Zur Entwicklung des Rades.
A. Kraft
1. An den Hund als ersters Lasttier oder Zugtier glaube ich nicht, trotz dem Schlittenhund. Die mögliche Haltung ist begrenzt, da sie Fleischfresser sind,
2. sind das Meutentiere. Sind mehr als 6 oder 8 beisammen, dann teilt sich die Gruppe und der Mensch kann sich nicht mehr bei allen als Alpha-Tier durchsetzen.
3. Der Hund stammt nicht vom Wolf ab, sondern von einem kleineren Schakal-artigen Caniden mit weniger Trag- oder Zug-Kraft.
Jedes Schaaf, jede Ziege ist selbst dem stärksten Hund an nutzbarer Kraft überlegen -und leichter zu ernähren und als Herde zusammenzuhalten.
Egal von wem der Hund nun abstammt, er hat nicht mehr Kraft als ein Mensch, daher würde ich annehmen, dass die ersten primitiven Wagen vom Menschen selbst gezogen wurden.
B. Konstruktion
Wir haben die Neigung, das Rad als Gegebenes zu sehen und dementsprechend zu raisonnieren.
Aber es ist unmöglich, dass ein prähistorischer Genius aus einer Kultur wo "seit Menschengedenken" gegangen und getragen wird, plötzlich auf fahren und ziehen kommt und das dazu notwendige Rad erfindet.
Es muss da Zwischenstufen gegeben haben, die ich mir, unverbindlich, etwa so vorstelle:
1. untergelegte Rundhölzer (Zufallsentdeckung)
2. Ein Schlaukopf versucht das mit dem schon bekannten und in diesem Thread erwähnten Travois zu kombinieren, was zu einem etwa spindelförmigen "Rollkörper" führen könnte.
So etwas ist, wie Totem-Schnitzereien, auch mit Axt und Stemmeisen aus Stein oder Bronze möglich, die Herstellung einer flachen Scheibe (Rad) aber nicht.
3. Ein derartiges (hypothetisches) Travois; eine Art "gezogener Schubkarren", ist aber lateral instabil, was logisch zur Verdoppelung führt. Der Sprung ist nicht gross.
4. Ein derartiges Gerät konnte nützlich sein, um grosse oder schwere Objekte über relativ kurze Strecken zu transportieren, etwa erlegtes Grosswild , eine Ladung Töpferton oder nicht sehr schwere aber umfangreiche Lasten (Schilf für Dächer). Für grössere Distancen taugt es aber nicht.
Den Ansatz nach sinnvollen Anwendungsmöglichkeiten für diesen "Rollentravoi" zu suchen, finde ich wichtig.
@Boiorix Beispiel erlegtes Großwild paßt nicht so recht zur Untauglichkeit für größere Distanzen, außerdem kann man sich den Platz und das Gelände zum Erlegen bei der Jagd meist nicht aussuchen.
Nach der zeitlichen Abfolge in
Pferdefuhrwerke - Geschichte von Transport, Technik und Verkehr fanden die Großwildjäger den Einsatz des Rades noch nicht lohnend.
Die anderen Beispiele passen aber gut zu den frühen Bauern, da gab es Lasten über kurze Strecken zu transportieren. Ich denke z.B. auch an das Holz, im nahen Wald geschlagen, dass zum Hausbau zum Dorf gerollt u. geschleift werden musste.
Irgendwann brachte man die starken Rinder dazu, beim Ziehen zu helfen. Ist das nur möglich, wenn man sie zu Ochsen macht?
...... aber keinesfalls ist das Rad voll entwickelt aus dem Gehirn eines prähistorischen Jägers oder Nomaden entsprungen, wie Athena aus dem Haupte des Zeus.
Keine dieser kleinen Zwischenstufen allein kann aber so einleuchtend gewesen sein, dass sie sich weit verbreitete. Daher muss die Erfindung in einem relativ beschränkten Raum erfolgt sein, in einer lichtbewaldeten ziemlich ebenen Landschaft, dessen Bevölkerung einigermassen homogen und wenigsten halbsesshaft gewesen sein muss.
Die Nützlichkeit des so oder ähnlich entstandenen Karrens war aber so evident, dass sich seine Verbreitung rasch durchgesetzt haben dürfte, sowohl bei und für Sesshafte wie für Nomaden, mit Sondermodellen für ihre jeweiligen Bedürfnisse, vom Schubkarren bis zum Mercedes.
Die relative Nützlichkeit ist unbestreitbar.
Trotzdem möchte ich eine etwas provokante These zur Diskussion stellen.
Für den seßhaften Bauern brachte der Karren eine gewisse Arbeitserleichterung bei kräftezehrenden Transporten, sein Leben veränderte sich dadurch aber nur marginal.
"Wo war das"? Das hängt davon ab, in welcher Grössenordnung man sich den hier skizzierten Vorgang vorstellt, räumlich wie zeitlich.
Jeder mag sich selbst etwas ausdenken, bis die Archäologie eindeutige Evidenz gefunden hat
Die Gruppen, die auf schlechteren/trockeneren Böden siedelten, vielleicht weil sie in Randbereiche abgedrängt worden waren oder die Viehwirtschaft in Transhumanz betrieben, hatten öfter und mehr zu transportieren, nämlich ihren gesamten Hausstand.
Da bietet der Wagen erhebliche Vorteile.
Den größten Effekt zur Verbesserung der Lebensumstände hat ein schon einigermaßen technisch entwickelter Karren aber, wenn er zum schnellen Transport von geraubten Gütern verwendet werden kann.
Vollgepackt mit Diebesgut läuft es sich beschwerlich, da ist Raub ein höheres Risiko.
Schließlich wurde der Streitwagen fast parallel zum Transportkarren entwickelt und dieser trat den Siegeszug durch die alte Welt an.