Ab etwa 3.300 BC ist seit den Sumerern kontinuierlich das Ethnonym der Kurden schriftlich belegt. Die Kontinuität, Bedeutungsähnlichkeit, Beschreibung der gleichen Region usw. erlauben durchaus (trotz unterschiedlicher Schreibweise) davon auszugehen, daß tatsächlich die Kurden gemeint waren.
Nicht ganz ausgeschlossen, aber sehr unsicher. Um davon ausgehen zu können, bräuchte es schon andere „Indizien“ als einige zeitlich weit verstreute, teilweise nur vage Ähnlichkeit aufweisende Ethnonyme. Ähnliche Probleme gibt es etwa in der aktuellen Troia-Debatte, wo immer wieder vorschnell ähnliche Ethnonyme und Toponyme miteinander identifiziert werden. Strengen sprachwissenschaftlichen Kriterien genügen aber die wenigsten dieser Gleichsetzungen.
Insbesondere dieser Anteil der aus ihrer Heimat verschleppten Kurden deckt sich meiner Meinung nach mit dem Hauptsiedlungsgebiet der Parther bevor sie die griechischen Seleukiden schlugen
Abgesehen davon, dass es ganz unsicher ist, ob es damals überhaupt Kurden gab, liegt offenkundig ein geographischer Irrtum vor: Jenes Gebiet im Südosten des Kaspischen Meeres, das im 3. Jahrhundert als Siedlungsraum der Parner (erst nach ihrer Invasion der Satrapie Parthien als "Parther" bezeichnet) in Erscheinung tritt, war niemals Teil des Assyrischen Reiches oder auch nur dessen Grenznachbar. So weit bekannt, sind die Assyrer niemals derart weit in den Nordosten vorgestoßen, womit sich die Deportations-These ohnehin erledigt hat. Auf Gegenbeweise (für assyrische Expeditionen in das Turanische Tiefland) bin ich gespannt. Nur nebenbei bemerkt: Die Seleukiden waren Makedonen und keine Griechen.
sollte man sich vor Augen führen, daß weder die antiken Griechen noch die Römer gewillt waren genaue Angaben innerhalb ihrer historischen Niederschriften zu machen. Nur als Beispiel betrachteten die Hellenen z.B. ihre durchaus kulturell ebenbürtigen Nachbarn die Phrygier als Barbaren. So auch z.B. die Römer die ebenbürtige Kultur von z.B. Karthago so bezeichneten und darstellten.
Es ist kein Geheimnis, dass die griechischen und römischen Historiographen eine ethnozentrische Haltung an den Tag legten. Daraus aber abzuleiten, sie wären nicht „gewillt“ gewesen, „genaue Angaben innerhalb ihrer historischen Niederschriften zu machen“, ist eine unzulässige Pauschalierung, die ganz an der Sache vorbeigeht bzw. das aus der Sache herauspresst, was man gerade herauspressen will. „Akademischen Kenntnissen“ der geschichtswissenschaftlichen Arbeitsmethoden sprich diese Vorgehensweise Hohn.
Es ist daher davon auszugehen, daß weder die Griechen noch die Römer gewillt waren nach damaligen unterschiedlichen Völkern zu unterscheiden sondern praktisch alles was östlich war, pauschal als "Perser" bezeichneten.
Ein Blick auf die griechische und römische Historiographie widerlegt diese Behauptung. Herodot etwa zählt unzählige „Ethnien“ auf, die angeblich im Heer des Xerxes vertreten waren.
Mein Hinweis galt insbesondere dem auseinanderklaffen zwischen westlicher Bezeichnung und dahingehender Mythenbildung auf der einen Seite und auf der anderen Seite, dem zu rekonstruierenden Selbstempfinden der östlichen Völker selbst.
Fragt sich, ob die „Mythenbildung“ nicht eher in der Rekonstruktion – oder Konstruktion? – eines antiken „kurdischen Selbstempfinden
Jedoch ist diese umfangreiche Literatur dennoch beseelt von einem Mythos und nicht dem Selbstempfinden der östlichen Völker.
Das Selbstempfinden der östlichen Völker in der Gegenwart lässt sich möglicherweise erheben. Jenes der östlichen Völker im Altertum dagegen ist uns nur durch historische Quellen zugänglich. Da die Quellen nun aber kein „kurdisches Selbstempfinden“ in der Antike bezeugen und trotzdem versucht wird, ein solches zu (re)konstruieren, liegt der Verdacht nahe, dass hier eine neue Mythenbildung im Dienste der gegenwärtigen Selbstempfindung des kurdischen Volkes eingesetzt hat, beseelt vom Mythos der Nation.
Kurz und Knapp: haben die popultations-genetischen Untersuchungen letzlich ergeben, daß es keine nennenswerten Völkerwanderungen (wie in besagten Mythen vermutet) gab. Die Menschen in Anatolien und Normesopotamien sind genetisch praktisch immer gleich geblieben. Fügt man die Einsichten dieser genetischen Studien zusammen mit den ethnischen Bevölkerungsverhältnissen ergibt sich, daß ca. 30-40 Millionen Menschen (Trotz brutalster Assimilationspolitik) immer noch Kurden geblieben sind und sich auch so bezeichnen. Sich auch im unter britisch, westlichen Mandat gegründeten Nationalstaat "Iran", genetisch gesehen im Westlichen Teil Kurden befinden, die sich auch so bezeichnen.
Wenn jemand einen althergebrachten Mythos tradiert, dann diejenigen, die in der Manier des 19. Jahrhunderts glauben, die Ethnizität habe etwas mit genetischer Verwandtschaft zu tun. Die Geschichtswissenschaft ist seit Jahrzehnten dabei, sich von dieser veralteten Vorstellung zu lösen. Kurz gesagt: Ob die Menschen Nordmesopotamiens sich genetisch stark, wenig oder gar nicht geändert haben, spielt für die Frage nach der Historizität antiker Kurden keine Rolle. Es kommt nicht auf die Gene an, sondern darauf, ob es in der betreffenden Gegend im Altertum eine Gruppe von Menschen gab, die sich selbst als Kurden empfanden und, falls ja, ob eine Kontinuität dieses Selbstverständnisses und dieser Selbstbezeichnung von ca. 3000 v.Chr. bis heute gab. Lässt sich das nicht zeigen, und so ist es nach der Quellenlage natürlich, ist es reines Wunschdenken, auf der Annahme eines antiken „Kurdentums“ zu beharren.
aber einige Menschen im Nationalstaat "Iran", die scheibar diesen Mythos verinnerlicht haben...jedoch spricht das Selbstempfinden von ca. 30-40 Millionen Kurden dafür, daß diese "Fremdbezeichnung" der Sumerer usw. offensichtlich sehr gut angenommen wurde.
Auch hier regiert die Willkür: Das Selbstempfinden „einiger Menschen im Nationalstaat Iran“ wird abwertend einem Mythos gleichgesetzt, das Selbstempfinden einiger Menschen im erträumten Nationalstaat Kurdistan – ihre Selbstidentifikation mit einigen nur in der Antike bezeugten Ethnien – für ein geschichtswissenschaftlich relevantes Argument gehalten.
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