Verluste durch Ertrinken wahrlich riesig. Das waren aber reichlich übertriebene Formulierungen. Nach verschiedenen schriftlichen Quellen wurden nach dem Ablassen des Teiches zwar einige Dutzend tote Pferde und Kanonen gefunden, aber nur zwei oder drei tote russische Soldaten. [/quote)
18 / Die Legende von den Teichen | Mähren von Napoleon
 
Inzwischen habe ich den Napoleon-Film von Ridley Scott gesehen und kann sagen: Scott hat schon besser Filme gemacht, aber so schlecht, wie manche Kritiker es schreiben, ist dieser Film nicht.

Es gibt sehr gute und passende Musik, die Schlachtszenen sind gut komponiert und weitgehend historisch korrekt. Es gibt auch schlechtes bis miserables Wetter, was in Filmen – der besseren Bilder wegen – gern weggelassen wird. Die Bilderauswahl ist sehr gut und passend zum gerade Dargestellten – in der Szenenfotografie bzw. Bildkomposition ist Ridley Scott nach wie vor ein Meister.

Aber die Story ist dünn und im wesentlich auf die Beziehung Napoleon-Josephine reduziert: Nur solange sie lebte, war er erfolgreich. Der Film zeigt Napoleon als einen unsympathischen Mann*, der über Leichen geht und nur etwas geworden ist, weil andere noch schlechter waren als er; in der Szene nach dem Putsch wird er sogar als Feigling dargestellt. Da setzt er bei der Abstimmung über das Triumvirat das Militär ein, was mich an die Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz unter Bedrohung durch die SA im Reichstag erinnerte.

Napoleon war Josephine hörig, die ihn wohl nur wegen seiner Stellung als General als Liebhaber annahm - wahrscheinlich, um als Witwe mit 2 Kindern versorgt zu werden. Die 2 Kinder tauchten außer in einer oder zwei Szenen am Anfang nicht mehr auf, was ich befremdlich fand: Sollte Josephine etwa als Rabenmutter dargestellt werden?

Napoleon verhielt sich Josephine gegenüber wie ein Kind, was Josephine als Mutterkomplex erkannte und ausnutzte: Egal, was Josephine tat, er kehrte immer zu ihr zurück. Sein Mutterkomplex spielte auch bei der Scheidung von Josephine eine Rolle, denn die geschah auf Betreiben seiner Mutter. Diese Scheidung machte beide, Napoleon und Josephine, unglücklich.

Es ist offensichtlich, dass Scott keinen Film über den Staatsmann Napoleon machen wollte, sondern einen über ihn als Menschen. Wenn man den Film unter dieser Prämisse betrachtet, dann hat er das gut in die Szene gesetzt. Napoleon ist halt ein Alterswerk von ihm: Er ist mittlerweile 86 und sollte sich langsam zur Ruhe setzen.

* Von Ridley Scott, einem Engländer, zu erwarten, dass er Napoleon ein Denkmal in leuchtenden Farben setzt, ist einfach zu viel verlangt; er müsste dann wohl um seinen Sir-Titel fürchten. :D
 
Mir ist bei deinen Ausführungen nicht immer ganz klar, ob du den historischen Napoelon meinst oder den Ridley Scott-Napoleon - oder, da du den Film ja für nicht soooo schlecht hältst, beide.
 
Er ist mittlerweile 86 und sollte sich langsam zur Ruhe setzen.
Das tut er nicht – jetzt arbeitet er an einer Fortsetzung von „Gladiator“. (Das dürfte meiner Einschätzung nach eine besonders unnötige Fortsetzung in der langen Geschichte unnötiger Fortsetzungen werden.) Zwar nicht als Regisseur, aber immerhin als Produzent arbeitet er außerdem an einem neuen „Alien“-Film mit.
 
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