Wo war der Angrivarierwall? (Vortrag)

Cato schrieb:
Wenn der Bukkigau ehemals angrivarisch war, wie Herr Hanau annimmt, so wäre der von ihm vorgeschlagene Angrivarierwall an der Deisterpforte aus rein geographischer Sicht durchaus im Grenzgebiet der beiden Stämme.

Die geographischen Begebenheiten lassen dort auch die Sperrung des Tals zu. Eine Umgehung dieses Hindernisses hätte Tage in Anspruch genommen. Die alten Heerwege führen zwar auf dem Deister entlang (Fußpfade, die oft steil und unbequem über den Deister gingen) , aber 8Legionen werden mit Sicherheit die Wege durch das Tal genutzt haben (siehe Karl der Große, der auch durch die Deisterpforte gezogen sein soll).
Auf dem Deister gibt es auch einige "heidnische" Hinterlassenschaften (siehe Alte Taufe). Es kann daher sein, daß der Deister eine natürliche Grenze zwischen den Angrivariern und den Cheruskern darstellte.....und dort wo sie sich in die Quere kommen konnten, kann ein Wall das Tal abgesperrt haben. Man hat so eine natürliche Grenze von ca. 40km Länge, die von Nord nach Süd führt. Es gibt zwar Wege, z.B. der Helweg vor dem Samtforde, der im Norden um den Deister führt, aber dann hätten die Römer am Osterberg vorbei durch die Rodenberger Aue (im Deister-Süntel-Tal gab es damals ausgedehnte Sümpfe, die nur schwer zu passieren waren) ziehen müssen. Gleichzeitig hätten sie die an der Deisterpforte versammelten Germanen im Rücken gehabt. Dasselbe wäre passiert, wenn sie gen Süden nach Elze gezogen wären. Also wäre der Schlachtort schon ideal. Schließlich hat Arminius die Schlachtorte bestimmt.

Deswegen ist die Theorie des Hanau wesentlich glaubhafter als diese Marienburg-Theorie von Friebe und Marko (auch wenn Friebe jetzt einen wieder als "Halbwüchsigen" beschimpft :winke: ).

Und jetzt noch ein Klopfer :) : Der ehemalige Buchhändler Nolte aus Barsinghausen soll eine alte Karte besessen haben, auf der der Nienstedter Kirchweg als "Römerweg" bezeichnet worden sein soll. Dieser Weg soll den Cheruskern dazu gedient haben, um gefangene Römer zu den heiligen Stätten auf dem Deister und Süntel zu bringen und sie dann zu opfern. =) :yes: :winke: :S

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P.S.
Bei Coppenbrügge gibt es heute noch eine Fläche, die das "Heerlager" (direkt unter dem Berg der "Teufelskammer" genannt wird =) ) genannt wird. Welches Heer dort gelagert hat, das weiß keiner? :still: :grübel:
 
maelo schrieb:
Selbstverständlich handelt es sich bei Kalkriese um den Schlachtort am Angrivarierwall. Denn folgt man präzise den Aussagen des Tacitus (Annalen II 19-21), dann ergeben sich verblüffende Übereinstimmungen mit den landschaftlichen Gegebenheiten um Kalkriese, die er beschreibt, und den archäologisch ergrabenen Resultaten, die keine andere Schlussfolgerung zulassen, als dass es sich hier um den Ort handelt, wo Arminius mit seinen Kriegern die Schlacht am Angrivarierwall gegen Germanicus ausgefochten hat.

Hallo maelo,

dagegen sprechen die archäologischen Befunde. Die Funde weisen zwar alle in den besagten Zeitraum und verweisen auf die Varusschlacht, man kann dies aber sehr viel genauer eingrenzen als mit Tacitus!:) Zauberwort Münzdatierung.

"Entscheidend für die Datierung der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Römern und Germanen in der Kalkrieser-Niewedder Senke und damit auch für ihre historische Einordnung sind die Münzen, und hier vor allem die Kupfermünzen [Asse, Soldatengeld, Anm. CrisP]. Auffallend ist das Fehlen aller ab 10. n.Chr. einsetzenden Kupferprägungen, obwohl Stücke dieser Zeitstellung unter den Einzelfunden Nordwestdeutschlands zu rund einem Viertel vertreten sind. Dieser Befund spricht dagegen, die Ereignisse in dem Engpaß mit den Feldzügen des Germanicus 14 bis 16 n. Chr. in Verbindung zu bringen." (aus: Frank Berger u.a., Archäologische Quellen zur Varusschlacht?, S.227, in: Antike Welt, 22. Jahrgang 1991, Heft 4, Sonderdruck).

Ich habe die weiteren Entwicklungen zu Kalkriese nicht intensiv verfolgt, meines Wissens hat sich an obiger Aussage aber nichts mehr geändert und die Zuweisung der Kalkrieser Funde zu den Ereignissen des Jahres 9. n.Chr. - anhand der Münzen - ist schlüssig sowie halt- und nachvollziehbar. Alles andere ist Spekulation.

Mommsen hatte übrigens seine Vermutung, Kalkriese könne was mit der Varusschlacht zu tun haben, nicht anhand der geographischen Angaben bei Tacitus, sondern ebenfalls aufgrund der Münzfunde(!) geäussert.

Im Artikel wird noch von einem möglichen römischen Marschlager auf dem Felsener Feld bei Schwagstorf berichtet, die Fläche soll aber mit ca. 70 ha nur für 2-3 Legionen Platz geboten haben. Passt also irgendwie auch nicht... :)


Gruß, CrisP.
 
CrisP schrieb:
Zauberwort Münzdatierung.

"Entscheidend für die Datierung der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Römern und Germanen in der Kalkrieser-Niewedder Senke und damit auch für ihre historische Einordnung sind die Münzen, und hier vor allem die Kupfermünzen [Asse, Soldatengeld, Anm. CrisP]. Auffallend ist das Fehlen aller ab 10. n.Chr. einsetzenden Kupferprägungen, obwohl Stücke dieser Zeitstellung unter den Einzelfunden Nordwestdeutschlands zu rund einem Viertel vertreten sind. Dieser Befund spricht dagegen, die Ereignisse in dem Engpaß mit den Feldzügen des Germanicus 14 bis 16 n. Chr. in Verbindung zu bringen." (aus: Frank Berger u.a., Archäologische Quellen zur Varusschlacht?, S.227, in: Antike Welt, 22. Jahrgang 1991, Heft 4, Sonderdruck).

Da muß ich Dich leider enttäuschen. Der Artikel ist von 1991 und von Frank Berger. Mittlerweile gibt es doch einige Leute die diese Festlegung der Zeit anzweifeln. Auch hier im Forum wurden schon einige Beiträge zu diesen Münzfunden eingestellt.
Man kann nicht eine Unterscheidung zwischen dem Varus- und dem Germanicusheer allein durch die Münzdatierung herbeiführen, da die Münzverbreitung bzw. -verteilung nicht innerhalb einiger Jahre festgelegt werden kann. So kann das Heer des Germanicus die gleichen Münzen wie das Varusheer besessen haben. Darüber gibt es einige Vortäge und Schriften, z.B. sagt Berke (Uni Münster; Lehrauftrag für provinzialrömische Archäologie), daß sich archäologische Funde nicht genau auf ein Jahr bestimmen lassen. In der Zeit zwischen 2 und 14 n.Chr. seien kaum Münzen geprägt worden, die sich exakt einordnen lassen. Auch der ehemalige Lehrer Wolfgang Lippek zweifelt die Münzdatierung zur Varusschlacht an und scheint mit Frank Berger eine "Privatfehde" zu führen? :grübel:
 
maelo schrieb:
Selbstverständlich handelt es sich bei Kalkriese um den Schlachtort am Angrivarierwall. Denn folgt man präzise den Aussagen des Tacitus (Annalen II 19-21), dann ergeben sich verblüffende Übereinstimmungen mit den landschaftlichen Gegebenheiten um Kalkriese, die er beschreibt, und den archäologisch ergrabenen Resultaten, die keine andere Schlussfolgerung zulassen, als dass es sich hier um den Ort handelt, wo Arminius mit seinen Kriegern die Schlacht am Angrivarierwall gegen Germanicus ausgefochten hat. Nach diesen Überlieferungen hat Germanicus, nachdem er das Heer der Germanen auf dem Schlachtfeld Idistaviso an der Weser vorentscheidend geschlagen hatte, sich auf den Rückmarsch zur Ems gemacht. Vorher errichtete er aus den erbeuteten Waffen ein Siegesdenkmal aus Verachtung vor seinem Gegner.

Tacitus erwähnt ja, dass Germanicus auf seinem Feldzug auf die Gebeine der sechs Jahre zuvor in der Varusschlacht gefallenen Soldaten stieß und diese nun endlich beisetzte. Die Germanen hatten ja nach der Varusschlacht nur ihre Toten geborgen und die römischen Leichen geplündert. In Kalkriese ist auch eine Knochengrube gefunden worden, in der sich menschliche sowie tierische Knochen befanden, aber eben nicht mehr als vollständige Skelette. Es wird vermutet, dass es sich hierbei um das Massengrab handelt, welches Germanicus für die gefallenen Römer angelegt hat, von denen er eh' nur noch die bleichen Knochen vorfand nach sechs Jahren.

Er ist also folglich mit seinen Legionen am Schlachtfeld der Varusschlacht vorbeigekommen. Aber ist der dort ebenfalls in heftige Kämpfe mit den Germanen verwickelt worden??? :grübel:
 
Hallo Cherusker,

interessant, ist mir doch (bis jetzt) nur Gegenteiliges bekannt. Festlegung auf das Jahr 9 n.Chr. läuft meines Wissens über die Asse, die den Gegenstempel des Varus tragen. Unter den Assen fehlt die Serie Lugdunum-II, die ab 10 n.Chr. einsetzt. Ich kenn die aktuelle Fundsituation nicht (hab's wie bereits gesagt nur locker weiterverfolgt), sind denn Münzen dieser Serie schon gefunden worden?
Natürlich kann es durchaus sein, dass die Legionen Germanicus' noch mit "altem Geld" unterwegs waren...*spekulier*:)

Gruß, CrisP.
 
Guten Abend CrisP,

bezüglich der Münzfunde hatten wir hier schon einmal einige Erläuterungen. So ungefähr bis zu Beitrag 238.

Gruß

Marbod
 
Cleopatra Aelia schrieb:
Tacitus erwähnt ja, dass Germanicus auf seinem Feldzug auf die Gebeine der sechs Jahre zuvor in der Varusschlacht gefallenen Soldaten stieß und diese nun endlich beisetzte. Die Germanen hatten ja nach der Varusschlacht nur ihre Toten geborgen und die römischen Leichen geplündert. In Kalkriese ist auch eine Knochengrube gefunden worden, in der sich menschliche sowie tierische Knochen befanden, aber eben nicht mehr als vollständige Skelette. Es wird vermutet, dass es sich hierbei um das Massengrab handelt, welches Germanicus für die gefallenen Römer angelegt hat, von denen er eh' nur noch die bleichen Knochen vorfand nach sechs Jahren.

Er ist also folglich mit seinen Legionen am Schlachtfeld der Varusschlacht vorbeigekommen. Aber ist der dort ebenfalls in heftige Kämpfe mit den Germanen verwickelt worden??? :grübel:

Germanicus hat Caecina vorweg geschickt, damit er einen begehbaren Weg zum Varusschlachtfeld anlegt. Die Germanen haben Germanicus auf dem Varusschlachtfeld nicht in Kämpfe verwickelt. So konnte Germanicus in Ruhe den Verlauf der Schlacht genau nachverfolgen.

Die Knochengruben in Kalkriese sagen nichts über die dort stattgefundene Schlacht aus (außer daß dort Germanen gegen Römer gekämpft haben).
In Kalkriese gehen sie immer noch davon aus, daß die Römer keine Tier- von Menschenknochen unterscheiden konnten. Bei "dem" Totenkult der Römer ....hätten sie bestimmt keine Tiere und Menschen in dieselbe Grube geworfen. Auch läßt sich dort keine Bestattung erkennen, sondern ein wilder Haufen an Knochen. Römer hätten doch bestimmt irgendwelche Beigaben zu den menschlichen Knochen gelegt? :grübel:

Es kann sich daher auch um römische Knochen der Caecina-Schlacht gehandelt haben, die nach einer gewissen Zeit von den Germanen in Gruben geworfen wurden. Schließlich ging hier der Helweg vor dem Samtforde lang, der in der Antike von Xanten bis zur Elbe lief. An so einem bedeutenden Weg wurden bestimmt die Knochen beseitigt. Und für die Germanen war es einfach egal, ob Menschen- und Tierknochen in ein und dieselbe Grube gelangten.
Auch sind diese Gruben viel zu klein.....in der Varusschlacht hätte es deutlich mehr Tote geben müssen. Ursprünglich wurde in Kalkriese behauptet, daß dort die Endschlacht stattgefunden hat. Jetzt geht man anscheinend davon aus, daß es doch noch weiter gen Westen ging..... :confused:

Das geht hier aber jetzt am Thema vollkommen vorbei....deswegen schaut alle in den jeweiligen Beiträgen über die Varusschlacht nach. Dort steht schon einiges beschrieben....
:fs:
 
Salve

Dazu das sämtliche Knochen in eine Grube geworfen wurde kann man vielleicht einiges vermuten.
Germanicus hat eben nur Knochenreste vorgefunden.
Sämtliche " Grabbeigaben" die Du erwähnst wurden von den Germanen wahrscheinlich mitgenommen.
Teilweise wurden die Römischen Skellette an Bäume genagelt gefunden, oder aber auf dem Altar geopfert.
Ich vermute auch das ein großteil der Knochen vor den Jahren vor dem Fund mit Laub und Erde bedeckt waren und somit auch nicht gefunden werden konnte.
Dies beweißt vielleicht auch die gefundene Maske.

MFG
Nordlegion
 
Junge, Junge. Ihr pflückt mich jedes Mal ganz schön auseinander- macht aber nix. Manchmal muss man gegen den Strom schwimmen und Querdenken, um zum erstrebten Ziel zu gelangen..
Auch wenn es einigen Leuten nicht gefällt, muss ich trotzdem etwas ausführlicher werden. Es gibt die Niewedder Senke beim Ort Kalkriese, auf der sich einstmals mit Sicherheit eine Arminiusschlacht zugetragen hat. Grundsätzlich könnte man dieses Schlachtfeld drei Zeitperioden zuschreiben. Zum einen des Zeitpunktes der Varusschlacht im Jahr 9, und zum anderen der Zeit der Germanicusfeldzüge in den Jahren 15 und 16. Zu der Theorie, dass es sich bei Kalkriese um den Ort der Varusschlacht handelt gibt es sehr viele Unvereinbarkeiten. Ein erster Zweifel, der sich dem Betrachter erschließt, ist die Annahme der Kalkriesevarusschlachtbefürworter, dass Varus mit seinen drei Legionen, beim Rückmarsch zu den Winterlagern, von der Weser, einen Umweg durch die Niewedder Senke in Kauf nahm, um einen Aufstand irgendwo jenseits des nördlichen Osnings niederzuschlagen. Neben der Unwahrscheinlichkeit eines Weserlagers, gelten hier die Fragen nach dem militärischen und politischen Sinn eines solchen Unternehmens. Es scheint undenkbar, dass sich Varus mit seinem ganzen Heer, inklusive des Trosses und den zivilen Angehörigen, auf so einen beschwerlichen Marsch begeben würde, nur um eine begrenzte Rebellion niederzuschlagen, wo doch sicherlich auch kleinere bewegliche Truppenkontingente diesen Aufstand niederschlagen konnten, oder sich zumindest erst einen Überblick über die Lage im Krisengebiet verschaffen konnten. Durch diesen Marsch durch den Osning nach Westen wäre das Aufstandsgebiet, dass Varus demnach erreichen wollte, im Siedlungsraum der Brukterer gewesen. Dieser Germanenstamm hatte aber durch vorhergehende Kriege durch die Römer seine Souveränität verloren und galt als besiegt und unterworfen, und hatte bei einer Auflehnung sicherlich nicht die Heerstärke, die ein Vorgehen mit drei schwerbewaffneten Legionen erforderlich machte. Gleichfalls bedeutete der Umweg den Varus eingeschlagen haben soll eine Marschstrecke von mindestens 180 Kilometer, vom angenommenen Weserlager über Kalkriese bis zum nächsten festen Stützpunkt der Römer an der Lippe oder am Rhein, über unbefestigte Wege und nicht überbrückte Bäche und Flüsse. Rechnet man die Zeit dazu die Varus mit seinen Legionen gebraucht hätte um den Aufstand niederzuschlagen, dann hätte das Varusheer für diese Expedition Verpflegung für mindestens dreißig Tage mitführen müssen, denn ein Nachschub wäre von dem aufgelassenen Weserlager her, nicht mehr möglich gewesen. Dieses Faktum bedeutete, dass das Römerheer 1200 Tonnen an Nahrung mitführen musste, um sich während des Zeitraumes dieses Feldzuges zu versorgen. Unter diesen Gesichtspunkten ist eine Weiterführung des römischen Vorstoßes in Richtung der Ems, trotz frühzeitiger germanischer Attacken, nicht nachzuvollziehen. Denn sollten die Römer schon direkt nach dem Verlassen des Weserlagers in erste Konflikte mit den Germanen geraten sein, so gab es dann keinen Grund mehr für Varus den Marsch fortzusetzen, da er hier einen Aufstand hatte, den er bekämpfen musste. Somit wäre die entferntere Rebellion zweitrangig geworden. Er kann doch nicht den ersten Angriff auf sich und seine Truppen ignoriert haben und einfach weiter in Gebiete ziehen wollen, in denen er vermutlich weiteren Attacken ausgesetzt wäre. Auch bot sich für ihn nach der Durchquerung des Kalkrieser Engpasses kein römischer Stützpunkt als rettendes Ziel, dass sich in annehmbarer Entfernung befunden hätte, und vielleicht die Sicherheit für sich und sein Heer bedeutete. Auch wäre ein Angriff im Gebiet der Cherusker, und Kalkriese zählte zu diesem Sektor, ein Grund gewesen den römischen Vorstoß unverzüglich abzubrechen, denn dass hätte sofort das Misstrauen der römischen Führung hervorgerufen, denn sie wurden im Vorfeld schon von Segestes über einen bevorstehenden Angriff gewarnt, und hätten direkt Gegenmaßnahmen in Form eines Rückzuges eingeleitet. Genau so gut ist es schwer vorstellbar, dass sich der Reiterpräfekt Numonius Vala auf eigene Faust mit seinen berittenen Einheiten von hier aus bis zum weit entfernten Rhein durchschlagen wollte, und gleichfalls ist es noch schwerer zu glauben, dass sich von diesem Ort, fernab jeglichen römischen Lagers, Reste der Varusarmee zu Fuß durch unbekanntes feindliches Gebiet, bis zum Lager Aliso durchschlagen konnten. Im Übrigen sei nebenbei bemerkt, da sich die Anhänger einer Varusschlacht in Kalkriese auf den Bericht des Cassius Dio berufen, dass es bei dem vermuteten Marschweg der Varuslegionen durch die Niewedder Senke, hier kein Schluchtenreiches Gebirge gibt, was den Ausführungen von Dio entsprechen würde.
Diese Fakten allein sind eigentlich schon Grund genug die Kalkriesetheorie abzulehnen, aber es gibt noch einige andere gewichtige Unstimmigkeiten für eine Varusschlacht in Kalkriese, auf die es einzugehen lohnt. Für die Anhänger dieser Theorie ist ein entscheidend wichtiger Beweis, für ihre Sicht der Geschehnisse der Varusschlacht, das Prägedatum der bisher gefundenen römischen Münzen. Von den bei den Ausgrabungen in der Niewedder Senke gefundenen Fundmünzen ist keine nach dem Jahr 9 geprägt worden, und einige tragen den Gegenstempel VAR, was vielfach von Experten als eine damalige Kontermarkierung des Varus angesehen wird. In die Diskussion der Numismatiker, wann und wo welche Münzen geprägt wurden, und wer und aus welchem Grund Münzen einen Gegenstempel aufprägte, und wie die römischen Geldstücke seinerzeit im Reich verteilt wurden, möchte ich mich nicht einmischen, aber dieses Fundspektrum bedeutet nur mit Sicherheit, dass einige dieser Münzen, aufgrund ihres Prägedatums, nicht vor dem Jahr 9 in den Erdboden gelangt sein können. Grundsätzlich ist es durchaus im Bereich des Möglichen, dass dieses Geld in dieser Zusammenstellung, auch noch einige Jahre später für die Legionäre des Germanicus, das normale Zahlungsmittel in Germanien war, und daher der Augenblick des Bodeneintrages auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen konnte. Ein weiteres Argument der Kalkrieseausgräber ist die große Zahl der Hortfunde im Gebiet des vermeintlichen Kampfortes. Von den 15 angenommenen Hortfunden, bei denen es sich um größere Mengen verschiedenster vorwiegend römischer Münzen handelt, sind 7 in der jüngeren Vergangenheit ergraben und ausführlich dokumentiert worden. Die Erklärungen der beteiligten Archäologen über das Zustandekommen dieser Münzhorte lauten, dass einige römische Legionäre ihr Geld vor den angreifenden Germanen, bis nach den kämpferischen Auseinandersetzungen verstecken wollten. Diese Annahme darf gerne bezweifelt werden, denn es ist kaum nachzuvollziehen, dass ein Legionär in höchster Not, sich während der dauernden Kampfhandlungen von seiner Truppe entfernte, und seinen Sold vergrub, denn dieses Versteck, wenn es seinen Zweck erfüllen sollte, musste ja vor seinen Kameraden und den Germanen verborgen bleiben. Auch konnte dieser Legionär nicht davon ausgehen, dass er jemals an diesem Ort zurückkehren würde, denn sein Schicksal, und wo es ihn hinführt, war zum Zeitpunkt dieser Vernichtungsschlacht äußerst ungewiss. Sollten diese Münzhorte von Römern angelegt worden sein, dann kann das nur in einem Moment der Ruhe und Abgeschiedenheit für diesen römischen Soldaten geschehen sein, für die ihm die Varusschlacht sicherlich keine Gelegenheit bot.
Ende Teil 1
 
Teil 2
Da diese in Kalkriese ausgegrabene Münzverteilung allenfalls als ein Indiz für eine Varusschlacht in der Niewedder Senke taugt, waren die Archäologen an diesem Ausgrabungsort bemüht weitere Beweise für den Untergang der Varuslegionen zu finden. Einer der Beweise der die Kalkriesetheorie untermauern sollte, war die Lokalisierung mehrerer Erdwälle, die zur Zeit der Kampfhandlungen den Kalkrieser Berg auf etwa zwei Kilometern Länge umschloss, und ihn von dem staunassen Bereich der Niewedder Senke abgrenzte. Nach Aussage der Kalkrieseausgräber dienten diese Wälle als Ausgangspunkt des germanischen Angriffs, auf die Varuslegionen. Von diesen Wällen sollen sich die germanischen Krieger auf die langgestreckte römische Marschkolonne gestürzt haben, um dann nach erfolgter Attacke hinter diesen Erdmauern Schutz, vor den gegebenenfalls nachsetzenden Römern zu suchen. Gleichzeitig sollten diese Wälle verhindern, dass die Römer in die dahinter liegenden germanischen Stellungen eindringen, und dabei die nicht allzu dicht stehende Schlachtreihe der Germanen durchbrechen. Soweit die scheinbar gut argumentierten Interpretationen der Kalkrieseausgräber. Aber gerade diese Erdwälle bringen bei genauer Betrachtung diese Erklärungsversuche ins wanken. Wie allgemein bekannt und nicht in Frage gestellt, ist die Tatsache, dass Varus mit seinem Heer in einem Hinterhalt vernichtet wurden. Damit ein Hinterhalt, oder besser gesagt, eine Falle zuschnappen kann, muss, und das wird jeder Militärfachmann bestätigen, der Hereinzulegende bis zum letzten entscheidenden Moment ahnungslos über die ihn bedrohenden Vorraussetzungen sein. Wenn er merkt das er in eine Falle getappt ist, muss es schon zu spät für eine erfolgversprechende Gegenreaktion sein. Bei den Schlachttheorien die sich für Kalkriese aussprechen, wird oftmals der Eindruck erweckt, dass Varus und seine Legionen, ähnlich wie bei der Rückkehr von einem Campingausflug, leichtsinnig und sorglos, quasi wie Tiere zur Schlachtbank, in ihr Verderben gezogen sind. Dabei wird leicht übersehen, dass es für die Römer bei einer derartigen militärischen Operation, mit einem solch gewaltigen Heer, in einem bekannten oder unbekannten Terrain, ein immenses Maß an logistischem Aufwand erfordert hat, um sich zu einem Ort vorwärts zu bewegen. Varus mag sorglos gewesen sein, aber seine Generäle mit Sicherheit nicht. Die Römer konnten nicht einfach Geradewohl drauf los ziehen, sondern Kundschafter wurden vorausgeschickt um das Gelände für einen Durchmarsch zu sondieren, und anschließend den nächsten Lagerplatz auszukundschaften. Dabei wurde zweifellos nicht nur der vermeintliche Marschweg erkundet, sondern auch weite Bereiche neben der Wegtrasse auf ihre Sicherheit überprüft. Danach mussten Pioniere den Weg von Hindernissen befreien und so befestigen, dass hinterher das Heer mit dem Tross durchziehen konnte. Bei diesem Aufwand, bevor sich die gesamte Kolonne vorwärts bewegen konnte, wäre ein groß angelegter Hinterhalt in der Niewedder Senke mit den deutlich sichtbaren Erdwällen frühzeitig entdeckt worden, und die römische Heerführung hätte entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten können. Diese Tatsache mussten die Germanen einkalkulieren als sie ihren Plan ausarbeiteten, und deswegen mussten sie alles vermeiden, was das Misstrauen der Römer erwecken konnte. Eine frühzeitige Entdeckung dieser Wälle hätte ihre Aufstandspläne mit einem Schlag zunichte gemacht. Aber auch wenn der gesamte römische Stab sorglos in die Senke eingezogen wäre so hätte sich noch der größte Teil der Varusarmee außerhalb dieses Engpasses befunden als der Kampf begann, denn der Heerzug der etwa 20000-30000 römischen Soldaten war nach seriösen Berechnungen mindestens 15 Kilometer lang. In diesem Fall hätten sich die Legionen aus dem Kampfgebiet zurückziehen und sammeln können, um nach einem koordinierten Manöver, der Einkesselung zu entgehen. Die Vermutung dass die Varuslegionen, durch massive Attacken der Germanen, in ihrem Rücken, zum Einmarsch in die Niewedder Senke gezwungen waren, erhält bisher keine Bestätigung durch Ausgrabungsergebnisse, denn dann hätten auf dem mutmaßlichen Marschweg zwischen Venne und Lübbecke, im Laufe der intensiv geführten Untersuchungen, zumindest einige aussagekräftige Bestandteile römischer Militaria, die durch Kampfhandlungen in den Boden gelangt sind, gefunden werden müssen. Auch hätte das Geländeprofil östlich der Senke seinerzeit unter Umständen das Ausweichen des Marschzuges in nordwestlicher Richtung ermöglicht, und damit mussten die Legionäre nicht den Bereich der Erdwälle passieren. Auch die Anlage der Erdmauern in der Landschaft lässt an eine ehemalige Angriffstellung der Germanen zweifeln. Um die Römer bei ihrem Vorbeimarsch an den Erdwällen erfolgreich zu bekämpfen war es für die Germanen erforderlich den Nahkampf zu suchen. Denn da für die Germanen keine Fernkampfwaffen wie zum Beispiel Pfeil und Bogen oder Schleudergeschosse bekannt oder überliefert sind, blieben nur Wurfspeere als germanische Distanzwaffen, deren Reichweite sich die Römer auf ihrem Weg an den Wällen vorbei durch Einhaltung eines gewissen Abstandes, und durch die Nutzung ihrer Schilde entziehen konnten. So blieb nur als wirkungsvolle Angriffstaktik, dass massive herabstürzen der Germanenkrieger von den Erdwällen auf den Römischen Marschzug herab, um ihn dann zu bekämpfen. Gegen dieses Vorgehen an diesem Ort sprechen aber die Palisaden aus Flechtwerk die vereinzelt auf der Krone dieser Wälle nachgewiesen wurden. Diese wären bei einem Sturmangriff von diesen Anhöhen herab eher störend, da sie eine breite Schlachtaufstellung der Germanen verhinderten. Ein hervorbrechen der Germanen aus den Durchlässen zwischen den Wällen heraus, hätte auf die Stellungen der Römer keinen massiven Angriffsdruck hervorgerufen, der erforderlich gewesen wäre, um diese Formationen aufzubrechen. Auch durch die Tatsache, dass nachdem sich der Kalkrieser Engpass nach Westen hin erweitert, weitere Erdwälle vermutet werden, läst an eine Hinterhaltsstellung zweifeln, denn sollte diese Falle perfekt geplant sein, und in der Niewedder Senke ihren Endpunkt gehabt haben, so ergeben weiter Erdwälle in dem für diesen Hinterhalt nicht mehr erforderlichen Bereich keinen Sinn.
Ein weiteres Indiz für eine Varusschlacht an diesem Ort, ist für die Kalkrieseausgräber, die von ihnen entdeckten Knochengruben im Bereich des Oberesch. In diesen Knochengruben lagen Tierknochen, dabei vor allem Maultierknochen, und Menschenknochen, von Männern zwischen 20 und 45 Jahren, gemeinsam in ehemaligen Senken vergraben. Da diese Knochen Trockenrisse und Anzeichen von Nagetierfraßspuren haben, und teilweise anatomisch zusammenhanglos vergraben waren, vermutet man, dass diese Gebeine erst lange Zeit nach dem Tod ihrer Besitzer an der Oberfläche gelegen haben, und erst später unter die Erde gelangt sein können. Auch hier wurde eine Verbindung zur Varusschlacht hergestellt, denn Tacitus berichtet von den Gebeinen der erschlagenen Römer die noch Jahre später unbestattet auf dem Schlachtfeld der Varuslegionen lagen. Aber, und das wird gerne von den Varusschlacht in Kalkriese Anhängern verkannt, ließ Germanicus, bei seinem Feldzug als er den Schlachtort der vernichteten Legionen aufsuchte, die sterblichen Überreste der gefallenen Römer in einem Grabtumulus aufschichten, und kaum an vereinzelten Stellen mit Maultierknochen gemeinsam vergraben. Gleichzeitig hätten, wenn die Gebeine von etwa zehn getöteten Legionären, in jeweils einer dieser Gruben liegen sollten, bei etwa 20000 getöteten römischen Soldaten, mindestens 2000 Knochengruben angelegt werden müssen. Mit anderen Worten: die gesamte Niewedder Senke und die umliegende Gegend müsste mit Knochengruben übersät sein. Vielmehr scheint es grundsätzlich die Praxis der Germanen unter Arminius gewesen zu sein, die vergänglichen Überreste der getöteten römischen Feinde auf dem Schlachtfeld einfach liegen zu lassen, damit diese als sichtbare Abschreckung für erneute Eroberungsversuche der Römer dienten. Diese Vorgehensweise kann auch in späteren Jahren, von Arminius bei seinen Kämpfen gegen das Heer des Germanicus angewandt worden sein. Nachdem es nach einer gewissen Zeit absehbar war, dass die Römer keinen erneuten Vorstoß ins germanische Territorium wagen würden, sind diese offen in der Landschaft daliegenden Gebeine, dann wahrscheinlich von den dort siedelnden Germanen eingesammelt und bestattet worden, da dieser Anblick, der vor sich hinbleichenden Knochen, auf Dauer auch für diese sicher nicht angenehm war.
Ein bemerkenswerter Faktor der aus den Ausgrabungen in Kalkriese hervorgeht, ist der Umstand, dass es bisher, von einem germanischen Reitersporn abgesehen, keine Funde ausgegraben wurden, die eindeutig germanischer Herkunft sind. Diese Konstellation lässt sich eigentlich nur mit der Begründung erklären, dass hier die Germanen vorwiegend mit römischen Waffen gekämpft haben, und sie diese bei vorangegangenen Schlachten von besiegten Römern erbeutet haben. Denn allein bei der Varusschlacht eroberten die Germanen die militärische Ausrüstung von etwa 20000 römischen Soldaten. Diese Waffen waren in der Regel qualitativ hochwertiger als die normale germanische Bewaffnung, und wurden aus diesem Grund mir Sicherheit bei nachfolgenden Kämpfen von den Germanen benutzt. Auch dieses Faktum spricht gegen eine Varusschlacht in Kalkriese, denn zu diesem Zeitpunkt war das germanische Heer zum überwiegenden Teil mit ihrer normalen Ausrüstung ausgestattet, und deshalb konnten die Germanen noch nicht im Besitz einer so großen Menge römischer Waffen sein. Aber wenn sich diese ganzen Widersprüche gegen eine Varusschlacht in der Niewedder Senke aussprechen, so steht jetzt die Frage im Raum, welches Ereignis sich hier dann einstmals zugetragen hat. Wie vorher schon angedeutet kann es sich hier nur um eine Begebenheit im Zusammenhang mit den Vorstößen des römischen Heerführers Germanicus handeln, denn in der Zwischenzeit während der Varusschlacht und den Germanicusfeldzügen sind uns keine Überlieferungen, über einen so Tief ins germanische Hinterland geführten römischen Vorstoß bekannt. Für viele Gegner der Varusschlacht in Kalkriese, haben sich hier im Jahre 15 die Kämpfe zwischen den Legionen des Caecina und dem Heer des Arminius, an den langen Brücken (Pontes Longi) ereignet, was auch auf der Tatsache gründet, dass in der näheren Umgebung von Kalkriese alte Bohlenwege nachgewiesen werden konnten, die in etwa in das Zeitfenster der Germanicusfeldzüge passen könnten. Aber abgesehen davon, dass Bohlenwege grundsätzlich nichts ungewöhnliches für alte Wegtrassen in Germanien sind, passen diese Annahmen nicht mit dem in der Histographie einzig verwertbaren Bericht des Tacitus über diese Zeit überein, nachdem Germanikus zu dieser Zeit noch nicht die Ems überschritten hat, und daher Caecina von der Ems zum Rhein kommend, die Pontes Longi passierte. So bleibt nur die Überlegung, dass hier ein Ereignis der Germanicusexpedition im Jahr 16 stattgefunden haben muss, und speziell die Schlacht am Angrivarierwall passt nach der Überlieferung für dieses Gelände mit dem Sumpf, dem bewaldeten Berg und den vorgelagerten Erdwällen und der Flachen Ebene dazwischen.
Vielen Dank für eure Ausdauer
Gruß Maelo
 
maelo schrieb:
.... Für viele Gegner der Varusschlacht in Kalkriese, haben sich hier im Jahre 15 die Kämpfe zwischen den Legionen des Caecina und dem Heer des Arminius, an den langen Brücken (Pontes Longi) ereignet, was auch auf der Tatsache gründet, dass in der näheren Umgebung von Kalkriese alte Bohlenwege nachgewiesen werden konnten, die in etwa in das Zeitfenster der Germanicusfeldzüge passen könnten. Aber abgesehen davon, dass Bohlenwege grundsätzlich nichts ungewöhnliches für alte Wegtrassen in Germanien sind, passen diese Annahmen nicht mit dem in der Histographie einzig verwertbaren Bericht des Tacitus über diese Zeit überein, nachdem Germanikus zu dieser Zeit noch nicht die Ems überschritten hat, und daher Caecina von der Ems zum Rhein kommend, die Pontes Longi passierte. So bleibt nur die Überlegung, dass hier ein Ereignis der Germanicusexpedition im Jahr 16 stattgefunden haben muss, und speziell die Schlacht am Angrivarierwall passt nach der Überlieferung für dieses Gelände mit dem Sumpf, dem bewaldeten Berg und den vorgelagerten Erdwällen und der Flachen Ebene dazwischen.
Vielen Dank für eure Ausdauer
Gruß Maelo

Oh....da hatte einer Schlafstörungen, sodaß hier so ein langer Text entstand.... ;) ;)

Wenn man einen Wall baut, der ein Gebiet abgrenzen soll, dann baut man ihn mit Sicherheit nicht am Waldesrand parallel zum Weg, sondern irgendwann muß er über den Weg führen um ihn abzusperren (siehe eine Bahnschranke). In Kalkriese ist der Wall kurzfristig aufgeschüttet worden und man hat sich nicht allzu große Mühe gegeben, d.h. man verwendete das Material, was gerade an der Stelle vorhanden war. So ist dieser Wall eher eine Flickschusterei als ein langfristiges geplantes Projekt.

Der Angrivarierwall muß ein Wall gewesen sein, der in seiner Struktur auch schon vorher existiert hat. Militärhistoriker haben anhand der Funde in Kalkriese bestimmt, daß dort nur eine zeitlich begrenzte Schlacht stattgefunden hat, d.h. hier haben Römer einen Durchbruch durch einen Engpaß vorgenommen.

Die in Kalkriese häufig zu hörende Theorie, daß sich die Germanen hinter dem Wall versteckt haben, um dann den römischen Zug ab und zu anzugreifen, ist mit Verlaub, absoluter Blödsinn. :S Die Römer wären wie "Schlachtvieh" am Wall entlanggezogen ...und nach jedem 100. Römer wird wieder angegriffen? :autsch:

Meine Behauptung: der Wall in Kalkriese wurde von Römern gebaut! Ursprünglich war das auch die Vermutung in Kalkriese bis man dann zu dem Germanenbauwerk überschwengte. Warum haben die Römer diesen Wall gebaut? Ganz einfach....sie konnten dann hier den Troß (der ja zweifelsohne bestand) durch die Enge führen, ohne das Germanen ihn durch einzelne Angriffe sprengten (das Arminius es mit einem Sturmangriff doch schaffte, steht auf einem anderen Blatt Papier.....deswegen stürzte der Wall auch in die Seite zum Sumpf ein!).
Bei Tacitus steht geschrieben, daß vor der Schlacht an den Langen Brücken die Römer einen Wall bauen, der durch Bäche teilweise unterschwemmt wird, sodaß sie wieder von vorne beginnen müssen. In Kalkriese findet man zum Hügel hin einen Graben....wäre das ein Germanenwall, so hätten die Germanen jedesmal wenn sie auf ihren Wall wollen einen Graben durchqueren müssen. Sie mögen vielleicht doof gewesen sein, aber bescheuert waren sie nicht! :autsch:

Dieser kleine Wall, der in Kalkriese teilweise rekonstruiert wurde, wäre für 8 Legionen kein Hindernis gewesen. Es wäre eine sehr peinliche Angelegenheit, wenn Germanicus dafür einen ganzen Tag gebraucht hätte um dann in ein Waldstück zu gelangen. ;)
Vielmehr sind hier die 4Legionen des Caecina unter erheblichen Verlusten durchgebrochen. Das läßt sich anhand der Fundstücke (eine Legion schwengt nach rechts und die andere Legion nach links aus dem Engpaß heraus).

Und warum sollen die Germanen nach Idistaviso den Römern den Rückzug versperrt haben? Den Fehler hat Vercingetorix mit Caesar gemacht...


P.S.
Bei Tacitus steht in den Annalen I (70) geschrieben, daß sie sich auch 15 n.Chr. an der Weser befanden. Es wurde immer von den Historikern behauptet, daß Tacitus sich da geirrt hat, weil Germanicus nicht an der Weser sein kann, wenn er doch von der Ems an den Rhein will. Das ist kein Übersetzungsfehler, sondern die Beschreibung, daß AMISIA kein Fluß ist, sondern ein "Ort". "Zwischen LUPIA und AMISIA" beschreibt nun ein Gebiet zwischen einem Ort (bei Minden? Hameln?) und bis zur Lippe. Nur die Lippe (=Lupia) wurde als "flumen" bezeichnet.
 
Lieber Cherusker,
das mit den 8 Legionen bezweifele ich ernsthaft. Es waren höchstens drei oder vier. Das wären nämlich alle am Rhein und Donau stehenden Truppen gewesen.
 
heinz schrieb:
Lieber Cherusker,
das mit den 8 Legionen bezweifele ich ernsthaft. Es waren höchstens drei oder vier. Das wären nämlich alle am Rhein und Donau stehenden Truppen gewesen.

Das kannst Du schon glauben, da Caecina mit 4Legionen (1.,5.,20. und 21.) und Varus mit 3Legionen (17.,18. und 19.) keinen Sieg gegen die Germanen erringen konnten. Ferner sind diese Legionen auch benannt worden, es sind keine Phantasiegebilde.
Übrigens hatte Varus 5Legionen unter seinem Befehl: 3 befehligte er selbst und die anderen 2 standen unter dem Kommando des Asprenas.

Die verbündeten Germanen des Arminius waren in der Lage ein Römerheer aus 4Legionen anzugreifen und in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.
Deswegen hat Germanicus 8Legionen aufgeboten, damit er auch wieder heil nach Hause kommt. :) Und bei einem anderen Schlachtverlauf bei Idistaviso wären auch die 8Legionen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.

Übrigens Caesar marschierte auch nicht mit 3Legionen durch Gallien.... :p Zu den großen Schlachten hat er seine Truppen auch vereint. :winke:
 
Danke lieber Cherusker für die Auskunft.
Weißt Du wieviel Menschen mit dem Troß dazu zusammen kämen? Varus Legionen sollen ungefähr 30 000 Menschen umfasst haben.
 
heinz schrieb:
Danke lieber Cherusker für die Auskunft.
Weißt Du wieviel Menschen mit dem Troß dazu zusammen kämen? Varus Legionen sollen ungefähr 30 000 Menschen umfasst haben.

Bei Varus scheiden sich die Geister...... :confused:
Es wird von 12.000 bis 30.000 wohl alles angenommen. Zu seinen 3Legionen kamen Auxiliareinheiten dazu und noch ein unbestimmter Teil von Zivilpersonen (angeblich auch Frauen und Kinder).In Kalkriese tendiert man eher zu 12.000, während in anderen Büchern eine höhrere Anzahl angenommen wird.
Da Varus das gesamte Germanien während des pannonische Aufstandes mit 5Legionen kontrollieren mußte (Erinnerung: Tiberius wollte im Jahre 6n.Chr.mit 12Legionen gegen Marbod ziehen), werden diese Legionen bestimmt nicht unterbesetzt gewesen sein. :grübel:

Bei Germanicus gibt es Angaben (Tacitus, Annalen I,56): im Jahre 15 n.Chr. besaß Caecina 4Legionen, 5.000 von den Hilfstruppen und noch Verbände von linksrheinischen Germanen. Ebenso besaß Germanicus 4 Legionen und die doppelte Anzahl von Bundesgenossen. Jetzt stellt sich die Frage, wieviel Legionäre gehörten damals einer Legion an? Waren sie vollständig besetzt? Auch hier werden Zahlen zwischen 3.000 und 6.000 pro Legion vermutet... :confused:
Beim gesamten Germanicusheer werden insgesamt ca. 60.000 Menschen vermutet.
Etwas mehr Germanen müssen die verbündeten germanischen Stämme für Arminius zur Verfügung gestellt haben.
Das könnte ungefähr hinkommen, da im Jahre 17n.Chr. Marbod ( 70.000 Fußsoldaten + 4.000 Reiter, Angaben von Vell.II 109,1-2) ein großes gleichstarkes Heer gegen Arminius führte.
 
In den neueren Schriften über die Militärstruktur der Römer kommt, so denke ich immer deutlicher heraus, dass es fast unmöglich ist, Aussagen über den Bestand von römischen Militäreinheiten zu einem bestimmten Zeitpunkt zu treffen. Früher errechnte man sich das anhand der Lagergrößen. Diese bieten ja nun auch grobe Anhaltspunkte, man kommt aber davon ab, daraus absolute Schlüsse zu ziehen - zum Teil, weil man sich heute gern mit den Unregelmäßigkeiten einzelner römischer Militärlager beschäftigt.
Das Kernproblem besteht in der Vielzahl der Aufgaben, die römische Militäreinheiten allgemein und die Legionen im besonderen zu übernehmen hatten. Vor allem waren die Legionen ganz große "Bauherren" - sie brachen Steine, bauten Straßen, öffentliche Gebäude und natürlich auch Militärlager (vor allem auch kleinerer Militäreinheiten!) und betrieben Ziegel- wie Kalkbrennereien. Daher gab es immer wieder Abkommandierungen, die in der Forschung stets umstrittenen "Vexillationen".
Es gibt auch viele Hinweise, dass die Legionen auch während Feldzügen aufgeteilt waren. Als Indizien zu nennen sind römische Marschlager in Britannien, aber auch einige im Limesgebiet, die wohl während der diversen flavischen Militäraktionen entstanden - viele von ihnen sind wesentlich größer als spätere Limeskastelle, aber auch kleiner als die Legionslager. Allerdings ist das natürlich auch eine andere Zeitepoche.
Die näher bekannten augusteischen Militärlager in Deutschlang boten fast alle Platz für mindestens eine Legion - eine der wenigen Ausnahmen ist das Versorgungslager von Bad Nauheim-Rödgen.
Dennoch sind auch hier die Unregelmäßigkeiten bei den Lagergrößen enorm - gerade bei diesen meist nur kurzfristig geplanten Lagern darf man davon ausgehen, dass sie exakt für den aktuellen Bedarf gebaut wurden und hier ebenso mehrere Legionen inklusive Auxiliareinheiten liegen konnten, mehrere angeschlagene oder wenige "frische" Einheiten untergebracht waren, so dass sich auch hier schwer ergründen lässt, ob die Einheiten Vollbestand hatten. Zumal bei den meisten dieser Lager jeder Hinweis fehlt, welche Legionen dort lagen.
Nur in wenigen Fällen kann man so deutliche Aussagen treffen wie bei dem Lager Marktbreit/Bayern - das wegen der geringen Funde als provisorisches Lager angesprochene Legionslager entspricht in seiner Form und Größe so deutlich dem Legionslager Mainz, dass hier wohl tatsächlich die beiden Mainzer Legionen in ihrem Vollbestand Platz gefunden hätten.
 
Ashigaru schrieb:
....Dennoch sind auch hier die Unregelmäßigkeiten bei den Lagergrößen enorm - gerade bei diesen meist nur kurzfristig geplanten Lagern darf man davon ausgehen, dass sie exakt für den aktuellen Bedarf gebaut wurden und hier ebenso mehrere Legionen inklusive Auxiliareinheiten liegen konnten, mehrere angeschlagene oder wenige "frische" Einheiten untergebracht waren, so dass sich auch hier schwer ergründen lässt, ob die Einheiten Vollbestand hatten. Zumal bei den meisten dieser Lager jeder Hinweis fehlt, welche Legionen dort lagen.
Nur in wenigen Fällen kann man so deutliche Aussagen treffen wie bei dem Lager Marktbreit/Bayern - das wegen der geringen Funde als provisorisches Lager angesprochene Legionslager entspricht in seiner Form und Größe so deutlich dem Legionslager Mainz, dass hier wohl tatsächlich die beiden Mainzer Legionen in ihrem Vollbestand Platz gefunden hätten.

Dein Beitrag stimmt soweit.

Eine Anmerkung:
Es muß deutlich zwischen einem Marsch- und einem Standlager unterschieden werden.
Wenn 3Legionen durch feindliches Gebiet zogen, so gab es Marschlager, die auch die Größe von 3Legionen aufwiesen (siehe Tacitus, Germanicus findet ein 3-Legionen-Marschlager des Varus).

Anders verhält es sich mit den Standlagern. Diese mußten auch im feindlichen Gebiet zu verteidigen sein, d.h. ein 3Legionenlager konnte in seinen Ausmaßen nicht von einer kleinen Stammbesatzung erfolgreich verteidigt werden. Deswegen findet man meist im norddeutschen Raum Römerlager, die nur Platz für ca. 1 Legion hatten. Die bei Feldzügen anwesenden anderen Legionen mußten dann vor dem Standlager campieren.

Wie bereits oben im Beitrag beschrieben, gab es für die Legionäre in ruhigen Zeiten vielfältige Aufgaben. So verteilte Varus seine 3Legionen auch über das Land. Ebenso ging Drusus vor, der höchstwahrscheinlich etliche Wachposten auf strategisch wichtigen Standorten errichten ließ. Die Römer haben ja gerne gebuddelt (siehe Drusus-Kanal) :) .

Ein Beispiel für so ein aufgeteiltes Römerstandlager ist Hedemünden. Das mit Erdwällen gesicherte Hauptlager I ist mit ca. 3,2 Hektar für eine Legion (benötigt ca.18-20 Hektar) viel zu klein. Wenn man dann dort das mutmaßliche Marschlager IV mit berücksichtigt, dann kann eine Legion dort Platz gefunden haben.
Von den Archäologen wird auch vermutet, daß die Legionen nicht zusammen marschierten, sondern sich an bestimmten Punkten wieder trafen. Allerdings halte ich diese Vermutung nicht für besonders glaubhaft, da eine Legion doch der Gefahr ausgesetzt war, daß sie angegriffen wird.

Bei den Germanicus-Feldzügen 16 n.Chr. ist beschrieben, daß er seine Legionen nicht aufteilt. Im Jahre 15 n.Chr. hatte Germanicus noch Caecina und L.Stertinius zu einzelnen Aktionen gegen die Marser, Cherusker (damit diese den Chatten nicht zu Hilfe eilen) und Brukterer ausgesandt. Aber beim Hauptangriff auf die Cherusker bei Idistaviso und beim Angrivrierwall muß Germanicus ein zentrales großes Marschlager und keine Aufteilung gehabt haben. Platz hierfür wäre bei Minden und Vlotho (Flutwiesen der Weser).

Germanicus sicherte hier auch den Rückzug, in dem er Brücken über die Weser anlegen ließ. Daher kann das Riesenlager nur auf der Westseite der Weser gewesen sein. Wie ich bereits schon erwähnt habe, gibt es bei der Porta Westfalica das Nammer Lager, daß jahrelang als Germanensammelplatz gegolten hat.
Ich vermute, daß das aber ein Römerlager war...ähnlich Hedemünden. Die germanischen Fluchtburgen befanden sich woanders (anhand von Funden).

Aber vielleicht irre ich mich auch gänzlich...? :confused: ;)
 
@ Cherusker: der Hinweis auf Marsch- und Standlager ist natürlich absolut richtig, selbst wenn die großen Standlager im rechtsrheinischen Raum wie Oberaden oder Haltern nur für wenige Jahre belegt wurden.
Ebenso ist es richtig, dass ein 3-Legionslager wie vermutlich Oberaden im Verteidigungsfall auch nur von drei Legionen wirklisch sinnvoll verteidigt werden konnte.
Aber gerade bei den frühen römischen Militärlagern ging es ja nicht hauptsächlich um den Verteidigungseffekt.
Gerade auf Feldzügen könnte es ja auch so gewesen sein, dass gerade die großen Standlager immer wieder von durchziehenden Legionen benutzt wurden - mal lagen dann in Oberaden halt drei, dann vielleicht auch mal wieder eine. Immerhin finde ich es bemerkenswert, dass es so große Unregelmäßigkeiten in der Größe auch bei den Standlagern gab. In der neueren Literatur wird dabei immer wieder auch auf das Problem der Auxiliareinheiten verwiesen - die gab es auch schon während der augusteischen Züge und sie mussten irgendwo untergebracht sein. Es gibt aber, soweit ich weiß, bisher kein einziges frühes Lager, dass eindeutig für solche Hilfstruppen gebaut worden wäre - möglich wäre es für Rödgen, aber auch hier fehlt jeder Hinweis.
So muss die Frage, wie sich die Legionen aufteilten oder ob sie während der Germanen-Feldzüge zusammen marschierten, noch offen bleiben. Dass es aber überhaupt rechtsrheinisch Mehrlegionenlager gibt, deutet doch schon an, dass Legionen natürlich auch zusammen marschierten.

Zum "Nammer Lager" habe ich gerade eben noch ein bißchen gegoglet und es handelt sich offenbar um eine vorrömische Fliehburg.

http://www.landeswanderverband-nds.de/Ereignisse2004.htm
 
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