Varus-Kontingente: Stärke und Zusammensetzung

Aber eigentlich steht dort nur: "und der kürzlich unter das Vexillum geschickten Veteranen", von Ausmusterung oder gar Reserve steht dort nichts. Die Ausmusterung ergibt sich nur dann, wenn man mittere als Ausmusterung verstehen will. Das ließe sich zwar mit der Forderung aus Tac. ann. I, 31 vergleichend rechtfertigen (quo veterani maturam missionem) wird aber m.E. der Stelle nicht gerecht.

Da bin ich anderer Meinung.

Müsste "unter das Vexillum geschickte Veteranen" nicht "veteranique nuper missi sub vexillum" heißen?
Tatsächlich steht da aber: "veteranique nuper missi sub vexillo". Da ist die Übersetzung "und die neulich entlassenen Veteranen unter dem Vexillum" sicher angebracht.
 
Es gibt auch Beispiele, dass die Zenturionen in eigenen Häusern direkt am Kopfende der Baracke ihrer jeweiligen Zenturie untergebracht waren. In Anreppen ist das z.B. der Fall. Diese Häuser sind natürlich nicht mit denen der Tribünen vergleichbar.
 
Auf Deiner Website gibst Du die Kasernenlänge in Haltern mit 50-70 m, die Kasernenlänge in Oberaden mit 66,6 m an. Aber egal. Aufgrund der Kasernenlänge wird sich sicher nicht klären lassen, ob Teile der in seinerzeit in Haltern stationierten Mannschaften in Kalkriese mitkämpften, und falls ja, mit wieviel Mann.

Richtig. Die Maße des konstruierten Lagers Oberaden sind aber überall Vielfache der Kohortenbreite von 66,6m. Da wo bisher keine Mannschaftslagerplätze nachgewiesen wurden kann man ihre Länge aber aufgrund der Abstände zwischen den Lagerstrassen abschätzen. Wenn das ganze Lager also auf diese 66,6m ausgerichtet konstruiert wurde, dann liegt es nahe damit die Länge/Breite einer Kohorte mit Sollstärke zu sehen.
An einer einzigen Stelle im Lager passt die Länge von 66,6m nicht. Im vorderen Teil des Lager kann man aufgrund der Verteilung der Abfallgruben abschätzen, dass hier der Lagerplatz länger gewesen sein dürfte. Laut Pseudo-Hygin hatten im vorderen Teil des Lagers, dem vom Rang her ehrenvolleren Bereich, die Veteranen ihren Platz. Dieser Platz wäre ausreichend für die sich rein rechnerisch ergebenden Veteranen-Kohorten für die drei Legionen, die ich für Oberaden annehme.

In Haltern haben aber fast alle Kasernen eine Länge von ca. 70m. Zudem ist kein erkennbares System im Lagerplan erkennbar, das sich wie bei den historischen Lagerbeschreibungen auf den Lagerplatz einer Kohorte/Zenturie bezieht. Während bei Polybios und Pseudo-Hygin alles im Lager seinen vorgeschriebenen Platz hat, herrscht in Haltern Chaos. Die Strassen sind schief, Offiziers und Mannschaftunterkünfte stehen munter durcheinander und lassen keine Rangunterschiede erkennen. Irgendwann wurde sogar ein Offiziershaus direkt auf die Strasse gebaut und dabei den verfügbaren Platz ausnutzend extrem in die Länge gezogen. Dann wiederum, obwohl offensichtlich Platzmangel herrschte und das Lager nach Osten erweitert wurde, sind Kasernen zu Gunsten von Handwerksgebäuden umgestaltet worden.
Das spricht meiner Meinung nach nicht für ein Legionslager, wie es in den antiken Beschreibungen vermittelt wird.

Apropos Kasernen in Haltern: Dazu ist gerade eine Dissertation von Hilke Spänhoff mit dem Titel "Die Mannschaftskasernen des römischen Militärlagers in Haltern - Legionslager oder Vexillationslager?" in Arbeit.

Danke! Sehr interessant. Das Thema bedarf definitiv einer wissenschaftlichen Aufarbeitung.


Gruss
jchatt
 
Diese Frage kann man nur aus dem Kontext heraus beantworten. Um welche Tacitus-Stellen handelt es sich denn genau?

In jedem Fall nennt Tacitus sie in beiden Fällen Veterani (sub vexillo) und nicht Cohortes.

Das was sich hinter (sub vexillo) verbirgt scheint aber ein wichtiger Vorgang für die Veteranen gewesen zu sein. Sie verschaffen sich 14 n.Chr. das Vexillium mit Waffengewalt. Deshalb sehe ich darin den entscheidenden Vorgang, der den Legionär aus der Rumpf-Legion entliess und erst zum formalen Veteranen machte. Dieser Vorgang bedeutete gleichzeitig auch, dass die harte Dienstzeit in der Legion (16 bzw. 20 Jahre) vorbei war und der erleichterte Provinz(?)-Dienst (4 bzw 5 Jahre) bekann. Also etwas, was man nicht einfach wieder rückgängig machen konnte.

zu den Kohorten:

Wie ich in meiner Antwort auf Sepiola schrieb ist die Konstruktion des Lagers in Oberaden auf quadratische Lagerplätze mit 66,6m Seitenlänge ausgelegt. Das hypothetische augusteische Ideallager, dass ich daraus entwickelt habe wäre wahrscheinlich im Zuge der augusteischen Militärreformen sehr früh entworfen worden. Damals waren die Dienstzeiten noch 20+5 Jahre für die Legionäre. Bei diesen Dienstzeiten wären alle zwei Jahre zwei Zwanzigstel also genau 480 Mann als Veteranen sub Vexillo gestellt worden. Die dazugehörige Kohorte hätte also wunderbar zu dem gerade entwickelten Feldlagerplänen gepasst.

Im Jahre 13 v.Chr* wurde die Dienstzeit aber auf 16+4 Jahre reduziert.
Statt 2/20 mussten nun 2/16 alle zwei Jahre zu Veteranen gemacht werden (entspricht 600 Mann). Das Auftreten der überlangen Kasernen wäre also eine Reaktion auf veränderte Dienstzeiten.
Wem das zu theoretisch ist, dem sollte aber klar sein, dass auch die überlieferten Feldlager reine Theorie waren. Es ist aber wichtig zu wissen, welches Ideal die Römer anstrebten um mögliche Sollstärken abschätzen zu können.

(*) ca. zwei Jahre vor Oberaden


Gruss
jchatt
 
Die Sterberate muss man dabei auch berücksichtigen. Es gibt dazu viele Ansätze und Theorien. Natürlich kein ausreichendes Datenmaterial aus der Antike. Oft wird Zahlenmaterial aus den Kolonien des 18ten Jahrhunderts als Basis herangezogen, denen man einen ähnlichen Zivilisationsstand in Sachen Hygiene / Medizin zurechnet.

Die Schätzungen schwanken. So 40-60% könnten die Dienstzeit überlebt haben. In Kriegszeiten auch weniger.
 
Zuletzt bearbeitet:
Laut Pseudo-Hygin hatten im vorderen Teil des Lagers, dem vom Rang her ehrenvolleren Bereich, die Veteranen ihren Platz. Dieser Platz wäre ausreichend für die sich rein rechnerisch ergebenden Veteranen-Kohorten für die drei Legionen, die ich für Oberaden annehme.

In Haltern haben aber fast alle Kasernen eine Länge von ca. 70m. Zudem ist kein erkennbares System im Lagerplan erkennbar, das sich wie bei den historischen Lagerbeschreibungen auf den Lagerplatz einer Kohorte/Zenturie bezieht. Während bei Polybios und Pseudo-Hygin alles im Lager seinen vorgeschriebenen Platz hat, herrscht in Haltern Chaos.

Wem das zu theoretisch ist, dem sollte aber klar sein, dass auch die überlieferten Feldlager reine Theorie waren.

Du meinst die theoretischen Überlegungen von Polybios und Pseudo-Hygin, die bezüglich der Lagergröße zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen?

Diese theoretischen Überlegungen geben uns allenfalls einen "Rahmen des Möglichen".

Und: sie beziehen sich in erster Linie auf Marschlager, also praktisch Campingplätze!

Die wurden für sehr kurzfristige Belegungen (oft nur für eine einzige Nacht!) gebaut. Und da wurden dann Zelte aufgeschlagen.

Die feste Innenbebauung von Standlagern kann man nicht nach den Maßstäben beurteilen. Und das nicht nur wegen der Größenordnungen.

Beim Marschlagern ist eine schematische Aufteilung wichtig. Sonst entsteht jeden Abend ein Chaos, weil alle herumstreiten, wer wo sein Zelt aufschlagen darf.

Dieses Problem gibt es bei einem Garnisonskastell nicht. Hier wird sich die Innenbebauung nach Belegung und Funktion richten - was ist an Ställen erforderlich, was an Getreidespeichern? Da die Fachwerkgebäude nicht jeden Morgen abgebrochen und am nächsten Abend wieder neu aufgestellt werden, bricht kein Chaos aus, wenn man sich da nicht ans Marschlager-Schema hält.
 
Das was sich hinter (sub vexillo) verbirgt scheint aber ein wichtiger Vorgang für die Veteranen gewesen zu sein. Sie verschaffen sich 14 n.Chr. das Vexillium mit Waffengewalt.

Was bitte verschafften sie sich?

Im Jahre 13 v.Chr* wurde die Dienstzeit aber auf 16+4 Jahre reduziert.

In den Jahren vor 14 n. Chr. galt diese Regel nicht (mehr). Vermutlich wurden wegen Personalknappheit die Veteranen immer länger und immer stärker in Anspruch genommen. Bereits beim Pannonischen Aufstand (6-8 n. Chr.) wurden Veteranen in großer Anzahl mobilisiert. Die Varus-Niederlage wird den Personalmangel empfindlich verschärft haben. Außerdem soll Tiberius die Disziplin rigoros verschärft haben (Sueton, Tiberius 19: "disciplinam acerrime exegit..."). Das wird die Stimmung bei der Truppe nicht verbessert haben.

Tiberius' Regierungsantritt nahmen die Truppen als Anlass zur Meuterei, nicht nur an der Rheingrenze, sondern auch in Pannonien. In beiden Fällen war die Behandlung der Veteranen ein heißes Thema. Die Wortführer der pannonischen Meuterer klagten: "ne dimissis quidem finem esse militiae, sed apud vexillum tendentis alio vocabulo eosdem labores perferre."
(Nicht einmal für die Entlassenen gäbe es ein Ende des Militärdienstes, stattdessen hätten sie - beim Vexillum lagernd* - unter anderer Bezeichnung dieselben Strapazen zu erdulden.)

Die pannonischen Legionen forderten die Entlassung mit 16 Jahren, Belohnungen beim Ende des Militärdienstes, einen Denar Sold pro Tag, und dass nicht die Veteranen unter dem Vexillum festgehalten werden sollten: "... de missione a sedecim annis, de praemiis finitae militiae, ut denarius diurnum stipendium foret, ne veterani sub vexillo haberentur." (Tac. ann. 1,26)

Die 16+4-Regelung wurde von den Meuterern an der Rheingrenze als Forderung erhoben: Ausmusterung nach 16 Jahren, Entlassung nach 20 Jahren. Für die Veteranen "sub vexillo" wurde Befreiung von allen Dienstpflichten gefordert, außer im direkten Einsatz gegen Feinde (nisi propulsandi hostis, Tac. ann. 1,48).

Die Entlassung mit 16 Jahren wurde bereits ein Jahr später durch Tiberius wieder rückgängig gemacht: Sie sei nicht zu finanzieren... (Tac. ann. 1,78)
 
Du meinst die theoretischen Überlegungen von Polybios und Pseudo-Hygin, die bezüglich der Lagergröße zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen?
Sie kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil zu Ihren Zeiten unterschiedliche Bedingungen herrschten. Wovon wir aber ausgehen dürfen ist, dass auch in der Zeit zwischen Polybios und Pseudo-Hygin verbindliche Lagerbeschreibungen vorlagen.

Diese theoretischen Überlegungen geben uns allenfalls einen "Rahmen des Möglichen".
Wenn dieser Rahmen aber existiert haben muss und, wie im Falle von Oberaden sogar erkennbar wird, dann sollte man auch annehmen, dass er verbindlich angewendet wurde. Das unregelmässige Haltern ist also zu hinterfragen und nicht schulterzuckend hinzunehmen.
Symmetrie und Regelmässigkeit werden bis heute als äusserer Ausdruck der Truppendisziplin gesehen. Marschieren im Gleichschritt oder die Bildung von Formationen waren auch bei den Römern schon als wichtig erkannt worden.
Wenn der Soldat Velleius die "schönen" Winterlager des peniblen Tiberius an der Donau(?) lobt, dann wahrscheinlich für Ihre dem strukturierten Ideal nahe kommende Ausführung.
Durch beständiges Üben im Frieden bereitete man sich auf den Krieg vor. Deshalb werden die Legionäre die Oberaden gebaut haben, in Haltern nicht auf einmal ihr Groma verbogen oder auf einen sichtbaren Abstand zu den Untergebenen oder Hilfstruppen verzichtet haben. Die unstrukturierte Anlage von Haltern kann man deshalb besser mit einer teilweisen Lockerung oder Aufhebung der Truppendisziplin erklären. Also so wie es bei Tacitus für die Veteranen berichtet wird.

Und: sie beziehen sich in erster Linie auf Marschlager, also praktisch Campingplätze!

Die wurden für sehr kurzfristige Belegungen (oft nur für eine einzige Nacht!) gebaut. Und da wurden dann Zelte aufgeschlagen.

Die feste Innenbebauung von Standlagern kann man nicht nach den Maßstäben beurteilen. Und das nicht nur wegen der Größenordnungen.

Beim Marschlagern ist eine schematische Aufteilung wichtig. Sonst entsteht jeden Abend ein Chaos, weil alle herumstreiten, wer wo sein Zelt aufschlagen darf.

Dieses Problem gibt es bei einem Garnisonskastell nicht. Hier wird sich die Innenbebauung nach Belegung und Funktion richten - was ist an Ställen erforderlich, was an Getreidespeichern? Da die Fachwerkgebäude nicht jeden Morgen abgebrochen und am nächsten Abend wieder neu aufgestellt werden, bricht kein Chaos aus, wenn man sich da nicht ans Marschlager-Schema hält.

Das sind meiner Meinung nach fragwürdige Rückschlüsse aus einer späteren Zeit. Das augusteische Heer war noch eine Offensivarmee die beständig im Krieg stand. Die Konsolidierung der Reichsgrenzen erforderte ständige Verlegungen der Truppen. Wenn soetwas wie ein Legionsstandlager bestand, dann nur sehr kurzfristig (Oberaden).
Da die Aufenthaltsdauer und der Ort sich kurzfristig ändern konnten hätte die Standardisierung auch des Standlagers durchaus Sinn gehabt. Das Standlager, oder wie man es in dieser Zeit korrekter nennen müsste, war aber das Winterlager und das wurde natürlich nach den gleichen Regeln wie das Marschlager gebaut. Weil es effizient war und die Soldaten sich nicht Wachregeln oder Abschnittsverteidigungen für zwei Lagerformen einprägen mussten. Wahrscheinlich auch deshalb, weil das Winterlager üblicherweise einfach nur das letzte Marsch-/Sommerlager war, das zum Standlager ausgebaut wurde. Wenn die Legionen weiterzogen übernahmen die Veteranen für ein paar Jahre, bis ihr Lager schliesslich unter einer römischen Stadt verschwand.
Die asymmetrischen augusteischen Lager(Haltern,Marktbreit,Kops Plateau) sind wahrscheinlich also nur im abgebrochenen Provinzialisierungsprozess steckengebliebene Urbanisierungsversuche.

Gruß
jchatt
 
Wovon wir aber ausgehen dürfen ist, dass auch in der Zeit zwischen Polybios und Pseudo-Hygin verbindliche Lagerbeschreibungen vorlagen.
Es handelt sich weder bei Polybios noch Pseudo-Hygin um "verbindliche" Lagerbeschreibungen und auch um keine offiziellen militärischen Handreichungen.
Wir haben zwar i.d.R. Lager im Spielkartenformat, aber immer wieder finden wir davon auch Abweichungen (siehe etwa die augusteischen Lager, die während des kantabrisch-asturischen Kriegs angelegt wurden oder Hedemünden etc. Siehe auch einige der Lager im Hinterland des Hadrianswalls... Während Housesteads und Vindobona quasi idealtypische Lager im Spielkartenformat sind, weicht Plumpton Head davon deutlich ab).

Form und Größe des Lagers und der Gebäude entsprechen dem jeweiligen Bedarf, keinen Schemata.

Wenn dieser Rahmen aber existiert haben muss und, wie im Falle von Oberaden sogar erkennbar wird, dann sollte man auch annehmen, dass er verbindlich angewendet wurde. Das unregelmässige Haltern ist also zu hinterfragen und nicht schulterzuckend hinzunehmen.
Bist du immer noch hinter deiner alten These her, Haltern sei ein Veteranenlager und das an der Form erkennbar. :(

Symmetrie und Regelmässigkeit werden bis heute als äusserer Ausdruck der Truppendisziplin gesehen. Marschieren im Gleichschritt oder die Bildung von Formationen waren auch bei den Römern schon als wichtig erkannt worden.
Den Gleichschritt kannten die Römer noch nicht. Allenfalls, dass er sich, wie das ist, wenn Gruppen gemeinsam "wandern" allmählich herausbildet. Du setzt zu viel als Fakten voraus, was eigentlich deiner Phantasie entspringt.

Wenn der Soldat Velleius die "schönen" Winterlager des peniblen Tiberius an der Donau(?) lobt, dann wahrscheinlich für Ihre dem strukturierten Ideal nahe kommende Ausführung.
Velleius lobt alles, was Tiberius machte. Wenn Tiberius an Blähungen gelitten hätte, hätte Vellius geschrieben, dass Tiberius immer von frühlingshaften Düften umhüllt war.
Wenn also die Winterlager des Tiberius wegen ihrer umsichtigen Anlage gelobt werden (Qua prudentia hiberna disposita sunt!) sollte man das nicht überbewerten.

Durch beständiges Üben im Frieden bereitete man sich auf den Krieg vor. Deshalb werden die Legionäre die Oberaden gebaut haben, in Haltern nicht auf einmal ihr Groma verbogen oder auf einen sichtbaren Abstand zu den Untergebenen oder Hilfstruppen verzichtet haben. Die unstrukturierte Anlage von Haltern kann man deshalb besser mit einer teilweisen Lockerung oder Aufhebung der Truppendisziplin erklären.
Also haben die Veteranen plötzlich den Lagerbau verlernt und ihre Groma verbogen? Warum gilt dein Argument das eine Mal aber das andere Mal nicht?
Nebenbei: Was ist mit den inschriftlichen Belegen aus Haltern, dass Haltern standort der 19-. Legion war?

Also so wie es bei Tacitus für die Veteranen berichtet wird.
Stelle?

Das augusteische Heer war noch eine Offensivarmee die beständig im Krieg stand. Die Konsolidierung der Reichsgrenzen erforderte ständige Verlegungen der Truppen. Wenn soetwas wie ein Legionsstandlager bestand, dann nur sehr kurzfristig (Oberaden).
Oder so kurzfristig wie "Vetera"? Vetera I bestand grob überschlagen 70 Jahre über die Varusschlacht bis zu seiner Zerstörung im batavischen Aufstand. Vetera II lag ein wenig abseits zum alten Standort, die CUT wurde nördlich von beiden angelegt, wo bereits zu Zeiten von Vetera I Cannabae standen und sich in einem toten Rheinarm ein Hafen entwickelt hatte.
Vetera I bestand also die kurze Kurzfristigkeit von 3 Generationen...

Die asymmetrischen augusteischen Lager(Haltern,Marktbreit,Kops Plateau) sind wahrscheinlich also nur im abgebrochenen Provinzialisierungsprozess steckengebliebene Urbanisierungsversuche.
Koops Plateau war doch über die Varusschlacht hinaus Lager und Teil der Provinz.

Sorry, aber deine These basiert zu viel auf Phantasie und missachtet zu viele der tatsächlich archäologisch und auch historisch überlieferten Fakten.
 
Sie kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil zu Ihren Zeiten unterschiedliche Bedingungen herrschten.
Die Legionäre zur Zeit des Polybios werden wohl größer und dicker gewesen sein. ;)


Die unstrukturierte Anlage von Haltern kann man deshalb besser mit einer teilweisen Lockerung oder Aufhebung der Truppendisziplin erklären.
Von einer "unstrukturierten" Anlage würde ich nicht sprechen, nur weil die bislang zu erkennenden Strukturen Fragen aufgeben. Wer immer den Befehl zum Bau der einzelnen Bauwerke gegeben hat, wird sich etwas dabei gedacht haben. Sicher haben die Soldaten nicht aus purer Disziplinlosigkeit sinnlose Fachwerkhäuser gebaut.

Das sind meiner Meinung nach fragwürdige Rückschlüsse aus einer späteren Zeit. Das augusteische Heer war noch eine Offensivarmee die beständig im Krieg stand.
Auch das augusteische Heer kannte Standlager mit fester Innenbebauung.
Und Fachwerkhäuser wurden - im Unterschied zu den Zelten in einem Marschlager - nun einmal nicht morgens abgebrochen und am Abend wieder neu aufgebaut. Das war garantiert auch schon in augusteischer Zeit so.


Wenn die Legionen weiterzogen übernahmen die Veteranen für ein paar Jahre, bis ihr Lager schliesslich unter einer römischen Stadt verschwand.
Die asymmetrischen augusteischen Lager(Haltern,Marktbreit,Kops Plateau) sind wahrscheinlich also nur im abgebrochenen Provinzialisierungsprozess steckengebliebene Urbanisierungsversuche.
Das ist mal wieder eine steile These. =)

Meistens entstanden die zivilen Siedlungen (vici/canabae) außerhalb des Lagers. Oder das Lager wurde in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer bereits bestehenden Siedlung gebaut. So war es in Haltern, so war es in Nijmegen und an vielen anderen Orten - Bonn, Carnuntum usw. In Marktbreit gibt es keine Hinweise auf Urbanisierungsversuche.
 
Natürlich wurde das Schema den Umständen angepasst. Dafür gibt es genügend Beispiele. Und es gibt auch genügend Beispiele, dass man sagen kann, dass es das Schema in der Realität gab. Für Haltern wird aber eine zusätzliche Verwaltungsfunktion angenommen. Wenn dort wirklich der Statthalter saß, dann bräuchte man z.B. zusätzliche Quartiere für Abgeordnete aller Legionen seines Heeres.

Dann gab es mehrere Phasen. Ist da alles sicher zuzuordnen?

Gleichschritt ist für die Antike belegt. Wir haben darüber schon einmal diskutiert. Er ist auch eine Notwendigkeit für die Einhaltung von Formationen. Schon in Sparta hat Tirtaios dafür komponiert und es ist in seiner Dichtung erwähnt.

Zur Zeit des Polybios herrschte noch Manipulartaktik. Zwar lagerten schon Kohorten zusammen, woher ja auch ihre Bezeichnung kommt, aber es mussten sich im Notfall nur die Manipel schnell zusammenfinden, um eine taktische Einheit zu bilden. Später waren es ganze Kohorten, um wirklich zu funktionieren. Und das ist nur ein Unterschied.

Was Velleius angeht, hat Tiberius doch für angenehme Unterkünfte der Offiziere gesorgt. Da hat der doch auch gefälligst Dankbarkeit zu zeigen! :D ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich wurde das Schema den Umständen angepasst. Dafür gibt es genügend Beispiele. Und es gibt auch genügend Beispiele, dass man sagen kann, dass es das Schema in der Realität gab.
Richtig. jchatt meint aber, dass wenn ein Lager vom Schema abweicht, dies nicht mit den Notwendigkeiten vor Ort zu tun habe, sondern mit dem juristischen Status der Soldaten (reguläre Legionäre oder eigentlich schon, aBer irgendwie dann doch nicht aus dem Dienst entlassene Soldaten).

Gleichschritt ist für die Antike belegt. Wir haben darüber schon einmal diskutiert. Er ist auch eine Notwendigkeit für die Einhaltung von Formationen. Schon in Sparta hat Tirtaios dafür komponiert und es ist in seiner Dichtung erwähnt.
Meinetwegen haben die Spartaner den Gleichschritt gekannt. Quellen für die Römer?
_____________________________

Nebenbei, bei Renatus heißt es über die Form des Lagers:

Veget. epit. rei mil. I, 23, 1: "Manchmal aber muss man das Lager viereckig, manchmal dreieckig, manchmal halbrund anlegen, je nachdem, wie es die Beschaffenheit des Platzes oder die Notwendigkeit verlangt."

Veget. epit. rei mil. III, 8, 4: "Wenn das umsichtig und gewissenhaft bedacht ist, kannn man je nach der örtlichen Gegebenheit ein quadratisches oder rundes oder dreieckiges aufschlagen; die Form ist zwar nicht höher zu bewerten als der Vorteil, aber man hält doch solche Lager für schöner, bei denen die Länge um ein Drittel mehr beträgt, als die Breite."

Vegetius bevorzugt also unser spielkartenförmiges Lager, beschreibt aber, dass die Form des Lagers variieren kann. Und zwar abhängig vom Ort. Eigentlich ja nicht weiter überraschend...
 
Meinetwegen haben die Spartaner den Gleichschritt gekannt. Quellen für die Römer?
Spricht nicht Vegetius I,9, insbesondere der 3. Satz, dafür? (Zwingend zugegebenermaßen nicht.)
... nisi assiduo exercitio ambulare celeriter et aequaliter discant.
... wenn sie nicht in ständiger Übung schnell und gleichmäßig marschieren lernen.
Und was soll im ersten Satz mit militarem ... gradum (militärischer ... Schritt) gemeint sein, wenn nicht eine besondere Art des Gehens?
 
Velleius lobt alles, was Tiberius machte. Wenn Tiberius an Blähungen gelitten hätte, hätte Vellius geschrieben, dass Tiberius immer von frühlingshaften Düften umhüllt war.

Entschuldigung:
Aber ich möchte für einen kurzen Moment innehalten.

Dieser kleine Kommentar wirkt sehr witzig.
Aber er bringt eine Sache sehr genau auf den Punkt.

Besser hätte ich es niemals formulieren können.

Respekt!

Wirklich großartig - und ich meine das ernst!

Und jetzt können alle weiter diskutieren!
 
Wir können Euren toten Gaul auch mal von hinten satteln.

Nehmen wir also an, dass der gemeine augusteische Soldat vor der Ableistung seiner 20-25 jährigen Dienstzeit verstarb und die Veteranen ihrer Zahl nach unbedeutend blieben. Ihre dominierende Rolle bei den Ereignissen in 14 n.Chr. lag daher wahrscheinlich in ihrer übernatürlichen Physis oder den rhetorischen Fähigkeiten. Die von den Historikern überlieferten Schwierigkeiten des Augustus die Entlassungsgelder aufzubringen sind aufgebauscht, denn es gab ja kaum Veteranen. Auch generell sind die Legionen nur mit einem Teil ihrer Sollstärke unterwegs.
Nehmen wir zusätzlich an die drei unsymmetrischen augusteischen Lager
Kops Plateau,
Haltern und
Marktbreit wären Legionslager.
Wie ist es dann zu erklären, das trotz dieser Knappheit an Soldaten alle drei Lager bis zuletzt gewachsen sind?
Marktbreit hat seine Fläche dabei sogar verdreifacht. Das Kops Plateau hat seinen kompletten Wall mehrmals nach aussen verschoben.
Demnach wäre Varus mit der grössten Anzahl an Truppen in Germanien unterwegs gewesen als jeder römische Feldherr vor ihm,
oder ?

Gruß
jchatt
 
Nehmen wir zusätzlich an die drei unsymmetrischen augusteischen Lager
Kops Plateau,
Haltern und
Marktbreit wären Legionslager.

Vielleicht kannst du für die, die nicht alle Römerthreads und die darin geäußerten Meinungen auswendig wissen, noch einmal darlegen, was die genannten Lager denn sonst gewesen sein sollen, wenn nicht Legionslager?

Und was genau für eine andere Deutung sprechen soll?

Ein weiteres unsymmetrisches Lager wäre das hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Römerlager_Dangstetten

Zählt das auch?

Richtig. jchatt meint aber, dass wenn ein Lager vom Schema abweicht, dies nicht mit den Notwendigkeiten vor Ort zu tun habe, sondern mit dem juristischen Status der Soldaten (reguläre Legionäre oder eigentlich schon, aBer irgendwie dann doch nicht aus dem Dienst entlassene Soldaten).

Was genau spricht dagegen, dass die Römer ihre Lager entsprechend der topographischen Gegebenheiten angelegt haben?

Etwas anderes anzunehmen ist meiner Ansicht nach genauso sinnhaft wie die Theorie, die Römer hätten unabhängig von der Topographie nach festen Entfernungen ihre Lager angelegt - wie wir es ja vor einiger Zeit diskutiert haben.
 
Etwas anderes anzunehmen ist meiner Ansicht nach genauso sinnhaft wie die Theorie, die Römer hätten unabhängig von der Topographie nach festen Entfernungen ihre Lager angelegt - wie wir es ja vor einiger Zeit diskutiert haben.
Eben.

Jchatt ist der Auffassung, dass Lager, die eine bauliche Abweichung von der Norm zeigen, eben nicht von der Legion erbaut worden seien. Er vertritt dies seit ein paar Jahren v.a. bzgl. Haltern.

Was ich jetzt weiter schreiben würde, wäre zu polemisch, daher lasse ich es.
 
Eben.

Jchatt ist der Auffassung, dass Lager, die eine bauliche Abweichung von der Norm zeigen, eben nicht von der Legion erbaut worden seien. Er vertritt dies seit ein paar Jahren v.a. bzgl. Haltern.

Was ich jetzt weiter schreiben würde, wäre zu polemisch, daher lasse ich es.

Ich empfehle sich diesen vollkommen assymetrischen Grundriss eines römischen Legionslagers in Dacia anzuschauen.

Bei Römern fällt Vielen immer gleich Standardisierung ein. Meine Erfahrung im Umgang mit römischer Geschichte lehrt mich das genaue Gegenteil. Flexibler und damit unstandardisierter als die Römer wird eher schwierig. Und das gilt gerade und im Besonderen für die römische Armee. Zumindest, wenn wir uns auf das beschränken, was wir wirklich wissen.

Und nicht auf das, was vor bis zu 200 Jahren irgendein renommierter Historiker mal behauptet hat, und seit dem Niemand mehr ernsthaft hinterfragt, sondern einfach nur zitiert, oder gar nur als communis opinio bezeichnet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Römern fällt Vielen immer gleich Standardisierung ein.

Mal von der augusteischen Zeit abgesehen, haben auch Limesforscher wie schon vor 30 Jahren Anne Johnson oder jüngst in einigen kürzeren Beiträgen Thomas Becker an Details der Militäranlagen herausgearbeitet, dass Standardisierung nicht gleichzusetzen ist mit absoluter Normierung. Beckers Argumentation läuft, analog zu früheren Arbeiten am Hadrians Wall, m.E. darauf hinaus, dass die baustrategischen Überlegungen stark von den Legionen betrieben wurden. Letzteres ist natürlich diskutbal.
 
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