Herkunft der Kurden

Ich nehme an, du beziehst dich bei den vermeintlichen Idolen auf Catal Höyük? Von den dort gefundenen Figurinen sind gerade mal 5 % als weiblich zu klassifizieren, andere als männlich, ungeschlechtlich oder nicht identifizierbar. Wir haben hier das Problem der schriftlosen Kultur, wir wissen schlicht nicht, was diese Figurinen (ich beziehe mich jetzt nicht unbedingt auf Catal Höyük sondern auf die Figurinen mit deutlich ausgeprägten weiblichen Geschlechtsmerkmalen) darstellten. Wenn wir die Venus von Willendorf als Venus titulieren, dann haben wir schon ein Urteil gefällt, welches wir mangels Material überhaupt nicht fällen können. (Forderung von Popper: Eine Hypothese muss falsifizierbar sein, damit es eine wissenschaftliche Hypothese ist!) Seriös ist es von anthropomorph oder zoomorph also 'menschen-' oder 'tierförmig' zu sprechen, denn das lässt den Interpretationsspielraum offen und engt ihn nicht ein.
Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel: Man begehe eine Herrentoilette in einer Autobahnrasttätte, Schule oder Universität, einer Disco oder dort, wo junge Männer zusammenkommen. Garantiert werden irgendwo mit Filzstift explizite Zeichnungen angebracht sein, Penis und Hoden oder eine nackte Frau, deren sexuelle Attribute (Brüste und Scham) sehr herausgestellt sind, die aber kaum individuelle Züge trägt. Niemand würde auf die Idee kommen, in den Toiletten auf einen Fruchtbarkeitskult gestoßen zu sein. Warum aber spricht man mittels einer zwanghaften religiösen Interpretation der Figurinen steinzeitlichen Pubertierenden und Postpubertierenden ab, dieselben Interessen wie moderne Discobesucher zu haben?
Fakt ist, die Interpretationen von Figurinen sind dem Wunschdenken geschuldet. Wir wissen so gut wie nichts über die religiösen Vorstellungen des Neolithikums. Was speziell bei Catal Höyük noch hinzu kommt ist, dass die Figurinen vielfach im Hausmüll gefunden worden, was tendenziell gegen eine kultische Deutung spricht.
 
Durch die Entwicklung von Pflanzenbau und Tierzucht kam der Idee der Fruchtbarkeit in der Vorstellung des Menschen eine noch größere Bedeutung zu. Analog zum Säen-Reifen-Ernten wurde die Abfolge Geburt-Leben-Tod in der Glaubenswelt bedeutend.
Die Religionen der Jungsteinzeit, des nomadischen oder frühbäuerlichen Neolithikums orientierten sich an den jahreszeitlichen Rhythmen der Natur. Die Menschen waren auf eine Fokussierung auf die Erde als Ernährerin fokussiert, begannen von kultivierten Pflanzen zu leben und erfuhren dabei den Himmel als die Ordnung gebende Kraft. Die lebensweltlichen Erfahrungen aus dem Umgang mit der Erde und ihren Vegetationszyklen ließen religiöse Vorstellungen entstehen, die einem ganz anderen Muster folgten, als die modernen monotheistischen. Sie waren auf eine von schöpferischen Kräften durchwirkte Natur voller Geistwesen und Magie bezogen und stellten noch nicht den Menschen in den Mittelpunkt. Die schriftlosen, mythischen Religionen kannten keinen allmächtigen Schöpfergott und kein endzeitliches Gericht, das den Einzelnen zur Rechenschaft zog.
Das wesentliche Wort hier ist "schriftlos". Ohne in Schriftform festgehaltene Selbstaussagen der damaligen Menschen über ihre religiösen Vorstellungen wissen wir praktisch gar nichts darüber. Auf die fragwürdigen Interpretationen bildlicher/figürlicher Darstellungen hat El Quijote schon hingewiesen. Aber selbst wenn die populären Deutungen stimmen würden, würde das noch nichts darüber aussagen, ob ein Schöpfer verehrt wurde oder nicht. Und falls es eine "Fruchtbarkeitsgöttin" gegeben hat: Wie willst Du dann ausschließen, dass sie nicht vielleicht als einzige Göttin verehrt wurde? Vollkommen fantastisch wird es, wenn man genaue Vorstellungen darüber zu haben meint, wie man sich das Jenseits bzw. die Endzeit vorstellte.

Eine andere bis vor kurzem sehr verbreitete These besagt, dass weltweit in mindestens drei Regionen (Mittlerer Osten, Chine und Amerika) unabhängig voneinander die Landwirtschaft sich entwickelt. Zumindest für Amerika ist diese These noch stark vertreten.
Zumindest für Amerika ist diese These die einzig sinnvolle, sofern man nicht annehmen will, dass Bewohner Mesopotamiens oder Ägyptens auf Schilfbooten nach Amerika schipperten, um den dortigen Menschen die Landwirtschaft beizubringen.
 
Niemand würde auf die Idee kommen, in den Toiletten auf einen Fruchtbarkeitskult gestoßen zu sein.

Je nach dem, wie genau Du das haben willst, ist diese Aussage nicht korrekt. Ich würde (im entsprechenden Kontext, den ich einfach mal behaupte) die Aussage durchaus untersützen. Warum? In erster Linie weil's für prähistorische Kulturen auch ständig angenommen wird... (Zirkelschluss ftw!)

Es ist zumindest eine (sub-) kulturelle Manifestation menschlicher Sexualität. Inwieweit Sexualität Fruchtbarkeit impliziert wäre zu diskutieren, und ob man das zum Kult machen will bleibt jedem selber überlassen; manche betreiben es zumindest hartnäckig.

Von einer solchen Toilette: "Klowände streichen ist wie Bücher verbrennen!"
:p
 
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