Mittelalterliche Kampfkunst/Historisches Fechten

Genau diese Einteilung wollte ich am Anfang für diese Diskussion klarstellen. Hatte mich da anscheinend etwas undeutlich ausgedrückt. Danke nochmals ;)
Wir benutzen Fechtfedern von "Hanwei". Die sind jetzt erst auf den Markt gekommen und wurden von einem Fechtmeister aus der histor. Kampfkunst mitentwickelt. Kostenpunkt 99 Euro, was man an der Qualität der Belederung des Griffes und der nicht ganz sauber abgefasten Kanten sieht. Allerdings sind sie ansonsten hervorragend und trotz der kleinen Mängel, die nicht wirklich entscheidend sind, bieten diese Schwerter ein unübertroffenes Preis/Leistungsverhältnis. Ich möchte betonen, dass dies keine Werbung darstellen soll, nur meine Erfahrung diesbezüglich.
Flexibilität stimmt auch?

Das ist jetzt keine Umwerfende Aussage, aber sie zeigt schon mal welchen Wert zumindest den zweihändigen Schwertern beigemessen wurde. Leider wird noch nicht ganz klar daraus, ob es sich denn wirklich um die von uns diskutierten Bidenhänder handelt, erscheint mir aber nicht ganz abwegig.
Was meine Annahme stützt ist ist die im Buch dargestellte "Gevierte Ordnung" von 4000 Männern um 1540. Da stehen in vorderster Reihe die Arkebusiers und in zweiter Hellebadiers und Doppelsöldner mit doppelhändigen Schwertern. Und in dritter Reihe erst die Lanzenträger.
Wie auf einem der Bilder von Johannes Stumpf dargestellt, sieht man wie die Schwertkämpfer auch fliehende Gegner verfolgen und niedermachen. Wahrscheinlich wurden sie auch ob ihrer Beweglichkeit gegenüber den Lanzenträgern als schnelle "Ausfalltruppe" im Gefecht dazu verwendet.
Danke für die Quelle. Wieder ein Indiz.
Machiavelli spricht ja auch davon, zieht aber leider den falschen Schluss, dass kürzere Waffen in einem disziplinierten taktischen Körper ingesamt besser sein. Auf jeden Fall erklärt er die Taktik deutscher und schweizer Gewlthaufen, nämlich die Verbindung aus Piken und kürzeren Waffen zum Aufbrechen. Aber auch er sagt nicht, wie genau das funzt. Ich stelle mir es halt recht schwierig vor, in einem zusammengekeilten Haufen, irgendwie durch die Front zu rennen und dann den gegnerischen haufen anzugreifen.
Den Gewalthaufen, den du beschreibst, klingt für mich recht ungewöhnlich. Halte ich nämmich für hochgradig ungesund bei feindlichem Kavalleriangriff bzw. sehe ich dieses Beispiel als ein Defensivmanöver gegen Infanterie.
Die "Ausfalltruppen-Theorie" scheint plausibel und ist auch der "Plänkler-Theorie" ähnlich, die die meisten HFler bevorzugen. Nur widerspricht sie wiederum die von dir genannte Quelle. Wäre aber auch für mich, die plausibelste Möglichkeit.

Danke für den Link zur Geschichte der Marxbrüder.
Mir scheint, dass die wie auch inder Wiki stehende Aussage:
"Landsknechte, die im Kampf mit dem Bidenhänder geschult waren, erhielten im mittelalterlichen Deutschland den "Meisterbrief vom langen Schwert", bekamen den doppelten Sold und wurden daher oft als Doppelsöldner bezeichnet."
Von einer falschen interpretation herührt, die ich so schon auf mehreren Internetseiten gefunden habe. Auf dieser [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif][SIZE=+1][SIZE=-1]Seite heißt es nämlich:
[/SIZE][/SIZE][/FONT]Die Doppelsöldner bekammen also nur eine "Bescheinigung" über eine erfolgte Ausbildung. Ansonsten wäre es ja ein nicht zu verantwortender Verschleiß an "Meistern vom langen Schwert" gewesen ;)
Interessanter Einwand, nur ist jetzt die Frage, was richtig ist.
 
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Ich habe in meinem Bücherschrank ein Werk zur Fechtkunst (ich glaube es geht mehr ums umbringen als um Kunst) der frühen Neuzeit stehen, ohne je viel reingeschaut zu haben.
Thalhäusser(?)

Interessieren Angaben dazu? Kann ich heute Abend reinstellen.

Falls ihr das Ding kennt, vergesset meinen Einwurf.
 
Ich habe in meinem Bücherschrank ein Werk zur Fechtkunst (ich glaube es geht mehr ums umbringen als um Kunst) der frühen Neuzeit stehen, ohne je viel reingeschaut zu haben.
Thalhäusser(?)
Zwar bezeichnete man es damals als Fechtkunst, war aber nix anderes als Ausbildung an der Waffe. Es geht, wie du richtig sagst, ums umlegen!
Ich glaube du meinst das Fechtbuch von Hans Talhoffer.

Alte Armatur und Ringkunst - Wikisource
 
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Flexibilität stimmt auch?
Die Klinge hat deswegen eine leichte Vorkrümmung, damit sie sich immer in die gleiche Richtung biegt. Flexibiltät ist es sehr gut, allerdings kommt man um eine gute Schutzausrüstung nicht rum, da Schläge und Stiche ja noch immer nicht ungefährlich sind.
Ich hatte noch etwas vergessen in Punkt Nr. 15 des Fronsberger Meisterwerk steht:
Vor dem Befehl eines Spießangriffs sollte der Obrist eine Gruppe von Lanzenträgern zusammenrufen, um sie vor den Pikiers ins Feld zu schicken und so die Lanzenträger des Feindes zu entwaffnen.
Aus diesem Punkt werde ich nicht so recht schlau. :grübel: Geht es hier um einen Spießangriff auf eine feindliches Geviert? Auch ist mir der Unterschied zwischen "Lanze" und "Pike" nicht ganz klar. Ich denke es handelt sich hier um die ca. 1,80 m lange Infanterielanze. Das würde aber dann bedeuten, dass sich diese als erstes ins Gefecht schmeissen durften. Noch vor dem eigentlichen "Kontakt" der beiden Gewalthaufen.
Den Gewalthaufen, den du beschreibst, klingt für mich recht ungewöhnlich. Halte ich nämmich für hochgradig ungesund bei feindlichem Kavalleriangriff bzw. sehe ich dieses Beispiel als ein Defensivmanöver gegen Infanterie.
Dies scheint eine Ausgangstellung zu sein, vor der ersten Reihe steht noch die Artillerie. Bei einem Kavallerieangriff wird diese in eine Verteidigungposition umgestellt.
Ich stelle mir es halt recht schwierig vor, in einem zusammengekeilten Haufen, irgendwie durch die Front zu rennen und dann den gegnerischen haufen anzugreifen.
Ich ebenfalls, wahrscheinlich geht es eher darum so früh wie möglich eine Lücke in den gegnerischen Haufen zu reissen und diesen dann auseinander zu brechen. Ein in sich verkeilter Haufen wird sich egal durch welche Waffe nicht so leicht zum eigenen Vorteil lösen lassen.
Die "Ausfalltruppen-Theorie" scheint plausibel und ist auch der "Plänkler-Theorie" ähnlich, die die meisten HFler bevorzugen. Nur widerspricht sie wiederum die von dir genannte Quelle. Wäre aber auch für mich, die plausibelste Möglichkeit.
Ich glaube dass es sowohl als auch möglich war diese Truppe einzusetzen und auch gemacht wurde.
Als Plänkler würde ich sie nicht bezeichnen, das sind in meinen Augen eher die Arkebusiere. Diese sollten dafür sorgen möglichst früh Lücken in den gegnerischen Haufen zu schiessen oder einen Kavallerieangriff möglichst vor dem erreichen des Haufens zusammenschiessen oder schwächen.
 
Die Klinge hat deswegen eine leichte Vorkrümmung, damit sie sich immer in die gleiche Richtung biegt. Flexibiltät ist es sehr gut, allerdings kommt man um eine gute Schutzausrüstung nicht rum, da Schläge und Stiche ja noch immer nicht ungefährlich sind.
Werd ich bei zeiten mal besorgen und mir selbstmal ein bild machen. Für 99e kann man nich meckern.
Aus diesem Punkt werde ich nicht so recht schlau. :grübel: Geht es hier um einen Spießangriff auf eine feindliches Geviert? Auch ist mir der Unterschied zwischen "Lanze" und "Pike" nicht ganz klar. Ich denke es handelt sich hier um die ca. 1,80 m lange Infanterielanze. Das würde aber dann bedeuten, dass sich diese als erstes ins Gefecht schmeissen durften. Noch vor dem eigentlichen "Kontakt" der beiden Gewalthaufen.
Kapier ich auch nich.
Vielleicht eine Plänklerattacke? Oder ein Flankenmanöver?

Dies scheint eine Ausgangstellung zu sein, vor der ersten Reihe steht noch die Artillerie. Bei einem Kavallerieangriff wird diese in eine Verteidigungposition umgestellt.
Dann frage ich mich, wozu das gut sein soll? :grübel:

Ich ebenfalls, wahrscheinlich geht es eher darum so früh wie möglich eine Lücke in den gegnerischen Haufen zu reissen und diesen dann auseinander zu brechen. Ein in sich verkeilter Haufen wird sich egal durch welche Waffe nicht so leicht zum eigenen Vorteil lösen lassen.
Ich glaube dass es sowohl als auch möglich war diese Truppe einzusetzen und auch gemacht wurde.
Ich denke ebenfalls, dass es getan wurde, nur glaube ich auch, dass der Verdienst des doppelten Soldes nicht ganz ungerechfertigt ist, denn ein ein solches Manöver brauch nicht nur ein hohen Grad an physischem und psychologischem Training sondern auch unglaubliches Koordinationsvermögen der einzelnen Truppenteile. Je mehr ich mich mit dieser Thematik befasse, desto größer wird mein Respekt vor dieser Art der Kriegsführung. :respekt:

Als Plänkler würde ich sie nicht bezeichnen, das sind in meinen Augen eher die Arkebusiere. Diese sollten dafür sorgen möglichst früh Lücken in den gegnerischen Haufen zu schiessen oder einen Kavallerieangriff möglichst vor dem erreichen des Haufens zusammenschiessen oder schwächen.
Ja, die sogenannte "Vorhut". Da hasse Recht, die werden explizit als Plänkler bezeichnet.
Ich denke auch, dass es eine Art Ausfalltruppe war, die eben im richtigen Augenblick aus den Reihen hervorbrachen und ihren Job taten.
Nur wie das jetzt im EInzelnen durchgeführt wird, weiß ich immer noch nich und glaube, werden wir auch nie erfahren.
Das müsste man Reeanctmenttechnisch im großen Stil ausprobieren!
Hätte ich voll bock drauf! :D

In jedem Falle bin ich dankbar für die Quellen, denn die haben mir gezeigt, dass Bidenhänder definitiv eingesetzt wurden und auch wichtig waren. Die Annahme, sie seien nur eine kriegstechnische verirrung, ist somit fürs erste widerlegt.
 
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Aber wo gerade schon "abgeschwiffen" wird ...
Bin zufällig hier über diesen Thread gestolpert und hätte in paar Fragen an Dich, weil mich das Thema "Kriegskunst" (wenn man denn so will) im MA interessiert:
Wenn ich es richtig verstanden habe, stellt Ihr irgendwie Feldschlachten dar, ja? Geht es Euch dabei um den "Kampfsport" (sage ich jetzt mal so) oder habt Ihr weitergehende historisches Interesse? Ich meine: Dokumentiert Ihr den Verlauf einer solchen Aktion mit Bildern/Fotos, Beschreibung etc.p.p. (DAS wäre hoch interessant)? Simuliert Ihr wichtige Faktoren (Artillerie, Reiterei) oder lasst Ihr das "außen vor"?
Stellt Ihr historische Vorlagen nach? Hm - wahrscheinlich nicht, denn soo viele werdet Ihr wohl nicht sein. Mach ich eine Frage draus: Wie viele seid Ihr? Könnt Ihr eine Schlacht, ggf. sogar mit Reserve und taktischen Aktionen nachbilden oder müsst Ihr Euch auf "Ausschnitte" beschränken - einfach wegen dem Mangel an Teilnehmern?

Kurz: Es würde mich ernsthaft interessieren, ob Ihr aus eurer Erfahrung heraus "verwertbare" Erkenntnisse über die realen Mechanismen einer mittelalterlichen Schlacht liefern könnt? (Wobei "mittelalterlich" jetzt mal in erster Linie und ganz grob einfach "Vor dem Masseneinsatz von Schwarzpulverwaffen" heißen soll).
Danke.

P.S.
Hab nicht alles oben durchgelesen - bitte zu entschuldigen, wenn da schon Antworten stehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Pfuhh, das wird jetzt viel Arbeit. Ich möchte hierzu noch anmerken, dass ich seit ca. 5 Jahren in einer Gruppe tätig bin, die sich mit der historischen Fecht- und Kampfkunst beschäftigt. Natürlich habe ich nicht überall Einblick und kenne nicht jede Fechtgruppe in Deutschland, aber ich versuche jetzt einen möglichst objektiven und übersichtlichen Bericht zu erstellen.
Es stimmt, dass die „Szene“ von vielen Laien gebildet wird, die jedoch einen sehr engen Kontakt mit Museen, den dortigen Kuratoren und vielen Archiven pflegen.
Richtig ist auch, dass es mehrere sog. Fechtschulen für histor. Fecht- und Kampfkunst gibt mit unterschiedlicher Qualität in der Umsetzung und Auswertung der alten Fechtbücher.
Leider gibt es darunter, wie in jedem Bereich, auch ein paar schwarze Schafe die bei dem derzeitigen großen Interessensandrang nur auf Geldmacherei, denn auf eine intensive Recherche und saubere Umsetzung aus sind.
Besonders unangenehm fällt das auf den hier schon bereits gescholtenen „Mittelaltermärkte“ auf, die manchmal ein wahres Sammelbecken für und ich kann es einfach nicht anders benennen, Dampfplauderern und Quacksalbern sind.
Hier wird oftmals in Kampfvorführungen das auch von Hollywood, oder schlechten sog. Wissenschaftsendungen verbreitete Vorurteil, dass Fechten nur ein grobes dreinschlagen wäre bestätigt. Allerdings muss ich sagen, dass es in letzter Zeit vermehrt Gruppen gibt, die bemüht sind fundiertes Fachwissen und eine saubere mit Erklärungen bereicherte Fechtvorführung nach alten Fechtbüchern den Leuten näher zu bringen. Ich spreche hierbei aus eigener Erfahrung ;-)
Die nicht unerhebliche Anzahl an Fechtbüchern beginnend vom I.33, dem ältesten momentan bekannten bis zu Bücher des 19. Jh. wurden Anfangs von einzelnen Personen transkribiert, die sich mit steigendem Interesse immer mehr austauschten, was auch in der Gründung einer hier zu sehenden beispielhaften Gesellschaft führte. Diese hat eine möglichst qualitativ hochwertige Transkription der alten Schriften zum Ziel, so dass allen Menschen, die der alten Schrift nicht mächtig sind, aber Interesse daran zeigen eine gleiche Grundlage zur Verfügung steht.
Wie diese umgesetzt wird unterscheidet sich von Fechtschule zu Fechtschule. Einiges wurde Interpretiert, vieles entsteht im Austausch untereinander.
Besonders bei den Fechtbüchern aus dem Spätmittelalter wird nicht nur eines genutzt, sondern immer mehrere. Natürlich möglichst in der gleichen Tradition stehende, z.B. Lichtenauer, welche dann insgesamt ein besseres Bild von der damaligen Fechtkunst geben. Nur nach dem oft genannten Thalhofer zu fechten halte ich persönlich für Augenwischerei. Mag dieser sich zwar wie jeder Fechtmeister in ein paar Ansätzen von den anderen in der gleichen Tradition unterscheiden, so gibt aber dieses einzige Fechtbuch für eine umfangreiche, verständliche Rekonstruktion fast gar nichts her.
Natürlich handelt es sich bei den Fechtbüchern um eine optimale Duellsituation, die so auf dem Schlachtfeld wohl eher selten auftreten wird. Auch bemerkt man einen deutlichen Wandel zum „Sport“ hin ab dem Spätmittelalter. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass in einer Schlacht zwar die Formation und der Kampf im Verband sehr wichtig sind, aber trotzdem ein jeder seine Waffe beherrschen muss. Es gibt Techniken in den Fechtbüchern, die sich auf dem Schlachtfeld nur sehr schwer anwenden lassen. Noch dazu wird man auf dem Schlachtfeld oftmals mit einer anderen Waffe konfrontiert, als die eigene. Aber die grundlegenden Techniken vom Fechten bleiben gleich und können somit auch auf dem Schlachtfeld genutzt werden. Das Funktioniert mit Schwert und Buckler genauso wie mit der Halmbarte.
Insgesamt befindet sich die heutige historische Fecht- und Kampfkunst auf sehr hohem Niveau.
Für den Einsteiger ist sie nicht teuer und erfordert meiner Meinung nach keine weiteren Vorkenntnisse. Kenntnisse in anderen Kampfsportarten oder heutigem Sportfechten sind für die Reaktion und Körperbeherrschung mit Sicherheit nicht von Nachteil, jedoch braucht man doch einiges an Zeit, um sich schon alleine an die andere Fußarbeit nach den alten Fechtbüchern (z.B. 15 Jh.) zu gewöhnen. :)
 
Jetzt bin ich mir nicht ganz im Klaren, ob wir etwas aneinander vorbei reden.
Nochmal in aller Kürze zur Klärung:
Ich bin sowohl "akademisch", wie auch beruflich in der Materie. Das ist nicht das Ding. Ich weiß auch was MA-Märkte sind - bzw. was sie NICHT sind: nämlich mittelalterlich :)
(Obwohl man IMHO, und um sowas bemühe ich mich, dringend bei den dortigen Besuchern (!) das Niveau heben muss: Viele sind interessiert, kennen aber nix anderes. Doch das jetzt nur nebenbei)
Back to topic: Zur Authentizität ist schwer was zu sagen. Ist ein Kleidungsstück authentisch, wenn es wackelig mit der Hand genäht ist? Oder ist es vielleicht authentischer, wenn man mit der Nähmaschine eine Nahtqualität hinbekommt, wie jemand, der jahrzehntelang mit der Hand nichts anderes getan hat? Eine zentrale Frage, meine ich, die man auch auf das Fechten übertragen kann:
Der Bedarf an Schwertkämpfern, die effektiv andere verletzen und töten können, ist heutzutage eher gering. Daher ist es immer etwas anderes als damals - nämlich Sport - und demzufolge niemals authentisch ...
Ich polemisiere natürlich etwas, denn auch im 14. Jhd wird man trainiert haben, das ist schon klar. Ich wollte nur darauf hinaus, dass mich die Frage der Interpretation wenig interessiert (Wenn sie denn nur nicht so oft die allein-selig-machende Methode hätten ...)
Mein Anliegen war, ob es durch solche Sachen, wie Aurelian (?) es beschrieben hat - also schlachtenmäßiges Freifechten mit vielen Teilnehmern - zu "verwertbaren" Erkenntnissen gekommen ist, was die Taktik solcher Armeen angeht. Also, ob diese Reenactment-Gruppen an Dokumentation und Auswertung denken (z.B. um die hoch interessanten Thesen eines Verbruggen zu belegen) ... oder "nur" (und das soll jetzt beileibe nicht abwertend gemeint sein) an ihren Spaß.
 
@timotheus
Dankeschön. Den hatte ich ganz vergessen, weil wir am Ende ganz wo anders angelangt sind :winke:
@papasaga
Jetzt bin ich mir nicht ganz im Klaren, ob wir etwas aneinander vorbei reden.
Nochmal in aller Kürze zur Klärung:
Ich bin sowohl "akademisch", wie auch beruflich in der Materie. Das ist nicht das Ding. Ich weiß auch was MA-Märkte sind - bzw. was sie NICHT sind: nämlich mittelalterlich
Das wollte ich mit meinem Eintrag gar nicht anzweifeln. Ich habe hier eine etwas ausführlichere Erläuterung gegeben, die sich vor allem auf die vorangegangenen Einträge bezog.
P.S.
Hab nicht alles oben durchgelesen - bitte zu entschuldigen, wenn da schon Antworten stehen.
Und jetzt verstehe ich auch deine Antwort :)

Zur Authentizität ist schwer was zu sagen. Ist ein Kleidungsstück authentisch, wenn es wackelig mit der Hand genäht ist? Oder ist es vielleicht authentischer, wenn man mit der Nähmaschine eine Nahtqualität hinbekommt, wie jemand, der jahrzehntelang mit der Hand nichts anderes getan hat? Eine zentrale Frage, meine ich, die man auch auf das Fechten übertragen kann:
Der Bedarf an Schwertkämpfern, die effektiv andere verletzen und töten können, ist heutzutage eher gering. Daher ist es immer etwas anderes als damals - nämlich Sport - und demzufolge niemals authentisch ...
Dies ist eine Frage, die ich teils kontrovers diskutiert aus Living history Foren kenne. Für mich gibt es einen bestimmten Grad der möglichen Annäherung, der aber niemals 100 % betragen kann. Das geht nur, wenn wir wieder in der damaligen Zeit mit gleicher geistiger Haltung, sozialem Gefüge, Infrastruktur etc. leben :)
Genau so sollte man das Fechten, wie das Schneidern, aber auch den Versuch der Nachstellung einer Feldschlacht sehen.
Allerdings muss ich dem Argument des Bedarfes an Schwertkämpfer und der daraus gezogenen Schlussfolgerung, dass Fechten nur Sport und niemals "authentisch" sei widersprechen. Ich gebe zu, dass man durchaus froh sein kann, dass die erlernten Techniken nicht mehr im "harten Einsatz" gebraucht werden müssen, aber ohne ein Training, bei dem der Partner überlebt, wird sicher auch niemand im Mittelalter das Fechten erlernt haben. Ein heutiger Soldat trainiert genauso möglichst realistisch den Ernstfall, zu dem es hoffentlich doch nie kommt.
Die Umsetzung der alten Schriften steht und fällt halt leider mit der Interpretation, da man heutzutage "nur" auf die Erfahrung aus anderen Kampfsportarten zurückgreifen kann.
Das selbe gilt für mich für eine Feldschlacht, sie kann ohne zu bestreiten verwertbare Ergebnisse erzielen, allerdings eben mit gewissen Einschränkungen, die schon allein durch die unbedingte minimierung des Verletzungsrisikos bestehen. Auch der psychische Faktor wird daher heute um einiges geringer in die Bewertung mit eingehen, als wenn man um sein Leib und Leben fürchtet.
Kann sein, dass ich das von dir gesagte falsch aufgefasst habe. Falls dem so wäre bitte ich um Entschuldigung, aber ich wollte hiermit meine Ansicht/Meinung nochmals präzisieren.
Im von timotheus genannte Thread hatten wir uns schon mal theortisch um die taktischen Möglichkeiten einer Waffengattung in der Feldschlacht unterhalten. Dahingehend wäre es möglich mit einer eher geringen Anzahl von Kämpfern eine funktionierende Simulation aufzubauen.
Das Problem ist allerdings immer, wie von Aurelian bereits beschrieben, die Masse an verlässlichen, gut trainierten und ausgerüsteten Kämpfern zusammen zu bekommen. Reiterattacken und Auswirkung lassen sich meines erachtens schon alleine aufgrund des hohen Verletzungsrisikos nicht oder nur sehr schwer nachstellen.
Und Spass haben trotzdem alle, sonst würde das keiner machen :winke:
Aber über die Umsetzng eines solchen Projekts in einem möglichen und engen Rahmen sollten wir allerdings reden. Ich denke, dass so etwas noch nie gemacht wurde.
 
Dann möchte ich einmal noch einige Anmerkungen meinerseits zur Ergänzung von Gloife beisteuern...

Dies ist eine Frage, die ich teils kontrovers diskutiert aus Living history Foren kenne. Für mich gibt es einen bestimmten Grad der möglichen Annäherung, der aber niemals 100 % betragen kann. Das geht nur, wenn wir wieder in der damaligen Zeit mit gleicher geistiger Haltung, sozialem Gefüge, Infrastruktur etc. leben :)
Genau so sollte man das Fechten, wie das Schneidern, aber auch den Versuch der Nachstellung einer Feldschlacht sehen.
...
Das selbe gilt für mich für eine Feldschlacht, sie kann ohne zu bestreiten verwertbare Ergebnisse erzielen, allerdings eben mit gewissen Einschränkungen, die schon allein durch die unbedingte minimierung des Verletzungsrisikos bestehen. Auch der psychische Faktor wird daher heute um einiges geringer in die Bewertung mit eingehen, als wenn man um sein Leib und Leben fürchtet.
Kann sein, dass ich das von dir gesagte falsch aufgefasst habe. Falls dem so wäre bitte ich um Entschuldigung, aber ich wollte hiermit meine Ansicht/Meinung nochmals präzisieren.
Im von timotheus genannte Thread hatten wir uns schon mal theortisch um die taktischen Möglichkeiten einer Waffengattung in der Feldschlacht unterhalten. Dahingehend wäre es möglich mit einer eher geringen Anzahl von Kämpfern eine funktionierende Simulation aufzubauen.

Dito.
Sowohl die Problematik als auch die Diskussionen dazu sind mir bekannt; und ich möchte es einmal anhand der Punkte Schneidern und Kampf versuchen, kürzestmöglich auf den Punkt zu bringen.
Beim Schneidern besteht das Problem, daß man den Unterschied zwischen Maschinennähten und Handnähten sieht, so daß Maschinennähte - wenn überhaupt - nur für verdeckte Nähte zum Einsatz kommen sollten, um ein Gewand zu erreichen, welches - wie wir in der Living History immer so schön sagen - so nah wie möglich am historischen Original ist. Andererseits aber birgt die Umsetzung von Handnähten ein Problem, welches oftmals unterschätzt wird: über die notwendige Präzision in der Ausführung der Stiche verfügt heute kaum mehr jemand, da dies damals durch Lernen von Kindesbeinen an geschah, während wir heutzutage gewöhnlich quasi mit der Nähmaschine bzw. fertig genähter Kleidung aufwachsen.
Beim Kampf treffen nun wiederum mehrere Aspekte zusammen: der grundsätzliche Aspekt ist zunächst einmal, daß von uns heutzutage kaum jemand an das regelmäßige Tragen einer Rüstung - ob hochmittelalterlicher Kettenpanzer oder spätmittelalterliche Plattenrüstung, sei einmal dahingestellt - und/oder den Umgang mit damals vorherrschenden Waffen von früher Jugend an gewöhnt ist. Der nächstwichtige Aspekt ist - wie bereits von Gloife angestoßen - der Umstand, daß bspw. beim Nachstellen von Feldschlachten (Schlachtenreenactment) wir beim Kämpfen genaugenommen das Gegenteil von dem verfolgen, was beim historischen Vorbild Ziel war: wenn ich bspw. im Johanniterkontigent gegen Sarazenen stehe, so stellen wir zwar einen Kampf aus der Zeit der Orientkreuzzüge dar bzw. nach, aber nachdem der Termin gelaufen ist, schütteln wir uns die Hände und gehen zusammen bspw. noch etwas trinken. In der historischen Realität hätten weder die Ordensritter noch die Sarazenen auf die Gesundheit bzw. Unversehrtheit des Gegners Wert gelegt!

Allerdings muss ich dem Argument des Bedarfes an Schwertkämpfer und der daraus gezogenen Schlussfolgerung, dass Fechten nur Sport und niemals "authentisch" sei widersprechen. Ich gebe zu, dass man durchaus froh sein kann, dass die erlernten Techniken nicht mehr im "harten Einsatz" gebraucht werden müssen, aber ohne ein Training, bei dem der Partner überlebt, wird sicher auch niemand im Mittelalter das Fechten erlernt haben. Ein heutiger Soldat trainiert genauso möglichst realistisch den Ernstfall, zu dem es hoffentlich doch nie kommt.
Die Umsetzung der alten Schriften steht und fällt halt leider mit der Interpretation, da man heutzutage "nur" auf die Erfahrung aus anderen Kampfsportarten zurückgreifen kann.

Hier möchte ich jedoch nochmals hinzufügen, daß sich der Schwertkampf als Kampfkunst erst im Spätmittelalter (das I.33/Towerfechtbuch als frühester Beleg ist von ~1300 oder nur geringfügig früher) entwickelte.
Daß sich natürlich allgemeine Schlüsse bzgl. der Verwendung der Waffen und dem Grundprinzip des bewaffneten Kampfes ziehen lassen, ist unbestritten.

Das Problem ist allerdings immer, wie von Aurelian bereits beschrieben, die Masse an verlässlichen, gut trainierten und ausgerüsteten Kämpfern zusammen zu bekommen. Reiterattacken und Auswirkung lassen sich meines erachtens schon alleine aufgrund des hohen Verletzungsrisikos nicht oder nur sehr schwer nachstellen.

Reiterattacken sind auch eine Thematik, welche in der Living History schon heiß diskutiert wurde...
Bei Reiterangriffen scheitert natürlich zunächst die Umsetzung eines solchen Angriffes - zur Verdeutlichung: für das 12./13. Jh. sprechen wir dabei fast immer vom Schockangriff mit eingelegter Lanze! - bereits am Risiko für diejenigen, welche angegriffen werden.
Außerdem müßten die Pferde dafür auch entsprechend ausgebildet sein - was schon einmal im Ansatz scheitern muß, denn wie damals Pferde ausgebildet wurden bzw. wie mit Pferden umgegangen wurde (Stichwort: Willen des Tieres brechen), ist heute geradezu Tierquälerei.
Der damals gewollte Effekt, daß bspw. ein Destrier (Schlachtroß) sowohl gegen andere Pferde als auch gegen Menschen ausschlug und um sich biß (Gewährenlassen des Dominanzverhaltens von Hengsten), muß heutzutage konsequent unterbunden werden.
Zwiespältig zu betrachten sind scharfe Trensen, die heute nur noch bei bestimmten Pferdetypen, z.B. dem Percheron, verwendet werden dürfen! Auch muß der (nicht sichtbare) Unterbau des Sattels mit modernem Material gearbeitet werden, weil die authentische Holz-Leder-Konstruktion auf Dauer dem Pferderücken schadet.

Aber auch für den Lanzenangriff gibt es ein Problem, welches gelöst werden muß: Die Lanze wird dicht unter die rechte Achselhöhle eingeklemmt und in der Form geführt, daß die Spitze nach links über den gebeugten Pferdehals zeigt, wobei der Winkel zwischen Lanzenachse und Längsachse des Pferdes so gering wie möglich zu halten ist. Mit dieser Haltung werden zwei Dinge optimal genutzt: die Deckung gegen den Gegner durch den (Dreiecks-)Schild sowie der vom galoppierenden Pferd ausgehende Schub. WICHTIG ist hierfür jedoch unbedingt, daß das Pferd im Rechtsgalopp geht, da es dabei den Kopf ehedem leicht nach rechts wendet und somit nur wenig von der vorgestreckten Lanze irritiert wird!
Anm.: Verfügt man beim Kampf Reiter gegen Reiter über ein größeres und v.a. schwereres Tier, so ist es auch möglich, die Lanze bzw. den Stoß über die Ohren des Pferdes zu führen...

Dies zur grundlegenden Technik und einmal abgesehen davon - hier gilt wieder das selbe wie oben bereits angesprochen -, daß es einen gewaltigen Unterschied macht, ob auf beiden Seiten im realen Leben befreundete Leute stehen bzw. reiten und dies in einer - übrigens sehr aufwendigen und schwierigen und zudem nicht ganz ungefährlichen - Choreographie (Fußkämpfer öffnen Lücke, damit die Reiter bzw. Pferde durchkommen und v.a. sie selbst keinen Schaden nehmen) trainieren ODER ob sich wirklich Feinde gegenüberstehen, denen das Überleben der gegnerischen Kämpfer herzlich egal ist!

Anm.: Mit diesen Ausführungen sind wir jetzt natürlich von der Thematik des Historischen Fechtens ziemlich abgekommen...

Und Spass haben trotzdem alle, sonst würde das keiner machen :winke:

Meine Unterschrift darunter hast Du; siehe meine Ausführungen oben.

Aber über die Umsetzng eines solchen Projekts in einem möglichen und engen Rahmen sollten wir allerdings reden. Ich denke, dass so etwas noch nie gemacht wurde.

Unsere Johannitergruppe hat bereits an einem Schlachtenreenactment im Kontext der Orientkreuzzüge teilgenommen, und dort war der Grundgedanke dafür auch vorhanden. Lediglich in der praktischen Umsetzung wurden mE zu viele Kompromisse gemacht, die dann IMHO nicht sein dürfen: wenn z.B. eine Gruppe (Namen bzw. Hintergrund nenne ich hier nicht) nicht als Teil des Verbandes agieren möchte, sondern lieber als "Heldengruppe" faktisch im Rampenlicht stehen will, dann führt dies jeden guten Ansatz ad absurdum... :fs:
 
Schwierig also - wie zu erwarten war.
Da alle (ich eingeschlossen) immer etwas abschweifen, versuche ich mal zusammenzufassen:

1. Wir sind uns einig, dass Authentizität stets nur "Annäherung" sein kann.
2. Ich wollte niemandem zu nahe treten, indem ich das "historische Fechten" pauschal als Sport bezeichnet habe. Ich tat dies, um es vom Stage-Fighting (als Oberbegriff für Schaukampf jedweder Art) zu unterscheiden.
3. Ich widerspreche der These, dass erst die schriftlichen Urkunden den Beginn des "Fechtens" darstellen. Es handelt sich hierbei um die ersten urkundlichen Erwähnungen - wie beim "Geburtstag" von Städten hat dies nichts mit dem ersten Auftretenzu tun. In einer weitgehend des Lesens unkundigen Gesellschaft haben Lehrbücher ja keinen Sinn.
4. Ich weiß noch immer nicht - was meine zentrale Frage war - ob es Dokumentationen zu nachgestellten Feldschlachten gibt.
5. Oder ist das vielleicht ein interessantes Projekt für die "ernsthaft" an Geschichte Interessierten? Mit den oben ausgebreiteten Einschränkungen (Ich habe nie ernsthaft daran gedacht, dass jemand einen "echten" Angriff schwerer Kavallerie auf pikenbewehrte Fußtruppen reiten sollte :))

In weiten Teilen sind die heute durchaus auch in der akademischen Literatur zu findenden "Wahrheiten" über die "Ritterzeit" (schon das ist Quatsch, aber ich will nicht wieder abschweifen) ein Produkt des 19. Jahrhunderts!
Insbesondere die abstrusen Thesen zur Organisation und angeblich nicht vorhandener Taktik der Ritterheere wurzeln darin, dass die einschlägigen noch heute zitierten Autoren entweder Historiker ohne militärische - oder Militärs ohne historische Bildung waren. Erstere scheitern häufig daran, dass ihnen militärische Notwendigkeiten nicht geläufig sind, letztere bisweilen an ihrer Unfähigkeit Quellen richtig einzuordnen.
 
Bevor ich in die Diskussion einsteige, möchte ich fragen wieso wir nicht den Thread http://www.geschichtsforum.de/f77/mittelalterliche-kampfkunst-historisches-fechten-17800/
Benutzen. Ich möchte da jetzt nicht eingeschnappt wirken, aber genau dafür ist der Thread doch gedacht gewesen. Zwei Threads sind einfach verwirrend, finde ich, also entweder den hier oder den anderen.

Wenn du die Standtechnik ansprichst, so schaue mal in das Werk Miyamoto Musashis ("Das Buch der fünf Ringe"). Er stellt da viele mögliche Techniken vor und entscheidet sich dann für die natürlichste, das normale Laufen.
Wir brauchen das Buch von Musashi nicht zu analysieren, denn das Fechtbuch von Meyer sagt uns einiges über die Schrittarbeit. Also von daher…..

Talhoffer hat aber auch nur nach der Lichtenauer Schule gefochten. Wirkliche Unterschiede dürften da alsoselten sein.
Es stimmt, dass Thalhoffer in der Liechtenauer-Tradition steht, aber trotzdem gibt es einige Unterschiede zum ursprünglichen Liechtenauer-System (der, das sollte man anmerken, selbst nie ein Wort nieder geschrieben hat). Als Beispiel: die Halbschwerttechniken im Bloßfechten.

Was sollte Talhoffer auch auf dem Schlachtfeld suchen? Die Lichtenauer Schwertkunst wurde für den Zweikampf eines Gottesurteils in der Gerichtsbarkeit entwickelt. Das Lange Schwert (oft auch fälschlicherweise als Anderthalbhänder bezeichnet) war in der europäischen Geschichte niemals schlachtentscheidend, sondern genauso wie in Japan das Katana auf Zweikämpfe ausgelegt.
Also das stimmt ja wohl nicht so ganz. ;)
  • Die Liechtenauer-Tradition behandelt Waffen, die in einem Duell überhaupt nix zu suchen haben (Langes Messer, Stange).
  • Es ist ja allgemein bekannt, dass in den Reichsstädten die Bürger selbst kämpfen mussten und welcher Platz wäre wohl besser geeignet, als eine Fechtschule, um das Kämpfen zu erlernen.
Als Unsinn kann man es nun wirklich nicht bezeichnen, da viele Elemente stark den japanischen Kampfkünsten ähneln.
Stimmt, die Prinzipien sind gleich, die Details und die Methodik aber völlig anders.


Außerdem war Talhoffer auf keinen Fall ein Schaukämpfer. Er war ein angesehener Fechtmeister (er selbst bezeichnete sich als Schirmmeister), der in viele Waffengattungen unterrichtete.
In seinem Codex behandelte er das Lange Schwert, die Stangenaxt, den Stechschild (alleine, mit Kolben und mit Schwert), Dolche/Messer, Ringen, Schwert+Buckler, Steinschlinge, Schwert- und Ringkampf zu Pferd und auch Kämpfe mit der Turnierlanze gegen Schwert und Armbrust.
Thalhoffer war in der Tat kein Schuakämpfer sondern professioneller Ausbilder für die bereits erwähnten Gerichtsurteile.
Aber das Waffensortiment, welches er behandelt, zeigt auch, dass die Liechtenauer-Tradition nicht nur im Zweikampf genutzt wurde.


Hier möchte ich jedoch nochmals hinzufügen, daß sich der Schwertkampf als Kampfkunst erst im Spätmittelalter (das I.33/Towerfechtbuch als frühester Beleg ist von ~1300 oder nur geringfügig früher) entwickelte.
Das ist so nicht richtig. „Kampfkunst“ ist nur das heutige Wort für „Ausbildung an der Waffe“. Eine Kampfkunst ist eine Ansammlung von Methoden und Techniken, die den Umgang mit Waffen beibringen sollen. Prinzipiell kann man auch die heutige Ausbildung bei d r Bundeswehr als „Kampfkunst“ bezeichnen, denn das, was man da lernt, ist Kämpfen.
Die Glorifizierung oder Mystifizierung der Kampfkünste liegt vor allem an der breiten Masse an unwissenden Personen. Deshalb kann man auch nicht von einer „im Spätmittelalter etablierten Kampfkunst“ reden, Systeme zum Erlernen des Kämpfens sind auch vorher schon da gewesen (die Aufzeichnungen der Griechen und Römer sprechen ja Bände).
 
Bevor ich in die Diskussion einsteige, möchte ich fragen wieso wir nicht den Thread http://www.geschichtsforum.de/f77/mittelalterliche-kampfkunst-historisches-fechten-17800/ benutzen. Ich möchte da jetzt nicht eingeschnappt wirken, aber genau dafür ist der Thread doch gedacht gewesen. Zwei Threads sind einfach verwirrend, finde ich, also entweder den hier oder den anderen.

Ich hatte mir ja bereits erlaubt, darauf zu verweisen; bei Bedarf könnte ich auch einige Beiträge von hier in jenen Thread verschieben oder aber beide Threads zu einem Thread machen. Bitte per PN Bescheid geben, was gewünscht wird...

Aber zum Thema selbst...

Ich weiß noch immer nicht - was meine zentrale Frage war - ob es Dokumentationen zu nachgestellten Feldschlachten gibt.

Mir fällt aus dem Stegreif jene spätmittelalterliche Nachstellung ein: Tannenbergschlacht 1410
Ich enthalte mich eines Kommentars (da ich zumeist bezüglich vieler solcher Nachstellungen sehr kritisch bin) und bitte aus diesem Grund darum, sich selbst ein Bild davon zu machen (über die Links, welche noch funktionieren).

Ich widerspreche der These, dass erst die schriftlichen Urkunden den Beginn des "Fechtens" darstellen. Es handelt sich hierbei um die ersten urkundlichen Erwähnungen - wie beim "Geburtstag" von Städten hat dies nichts mit dem ersten Auftretenzu tun. In einer weitgehend des Lesens unkundigen Gesellschaft haben Lehrbücher ja keinen Sinn.

Ich hatte auch gar nicht behaupten wollen, daß erst die schriftliche Fixierung den Beginn des Fechtens darstellt (vgl. Spezifizierung der Aussage unten); wiewohl man andererseits bei den Kämpfenden bereits ab 1200 auch nicht mehr allgemein von des Lesens und Schreibens größtenteils Unkundigen sprechen kann.

Das ist so nicht richtig. „Kampfkunst“ ist nur das heutige Wort für „Ausbildung an der Waffe“. Eine Kampfkunst ist eine Ansammlung von Methoden und Techniken, die den Umgang mit Waffen beibringen sollen. Prinzipiell kann man auch die heutige Ausbildung bei d r Bundeswehr als „Kampfkunst“ bezeichnen, denn das, was man da lernt, ist Kämpfen.
Die Glorifizierung oder Mystifizierung der Kampfkünste liegt vor allem an der breiten Masse an unwissenden Personen. Deshalb kann man auch nicht von einer „im Spätmittelalter etablierten Kampfkunst“ reden, Systeme zum Erlernen des Kämpfens sind auch vorher schon da gewesen (die Aufzeichnungen der Griechen und Römer sprechen ja Bände).

Auch hier hatte ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt...
Während des Hochmittelalters - also grob 10./11. bis ca. Mitte 13. Jh. - sprach man vom Waffenhandwerk (was man zugegebenermaßen natürlich als "Kampfkunst" bezeichnen kann), welches der angehende Ritter (Knappe) bei einem Ritter erlernte. Dies ist natürlich von den späteren Fechtschulen, Fechtbüchern und Fechtmeistern incl. deren sich entwickelnden Traditionen zu unterscheiden (was gemeinhin jedoch unter "Historischer Kampfkunst" verstanden wird).
Daß bspw. auch die Ehrenkodizes - insbes. bei den Ritterorden - als entsprechende Ansätze gesehen werden können, wird von mir übrigens ebenso keineswegs bestritten.
Anm.: Ich hatte mich auf das Mittelalter bezogen, denn ich weiß natürlich auch, daß Griechen und Römer dies bereits kannten; nur hatte ich die Antike bei meiner betrachtung außen vor gelassen.
 
Sinn eines Bidenhänders

Hallo,
ich weiß nicht, ob das hierher gehört oder ob ich mit der Frage bei einer Reenactment Seite besser aufgehoben wäre (falls dem so ist, wäre ich um eine gute Adresse dankbar) aber ich habe mich schon häufig über den Sinn eines solchen Schwertes gewundert.

Es wird erklärt, dass man dieses Schwert zum Kampf gegen Stangenwaffen genutzt hat, also um eine Art Bresche reinzuhacken, damit dann die eigenen Stangenwaffen reinstechen konnten.

Jetzt frage ich mich aber, wie dass funktionieren soll, da die Lanzen Hellebarden etc. doch wohl sehr dicht gehalten wurden. Also selbst wenn der Schwertträger an den spitzen vorbeigekommen ist, hat er doch überhaupt keinen Platz, um den nötigen Schung zu entfalten.

Diese Schwerter sind doch zum Teil Übermannshoch, da kommt es doch wohl vor allem auf Wucht an, oder?

Hat da zufällig jemand Ahnung?

Gruß, Theoderich
 
Huch, ok,
aber nachdem ich mir das durchgelesen hab komme ich zu dem Schluß, dass es einfach keiner so genau weiß.

Na ja, war ein Versuch wert....:winke:

Gruß, Theoderich
 
Es wird erklärt, dass man dieses Schwert zum Kampf gegen Stangenwaffen genutzt hat, also um eine Art Bresche reinzuhacken, damit dann die eigenen Stangenwaffen reinstechen konnten.

Jetzt frage ich mich aber, wie dass funktionieren soll, da die Lanzen Hellebarden etc. doch wohl sehr dicht gehalten wurden. Also selbst wenn der Schwertträger an den spitzen vorbeigekommen ist, hat er doch überhaupt keinen Platz, um den nötigen Schwung zu entfalten.

Diese Schwerter sind doch zum Teil Übermannshoch, da kommt es doch wohl vor allem auf Wucht an, oder?

Hat da zufällig jemand Ahnung?

Also eines Vorneweg: Ahnung habe ich keine, aber einen Link zu einer zeitgenössischen Darstellung:

Zweiter Kappelerkrieg - Wikipedia
 
Also eines Vorneweg: Ahnung habe ich keine, aber einen Link zu einer zeitgenössischen Darstellung:

Zweiter Kappelerkrieg - Wikipedia

Da sieht man leider eher wenig. Weiter oben, in der von TImo schon benannten Diskussion, haben wir Werke von Johannes Stumpf (glaube ich) verlinkt, da sieht man um einiges mehr.

Wie gesagt, ist der Zweihänder weniger als Gassenhauer für den frontalen Angriff zu sehen, als vielmehr eine Lösung für verkeilte Gewalthaufen und insgesamt als schnelle, flexible Ausfalltruppe, da nicht alle Schlachten reine Feldschlachten waren, in denen man ganz gemütlich im Gewalthaufen herum marschiert ist und Stangenwaffen zum vollen Einsatz bringen konnte.
 
Da ich seit mehreren Jahren Reenactmentkampf/Freikampf betreibe an dieser Stelle eventuell einige Erfahrungswerte.Vorausschicken muß ich natürlich daß sich aus Sicherheitsgründen eine Hundertprozentige Rekonstruktion eines(in meinem Fall spätantiken/frühmittelalterlichen )Kampablaufes nicht umsetzen läßt.Des weiteren fehlen auch viele psychologische Aspekte einer realen Schlacht.Trotzdem halte ich eine Gewisse Annäherung an die wahrscheinlichen Abläufe und Techniken für durchaus möglich. Beispielsweise war im Eingangsposting von Klingenwaffen die Rede.In vielen Situationen erweisen sich allerdings die Schwert(Spatha)/Schildkämpfer als das eher passivere Element welches zwar die Frontreihe bildet aber am aktiven Geschehen oft nur in untergeordneter Weise beteiligt ist.Wirkungstreffer(und wir kämpfen nicht nach Codex Belli mit eingeschränkten Trefferzonen)werden sehr häufig hingegen von Stangenwaffen(Lanzen)erzielt. Außerdem erweist es sich immer wieder daß die schiere Fechtkunst eines Kämpfers nicht unbedingt ausschlaggebend für sein Bestehen in der Schlacht sein muß.Es ist häufig zu beobachten daß gut trainierte Kämpfer welche sich im Einzelkampf einem Gegner als weit überlegen zeigen vom gleichen Mann im Formationskampf "herausgenommen" werden.Hier spielt das Zusammenwirken der Einheit,das Bewahren der Übersicht des Kampfablaufs(was passiert links und rechts von meinem unmittelbaren Gegner?-wie verhält sich die eigene Schlachtlinie?)oft eine größere und manchmal sogar die entscheidende Rolle!

soweit, so gut!
aber bitte verschone uns mit deinem halbwissen bezüglich der fechtkunst an sich...


Thalhofer z.B.halte ich für ausgemachten Unsinn will man sich den Verlauf eines Kampfes vergegenwärtigen.Der Mann war auch zu seiner Zeit nichts anderes als ein Schaukämpfer mit sicherlich akrobatisch-spektakulärer Technik aber eben nicht auf Effektivität in einer Schlacht ausgelegt.So sieht das dann leider auch auf vielen MA-Märkten aus,viel Kampf Klinge auf Klinge(schönen Gruß nach Hollywood).

das war ja auch nicht sinn und zweck talhofers bzwl liechtenauers.(talhofer war schüler)
zweck war es damals den edelmann generell verteidigungsfähig zu machen, was ihm dann bei reisen, duellen...zu gute kam.
du hast es selbst schon erwähnt: formationskampf, andere waffen, viele potentielle gegner - das alles schränkt den handlungsradius des einzelnen, versierten kämpfers enorm ab!
(ursprünglich ist die klassische phalanx ja auch erfunden worden, um mit durschnittlichen bis schlechten soldaten bestehen zu können.
hopliten z.B. waren im schwertkampf gar nicht versiert, sie kämpften mit speeren und dem schwert als zweitwaffe)

talhofer und schaukämpfer?
verzapf bitte keinen quatsch, wenn du keine ahnung hast...
akrobatisch?
witzbold! liechtenauers kampfkunst speziell mit dem langen schwert ist extrem geradlinig, schörkellos und effektiv!
(das kann ich als kampfsportler/kampfkünstler doch beurteilen, wenn ich mir die techniken von einigen seriösen gruppen ansehe)
da ist nichts spektakuläres, ausser dem schnellen ende des gegners...

und die leute in liechtenauers, talhofers, ringecks tradition sind nicht das MA-klientel, welches dich so wehleidig stimmt!
dabei handelt es sich eher um reenactment, freikampf
(oft technikloses, dillettantisches draufdreschen ohne jegliches hintergrundwissen oder können an der waffe. da kann man genausogut nen baseballschläger nehmen), also eher leute wie dich!

schaukämpfertölpel ungleich hist. fechtkunst!
du schmeisst was in einen topf, was sich partout von einander abzugrenzen versucht.




@quellen

warum reitet ihr auf talhofer herum?
historisch eindeutiger geht es nicht, da es mehrere fechtmeister gab (am besten dokumentiert von talhofer), die sich auf liechtenauers lehren stützten...
 
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