Ich musste hier schon mehrfach feststellen, dass Beorna grundsätzlich nicht auf das eingeht, was ich geschrieben habe, sonern alle meine Darstellungen durch die gleiche Brille liest. Ich musste das schon zwei oder dreimal feststellen, und so wundert es mich nicht, dass das hier erneut geschieht.
Ich habe eigentlich meine Feststellungen im Posting 69 für klar gehalten, und Muspilli (Post.80) hat mich auch richtig verstanden.
Ich stimme da der allgemeinen Ansicht über die Herkunft des Franken-STAMMES völlig zu, mache aber einen Unterschied zwischen dem Volk und der Dynastie der Merovinger.Ich glaubte da klar zu sein:
Zitat Post 69:
Die fränkischen Anfänge:
Neben der wissenschaftlichen Meinung, die, archäologisch abgesichert, sich auf die « Bevölkerung » bezieht, fgibt es die Darstellung Gregors von Tours, dessen Bericht mit grosser Skepsis beginnt : «Wer wirklich der erste König der Franken war, das ist denr Mehrheit der Leute unbekannt» (HF. II,9)
Er nennt wohl eine Reihe von Anführern, die zum Teil gleichzeitig existierten, rechtsrheinische « Kleinkönige », die verschiedentlich als Offiziere in römischem Dienst standen,und gelegentlich gegeneinander kämpften.
Aber zusammen mit verstreuten anderen Erwähnungen ergeben sie ein Bild von der Entstehung des ersten Franken-Stamms in Gallien, den « Salischen Franken », ursprünglich eine römische Militäreinheit, die sich selbständig gemacht hatte.
Anders als Burgunder und Westgoten, die als geschlossene Völker nach Gallien eindrangen, und dadurch « Foederati » vwurden, scheinen die ursprünglichen « Salier » zwar alle rechtsrheinischer Herkunft gewesen zu sein, wurden aber , einzeln oder in klrinen Gruppen auftretend, als « Deditii » individuell in Sold, oder vielmehr « Salär » genommen.
Aber Gregor kennt noch eine andere, sagenhafte, Überlieferung:"" Viele erzählen also, sie seien heruntergestiegen aus Pannonien und hätten zuerst am Ufer des Rheins gewohnt... wo sie sich die langhaarigen Könige gegeben hätten...Aus ihrer ersten und sozusagen edelsten Familie."".
Ende des Zitats
Die Geschichts-Schreiber von Gregor von Tours bs zu den 'Grandes Chroniques de France" (11.-12. Jh), schrieben in Wirklichkeit keine "Geschichte der Franken" sondern , unter diesem Namen, eine Geschichte der Merowinger-Dynastie.
Dieser Unterschied ist in historischer Zeit nicht wesentlich, wohl aber, was die mythische Vergangenheit angeht
Und eines ist klar: Die Beigaben des Childerich-Grabes haben ihre Entsprechungen nicht am Unter-Rhein, sondern ivon Altlusheim/Neckar und Untersiebenbrunn (Österreich), bis Apahida (Cluj) in Rumänien und Brut in Nord-Ossetien.
(Katalog "Gold der Barbarenfürsten" vom Kaukasus bis Gallen V.Jh Reiss-Museum, Mannheim 2001)
Und wenn ich die Iring-Sage mit den Ir/Iron in Verbindung bringe, so behaupte ich nicht, dass da ein Ossete am Hof von Thüringen lebte, sondern dass es sich da um eine uralte Sage handelt, die aus dem Osten stammt und von Widukind von Corvey zu einer ahistorischen Darstellung vom Ende dieer Dynastie verwendet wurde.
Es ist übrigens bezeichnend, dass der grose himmlische Ost-West-Wegweiser, die Milchstrasse, "Irings Weg" heisst.
Im Übrigen habe ich schon im Juli zu diesem Thema gepostet, den zehnten und bis jetzt letzten Beitrag. zum Thema Trojamythus.
Beorna wird ihn wohl auch wieder missverstehen, aber vielleicht haben nicht alle Leser dieses Threads die gleiche Brille
Also hier nochmals:
Zitat:
TROJAMYTHOS
Neun Beiträge an einem Abend!
Donnerwetter!
Also hier noch meine Meinung:
Also erst einmal:
Vor der französischen Revolution sah sich der Adel als Nachkommenschaft der erobernden Franken, und das Volk, den dritten Stand, als Nachkommen der Gallier, selbst wenn der eigene Adelstitel noch keine Alterspatina angesetzt hatte. Die Franken aber, das wusste man einfach, stammten aus « Troia ».
Derartige Herkunftsagen sind immer im Interesse einer herrschenden Schicht oder Gruppe (Dynastie), die durch solch exquisite Herkunft sich vom gemeinen Mann absetzt und ihre Ansprüche auf die Herrschaft, ihr « Gottesgnadentum » untermauert. (Bekanntlich gehen alle griechischen Stämme auf Göttersöhne zurück, Romulus und Remus sind Söhne des Mars und die Germanen alle Abkömmlinge des Gottes Tuisto. Abkömmlinge, nicht Schöpfungen).
Christlich gewordene Gesellschaften konnten derartige Thesen nicht mehr vertreten und mussten sich mit langen und illustren Stammbäumen begnügen.
Dazu gibt es , über die Quellen (Fredegar und die Gesta Francorum) hinaus, verschiedene Elemente, die alle zu dieser fränkischen Abstammungstheorie beigetragen haben können:
In ganz Nord- und Osteuropa gibt es ptähistorische labyrinthische Steinsetzungen kultischen Ursprungs, die aus bisher ungeklärten Gründen « Troiaburgen » heissen
Eine Sippe, die an solch einem Ort haust, womöglich sich dunkel an dort gepflegte Rituale erinnert, kann sich leicht selbst als « Trojaburger, Troyaner » sehen . Kommt sie zu Macht und Würden, so findet sich immer ein klerikaler Schreiber, der das weiter ausspinnt und von der Herrschaft auf das « Volk im Allgemeinen » erweitert.
Von Fredegar ist bekannt: Er hat im Interesse der »Nivelonen von Autun » geschrieben, Nachkommen des Childebrant, Bruder und Heerführer Karl Martels. Dessen Familie versuchte mehrere Generationen lang die Merowinger zu ersetzen, schliesslich mit Erfolg. Dazu mussten sie aber eine respzktable Vorgeschichte haben, die ihren Vorfahren, Arnulfingern und Pippiniden mangelte. Also eine Geschichte für alle Franken – ausser den Merowingern, denn für diese erfand man die Geschchte von der Frankenkönigin ,gie auf einem Spaziergang von einem Ungeheuer vergewaltigt wude, « bistea Neptuni Quinotauri similis » also von einem « Meeresungeheuer, einm Kentauren ähnlich » (Frdg.II,9), so dass sie den Merovech gebar.
« Fredegar » spielt hier auf einen bekannten anderen Bericht an (Jordanes Getica §121), der schildert, wie heilsmächtige Frauen in der Einöde sich mit « unreinen Geistern » verbanden und so zu Stammfrauen der Hunnen wurden.
Kurz, Fredegar behauptet, die Merowinger seien eigentlich Hunnen, und macht sie auch sonst verschiedentlich subtil herunter (Fr.III,12, Childerichs Traum). Die wahren « edlen Trojaner » sind also die anderen grossen « Gentes », in erster Linie natürlich die Karolinger.
Diese Tradition des Merowinger-Verkloppens nimmt auf die Dauer noch zu: Diese trugen bekanntlich die Haare lang, den Rücken herunter, wie der gotische und vandalische Adel und das wurde umgedeutet:
Theophanes Homologetes (ca 815) « Die Merovinger heissen « die Borstigen », denn sie haben Borsten auf dem Rücken wie die Wildsäue » und das bairische Rolanslied stösst ins selbe Horn: « Mere, diu habent Borsten sam die Swin... »
Es sind aber nicht nur die langen Haare der Merowinger, die an eine östliche Herkunft des fränkischen Adels denken lässt. Gregor von Tours kennt eine Tradition, wonach die Franken einst « « aus Pannonien » gekommen seien, und die Grab -Beigaben des Königs Childerich in Tournay lassen keinen Zweifel: Das ist ein ostgermanischer Fürst, der hier nach der Sitte der Reiternomaden begraben wurde
(siehe den Katalog der Ausstellung « Das Gold der Barbarenfürsten, vom Kaukasus bis Gallien » Reiss-Museum, Mannheim 2001).
Ein Abkömmling der Gepiden odzr Westgoten vielleicht? Die sassen östlich der Donaumündung bis fast zum Dnjepr in der Walachei und Podolien, und hatten von ihren thrakisch-getischen Vorgängern Gebräuche und Traditionen übernommen, darunter die Sagen von ihren Königen Telephos und Eurypylus, Schwager und Neffe des Priamos von Troja .(Jordanes § 58-60)
Der Pruth, alias « Tyras » floss mitten dutch ihr Gebiet unf dort lagen auch die griechischen Kolonien Tyras und Ophioussa, , deren Einwohner sich « Tyranoi » nannten, nach dem Fluss. Sie dürften für dir troianischen Erinnerungsbruchstücke bei Thrakern, Moesiern, Geten, Goten und « Franken » verantwortlich sein.
Und Fredegar (III,2) : « Die andere Gruppe (= der Trojaner) liess sich am Ufer der Donau und des Meeres nieder, wovon ein Teil unter dem König Francion nach Europa einfiel und das Rheinufer besetzte.....der andere Teil , am Ufer der Donau gab sich Torcoth zum König und heisst nach ihm Turchi, wie die anderen Franci nach Francion. »
Das macht durchaus Sinn, abgesehen davon, dass es sich da wohl einerseits nicht um ein « Volk » handelte, sondern um eine Schar von adligen Abenteurern gemischter Herkunft, zum anderen Teil nicht um « Türken » sondern vermutlich um Turcilingen.
Diese « Fränkischen Reiter » fanden am Ostufer des Rheines eine Reihe von Kleinstämmen vor, deren Jungmänner seit geraumer Zeit gewohnt waren, in römische Dienste zu treten, als « Franken mit Salär » (Salii),
« ...och, leve Herre, dat is nu mal so, nu ja, de Tünnes unne de Schäl sin en Colonia Agrippina, nä, von wejen de Carnevale, unn en annere Jong en Confluentes, nä, det Kovelenzer Schängelsche.... »
Und da kamen nun die Fremden, mit Manieren wie später der alte Fritz (« Hunde, wollt ihr denn ewig leben? »), und siehe da, diese Rheinländer « rissen sich zusammen », wurden « Sygambrer » (laut St Remigius), und Eroberer , so wie sie später getreue « Rheinpreussen » wurden .
Die « Gesta Francorum » griff die Geschichte von der « Trojanischen Herkunft » auf, die Chruniken Aimons; Gislemars vun Saint-Germain des- Prés, die Chronik von St Denis, das Chanson de Roland, und die « Grandes Chroniques de France ».
Was bei Fredegar noch schlaue versteckte Polemik im Dienste der Karolinger war (Haupt- wie Nebenlinie), aber auf der Basis echter Erinnerungs-Bruchstücke, das wurde offizielle Wahrheit, « Dynastische Wahrheit ». Und so bandelte Ludwig XIV noch ein Jahrtausend später mit den « türkischen Vettern » an, gegen die österreichischen Habsburger.
Erst eine neue Wissenschaft, die Archäologie, hat damit aufgeräumt, weil sie « Kulturen » nachgeht, nicht « Dynastien », aber eine wirkliche Geschichtsschreibung muss beiden Blickwinkeln gerecht werden.
Ende meines Beitrags, zu dem niemand Stellung genommen hat.
Und jetzt ?
Boiorix