Peuciner, Bastarnen etc
Hallo Hyokkose
Du schreibst in Deinem letzten Posting:
Eine
basterna war m. W. kein "Karren", sondern eine gepolsterte Sänfte, in der sich vornehme Römerinnen transportieren ließen. Hieraus auf nomadische Lebensweise zu schließen, halte ich für einigermaßen humoristisch. Ganz abgesehen davon, daß ich keinen Hinweis darauf sehe, daß der Name der Bastarnen von der
basterna abgeleitet sein soll.
Nun, Isidor von Sevilla nennt in seinen Etymologien
XX, 11,1 intituliert <De lectibus et sellis> eben die
Sänfte <Lectica>, die anscheinend geschlossen war.(hierzu Sueton " Caesar 43" ), also zusammen mit Sätteln.
XX,12, 5 aber, unter <De vehiculis> nach lauter beräderten Fahrzeugen folgt der Satz: "Basterna vehiculum itineris, quasi viae sternax, mollibus strumentis composita a duobus animalibus deportata."
Ich überlasse Dir, den Satz in gutes Deutsch zu übersetzen, denn die "strumentis" sind zu viel für mich.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Basterna von zwei Tieren nicht "getragen=portata" sondern "transportiert, fortbewegt=deportata" ist.
Und bei <<
Definición de basterna >> findest Du in erster Linie die Definition: "carro peculiar de los antiquos basternas."
( Veröffentlichungsrechte für diesen Satz : Real Academia Espanola)
Bei <<
Imagen al azar basterna. Fotografía y ilustración de basterna. >> dagegen findest Du das Relief einer angeblichen Basterna, mit zwei Rädern zeigt, anscheinend eine Art Wohnwagen.
Tatsächlich scheint Basterna ein Lehnwort mit griechischer Wurzel zu sein, was vermuten lässt, dass die Bastarnen ihre Bezeichnung von diesen und nicht von Lateinern erhielten.
Bei letzteren gab es aber das Wort "Bastaga =Aktion oder Funktion: Gepäcktransport für den Fürsten, den Staat oder die Armee. "
Dessen Vorsteher : "Bastagarius."
Unter diesen Umständen darf ich doch wohl die Vermutung äussern, dass Bastarnen wenigstens ein Hirtenvolk mit Sommer- und Winterweide waren, wenn auch vieleicht keine echten Nomaden. Aber wo ist da die Grenze?
Ich gehe wohl auch nicht fehl, wenn ich sie mit den skythischen "Georgoi" (Viehzüchter) in Parallele setze, die von Herodot sowohl von den "Aratores" wie von den echten "Nomaden" unterschieden werden. Eine bestimmte Natur bringt eben bestimmte Wirtschaftsformen hervor.
Du schreibst auch:
Dein Zitat://
"Ja, ich finde schon, daß das bei Tacitus geschrieben steht: Zitat: Hi tamen inter Germanos potius referuntur, quia et domos figunt et scuta gestant et pedum usu ac pernicitate gaudent; quae omnia diversa Sarmatis sunt, in plaustro equoque viventibus.
Die Germanen bauen Häuser, die Sarmaten leben auf Pferd und Wagen. Und was das Wohnen betrifft, halten es die Bastarnen mit den Germanen. Das schreibt Tacitus klar und eindeutig. // Ende Deines Zitats.
Aber unmittelbar vor diesem Text schreibt er:
"(46) Hic Suebiae finis. (
also die Grenze der eindeutig germanischen Bexölkerung.) Peucinorum Venedorumque...nationes Germanis an Sarmatis adscribam dubito, quamquam Peucini, quos quidam Bastarnas vocant, sermone, cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt. Sordes omnium ac torpor procerum; conubiis mixtis nonnihil in Sarmatarum habitum foedantur."
Dass Dein Zitat unmittelbar danach folgt, das ist logisch:
Tacitus zögert: "Ob ich die Nationen der Peucinen....und Veneter den Germanen oder den Sarmaten zuschreiben soll, das zögere/zweifle ich ( adscribam dubito), obwohl (quamquam)die Peucinen, die manche Bastarnen nennen, in Rede, Kult, Sitzen und Wohnbau sich wie Germanen verhalten (ut Germani agunt= wie Germanen handeln)
Und Tacitus nimmt ganz eindeutig hier nicht Stellung, nicht einmal in der Frage, ob die (natürlich sesshaften) Bewohner der Insel Peuke nun Bastarnen sind oder nicht. Er berichtet nur, dass "gewisse" (quidam) Leute sie so nennen, und dass diese Peucinen in jeder Hinsicht wie Germanen leben.
(Übrigens muss dann ja wohl das "sordes omnium et torpor procerum" auch für alle Germanen gelten ?)
Tacitus lässt seinem Leser die Freiheit, selber zu entscheiden, was er glaubt.Und dazu gibt er ihm die Informationen, die er, Tacitus, selber hat.
Wirst Du mir jetzt erneut schreiben, Hyokkose ?:
Zitat://"Ich empfehle Dir, Deine Phantasie einzuschränken und dafür den Inhalt meiner Beiträge zur Kenntnis zu nehmen. Damit ersparst Du Dir nutzlose Spiegelfechtereien."//
Jedenfalls ein rauher Ton, den Du da anschlägst. Trotzdem: Ich nehme Deine Beiträge nicht nur einfach zur Kenntnis, sondern setze mich damit auseinander. Denn wenn etwas am Geschichtsforum für mich von Interesse ist, dann die Möglichkeit eigene Überlegungen an der herrschenden Meinung zu messen. Und da bist Du einer meiner bevorzugten Widersacher.
Daher auf ein weiteres gutes Streiten.
Weiter in Deiner Kritik meiner Behauptung, die Peukinen benähmen sich zwar wie Germanen, seien aber keine.
Hyokkose darauf:
Auch hier empfehle ich Dir, Dich einfach an das zu halten, was Tacitus schreibt. Wäre Tacitus der Meinung, es seien keine, dann würde er schreiben, daß sie keine sind. Das schreibt er aber nicht.
Tacitus schreibt, daß sie aussehen wie Sarmaten, sich aber (hinsichtlich Sprache, Kultur und Wohnweise) benehmen wie Germanen.//Ende
Antwort:
Mit dem oben von mir unterstrichenen Satz beziehst Du Dich auf das "...in Sarmatarum habitum foedantur."?
Da hast Du "nonnihil" vergessen. Es sind blos "Einige", die aussehen wie Sarmaten. Und was ich geschrieben habe, dass die erwähnte Veränderung des Aussehens auf Grund von Mischheiraten sich nur auf die "Proceres" bezöge, so habe ich das eben wegen dem "nonnihil" getan.
Und aus dem selben Grund beziehe ich die Sitte der Schädeldeformation auf diese Oberschicht, denn sie ist wohl weit verbreitet, scheint aber nirgends gehäuft vorzukommen.(Muss dazu mal Bartek fragen, dem ich eh noch eine Antwort schuldig bin)
Was meinen Neologismus "verhässlichen" angeht, so ist das einfach das logische Gegenteil von "verschönen".
Es wird sicher keine solche Karriere machen wie das unlogische "Handy" aber man kann ja nie wissen.
Ich bin halt schon so lange in Frankreich, wo es "embellir" und "enlaidir" gibt. Ein Argument gegen meine Kritik an "garstig" ist der Mangel des Wortes im Duden im Übrigen nicht.
Du weist mich auch darauf hin, dass "foedantur" ein Passiv sei.
Zitat://Und hier steht das Verb im Passiv, nicht im Aktiv, was für mich mehr nach "häßlich geworden" klingt als nach "sie machen sich häßlich".//
Siehst Du, deswegen habe ich die Übersetzung vorgeschlagen : "Der Mischheiraten wegen (sind sie) .... verhässlicht." Ist das kein Passiv? (Sie sind geschlagen!" ist das ein Aktiv?)
Ich stimme Dir dagegen vôllig zu, wenn Du schreibst:
// " Nach modernen, nicht-rassistischen Kriterien würde man sie aufgrund des Tacitus-Textes zweifellos zu den Germanen rechnen."//
Ich habe wiederholt bemerkt, dass ich die Mehrheit der Bastarnen für germanophon hielte, und das ist ja heute das einzige Kriterium. Alle(rdings nicht Alle.)
Ich habe an anderer Stelle sogar behauptet, dass "Gotisch" nach meiner Meinung auf die Bastarnen zurückginge, und nicht auf ein Häuflein skandinavischer Abenteurer.
Aber die Römer hatten eben nicht dieses Kriterium, und deswegen finden wir bei ihnen auch durchweg einen Unterschied zwischen Goten und Germanen.
Was aber den Inhalt der Zitate anbelangt, unabhängig von der Übersetzungsfrage, so habe ich versucht die Geisteswelt des konservativen römischen Aristokraten im Auge zu behalten (Hinweis auf das Ideal Cincinnatus).
Und nicht Tacitus werfe ich Rassismus vor, sondern den deutschen Übersetzern des 19. Jh, deren Werke immer noch unkritisch benutzt werden. Wie sagt doch die von Dir herangezogene Übersetzung?
Zitat://...in ihrem Aussehen neigen die Peukiner infolge von gegenseitigen Heiraten ziemlich zu dem garstigen Wesen der Sarmaten.//Ende
"...neigen...zu dem garstigen Wesen der Sarmaten."
Also nicht nur das Aussehen, das ganze "Wesen" der Sarmaten ist "garstig" d.h. "hässlich, abstossend, ekelhaft, böse" laut "Deutsches Wörterbuch Wahrig".
Wenn das kein Rasissmus ist?
Wenn Dein Koreanertum echt ist und nicht blos eine scherzhafte Fiktion für den Forums-Gebrauch, dann kannst Du Dir's leisten über sowas hinwegzugehen.
Mir als Deutschem kommt da nur allzuoft die Galle hoch.
Gruss
Boiorix