ach collo, meine "Pauschalkritik" war eigentlich ziemlich konkret: die Länderebene ist im Zeitalter der Globalisierung schlicht und ergreifend überflüssig. Soll diese Kritik - Deiner Meinung nach - auch auf den Bund oder die EU zutreffen???...
meine kritik bezog sich eindeutig auf diese passage von dir in beitrag 11, und konkret auf den von mir nachträglich hervorgehobenen satz:
Nicht? Dabei sind Länder heutzutage primär Versorgungsanstalten für Politiker mit demokratisierten Kurfürstengehabe: "Ich fühle mich primär den Interessen der Bürger des Landes X verpflichtet und kann deshalb dem Bundesgesetz im Bundesrat nicht zustimmen". War früher das "Reich" reformunfähig, ist es heute der "Bund". Das scheint irgendwie mit den "Kurfürsten" zusammenzuhängen.
und so pauschal, wie du es formuliert hast, kann man das genausogut auf alle politischen ebenen übertragen
...Vielen Dank für Deinen Hinweis zum konkreten Ablauf der "Machtergreifung". Diskussionen auf diesem Niveau machen wirklich ungemein Spaß.
Lies einfach mal # 6. Vielleicht kannst Du dann nachvollziehen, was ich mit dem "erklimmen" der Macht meinte.
In # 6 kannst Du auch lesen, was sich die Alliierten von der föderalen Struktur Westdeutschlands versprachen ...
1. ich bin durchaus des lesens mächtig, auch deinen artikel #6,
2. ständig wiederholte imperative a la "lies #6" machen auch keinen spass
3. da es sich hier um die einrichtung des bundesrates und konkret um den bestandsschutz der länder ging, habe ich mir erspart, auf die mir durchaus geläufigen vorgänge, die zur sog. machtergreifung führten, näher einzugehen.
...Das HRRDN war kein Staat. Dass es sich vom Herrschaftsverband "Reich" NICHT zum deutschen Nationalstaat reformieren konnte, lag gerade an seinen Kurfürsten....
durch den vergleich mit den kurfürsten hast du das hrrdn in die diskussion gebracht, nicht ich. das hrrdn war sicher kein staat im modernen sinn, aber es hatte ein "staatsoberhaupt", es erklärte und führte krieg und schloss frieden, es hatte institutionen wie reichstag oder reichskammergericht (und bitte komm jetzt nicht mit dem argument, dass diese nicht funktionierten). es war also durchaus existent.
ich weiss, dass die definitionen des staatsbegriffs nicht auf das hrrdn zutreffen, aber diese definitionen stammen aus einer zeit, da es so etwas wie das hrrdn nicht mehr gab.
ein staat muss auch nicht immer gleich "nationalstaat" sein. hier im deutschsprachigen raum (ich schliesse da bewusst die schweiz mit ein) verlief die entwicklung eben anders als in frankreich oder grossbritannien. ohne den flickenteppich des hrrdn würden wir vermutlich die diskussion hier gar nicht führen.
Der deutsche Nationalstaat wurde bekanntlich erst 1871 mit dem "Deutschen Reich" gegründet; mit Preußen als dominierenden Zentralstaat und dem Rest als Anhängsel. Es gab noch nicht einmal Reichsministerien sondern die entsprechenden preußischen Ministerien nahmen zusätzlich auch noch die Reichsaufgaben war. Die Tradition des Staatsaufbaus des deutschen Nationalstaates war faktisch eher zentralistisch als föderal.....
auch wenn preussen aufgrund seiner grösse das dominierende land im kaiserreich (und danach) war, war dieses wesentlich föderaler organisiert als unsere bundesrepublik organisiert. das reich hatte nur dort die gesetzgebungskompetenz, wo es ihm die länder erlaubt haben. finanziell war es von den ländern abhängig.
selbst das militär war föderal, es gab nur die "reichs"marine, die landstreitkräfte zerfielen in die armeen preussens, sachsens, bayerns und württembergs (jaja, ich weiss, der oberbefehl lag bei preussen).
die grösste reichsbehörde war die post, und selbst hier gab es zwei ausnahmen. und die reichsunmittelbare bahn fuhr nur in den reichslanden.
nicht einmal die vertretung nach aussen war alleine sache des reiches, fast alle deutschen teilstaaten unterhielten gesandtschaften in wichtigen ausländischen staaten (eine "tradition" die die landesvertretungen bei der eu wieder aufnahmen).
im übrigen gab es durchaus reichsministerien, auch wenn sie "nur" amt genannt wurden (dieser tradition folgend heisst das aussenministerium immer noch auswärtiges amt), aber das trifft z.b. auch noch heute auf die usa zu.
in der weimarer republik wird dieser ausgeprägte föderalismus umgekehrt und das reich gegenüber den ländern gestärkt. ein reichkommissariat wie in sachsen und thüringen, bzw. der preussenschlag wären im kaiserreich nicht möglich gewesen.
und um zum thema zurückzukommen, bei den beratungen zum grundgesetz spielten eben diese beiden erfahrungen mit dem föderalismus eine grosse rolle, ein schwacher zentralstaat (diesmal ohne dominierendes land) oder schwache länder. beides wollte man nicht und so gabs dieses komplizierte geflecht, welches dann in der grossen koalition von 66-69 noch einmal verfeinert wurde.
Diesen in eine Frage gekleideten "Einwand" greife ich gerne auf als BELEG für meine These, dass der Föderalismus im Zeitalter der Globalisierung auf das Ende des deutschen Nationalstaates hinausläuft.
man kann auch die meinung vertreten, dass nicht nur der deutsche, föderale nationalstaat überholt ist, sondern z.b. auch der zentralistische französische (um nur ein besipiel zu nennen). aber daran trägt der föderalismus m.e. nicht die alleinige schuld, wie du es darstellst.
Das ist in vielen Bereichen bereits heute zu beobachten, zum Beispiel wenn in Brüssel der Vertreter der Bundesrepublik mit 16 Ländervertretern anrückt, um mit den anderen EU-Partnern über Themen zu verhandeln, die in die Ländergesetzgebungskompetenz fallen. Da ist an eine effektive Vertretung deutscher Interessen gar nicht zu denken, vor allem wenn die 16 Länder dann auch noch unterschiedlicher Meinung sind.
das ist nicht nur heute so, dass war seit gründung der ewg so, bestimmte bereiche wie bildung oder polizei fallen in deutschland nun einmal in die kompetenz der länder. auch über die hintertür "europa" kann deutsches verfassungsrecht nun einmal nicht ausgehebelt werden, auch wenns die sache verkompliziert.