Die Waffen-SS

K.W.schaefer schrieb:
Ich erhebe nicht den Anspruch, die Kriegsverbrechen der "klassischen" Waffen-SS-Divisionen abschließend aufgezählt zu haben. Kann man aus meinem Text auch nicht ableiten.

Na ja:

K.W.Schaefer schrieb:
Generell kann man aber sagen dass die "klassischen" Divisionen der Waffen-SS insgesamt überwiegend sauber kämpften, vom Massaker von Ouradour durch die 2. SS-Panzerdivision "Das Reich" sowie Malmedy einmal abgesehen.

Ich verstehe im übrigen nicht ganz, weshalb diese Trennung zwischen "klassischen" und "unklassischen" Divisionen:

"Prinz Eugen" war übrigens keine klassische Division. Sie bestand aus Volksdeutschen aus Jugoslawien und enthielt auch die Reste der albanischen "Skanderbeg" Division.
Die "Brigade Dirlewanger" war eine Bewährungseinheit, bei der auch die Führer und Unterführer straf- und disziplinarrechtlich aufgefallene Waffen-SS-Angehörige waren.


Mir ist zwar klar, worauf du hinauswillst; aber ist das "klassische" an Divisionen wie der LAH oder "Das Reich" nicht, dass sie zu den ersten Waffen-SS-Einheiten zählen und im weiteren Kriegsverläuf zu ausgesprochenen Elite-Verbänden wurden?
Kriegsverbrechen lassen sich aber bei diesen Einheiten ebenso ausmachen wie bei späteren, wie du ja auch selbst schon festgestellt hast. Zudem dürften jene "klassischen" Divisionen um 1944, wenn nicht schon 1943, in der Minderzahl gewesen sein. Zweitens gab es sicherlich auch einen häufigen Austausch der Führer der "klassischen" und der neueren Divisionen; hier ein Beispiel, ein Kommandant der bereits erwähnten "Prinz Eugen": http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Kumm

Die besonders grausame Dirlewanger-Einheit hatte in der Tat eine spezielle Zusammensetzung. Besonders interessant finde ich das Schicksal der beiden Brigadeführer, die die Massaker beim Warschauer Aufstand 1944 begingen: der Weißrusse Kaminski wurde erschossen, Dirlewanger dagegen erhielt das Ritterkreuz - ein deutscher Mörder hatte innerhalb der Waffen-SS einfach einen höheren Status. Aber ich schweife ab.
Die Dirlewanger-Einheit war m.E. aus Himmlers Sicht genauso ein Teil der Waffen-SS wie die "Leibstandarte Adolf Hitler". Er hatte einen persönlichen Draht zu Dirlewanger und es sind Aussprüche bekannt, in denen er den Einsatz der Brigade bewußt mit deren besonderer Brutalität begründet und Dirlewanger dafür lobt.

Hat nun eine Mehrheit davon, also mehr als 270.000, Verbrechen verübt, wie ursi meint, oder waren es weniger als 270.000, möglicherweise sogar viel weniger, wie ich meine. Das ist doch der punkt, um den es geht.

Ich finde eher die Frage interessant, weshalb die durch die Waffen-SS ausgeübten Kriegsverbrechen proportional höher waren, wie du geschrieben hast. Ich denke nicht, dass es auf die Frage "Mehrheit oder Minderheit" ankommt. Persönlich denke ich, dass es schon sehr aus dem Rahmen fallen würde, wenn 10 - 30 % eines Heeres an Massakern beteiligt wären.
 
Heißt das Thema nicht "Günter Grass"?

Die letzten Beiträge drehen sich nur um das Wesen von SS und Waffen-SS, gehen aber mit keinem Wort auf Grass ein.

Vielleicht sollte man das Thema doch teilen.
 
Zuletzt bearbeitet:
waffen-ss = kriegsverbrecher und massenmörder

solche einheiten wie die ss-pz-divisionen wurden nicht zu dem zweck aufgestellt, im hinterland partisanen und juden zu vernichten, sondern als fronteinheiten mit der bestmöglichen ausrüstung

Sicher muss man die Funktionen differenziert betrachten. Aber es fällt doch schon auf, dass sich SS-Einheiten schon 1939 und 1940 an Kriegsverbrechen beteiligen, als Hitler die Maxime einer sog. "sauberen" Kriegsführung noch nicht völlig über Bord geworfen hatte (seine späteren Meinungen z.B. zur Partisanenkriegsführung sind bekannt). Persönlich denke ich, dass auch der drakonische "Ehrenkodex" innerhalb der frühen SS-Einheiten, dass Elitebewußtsein und die Bereitschaft zum fanatischen Kampf eben auch zu einer individuell stärkeren Disposition zur Gewalttätigkeit führten.
 
ursi schrieb:
1
Dann hat der Autor in seiner Dis wohl was falsches geschrieben und die Quellen hatte er nicht verstanden?

Das will ich ihm nicht unterstellen. Die falsche Darstellung ist ja kein Zitat, sondern der Text des Journalisten. Und damit von der in Deutschland bei der Behandlung dieser Themen üblichen journalistischen Qualität, auch in der FAZ.
 
Für mich stellt sich die "Klassifizierung" der Waffen-SS nach den bisherigen Beiträgen folgendermaßen dar und bestätigt eigentlich meine bisherige Einschätzung:

1) Die Waffen-SS Männer waren keine Soldaten, wie andere auch, schon weil die ganze Entstehungsgeschichte zu sehr durch Ideologie geprägt ist, die in einem normalen Heer nicht so üblich ist.

2) Die Waffen-SS war überproportional in grausame Kriegsverbrechen verwickelt. Vielleicht führte da der Elite-Gedanke zu einem falschen Denken, daß man ausserhalb der regulären Verhaltenvorschriften stand.

3) Auch wenn der Anteil der Kriegsverbrecher höher und die Art extremer war, als in anderen kämpfenden Einheiten, kann nicht pauschalisiert werden - das gebietet einem Historiker die notwendige und geforderte Präzision seiner Arbeit. Jeder Soldat, ist wie jeder Mensch in einem Rechtsstaat erstmal unschuldig, solange ihm keine Schuld nachgewiesen ist - auch mit den Runen am Kragenspiegel.
 
Ashigaru schrieb:
Ich verstehe im übrigen nicht ganz, weshalb diese Trennung zwischen "klassischen" und "unklassischen" Divisionen:

Als "Klassische" möchte ich die Divisionen verstanden wissen, die aus Reichsdeutschen bestanden oder aus baltischen Gezogenen oder west- oder nordeuropäischen Freiwilligen, immer wieder voll aufgefüllt wurden, modern ausgerüstet waren und an der Front eingesetzt wurden. Von den formal 38 Divisionen, die bestanden haben, waren das etwa die Hälfte.

Die übrigen, zum Teil nur von kurzer Lebensdauer, manche nie in voller Divisionsstärke, bestanden aus ost- und südosteuropäischen Freiwilligen, auch gezogenen Volksdeutschen, wurden, oft unzureichend bewaffnet, im Hinterland für Besatzungszwecke oder in der Partisanenbekämpfung eingesesetzt.
Ich denke, man kann und muss hier eine Unterscheidung treffen.

Auch erst später aufgestellte Divisionen wurden zu ausgesprochenenElite-Einheiten, wie etwa die 12. Panzerdivision "Hitlerjugend" oder die 17. Panzergrenadierdivision "Götz von Berlichingen" beide erst 1943 aufgestellt.

Ich finde eher die Frage interessant, weshalb die durch die Waffen-SS ausgeübten Kriegsverbrechen proportional höher waren, wie du geschrieben hast. Ich denke nicht, dass es auf die Frage "Mehrheit oder Minderheit" ankommt. Persönlich denke ich, dass es schon sehr aus dem Rahmen fallen würde, wenn 10 - 30 % eines Heeres an Massakern beteiligt wären.
Selbstverständlich ist diese Frage interessanter, ich habe ja die Problemstellung Mehrheit/Minderheit auch nicht aufgebracht.

Ich glaube auch nicht, dass die Beteiligung an Massakern hier die große Mehrzahl der Kriegsverbrechen ausmacht. Es gibt wohl keine, die bis heute nicht bekannt geworden wären, und die Zahl ist überschaubar. Ich glaube, die große Mehrzahl bestand wohl darin, dass im Kampf keine Gefangenen gemacht wurden oder dass einzelne Kriegsgefangene nach der Gefangennahme erschossen wurden, dass keine Rücksicht auf Lazarette genommen wurde usw.. Ursache war das Training zum rücksichtslosen Einsatz im Kampf, im Osten bestimmt auch rassisch motiviert, im Durchschnitt erheblich stärker ausgeprägt als bei den Heereseinheiten.
Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung sind in erster Linie im Partisanenkrieg im Osten und Südosten vorgekommen, wo die von mir so genannten nichtklassischen Divisionen im Einsatz waren, die in aller Regel nicht gut ausgebildet, schlecht bewaffnet, unzuverlässig waren und auch häufig von den Führern zur Abschreckung durch Grausamkeit benutzt wurden.
Es wird natürlich auch vorgekommen sein, dass sich Einheiten der Waffen-SS an der Tätigkeit der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD beteiligt haben, aber ich denke nicht überproportional zu Heereseinheiten.

So, jetzt reicht mir das Thema.
 
noch eine unverdächtige quelle, auf englisch, das handbuch der us-truppen über die deutschen streitkräfte vom märz 45 mit einem besonderen kapitel über die ss und die waffen-ss:

http://www.lonesentry.com/manuals/tme30/ch3sec1sub6.html

zur frage des charakters der waffen-ss in der zweiten kriegshälfte und was die amerikaner noch im märz 45 erwarteten ein zitat daraus:

There is no doubt that this rapid expansion has somewhat modified the character of the Waffen-SS as a political elite formation. Nevertheless, the crack divisions of this organization may still be expected to fight to the very end, especially since the individual soldier and especially the individual officer have been made to feel personally involved in the endless series of war crimes, and strong propaganda has convinced most that their treatment, either in captivity or after defeat, will compare very unfavorably with that accorded other members of the armed forces.

schnelle übersetzung:
ohne zweifel hat die massive vergrößerung der waffen-ss den charakter der waffen-ss als politische elite-formation verändert. dennoch wird von den kerntruppen erwartet, dass sie bis zum ende kämpfen werden, vor allem weil man dem einzelnen soldaten und vor allem den einzelnen offizieren das gefühl vermittelt hat, dass er persönlich an der endlosen reihe von kriegverbrechen beteiligt war und die tarke propaganda hat die meisten davon überzeugt, dass auf sie nach gefangenschaft oder der niederlage, ihre behandlung im vergleich zu den übrigen angehörigen der streitkräfte viel schlimmer sein wird.
 
Kogon schreibt in seinem "SS-Staat", dass ab Frühjahr 1943 die kriminellen Insassen der KZ´s (denen er im übrigen nur das schlechteste nachsagt) fast komplett "freiwillig" zur Waffen-SS durften.

Was auch manches erklären könnte.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Auch wenn der Anteil der Kriegsverbrecher höher und die Art extremer war, als in anderen kämpfenden Einheiten, kann nicht pauschalisiert werden - das gebietet einem Historiker die notwendige und geforderte Präzision seiner Arbeit. Jeder Soldat, ist wie jeder Mensch in einem Rechtsstaat erstmal unschuldig, solange ihm keine Schuld nachgewiesen ist - auch mit den Runen am Kragenspiegel.

Soweit ich es sehe, geht es hier eigentlich um zwei Fragen:

1.) War die (Waffen)-SS als Organisation verbrecherisch? Lässt sich durch die Rolle im nationalsozialistischen System wohl klar mit Ja beantworten, ebenso wie jede andere Struktur, die aktiv an der Umsetzung nationalsozialistischer Politik beteiligt war.

2.) Inwieweit waren die einzelnen Mitglieder der SS Verbrecher? Ist eine Frage, die nur für jedes Mitglied einzeln geklärt werden kann bzw. konnte. Aber auch die Nicht-Verbrechertum der einzelnen Mitglieder ändert nichts am verbrecherischen Charakter der Gesamtorganisation.
 
Saint-Just schrieb:
Soweit ich es sehe, geht es hier eigentlich um zwei Fragen:

1.) War die (Waffen)-SS als Organisation verbrecherisch? Lässt sich durch die Rolle im nationalsozialistischen System wohl klar mit Ja beantworten, ebenso wie jede andere Struktur, die aktiv an der Umsetzung nationalsozialistischer Politik beteiligt war.

2.) Inwieweit waren die einzelnen Mitglieder der SS Verbrecher? Ist eine Frage, die nur für jedes Mitglied einzeln geklärt werden kann bzw. konnte. Aber auch die Nicht-Verbrechertum der einzelnen Mitglieder ändert nichts am verbrecherischen Charakter der Gesamtorganisation.

schon wieder: die gleichsetzung der ss und waffen-ss, das sind mit zunehmendem kriegsverlauf zwei unterschiedliche organisationen gewesen!

im übrigen waren die einfachen soldaten der waffen-ss nicht automatisch mitglied der ss.
 
Saint-Just schrieb:
Soweit ich es sehe, geht es hier eigentlich um zwei Fragen:

1.) War die (Waffen)-SS als Organisation verbrecherisch? Lässt sich durch die Rolle im nationalsozialistischen System wohl klar mit Ja beantworten, ebenso wie jede andere Struktur, die aktiv an der Umsetzung nationalsozialistischer Politik beteiligt war.

2.) Inwieweit waren die einzelnen Mitglieder der SS Verbrecher? Ist eine Frage, die nur für jedes Mitglied einzeln geklärt werden kann bzw. konnte. Aber auch die Nicht-Verbrechertum der einzelnen Mitglieder ändert nichts am verbrecherischen Charakter der Gesamtorganisation.

Es gibt da noch eine dritte Frage.
Inwieweit hat der Staat mitgewirkt, um diese Strukturen aufkommen zu lassen?
Machen wir uns doch nichts vor. 12 Jahre gab es diesen Staat und Kinder sind leicht zu beeinflussen.
Ich zb. war mal stolz Jungpionier zu sein und konnte es nicht abwarten, mein blaues Halstuch zu tragen. dann war ich in der FDJ und wurde dann zur NVA gezogen.
Und ich könnte wetten, das die, die heute am lautesten schreien, damals in der Situation nichts anderes gemacht hätten. Ob nun NS oder DDR oder was weiss ich.
Klingt hart, aber der eigene Kopf ist mir lieber, wenn er noch auf dem Körper sitzt. Und nun komm mir keiner mit dem Spruch, ich hätte dagegen gekämpft.
 
kwschaefer schrieb:
Als "Klassische" möchte ich die Divisionen verstanden wissen, die aus Reichsdeutschen bestanden oder aus baltischen Gezogenen oder west- oder nordeuropäischen Freiwilligen, immer wieder voll aufgefüllt wurden, modern ausgerüstet waren und an der Front eingesetzt wurden. Von den formal 38 Divisionen, die bestanden haben, waren das etwa die Hälfte.

Dies ist aber ein von dir vorgenommene Bezeichnung oder wird die von Historikern gebraucht?


Ich glaube auch nicht, dass die Beteiligung an Massakern hier die große Mehrzahl der Kriegsverbrechen ausmacht. Es gibt wohl keine, die bis heute nicht bekannt geworden wären, und die Zahl ist überschaubar.

Was ist mit den Erschiessungen der Juden?


Ich glaube, die große Mehrzahl bestand wohl darin, dass im Kampf keine Gefangenen gemacht wurden oder dass einzelne Kriegsgefangene nach der Gefangennahme erschossen wurden, dass keine Rücksicht auf Lazarette genommen wurde usw.. Ursache war das Training zum rücksichtslosen Einsatz im Kampf, im Osten bestimmt auch rassisch motiviert, im Durchschnitt erheblich stärker ausgeprägt als bei den Heereseinheiten.
Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung sind in erster Linie im Partisanenkrieg im Osten und Südosten vorgekommen, wo die von mir so genannten nichtklassischen Divisionen im Einsatz waren, die in aller Regel nicht gut ausgebildet, schlecht bewaffnet, unzuverlässig waren und auch häufig von den Führern zur Abschreckung durch Grausamkeit benutzt wurden.
Es wird natürlich auch vorgekommen sein, dass sich Einheiten der Waffen-SS an der Tätigkeit der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD beteiligt haben, aber ich denke nicht überproportional zu Heereseinheiten.

So, jetzt reicht mir das Thema.

Hier kann ich wirklich nur noch den Kopfschütteln.
 
Kleine Korrektur Sicherheitspolizei. Die Sicherheitspolizei war der höhere Dienst, z.B. die Kriminalpolizei. Einsatzgrupppen aus den Reihen der Polizei waren von der Ordnungspolizei. Diese umfasste eigentlich alle uniformierten Polizeieinheiten.
 
sorry, ich wollte das thema eigentlich auch beenden, aber so kann man es nicht stehen lassen. ich versuch noch einmal eine andere erklärung:

es gab einheiten der waffen-ss, und zwar der überwiegende anteil (nämlich 600.000), die dem befehl des okw unterstanden. einige einheiten haben kriegsverbrechen begangen, einigen einheiten hat man aber keine kriegsverbrechen nachweisen können.

und dann gab es ss-einheiten (60.000), die sich im kriegsverlauf auch waffen-ss nannten, die aber himmler direkt unterstanden und nicht dem okw, die kz-bewacher, die einsatzgruppen, der kommandostab. für die würde ich den satz gelten lassen, dass sie alle schuldig waren.

die gleichsetzung der beiden ist erst in den letzten jahren erfolgt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als "Klassische" möchte ich die Divisionen verstanden wissen, die aus Reichsdeutschen bestanden oder aus baltischen Gezogenen oder west- oder nordeuropäischen Freiwilligen, immer wieder voll aufgefüllt wurden, modern ausgerüstet waren und an der Front eingesetzt wurden. Von den formal 38 Divisionen, die bestanden haben, waren das etwa die Hälfte.

Auch die Brigade Dirlewanger bestand aus Reichsdeutschen, was sich vor der Militärjustiz sicher günstig für ihn auswirkte. Und manche vor allem mit Reichsdeutschen bestückte SS-Einheiten begingen sehr wohl Verbrechen an der Zivilbevölkerung, man denke an die 2. SS-Pz.Div. "Das Reich" oder an die 16. SS. Panzergrenadier-Division.

Ich denke, man kann und muss hier eine Unterscheidung treffen
.

Trotzdem klebte auf allen diesen Einheiten gemeinsam das Etikett "Waffen-SS". Ich finde schon, man sollte sich ein wenig beschäftigen, warum das so war.

Es gibt wohl keine, die bis heute nicht bekannt geworden wären, und die Zahl ist überschaubar.

Ich weiß jetzt nicht richtig wie du das meinst und ob du es nur auf die SS beziehst... aber für die Massaker an der Zivilbevölkerung in Jugoslawien oder Weißrußland oder auch in Warschau 1944 finde ich "überschaubar" das falsche Wort.

Es wird natürlich auch vorgekommen sein, dass sich Einheiten der Waffen-SS an der Tätigkeit der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD beteiligt haben, aber ich denke nicht überproportional zu Heereseinheiten.

Hier stimme ich zu, dass wäre wirklich interessant zu erörtern. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass man schon von Anfang an eine deutlich höhere Beteiligung von Waffen SS-Einheiten feststellen wird - das liegt vor allem am Einsatz der sogenannten SS-Kavalleriebrigade, die vorgeblich dem Partisanenkampf diente, aber tatsächlich Juden ausfindig machte und tötete.

Ich finde das Wort "sauberer Kampf" sowieso daneben. Aber ich denke mir halt, dass Himmler und viele andere hohe SS-Führer die Probleme, die wir hier diskutieren, gar nicht empfanden und auch abseits der Kampfleistung sicher nicht zwischen "guten" und "bösen" SS-Einheiten unterschieden. Dies heißt nicht, dass jeder einzelne SS-Mann von vornherein schuldig war. Aber man sollte sich schon auch Gedanken darüber machen, weshalb die Waffen-SS in Nürnberg als verbrecherische Organisation eingestuft wurde und die Wehrmacht als solche nicht, meinetwegen auch, ob dies gerechtfertigt war.
 
ursi schrieb:
Dies ist aber ein von dir vorgenommene Bezeichnung oder wird die von Historikern gebraucht?
Wenn du so willst, ist diese Bezeichnung meine Erfindung. Ich halte die Unterscheidung für notwendig. Sie wird auch in der angelsächsischen historischen Literatur, die in der Untersuchung der Waffen-SS sehr viel präziser und tiefergehend ist als die hiesige, vorgenommen, allerdings ohne diese Bezeichnung.

ursi schrieb:
Was ist mit den Erschiessungen der Juden?
Die Judenerschießungen großen Stils wurden vorgenommen von den Einsatzgruppen, die sich aus Verbänden der Polizei und des SD rekrutierten, sowie von SS-Einheiten, die durch Umbenennung von Totenkopfstandarten entstanden waren. Mitglieder der Sicherheitspolizei waren fast immer, Mitglieder des SD immer Mitglieder der Allgemeinen SS, die Ordnungspolizei war seit 1936 korporativ der SS zugeordnet (daraus kann man aber wieder nicht schließen, dass der örtliche Polizist Mitglied der SS oder an Verbrechen beteiligt war). Soweit Ordnungspolizeieinheiten hier beteiligt waren, handelt es sich um kasernierte Einheiten, so etwas ähnliches wie heute die Bereitschaftspolizei (womit ich natürlich wieder nicht eine Verbindung herstellen will, es geht nur um organisatorische Ähnlichkeit)

Einheiten von Waffen-SS und Heer waren mancherorts an diesen Taten. beteiligt, waren aber nicht die organisatorischen Träger dieser Taten.

Daneben sind natürlich von ganz unterschiedlichen Tätern (Waffen-SS, Heer, Polizei, einheimische Hilfskräfte) an vielen Orten Juden ermordet worden.
 
Ashigaru schrieb:
Auch die Brigade Dirlewanger bestand aus Reichsdeutschen,......... Und manche vor allem mit Reichsdeutschen bestückte SS-Einheiten begingen sehr wohl Verbrechen an der Zivilbevölkerung, man denke an die 2. SS-Pz.Div. "Das Reich" oder an die 16. SS. Panzergrenadier-Division.
Habe ich das bestritten?

Ashigaru schrieb:
Trotzdem klebte auf allen diesen Einheiten gemeinsam das Etikett "Waffen-SS". Ich finde schon, man sollte sich ein wenig beschäftigen, warum das so war.
Weil alle organisatorisch dem dritten Zweig der SS zugeordnet waren. Zunächst SS-Verfügungstruppe, später Waffen-SS, der Teil der SS, der Teil der bewaffneten Macht des Reiches war, seit Kriegsbeginn dem Oberkommando des Heeres und dem Oberkommando der Wehrmacht unterstand, und dessen Mitglieder, im Gegensatz zu den Mitgliedern der Totenkopfverbände bis zu ihrer Eingliederung in die Waffen-SS, von Anfang an Kombattantenstatus hatten.



Ashigaru schrieb:
Ich weiß jetzt nicht richtig wie du das meinst und ob du es nur auf die SS beziehst... aber für die Massaker an der Zivilbevölkerung in Jugoslawien oder Weißrußland oder auch in Warschau 1944 finde ich "überschaubar" das falsche Wort.
Ich beziehe es auf die Zahl der von der kämpfenden Truppe, dh Waffen-SS und Wehrmacht (nicht Totenkopfverbände, Einsatzgruppen, Polizei, einheimische Hilfskräfte) verübten Massaker an Kriegsgefangenen oder der Zivilbevölkerung.
(Dabei schließe ich auch aus die SS-Division "Totenkopf" von Anfang an und die Totenkopfverbände nach ihrer Eingliederung in die Waffen-SS, ich habe sie bereits mehrfach als wahrscheinlich in ihrer großen Mehrheit an Verbrechen beteiligt bezeichnet)
Es geht um die Zahl der Massaker, nicht der Opfer. Diese Massaker dürften bis heute alle bekannt sein, ihre Zahl ist also überschaubar.



Ashigaru schrieb:
Hier stimme ich zu, dass wäre wirklich interessant zu erörtern. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass man schon von Anfang an eine deutlich höhere Beteiligung von Waffen SS-Einheiten feststellen wird - das liegt vor allem am Einsatz der sogenannten SS-Kavalleriebrigade, die vorgeblich dem Partisanenkampf diente, aber tatsächlich Juden ausfindig machte und tötete.
Die SS-Kavalleriebrigade, wie du sie richtig nennst, war nicht Teil der Waffen-SS. Sie entstand, wie ich bereits oben ausgeführt habe, durch Umbenennung der SS-Totenkopfstandarten Nr 1 und 2 in SS-Kavallerieregimenter.
Ich weiß es nicht sicher, aber ich könnte mir vorstellen, dass diese Umbenennung und der Einsatz in Feindgebiet sogar die Zuordnung der gesamten Totenkopfverbände zur Waffen-SS ausgelöst hat, um ihnen völkerrechtlich Kombattantenstatus zu geben.
Später wurde diese Brigade übrigens als Grundstock der Waffen-SS-Division "Florian Geyer" verwendet. Die Kriegsverbrechen die der Brigade vorzuwerfen sind, sind vor ihrer Eingliederung in die Waffen-SS begangen worden. Ähnliche Verbrechen aus der Zeit danach sind mir nicht bekannt.

Es gab auch noch SS-Freiwilligen- Kavallerieregimenter in der Waffen-SS-Division "Maria Theresia", aber die wurde erst im Spätsommer 1944 aus wehrpflichtigen ungarischen Volksdeutschen aufgestellt und bereits beim Kampf um Budapest aufgerieben. Sie war nicht in der Sowjetunion eingesetzt.
Ashigaru schrieb:
Aber ich denke mir halt, dass Himmler und viele andere hohe SS-Führer die Probleme, die wir hier diskutieren, gar nicht empfanden und auch abseits der Kampfleistung sicher nicht zwischen "guten" und "bösen" SS-Einheiten unterschieden. Dies heißt nicht, dass jeder einzelne SS-Mann von vornherein schuldig war.
Auch Himmler unterschied, allerdings, wie es seine Art war, nach rassischen Gesichtspunkten.
Himmler wollte nur reichsdeutschen Einheiten die Bezeichnung "SS-Division" zugestehen. Die übrigen hießen "Waffen-Grenadier-Division der SS" oder "SS-Freiwilligen-Division" oder so ähnlich.
Nicht in dem Sinn, in dem hier über "Gut" und "Böse" diskutiert wird, aber im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Einheiten wurde allerdings intensiv diskutiert.
Gute Quelle hierzu:
George H. Stein The Waffen-SS - Hitler's Elite Guard at War Ithaka 1968


So, das ist nun wirklich mein letzter Beitrag zum Thema.
Ich glaube, diese Diskussion, die sich ja an Günther Grass entzündet hat, zeigt deutlich, wie schwierig es ist, in differenzierter Weise über das Thema "Zugehörigkeit zur Waffen-SS" in diesem Lande zu diskutieren. Und das beeinträchtigt auch die Auseinandersetzung mit der Autobiographie und dem vorher ablaufenden Presserummel.
Auf welchem Kenntnis-Niveau diese Diskussion läuft, zeigt eine in der heutigen Neuen Zürcher Zeitung (die in aller Regel sehr gut recherchierte Beiträge bringt) erschienene Besprechung der Autobiographie.
Darin heißt es:
"Nach einigen Monaten Ausbildung wurde der 17-jährige Panzerschütze Mitte April 1945 irgendwo in der Lausitz verwundet, die Division versprengt. Grass beruft sich auf Gedächtnislücken. Ihnen nachzuforschen ist nun Sache der Historiker. Die SS war die paramilitärische Organisation der NSDAP. Als politische Armee bestand ihre Aufgabe während des Krieges - im Unterschied zur Wehrmacht - in der Liquidierung politischer Gegner. Dioese Aufgabe erledigte sie mit der Effizienz einer Tötungsmaschinerie."
Hier wird also zart angedeutet, dass die Historiker sich nun an die Aufgabe machen sollten, die Kriegsverbrechen des Günther Grass zu suchen.
 
kwschaefer schrieb:
Dabei schließe ich auch aus die SS-Division "Totenkopf" von Anfang an und die Totenkopfverbände nach ihrer Eingliederung in die Waffen-SS,...

Die SS-Division Totenkopf war wohl in vielerlei Hinsicht "herausragend", nicht im wertenden Sinn, sondern weil sie etwas Spezielles war.

Speziell im Personal, aus dem sie aufgestellt wurde, nämlich hauptsächlich aus KZ-Bewachungspersonal.

Speziell in der Person ihres Führers, Theodor Eicke, über den sehr viel zu schreiben wäre. Ein hemmungsloser Mann, der Röhm in seiner Zelle abknallte, KZs leitete und Vorschriften "optimierte", dafür zum Inspekteur aller deutschen KZs wurde, später ohne jede stabsmilitärische Vorkenntnis zum respektablen Divisionsführer avisierte, in dem er sich selbst mit Büchern auf dem Fußboden vor großen Lagekarten das "Handwerk" anlernte.

Speziell in ihrer Kriegführung, ohne Achtung der Konventionen in mehrere Kriegsverbrechen verwickelt, aber auch ebenso schonungslos wie dem Feind gegenüber, sich selbst: Innerhalb von 10 Monaten verlor die Division 80% ihrer Stärke an der Ostfront!

Wer eine Lust an der Beschäftigung mit Extremen oder blutigem Schauspiel hat und bei einem Autounfall an der Straßenseite gern mal hinsieht, findet in der Divisionsgeschichte sein ideales Betätigungsfeld...
 
kwschaefer schrieb:
Auch erst später aufgestellte Divisionen wurden zu ausgesprochenenElite-Einheiten, wie etwa die 12. Panzerdivision "Hitlerjugend" oder die 17. Panzergrenadierdivision "Götz von Berlichingen" beide erst 1943 aufgestellt.

Und auch die jungen Männer in der Division "Hitlerjugend" begingen Kriegsverbrechen: Erschießung kanadischer Gefangener bei den Kämpfen um die Stadt Caen 1944.

Dass die SS mit allen Teilen (auch die Waffen-SS) von einem internationalen Gericht zur verbrecherischen Organisation erklärt wurde, ist noch nicht erwähnt worden (oder ich hab's übersehen).

Schon 1939 beschwerte sich ein Heeresgeneral dass Soldaten der Leibstandarte Adolf Hitler "ziellos herumschossen und auf dem Vormarsch polnische Dörfer routinemäßig in Brand steckten".

Frankreichfeldzug: 27. Mai 1940: britische Gefangene werden von der SS-Totenkopfdivision erschossen, ähnliches geschah kurz danach bei Wormhoudt durch SS-Männer der "Leibstandarte".

usw. usw. ... also dass die Waffen-SS generell "sauber" ist, möchte ich stark bezweifeln. Einzelfälle kann man prüfen, aber insgesamt würde ich diese Truppe doch als verbrecherisch werten.
 
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