Minos

Es ergibt sich dann nämlich die Frage, wo die Wohnstätten von Fürsten, Handelsherren und Bevölkerung eigentlich zu suchen sind, da neben den bekannten Plätzen Knossos, Phaistos, Malia, Zakro usw. keine weiteren Ansiedlungen ergraben werden konnten.

Das stimmt nicht ganz: Aus Spätminoischer Zeit wurden zwei Siedlungen gefunden und ergraben, nämlich Akrotiri auf Thera und Gurnia in Ostkreta. Akrotiri war vielleicht eine kleinstädtische Siedlung, während Gurnia wohl auf der Schwelle vom Dorf zur Kleinstadt stand. Auch hier findet sich übrigens eine kleine Palastanlage, um die ein Handwerkerviertel gruppiert war.

Nahe von Knossos muss auch eine größere, unbefestigte Siedlung gelegen haben, wie Oberflächenuntersuchungen gezeigt haben. Einzelne Bauten liegen über ein Gebiet von ca. 270 ha verteilt.
 
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Griechische Götter um 1400 schon da!?

Man kann hier weder Poseidon, noch Athene oder irgendeine andere griechische Gottheit ins Spiel bringen. Wir bewegen uns in einer Zeit, die etwa von 2300-1400 v. Chr. reicht, also in der Epoche der minoischen Hochkultur. Es ist auszuschließen, dass die mykenischen Frühgriechen bereits den klassischen hellenischen Götterhimmel konstruiert hatten.
Da muss ich einhaken: Um 1400 dürfte aber von Poseidon und Athene schon einiges zu sehen gewesen sein, wenn auch noch nicht vollklassisch, denn von dort bis zum trojanischen Krieg sind es nur noch 200 Jahre, und das Epos über diesen Krieg enthält schon viel Klassik.
Oder bin ich jetzt total auf dem Holzweg, und Homers Götterhimmel reicht nicht bis 1200 zurück?
Thorwald :gathering:
 
Homers Epos kann nicht als historische Quelle für die minoische und für die mykenische Götterwelt herangezogen werden, denn es ist sehr unsicher, wie weit Homer zurückreicht bzw. es ist sehr unsicher, ob und dass er weit zurückreicht. Ganz abgesehen davon wissen wir bekanntlich nicht einmal, ob der Troianische Krieg überhaupt stattgefunden hat. Man kann also in dieser Frage sicher nicht mit Homer argumentieren.
 
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Homer lebte - sofern es ihn gab - im 8. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war die Kultur der mykenischen Frühgriechen schon seit etwa 500 Jahren untergegangen. Es gilt als sicher, dass Homer also ihm vertraute "klassische" religiöse und kulturelle Verhältnisse seiner Zeit mit frühgriechischer Überlieferung vermischte, so auch den Götterhimmel. Ich will damit sagen: Zeus oder Athene spielten mit großer Sicherheit im minoischen Kreta keine Rolle. Eher sind es wohl kleinasiatische Gottheiten, die hier Verbreitung fanden, wie auch viele vermuten, dass die Kreter in mehreren Einwanderungswellen von Kleinasien her einwanderten.

Statuen kretischer Göttinnen hat man mehrfach gefunden und es handelt sich dabei um Frauen mit Schlangen in den Händen, die auf eine Verbindung zur Unterwelt hindeuten, und meist als Fruchtbarkeitsgöttinnen bzw. als Symbole der "Großen Mutter" gedeutet werden. Andere Statuen sind von Tieren umgeben, sodass auch hier ein enger Bezug zur Natur gegeben ist, der die kretische Zivilisation und Kultur ohnehin auszeichnet.

Die meisten Forscher sind der Ansicht, dass die noch nicht entzifferte Linear-A-Schrift der Minoer eine nichtindogermanische Sprache ist, obwohl es - wie könnte das anders sein - eine Minderheit gibt, die indogermanische Herkunft vermutet. Ich persönlich kann nicht glauben, dass die so verfeinerte und völlig unkriegerische Kultur der Kreter indogermanischer Abstammung sein soll. Ich glaube auch nicht, dass autochthone Kreter möglicherweise eine indogermanische Sprache übernommen haben. - Doch sind das alles Glaubensbekenntnisse und der wissenschaftlichen Hypothesen gibt es viele.
 
Dabei handelt es sich m. W. um sehr kurze Fragmente, die keine Zuordnung erlauben.

Danke für den Hinweis. Ich werde versuchen, mehr darüber in Erfahrung zu bringen.

Homer lebte - sofern es ihn gab - im 8. Jahrhundert.

Oder sogar erst im 7. Jahrhundert.

Ich persönlich kann nicht glauben, dass die so verfeinerte und völlig unkriegerische Kultur der Kreter indogermanischer Abstammung sein soll.

Ich weise darauf hin, dass in der minoischen Welt Schwerter und Lanzen produziert und verwendet wurden. Von einer völlig unkriegerischen Kultur kann da nicht die Rede sein. Wenn gewünscht kann ich dazu Literaturhinweise anführen.
 
Im Vergleich zu anderen Staaten Vorderasiens wie z.B. Assyrer oder auch Hethiter muss man die Kreter wohl als unkriegerisch einstufen. Dass sie sich rüsteten und Lanzen besaßen, steht dem nicht entgegen.

Die Kreter vertrauten bekanntermaßen auf ihre Flotte und insulare Lage, vor allem wird stets darauf hingewisen, dass keine minoischen Festungsanlagen auf der Insel bestanden. Auch von kretischen Aggressionen oder Angriffskriegen ist nichts bekannt. In ägyptischen Quellen tauchen sie dagegen häufig auf und zwar stets als Händler, die wohl auch symbolische Tribute entrichteten.

Kreta gilt als Thalassokratie und war wohl vornehmlich auf friedlichen Handel eingestellt. Dass sie sich auch zu verteidigen wussten, darf man getrost annehmen.
 
Homers Epos kann nicht als historische Quelle für die minoische und für die mykenische Götterwelt herangezogen werden, denn es ist sehr unsicher, wie weit Homer zurückreicht bzw. es ist sehr unsicher, ob und dass er weit zurückreicht. Ganz abgesehen davon wissen wir bekanntlich nicht einmal, ob der Troianische Krieg überhaupt stattgefunden hat. Man kann also in dieser Frage sicher nicht mit Homer argumentieren.

Allerdings mit Linear B - Tafeln, auf denen bereits Poseidon genannt wird.
 
Im Vergleich zu anderen Staaten Vorderasiens wie z.B. Assyrer oder auch Hethiter muss man die Kreter wohl als unkriegerisch einstufen. Dass sie sich rüsteten und Lanzen besaßen, steht dem nicht entgegen. Auch von kretischen Aggressionen oder Angriffskriegen ist nichts bekannt. Kreta gilt als Thalassokratie und war wohl vornehmlich auf friedlichen Handel eingestellt.

Offensichtlich haben die Minoer keine großen Expansionskriege geführt, was man sich bei der Insellage Kretas ja auch eher schwer vorstellen könnte, aber es erscheint mir voreilig, einfach einen grundsätzlich friedlichen Charakter der Minoer anzunehmen, zumal bei der schlechten Quellenlage.
Zu einer "völlig unkriegerischen Kultur" passen Schwerter und Lanzen jedenfalls eher schlecht, egal ob diese Waffen nun zum Angriff oder zur Verteidigung verwendet wurden.

Allerdings mit Linear B - Tafeln, auf denen bereits Poseidon genannt wird.

Das widerspricht nicht meiner Aussage, Homer könne nicht als Quelle für die minoisch-mykenische Welt herangezogen werden. Wenn es solche Linear B-Tafeln gibt, sind sie natürlich als Quellen verwendbar. Wobei sich die Frage stellt, wieviel der Poseidon der Linear B-Tafeln außer dem Namen bereits mit dem klassischen Poseidon gemein hat.
 
Aquilifers Auskunft ist in der Tat zutreffend. Die Linear-B-Texte bestehen in der Regel aus Listen mit Nennung von empfangenden oder erhaltenden Personen im Rahmen der Palastwirtschaft, d.h. von eingegangenen oder ausgegebenen Waren, wozu dann noch Palastinventare, Aufzeichnungen über Herdenhaltungen, über Grundstücksbewirtschaftung usw. kommen.

Von höchster Wichtigkeit - und das interessiert hier besonders - sind die Notierungen für Opfer an verschiedene Götter und die Erwähnung ihrer Heiligtümer. Dabei stehen in Knossos die weiblichen Gottheiten und auch ein weibliches Priestertum im Vordergrund, wobei u.a. "Potnia", eine der wichtigsten minoischen Göttinnen, genannt wird, ferner Athana Potnia (Athene) und Eileithya, eine ursprünglich kretische (!) Geburtsgöttin. An männlichen Gottheiten u.a. Paiawon (wohl Apollo) und Poseidaon (= Poseidon). Poseidon taucht in Linear-B wohl nur im festländischen Pylos auf, wo auch Zeus und eine Reihe anderer weiblicher Gottheiten genannt werden, wobei auch hier die Priesterschaft vor allem von Frauen gestellt wird.

Bedauerlicherweise bieten die Tontafeln mit Linear-B keinerlei politische Aktenstücke, auch keine Gesetze oder Verträge.Man vermutet, dass diese Texte auf Papyrus abgefasst wurden, das vergangen ist, oder durch Brandkatastrophen zerstört wurde.
 
Meine Quelle ist ein Artikel der "New York Times" von 21. Oktober 2003, siehe auch hier.
Darin wird der Thera-Ausbruch als "womöglich stärker als Tambora" bezeichnet. Dass es eine Flutwelle gab, kann ich mir denken, da Thera eine Insel ist. Man kann dafür ja auch den Vergleich mit dem Krakatau-Ausbruch von 1883 bemühen.
Klimatische Veränderungen ergeben sich nach jedem Vulkan-Ausbruch, doch erst nach einem Ausbruch der Stärke 7 (also Format Tambora anno 1815) werden sie bedrohlich. Siehe den Wikipedia-Artikel "Jahr ohne Sommer" zu den Folgen des Tambora-Ausbruchs. Ähnliches müsste die Minoer überkommen sein. Wie haben sie es bloß überstanden?

Ich habe mich in den vergangenen Monaten mal etwas intensiver mit der Thematik "Minoische Eruption" befasst. Das Ergebnis ist ein Artikel in der Wikipedia.

Um es mal zusammenzufassen: es ist alles andere als gesichtert, wie groß der Thera Ausbruch war und wann er stattfand. Es gibt jedoch deutlich mehr Indizien, dass er wesentlich kleiner war, als Marinatos 1939 vermutete, nämlich in etwa so groß wie Krakatau 1883 (aber nicht 4x mal so groß, wie Marinatos annahm). Selbst nach den größten Schätzungen war er nur etwa halb so groß wie Tambora 1815, und war deshalb vermutlich nicht Auslöser einer Klimakatastrophe wie 1816.
 
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