Soldaten als Sündenböcke

So sagte man eben ihr Deutschen habt meinen Vater oder Grossvater umgebracht.

Ich denke, das große Problem und das Heikle an der ganzen Thematik ist eben, dass die Nachkommen der Opfer bis heute die Schrecknisse nicht verarbeitet haben. Ist auch schwierig, wenn einem von Kind auf die Seite der Opfer nahegebracht wird und dabei kein Unterschied gemacht wird zwischen damals und heute...Wie gesagt... leider wird von vielen Menschen die Bevölkerung der Bundesrepublik mit der des 3. Reiches geradezu gleichgesetzt. Und die Pauschalisierung "Ein deutscher Soldat hat meinen (Ur-)Großvater getötet", sollte heute eigentlich nicht mehr zu "Ihr Deutschen habt ihn umgebracht" umformuliert werden.. das zeigt nämlich, dass wir als Nachkommen scheinbar mehr dazugelernt haben als alle Anderen (ich klammere hier mal diejenigen aus, die hirnlos einem Herrn Rieger - und wie sie alle heißen - hinterherrennen).:winke:
 
Ja, diese Verbrechen gab es natürlich besonders im 2. WK im Osten. Normalerweise kamen solche Fälle wie willkürliche Übergriffe ohne Befehl gegen Zivilisten oder Plünderung aber vor ein Militärgericht, wohlgemerkt auch bei der Wehrmacht.

Normalerweise schon. Es gab aber eben auch andere Fälle, das aber wie du schon sagtest eher im Osten als im Westen.

Bei der Roten Armee kam es auf deutschem Territorium zunächst bekanntlich zu zahllosen Übergriffen. Das ist bis heute gut der kollektiven Erinnerung der Ostdeutschen und Vertriebenen geblieben. Es ist aber zu betonen, dass in den letzten Kriegstagen und danach solche Vorfälle zum Teil auf der Stelle und sehr rigoros durch Offiziere bzw. Politkommissare bestraft wurden, um die Disziplin wieder herzustellen.

Das ist sicher so. Nur wurden diese Bestrafungen eher weniger wahrgenommen. So bleibt auch hier, die Rote Armee waren alles Vergewaltiger, was ja auch nicht den Tatschen entspricht.

Deshab eben weg von einer Kollektivschuld.
 
Ich denke, das große Problem und das Heikle an der ganzen Thematik ist eben, dass die Nachkommen der Opfer bis heute die Schrecknisse nicht verarbeitet haben. Ist auch schwierig, wenn einem von Kind auf die Seite der Opfer nahegebracht wird und dabei kein Unterschied gemacht wird zwischen damals und heute...Wie gesagt... leider wird von vielen Menschen die Bevölkerung der Bundesrepublik mit der des 3. Reiches geradezu gleichgesetzt. Und die Pauschalisierung "Ein deutscher Soldat hat meinen (Ur-)Großvater getötet", sollte heute eigentlich nicht mehr zu "Ihr Deutschen habt ihn umgebracht" umformuliert werden.. das zeigt nämlich, dass wir als Nachkommen scheinbar mehr dazugelernt haben als alle Anderen (ich klammere hier mal diejenigen aus, die hirnlos einem Herrn Rieger - und wie sie alle heißen - hinterherrennen).:winke:


Ich gehöre der Nachkriegsgeneration an. Mein Vater der Kriegsgeneration, meine Mutter der Nachkriegsgeneration. Mein Vater ist an der Schweizer-Deutschen Grenze aufgewachsen. Mein Grossvater war im Aktivdienst usw. Als bei uns zu Hause das Thema zweiter Weltkrieg diskutiert wurde, kam auch von meinen Eltern - die Deutschen haben.... - Auch wenn wir nicht direkt betroffen wurden, waren doch die Meinung da es waren immer alle.

Es gibt den Spruch bei uns: Kinder büsset für die Schuld der Väter. Dies wurde leider nach 1945 wörtlich übernommen. Was natürlich Blödsinn ist.

Um solches zu verhindern. muss man Aufklären. Deshalb muss man sich dieser Geschichte immer Erinnern ohne Schuld, mit Respekt und Objektivität.

(Und solche Hirnlosen, gibt es auch bei uns)
 
Kollektivschuld kann, wenn überhaupt, für den Einzelnen nur im Sinne einer moralischen Mitschuld gemeint sein... Etwas ganz anderes ist es festzustellen, ob eine Solidarschuld vorliegt, d. h., ob man jeden einzelnen Deutschen der Naziverbrechen für schuldig halten sollte – aus dem einfachen Grund seiner Zugehörigkeit zur deutschen Nation. Dies ist weder die Auffassung der Juden noch die der Alliierten. Die unterschiedlichen Kriegsverbrecherprozesse sind ein ausreichender Beweis, dass nur die aufgrund einer persönlichen Schuld Verurteilten bestraft werden. So etwas muss man den teils stark verbitterten Opfern (bzw. deren Angehörigen) deutscher Aggression während der Jahre von 1933 bis 1945 aber erst einmal begreiflich machen.
 
Kollektivschuld kann, wenn überhaupt, für den Einzelnen nur im Sinne einer moralischen Mitschuld gemeint sein... Etwas ganz anderes ist es festzustellen, ob eine Solidarschuld vorliegt, d. h., ob man jeden einzelnen Deutschen der Naziverbrechen für schuldig halten sollte – aus dem einfachen Grund seiner Zugehörigkeit zur deutschen Nation. Dies ist weder die Auffassung der Juden noch die der Alliierten. Die unterschiedlichen Kriegsverbrecherprozesse sind ein ausreichender Beweis, dass nur die aufgrund einer persönlichen Schuld Verurteilten bestraft werden. So etwas muss man den teils stark verbitterten Opfern (bzw. deren Angehörigen) deutscher Aggression während der Jahre von 1933 bis 1945 aber erst einmal begreiflich machen.

Zum Teil kamen die Prozesse einfach sehr spät, viele wurden nicht einmal zur Rechenschaft gezogen. Dies hilft eben auch nicht die Verbitterung (was ich verstehen kann) der Opfer und deren Angehörigen abzubauen.

Die Diskussion über die Verbrechen der Wehrmacht, zeigte eben schon, dass man sehr lange gewartet hat, dieses Thema auch wirklich historisch zu verarbeiten. Wie kann dann die betroffene Bevölkerung das ganze Verarbeiten?
 
"Moralische Mitschuld" was genau meinst du jetzt damit? Dass ich als Nachkomme mich heute noch dafür schuldig fühlen muss, was Verbrecher getan haben und dass meine Urgroßeltern vielleicht tatenlos zugesehen haben?
Es gibt keine Schuld mehr in unserer Generation, behaupte ich. Wir Nachkommen sind nicht verantwortlich für das, was geschehen ist, egal, ob 1940 geboren oder 1985. Der Erste war fünf Jahre alt, als der Krieg vorbei war... und der Zweite hat vielleicht nichteinmal mehr Großeltern, die dabei waren. Wir, die Nachkommen, sind diejenigen die dafür sorgen, dass man sich an die Schrecknisse erinnert, auf dass so eine Katastrophe nie wieder geschieht... aber das hat mit Schuld nichts zu tun und ich bin auch nicht bereit, mir den Schuh anzuziehen, tut mir Leid. Deshalb lehne ich auch eine "moralische Mitschuld" für die Nachkriegs-Generationen vollkommen ab.
 
@Foxy: Deshalb lehne ich auch eine "moralische Mitschuld" für die Nachkriegs-Generationen vollkommen ab.

Hm, wer den Holocaust leugnet und mit dem braunen Gesocks heute sympathisiert, der ist für mich immer noch schuldig - unabhängig vom Geburtsdatum. :motz:

Das ist jedenfalls meine Meinung.
 
DAS ist etwas ganz anderes, lieber balticbirdy ... ich rede hierbei von denen, die sich durchaus kritisch mit ihrer Geschichte befassen, in meinem vorherigen Beitrag klammerte ich auch bewusst ebenjenes "Gesocks" und seine Sympathisanten aus ;)
 
Nein, daß war bezogen auf die Zeit des Dritten Reiches. Hier kann man vielen Deutschen eine moralische Mitschuld zuweisen, jeder hätte etwas mehr dagegen tun können, allerdings setzte man sich damit direkt der Gefahr aus, selbst Opfer von Repressalien zu werden... es ist sehr leicht sich heute über so etwas zu äußern, ohne selbst diese Erfahrungen gemacht zu haben, dies sollte man immer berücksichtigen.
Wir heute sind in diesem Zusammenhang (dank der Gnade der Späten Geburt) sicher nicht als Schuldige anzusehen, weder tatsächlich oder auch nur in moralischer Hinsicht, da hast du Recht. Allerdings ist es unsere - wie schon erwähnt - Aufgabe, ein Vergessen oder gewisse Revisionsbetrebungen zu verhindern.
 
Nein, daß war bezogen auf die Zeit des Dritten Reiches. Hier kann man vielen Deutschen eine moralische Mitschuld zuweisen, jeder hätte etwas mehr dagegen tun können, allerdings setzte man sich damit direkt der Gefahr aus, selbst Opfer von Repressalien zu werden... es ist sehr leicht sich heute über so etwas zu äußern, ohne selbst diese Erfahrungen gemacht zu haben, dies sollte man immer berücksichtigen.
Wir heute sind in diesem Zusammenhang (dank der Gnade der Späten Geburt) sicher nicht als Schuldige anzusehen, weder tatsächlich oder auch nur in moralischer Hinsicht, da hast du Recht. Allerdings ist es unsere - wie schon erwähnt - Aufgabe, ein Vergessen oder gewisse Revisionsbetrebungen zu verhindern.

Ich sehe, wir sind uns da ziemlich einig. Nur wäre ich mit dem Begriff "Gnade der späten Geburt" etwas vorsichtig. Ich sehe es nicht als Gnade, später geboren worden zu sein. Ich sehe es lediglich als Tatsache, dass mein Geburtsjahr nunmal 1985 ist. Genauso wenig gnädig war die Geburt meiner Großeltern und meines Vaters (alle Jahrgang 43) ... "Gnade der späten Geburt" ist das, was man uns Nachkommen vorwirft, wenn wir sagen, wir seien nicht schuld. Dieser Begriff ist für mich mit einer sehr negativen Einstellung verbunden, daher weigere ich mich auch, ihn anzuwenden... es ist einfach eine biologische und physikalische Tatsache. Die Zeit bleibt nicht stehen, neue Generationen kommen nach. Das hat nichts mit Gnade zu tun.
 
;) ... Ich wußte, daß dieser Einwurf kommt. Für mich steht diese Aussage allgemein nur als Begriff dafür, daß es Deutsche gibt, die aufgrund ihres Alters gar nicht in Betracht kommen können, irgendwelche Schuld auf sich geladen haben zu können.
Wenn man das weiter seziert, dann kommt sicher zu deinem Schluß. Dafür das ich so spät geboren wurde, bin ich niemandem zu Dank verpflichtet. Und wenn man uns Nachkriegsdeutschen diese Aussage in einer derart negativen Art und Weise vorhält, so ist das schlichtweg falsch... da gibt es nichts daran zu rütteln.
 
Hm, wer den Holocaust leugnet und mit dem braunen Gesocks heute sympathisiert, der ist für mich immer noch schuldig - unabhängig vom Geburtsdatum. Das ist jedenfalls meine Meinung.
Das geht schon in eine bestimmte Richtung, die übliche in fast jeder Diskussion, welche man über Schuld von Soldaten beginnt, da in ein bestimmtes Beispiel aus der Geschichte vertieft gegangen wird und man dann rasch dabei ist, ob Nachfahren nun moralische oder sonstwie geartete Schuld weitertragen, was aber vom Thema der persönlichen Schuld der konkreten Zeitgenossen in Uniform wegführt.

Ganz bewusst hatte ich ja bereits mehrfach einfach mal im Kontrast zu den Kriegsgreueln des 2. und 1.WK oder zum Vergleich (?) versucht Beispiele von moralisch bedenklichen Handeln von Soldaten oder Offizieren z.B. im 7-jährigen Krieg darzustellen. Das mag verdeutlichen, dass eben bestimmte Fälle eben zeitlos sind, d.h. Verbrechen im Kriege unter wechselndem Deckmantel immer wieder auftreten. Wie wird ein Soldat Täter und welche Faktoren wie der Umgang z.B. innerhalb er abgestumpften Umgebung oder Erlebnisse der Normalisierung des Ausnahmezustandes im täglichen Leben, das sind sicherlich spannende Aspekte. Immer wieder kann man hinterfragen, ob solche Faktoren dann das Maß der Schuld verringern können, eine Disziplin die wohl auch so alt ist wie der Krieg selbst.
 
Das ganze Thema ist halt schwierig. Wie soll man z.B. den brit. Bombenschützen über Dresden einstufen - eine individuelle Schuld kann man ihm nicht vorwerfen, moralisch muss der Betreffende das mit sich selbst abmachen.

Oder, um mal aus dem 20. Jh. weg zu kommen, die Gräuel des Dreissigjährigen Krieges (Magdeburg !). Aus heutiger Sicht sind da unglaubliche Verbrechen geschehen.
Wie soll man sie im Kontext dieser Zeit beurteilen? Eine Haager Landkriegsordnung und Genfer Konvention gab es damals zwar nicht - aber Mord und Vergewaltigung wurden zu allen Zeiten als schlimme Verbrechen angesehen.

Je länger ich darüber nachdenke, ich finde zu einer sachlichen Beurteilung im geschichtlichen Kontext keinen widerspruchsfreien Ansatz und befürchte, es wird dem ganzen Forum so gehen.
 
Nur wäre ich mit dem Begriff "Gnade der späten Geburt" etwas vorsichtig. Ich sehe es nicht als Gnade, später geboren worden zu sein. Ich sehe es lediglich als Tatsache, dass mein Geburtsjahr nunmal 1985 ist. Genauso wenig gnädig war die Geburt meiner Großeltern und meines Vaters (alle Jahrgang 43) ... "Gnade der späten Geburt" ist das, was man uns Nachkommen vorwirft, wenn wir sagen, wir seien nicht schuld. Dieser Begriff ist für mich mit einer sehr negativen Einstellung verbunden, daher weigere ich mich auch, ihn anzuwenden... es ist einfach eine biologische und physikalische Tatsache. Die Zeit bleibt nicht stehen, neue Generationen kommen nach. Das hat nichts mit Gnade zu tun.

Zustimmung. Diese von einem Politker verwendete Formulierung habe ich seinerzeit als einen Versuch empfunden, sich aus einer *Verantwortung* zu schleichen und sich als gänzlich unzuständig zu erklären, was eben auch nicht angeht.

Konkrete Schuld auf sich geladen haben wohl die wenigsten der heute noch lebenden Menschen in Deutschland. Allerdings stehen wir alle, gerade die mit späterem Geburtsdatum, in der Verantwortung, die uns aus der Schuld erwächst. Wir werden nicht an dem gemessen, was Generationen vor uns angerichtet haben - viel mehr an dem, wie wir heute damit umgehen und was wir dafür tun, daß solche Verbrechen nicht wieder geschehen.

Wir werden immer wieder erleben, daß wir auf Menschen treffen, deren Angehörige durch unsere Vorfahren ums Leben kamen, durch Krieg oder Verfolgung. Denen gegenüber können wir nicht schulterzuckende Unschuld in Anspruch nehmen, das wäre wiederum unmoralisch und ich sehe eine solche Haltung eher als einen unangebrachten Versuch, die Schuld unserer Angehörigen zu bemänteln oder wegzuwischen, wenn auch aus Verlegenheit und nicht wissen, wie man damit umgehen kann/soll, wenn es nicht im Buch steht, sondern in einer vor uns stehenden Person greifbar wird.
 
Das ganze Thema ist halt schwierig. Wie soll man z.B. den brit. Bombenschützen über Dresden einstufen - eine individuelle Schuld kann man ihm nicht vorwerfen, moralisch muss der Betreffende das mit sich selbst abmachen.

Oder, um mal aus dem 20. Jh. weg zu kommen, die Gräuel des Dreissigjährigen Krieges (Magdeburg !). Aus heutiger Sicht sind da unglaubliche Verbrechen geschehen.
Wie soll man sie im Kontext dieser Zeit beurteilen? Eine Haager Landkriegsordnung und Genfer Konvention gab es damals zwar nicht - aber Mord und Vergewaltigung wurden zu allen Zeiten als schlimme Verbrechen angesehen.

Je länger ich darüber nachdenke, ich finde zu einer sachlichen Beurteilung im geschichtlichen Kontext keinen widerspruchsfreien Ansatz und befürchte, es wird dem ganzen Forum so gehen.
Du nennst den Bomber, ebenso kann man den Artilleristen nennen, welcher mit Brandbomben in der frühen Neuzeit gezielt versuchte zivile Bauten zu treffen, um die Moral der Verteidiger zu untergraben.

Wenn man sich den 30-jährigen Krieg und überhaupt die frühe Neuzeit anschaut, dann gab es wie Du sagtest bestimmte Konventionen noch nicht, dafür hatten christliche Verhaltensregeln einen hohen Stellenwert. D.h. man überlegte sich als Täter durchaus, ob das Handeln im Rahmen dessen lag, was Gott gefallen konnte bzw. gestattete. In Tagebüchern, Briefen etc. glaube ich schon durchaus solche Überlegungen von Soldaten angetroffen zu haben. Schließlich liefen diese bisweilen auch zu einem eigenen Schuldeingeständnis vor dem eigenen Gewissen hinaus.
 
@Brissotin: ... dann gab es wie Du sagtest bestimmte Konventionen noch nicht, dafür hatten christliche Verhaltensregeln einen hohen Stellenwert.

Ja, aber galten die auch für andere Konfessionen (Protestanten, Moslems, Juden oder gar "Heiden")? Ich meine nicht oder nur bedingt.
 
Wir werden nicht an dem gemessen, was Generationen vor uns angerichtet haben - viel mehr an dem, wie wir heute damit umgehen und was wir dafür tun, daß solche Verbrechen nicht wieder geschehen.

Wir werden immer wieder erleben, daß wir auf Menschen treffen, deren Angehörige durch unsere Vorfahren ums Leben kamen, durch Krieg oder Verfolgung. Denen gegenüber können wir nicht schulterzuckende Unschuld in Anspruch nehmen, das wäre wiederum unmoralisch und ich sehe eine solche Haltung eher als einen unangebrachten Versuch, die Schuld unserer Angehörigen zu bemänteln oder wegzuwischen, wenn auch aus Verlegenheit und nicht wissen, wie man damit umgehen kann/soll, wenn es nicht im Buch steht, sondern in einer vor uns stehenden Person greifbar wird.


Schulternzuckende Unschuld mit Sicherheit nicht. Aber man kann Betroffenen die Augen öffnen, indem man sich seiner Vergangenheit stellt... das geht auch, ohne sich selbst eine Mitschuld zuzuschieben. Es ist nunmal ein Unterschied, ob man sich hinstellt und sagt: "Ja, meine Vorfahren sind an deinem Elend schuld und ich somit mit ihnen..." oder ob man sagt "Ja, unsere Vorfahren haben dein Elend verursacht... ich war nicht dabei, ich habe es nicht getan. Aber ich fühle mich dafür verantwortlich, dass soetwas nie wieder geschieht."

Und genau das muss einfach in die Köpfe der Menschen, meiner Ansicht nach. Und zwar sowohl in die der Opfer wie die der Nachkriegs-Generationen. Denn leider werden - entgegen deiner Aussage - auch heute noch Deutsche an den Verbrechen der NS-Zeit gemessen, egal, was sie tun, was ich einfach mal als These in den Raum stelle.
 
Ja, aber galten die auch für andere Konfessionen (Protestanten, Moslems, Juden oder gar "Heiden")? Ich meine nicht oder nur bedingt.
Das stimmt, aber auch die Frage stellte man sich individuell. Ich glaube schon, dass es Überlegungen gab, auf wen welche Regeln galten und auch die Hinterfragung von Gleichwertigkeit gab es schon. Natürlich sind uns solche Denkweisen eher von Priveligierten, die des Schreibens und Lesens mächtig waren, authentisch überliefert, während die Motivationen der großen Masse eher von den Medien und Zeitgenossen spekuliert wurden.
 
Na dann geh mal zu einer Vereidigung oder zum Großen Zapfenstreich. Das Thema ist schon interessant, schrammt aber haarscharf an der Grenze zur hier unerwünschten Tagespolitik.
Nicht unbedingt. Beispiel Vietnam-Krieg.
Wie war das damals, als die US-Soldaten nach Hause zurück kamen? Hier machte die Bevölkerung tatsächlich die Soldaten für die vielen schlimmen Dinge, die passiert sind, verantwortlich, obwohl auch sie nur Befehle ausgeführt haben.
 
Nicht unbedingt. Beispiel Vietnam-Krieg.
Wie war das damals, als die US-Soldaten nach Hause zurück kamen? Hier machte die Bevölkerung tatsächlich die Soldaten für die vielen schlimmen Dinge, die passiert sind, verantwortlich, obwohl auch sie nur Befehle ausgeführt haben.
Ich denke, das lag daran, daß sich bis zur Zeit des Vietnamkriegs die Medienberichterstattung sehr deutlich geändert hatte. Fernsehen mit täglichen Meldungen gegenüber einer wöchentlich (?) aktualisierten Kinoschau als ein Beispiel. Dadurch waren auch Nachrichten über Fehlverhalten von Soldaten der Öffentlichkeit zugänglich geworden, was sich entsprechend auswirkte, aber ebenso die Bewegung der Wehrdienstverweigerer in den USA, die ein öffentliches Bewußtsein für die vorhandenen bzw möglichen Alternativen geschaffen hatte. Es geht ja offenbar auch gerade auf die Rezeption des Vietnamkriegs in der Öffentlichkeit zurück, daß wir es bei Kriegen in jüngerer Zeit mit dem sogen 'embedded journalism' zu tun haben, mit dem für genehmere Berichterstattung gesorgt werden soll (sorry, bin schon wech von der Tagespolitik). Ich vermute, auch die Beispiele des bürgerlichen Ungehorsams (Verbrennen der Einberufungsbefehle, Flucht in andere Länder, aber auch gerade der Widerstand gegen die Rekrutierung, der im Land stattfand) haben es bewirkt, daß diejenigen, die - wenn auch unter Befehl - an Kriegsverbrechen beteiligt waren, in der Öffentlichkeit verurteilt wurden bzw über das Ziel hinausgehend pauschal alle Soldaten verantwortlich gemacht wurden.

Ebenfalls macht es in der öffentlichen Rezeption und Reaktion einen Unterschied aus, ob zb Kriegsverbrechen erst mit zeitlichem Abstand bekannt werden oder ob dies sehr schnell nach den Ereignissen erfolgt.

Außerdem gab es seinerzeit in den USA die Wehrpflicht und auch Wehrpflichtige wurden in Vietnam eingesetzt. Das macht psychologisch offenbar auch einen Unterschied: da wohl fast jeder Personen kannte, die eingezogen und nach Vietnam geschickt wurden, sind es ja buchstäblich die Leute von nebenan, die solche Verbrechen begehen konnten und das verstört natürlich sehr.
 
Zurück
Oben