Arianische und trinitarische Kunst?
Damit sind bislang nur grundsätzliche Kunstprobleme angesprochen und wie lange es doch dauerte, bis die christlichen Darstellungen sich stärker von paganen Vorbildern und Inspirationen lösen konnten. Bei der relativ kurzen Dauer der Auseinandersetzungen zwischen arianischen- und katholisch/orthodoxen Konfessionen ist also gar nicht zu erwarten, dass sich wirklich typische Kunstrichtungen entwickelten! Dazu kommt, dass die arianische Konfession letztlich recht plötzlich jede Bedeutung bei den römischen Bevölkerungsschichten verlor und fast nur noch bei germanischen Völkern dominant blieb. Gerade in der Kunst aber waren die neuen Herren (fast)
völlig von der römischen Kunst abhängig – sie haben da nichts Neues entwickelt, wie sie auch generell archäologisch im römischen Umfeld immer sehr unauffällig bleiben. Sie bedienten sich römischer Kunst und hatten damit bestenfalls auf die Auswahl der angebotenen Ausdrucksformen für ihre Kirchen einen Einfluss! Das halte ich für die wichtigste Hauptaussage, dem eher nur relativer „Kaffeesatz“ folgen kann.
Theologisch waren die Arianer, (die man besser als Homöer bezeichnen sollte), nur in relativ wenigen, aber zentralen Details von den Lehren der katholisch/orthodoxen Kirche entfernt. Es war ein Streit um die göttliche Trinität (die Einheit von Gottvater, Sohn und Heiligem Geist). Die Homöer betonten eine Hierarchie zwischen diesen drei Personen sowie die Einmaligkeit von Gottvater als monotheistische Gottheit. Der Sohn war nach ihrer Sichtweise ebenfalls göttlich, aber vor Anbeginn der Zeit durch Gottvater erschaffen worden. Je nach Radikalität der (auch in sich vielfach theologisch unterschiedlichen) homöotischen Lehre(n) wurde der Heilige Geist völlig abgelehnt oder als noch unter dem Sohne stehend, weiter abgewertet. Wie soll sich diese Hierarchie auch künstlerisch von der Dreifaltigkeit wirklich abheben? Der Heilige Geist spielt auch in Darstellungen trinitarischer Kunst eine recht geringe Rolle, kommt bei Taufszenen auch in homöotischer Kunst weiter vor! Die religionspolitische Radikalität der arianischen Vandalen blieb dabei sonst unerreicht bei den übrigen, germanischen Reichsgründungen! Der arianische Streit war auch im römischen Reich für einige Zeit durchaus nicht entschieden worden und die christlichen Missionare bei den Germanen trafen dort zu einer Zeit ein, als die damaligen, römischen Kaiser selbst der arianischen Glaubensrichtung zugeneigt waren.
Arianischer Streit ? Wikipedia
Überblick - DAMALS - Geschichte online
Eine „Homöotische Kunst“ konnte also bestenfalls die menschliche Person Jesu Christi hervorheben. Jedes dieser Bildmotive wäre aber wohl auch für Katholiken annehmbar. Christus als Weltenherrscher ist ein guter Ausdruck der Trinität – bleibt aber an sich auch für eine arianisch-homöotische Konfession (in Maßen?) erträglich. Die Darstellungen des Weltenherrschers nehmen offensichtlich seit dem Sieg des Glaubens an die Trinität im Römischen Reich zu, was als Triumph über die homöotische Glaubensrichtung interpretiert werden kann(?). Jede Darstellung Christi als Mensch müsste ein eifriger Gegner der Trinität bevorzugen…
@Bilder aus Ravenna:
Wichtig ist, dass nach Untergang des Ostgotenreiches die katholisch/orthodoxen Sieger die Mosaiken der gotischen Kirchen teils umgestaltet haben. Die Hofkirche des Goten Theoderich war „Christus dem Erlöser“ geweiht. DAS zentrale Thema des Christentums eigentlich! Trotzdem wurde die Kirche nach der Gotenzeit einem „gewöhnlichen Heiligen“ umgeweiht: Zuerst Martin von Tours und später dem Appolinaris, als erstem christlichen Bischof von Ravenna (obwohl dieser noch im Namen den paganen Gott Apollo nachhallen lässt!). Christus als Erlöser lässt sich daraus als eine zentrale Botschaft auch der homöotischen Konfession herauslesen. An der Decke wurde später ein Mosaik angebracht (ersetzte/veränderte wohl das vorherige, gotische Programm?), das „Hl. Martin im Goldhimmel“ genannt wurde. Es lässt sich daraus leicht spekulieren, dass dort vorher der triumphierende Christus gewesen sein könnte. Leider ist auch das Martin-Mosaik längst zerstört. Gerade die sonstigen Darstellungen des Hl. Martin sind auch Gegenstand von Interpretationen: Meist ist er in einem purpurnen Mantel zu sehen. Ein purpurner Mantel war in der Antike an sich dem Kaiser vorbehalten, so wie die ganze Farbe ikonographisch dem Kaiser zugeordnet wurde. Da bekannt ist, dass Theoderich von Ostrom einen purpurnen Mantel und ein kaiserliches Diadem zugesandt bekommen hatte, wäre also eine entsprechende Interpretation möglich?
Sant?Apollinare Nuovo ? Wikipedia
Wohl ein deutliches Zeichen für die trinitarische Kunst mag die Darstellung von Christus als Weltenherrscher (bartloser Jüngling thronend auf dem Himmelsrund) sein, der Heiligen die Märtyrerkrone reicht. Wenn man zwischen Weltkugel (als Abbild der Erde, wie wir es heute verstehen) und Himmelsrund unterscheiden, wird klarer warum: Das Himmelsrund müsste nach homöotischer Anschauung doch wohl eher Gottvater vorbehalten sein.
Zuweilen als vom arianischen Glauben beeinflusst wird die Taufszene Jesu im Jordan aus der arianischen Hofkapelle gehandelt, wo ungewöhnlich deutlich die Genitalien (typisch menschliches…) erkennbar sind. Pagan-Antik muss dagegen die bärtige Gestalt im Fluss interpretiert werden: Als Personifikation des Jordan (wie eine pagane Flussgottheit!!). Die Darstellung ist bei Jesus detaillierter als in der gleichzeitigen Kathedrale von Ravenna der katholisch/orthodoxen Christen (Kopfpartien und Heiliger Geist sind spätere Reparaturen dort). Die Taufszene wird jeweils von den 12 Aposteln eingerahmt, angeführt von Petrus und Paulus. In der "homöotischen Taufszene" ist zusätzlich zwischen Petrus und Paulus ein freier Thron: Hetoimasia. Dies räumt als leerer Thron Christi den ersten Platz ein. Anders als spätere Darstellungen eines Hetoimasia wird dieser Thron nur durch ein Kreuz gekennzeichnet und nicht durch Attribute der Dreifaltigkeit.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0a/Baptistery.Arians.Entire.Mosaic.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bd/Baptisery_of_Neon_Ceiling_Mosaic.jpg
Hetoimasia ? Wikipedia
Fazit:
Man sieht: Es muss schon sehr genau hingesehen und weitgehend interpretiert werden, bis sich auch nur Anhaltspunkte für eine unterschiedliche, darstellende Kunst ergeben! Dabei bleibt gerade im letzten Beispiel die spätantik-pagane Anleihe der Kunst in Form der Personifikation des Flusses weit offensichtlicher. Letztlich ist alles weitgehend spekulativ.