Fragen zur deutschen Königszählung und zur deutschen Identität

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Hallo,

ein Kuriosum, das mir schon öfter auffiel ist, daß Kaiser Ludwig der Bayer (1314-1347), der als Kaiser ja zurecht als "der Vierte" gezählt wird, als Römischer König an sich "der Fünfte" sein müßte, da Ludwig I. der Fromme (814-840), Ludwig II. der Deutsche (840-876), Ludwig III. (876-882) sowie Ludwig IV. das Kind (900-911).
Daß man durchaus auch die (ost-)fränkischen Herrscher mitzählte, beweist ja auch Karl IV., der sich auf die karolingischen Karls bezog.

Insofern müßte es ja an sich lauten:

Ludwig IV. der Bayer, geb. um 1282, gest. 1347, Römischer König (als Ludwig V.) 1314, Römischer Kaiser 1328.
 
Die Spanier nennen unseren Karl V. auch meist Carlos V. (*1500, 1516/19 - 1556, † 1558), zählen aber alle weiteren Karls brav Carlos II. (*1661, 1665 - 1700), Carlos III. (*1716, 1759 - 88) und Carlos IV. (*1748, 1788 - 1808, † 1819). Sie haben insofern Glück, dass sie keinen weiteren Karl hatten - immerhin gab es Versuche mit den Karlistenkriegen - sonst würde das mit den Zählungen sehr wirr. :still:
 
Hallo Quijote,

das ist richtig. El emperador, wie man ihn m.W. nennt, wird auch oft Carlos V. genannt - wenngleich er eigtl. Carlos I. war als spanischer (besser: kastilischer) König.

Die heutigen Zählungen sind sowieso sehr willkürlich:
So werden die Kaiser Heinrich II. bis VII. nicht als I. bis VI. bezeichnet, was korrekter wäre - Heinrich I. war nur König, dasselbe bei Konrad II.
Insofern ist es inkonsequent, bei anderen dagegen die Königszählung zu verwenden, eben bei Ludwig IV. und auch bei Lothar III. (der als Kaiser der II. wäre).
 
als spanischer (besser: kastilischer) König.

Das macht keinen Unterschied mehr. Er war Herrscher über alle Besitzungen der Kronen Aragóns und Kastiliens, auch außerhalb Spaniens (ewta Neapel und zugehörige Gebiete) und hielt auch an allen möglichen Ansprüchen fest (etwa König von Jersualem).
 
Es setzte sich die kastilische Königszählung durch, wie man am besten bei Ferdinand VI. (1746-1759) sieht. Als aragonesischer König etwa wäre er "der Dritte" gewesen.

Es gibt noch andere Beispiele: Rudolph II. (1576-1612) war als Kaiser eigtl. "der Erste" - natürlich wollte man den prominenten Vorfahren nicht vergessen machen, daher "der Zweite".

Friedrich III. (1440-1493) löschte seinen eher unrühmlichen Vorfahren Friedrich (III.) den Schönen (1314-1330) dagegen aus der Geschichte, indem er sich als König ausdrücklich "der Dritte" nannte (als Kaiser wäre er es ohnehin gewesen).
 
Also ich kenne auf Spanisch nur die Wendung
Carlos quinto de Alemania, primero de España,
somit
Karl V. von Deutschland, I. von Spanien.

Andererseits ist es doch so, daß sich Herrscher oft auch selbst die Nummer zum Namen geben und nicht erst die Historiker post mortem.
 
Karl I. von Spanien war auch nach kastilischer und aragonischer Zählung der erste, also kann er auch getroßt als spanischer König der erste genannt werden.

Als Kaiser war er richtigerweise der V., als römischer König jedoch währe er genau genommen der IV. und Kaiser Karl IV. der III. und Kaiser Karl III. der Dicke der II., weil zwischen Karl dem Dicken und Karl I. dem Großen kein weiterer Karl in Ostfranken herrschte. Karl II. der Kahle, der auch Kaiser war, herrschte nur über Westfranken (Frankreich).

Eine "korrekte" Nummerierung gab es im HRR eigentlich sowieso nicht. Die ostfränkischen Karolinger werden in der Regel gar nicht mit Ordnungszahlen versehen. Außer Karl der Dicke der die III. trägt im Bezug auf sein Kaisertum, er war der dritte Karl, nach dem Großen und dem Kahlen, der Kaiser war.

Auch die Zahl Ludwigs des Bayern geht in Ordnung im Bezug auf die Kaiserwürde, nach Ludwig I. dem Frommen, Ludwig II. und Ludwig III. dem Blinden war er der vierte Kaiser Ludwig.

Aus diesem Grunde nehme ich Ordnungszahlen auch nicht so ernst, lieber richte ich mich nach Beinamen mit denen man den einen von den anderen unterscheiden kann.

Bei den Lothars, Heinrichs und Konrads wird im Königs, wie auch Kaisertum gezählt.
 
Ein ebenfalls erwähnenswertert Fall ist besagter Karl der Dicke als westfränkischer ("französischer") König, was er ja 885-888 ebenfalls kurzzeitig war. Hier wird er nicht als "der Dritte" gezählt, allenfalls in Klammern, denn Karl III. von Frankreich war ja dann erst Karl der Einfältige (898-923).
 
Ein ebenfalls erwähnenswertert Fall ist besagter Karl der Dicke als westfränkischer ("französischer") König, was er ja 885-888 ebenfalls kurzzeitig war. Hier wird er nicht als "der Dritte" gezählt, allenfalls in Klammern, denn Karl III. von Frankreich war ja dann erst Karl der Einfältige (898-923).
Es gibt hier zwei verschiedene Numerierungsarten:
- einmal die Zeitgenössische, die auch die offizielle war. Hier wurden überhaupt nur diejenigen mit einer römischen Zahl versehen, die die Kaiserkrone trugen - die übrigen, die "nur" König waren nicht.
- zum anderen gibt es die Numerierung der heutigen Geschichtsschreibung, durch die auch die meisten Könige eine Ziffer verpaßt bekommen haben.
 
Eine "korrekte" Nummerierung gab es im HRR eigentlich sowieso nicht. Die ostfränkischen Karolinger werden in der Regel gar nicht mit Ordnungszahlen versehen. Außer Karl der Dicke der die III. trägt im Bezug auf sein Kaisertum, er war der dritte Karl, nach dem Großen und dem Kahlen, der Kaiser war.


Hallo,

bei den Karolinger ist die Numerierung nicht immer ganz logisch, ich glaube, man sollte auch gar nicht versuchen, das zu verstehen.
Früher hatten sowieso alle einen Beinamen und der schafft - meistens - Klarheit.

Gruß....
 
Hallo,

bei den Karolinger ist die Numerierung nicht immer ganz logisch, ich glaube, man sollte auch gar nicht versuchen, das zu verstehen.
Früher hatten sowieso alle einen Beinamen und der schafft - meistens - Klarheit.

Gruß....
Wie ich genau über deinem Beitrag bereits angedeutet habe: Die offizielle zeitgenössische Zählweise berücksichtigte nur die Inhaber der Kaiserkrone, wobei alle "Teilreiche" noch als ein Reich angesehen und somit zusammengefaßt wurden.
Die entgültige offizielle Spaltung von Ost- und Westfrankenreich fand dann 921 statt.
Vertrag von Bonn 921 ? Wikipedia
 
Frage zur deutschen Königszählung

der erste deutsche könig mit namen karl war ja wohl karl IV. wer also hat karl den großen zum deutschen könig karl I. gemacht?
 
das meine ich ja. aber irgendwer hat es getan. sonst wäre karl der vierte ja karl der erste. meine frage ist ja nun, in welcher zeit die deutsche königszählung initiiert wurde, denn zumindest karl VI. signierte als karl der sechste. er muss also in einer tradition gestanden haben, die die karolinger als deutsche könige mitgezählt hat (austrien). aber wer ist dafür verantwortlich?
 
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das meine ich ja. aber irgendwer ht es getan. sonst wäre karl der vierte ja karl der erste. meine frage ist ja nun, in welcher zeit die deutsche königszählung initiiert wurde, denn zumindest karl VI. signierte als karl der sechste. er muss also in einer tradition gestanden haben, doe die karolinger als deutsche könige mitgezählt habe (austrien). aber wer ist dafür verantwortlich?

Könntest Du ein wenig auf Orthographie achten, man braucht ja ewig, um Deine Zeilen zu vestehen. :)

Ab wann genau kann ich so aus dem effeff nicht sagen, sondern müsste erst Quellenstudium betreiben. Der früheste Historiograph, von dem ich sicher weiß, dass er die Herrscher mit Zahlen versehen hat, ist Otto von Freising im 12. Jahrhundert. Aus praktischen Gründen begann man aber sicherlich schon etliche Jahre davor damit.

Allerdings verstehe ich Deine Aufregung darüber nicht. Es ist ja etwas ganz natürliches, dass man zu einer Zeit, wo die Tradition zur Begründung von Sachverhalten eine enorme Wichtigkeit genoss, nach Kontinuitäten sucht.
 
das meine ich ja. aber irgendwer hat es getan. sonst wäre karl der vierte ja karl der erste. meine frage ist ja nun, in welcher zeit die deutsche königszählung initiiert wurde, denn zumindest karl VI. signierte als karl der sechste. er muss also in einer tradition gestanden haben, die die karolinger als deutsche könige mitgezählt hat (austrien). aber wer ist dafür verantwortlich?
Die Könige und Kaiser sowohl in Frankreich, als auch im HRR(DN) standen in der Tradition der Franken - nicht anders herum, besonders in der Tradition Karls des Großen, den man als Karl I. rechnen muß.
Du bist übrigens nicht der erste, der eine solche Frage stellt. Schau hier:
http://www.geschichtsforum.de/f82/ludwig-iv-der-bayer-als-k-nig-eigtl-ludwig-v-22718/

(Beide Themen könnte man eigentlich sogar zusammen legen. :fs:)
 
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Lass mich sehen, ob ich kapiert habe: Karl IV (in der Goldenen Bulle:Carolus quartus) stellt sich also in eine Tradition, die er selber nicht überprüfen konnte, obwohl er meines Wissens schon eine funktionierende Kanzlei besaß. Meine Frage zielt aber weiter: Ludovicus Germanicus (Entschuldigung:eigene Rückübersetzung!)Ludwig den Deutschen zu nennen, kann ja nur aus einer Zeit stammen,in der es das tiusche lant auch wirklich gab, also ex post. Natürlich ist dieser Sachverhalt umstritten. Aber noch einmal: ab wann ist die deutsche Königszählung offiziell (mit Gegenkönigen, mit einem Friedrich in Klammern)?
PS: Irgendwie stehe ich mit meiner Tastatur auf Kriegsfuß. Tschüss!
 
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Die Könige und Kaiser sowohl in Frankreich, als auch im HRR(DN) standen in der Tradition der Franken - nicht anders herum, besonders in der Tradition Karls des Großen, den man als Karl I. rechnen muß.
Du bist übrigens nicht der erste, der eine solche Frage stellt. Schau hier:
http://www.geschichtsforum.de/f82/ludwig-iv-der-bayer-als-k-nig-eigtl-ludwig-v-22718/

(Beide Themen könnte man eigentlich sogar zusammen legen. :fs:)
Danke schön für den Hinweis. Aber warum wurden die strittigen Benennungen später nie geklärt? Oder ist diese Frage zu deutsch?
 
Oder ist diese Frage zu deutsch?
Das trifft es wohl :)
Die Tradition der Kaiser war natürlich ungebrochen; jeder "Kaiser Karl" (oder wenigstens seine "Kanzlei") wusste sehr wohl, wer die Kaiser vor ihm gewesen waren; auch der Vatikan führte eine Liste - jedenfalls über die gesalbten Kaiser... Im Frankenreich (auch in Frankreich später) war bei gleichen Namen eher die Vergabe von Spitznamen üblich: der Schöne, der Gute, der Faule, der Dicke, der Fromme....

Beim Nummerieren konnte man sich natürlich schon mal verzählen. Wenn man die "Nummer" als Beinamen sieht, ist das aber doch kein Beinbruch.. Aber auf keinen Fall kann man dies nachträglich verändern!!!

Deine Frage geht offenbar dahin, wann HISTORIKER angefangen haben, gleichnamige Fürsten einer bestimmten Region aus Ordnungssinn durchzunummerieren, obwohl sich diese Fürsten möglicherweise selbst gar nicht als "Nummer" gesehen haben...

Kaiser Karl IV. war auf jeden Fall der vierte römische Kaiser, der Karl hieß, soviel steht fest..
 
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