Hethiter - Aufstieg und Fall

Aus einer anderen Diskussion:

Es ist bis heute ungeklärt bzw. umstritten, aus welcher Richtung die Proto-Griechen auf die südliche Balkanhalbinsel gelangten. Sie können von Osten entlang des Schwarzen Meers gekommen sein oder auch von Norden.

Der Zeitpunkt der Einwanderung wird in der Literatur meist mit 2200/2000 v. Chr. angegeben, wobei ein ausgedehnter Brandhorizont und entsprechende Funde diese Annahme stützen. Das fügt sich gut in die Expansion anderer indoeuropäisch sprechender Stämme wie z.B. Hethiter oder Indoiraner.

Was genau fügt sich da wohin?

Einen Zeithorizont um 2.200 v. Chr. kann man für die Einwanderung der Griechen als gängige Lehrmeinung bezeichnen (wenngleich es auch ernstzunehmende alternative Vorschläge gibt, z. B. Coleman, der für ca. 3.200 v. Chr. plädiert), für die Expansion der Hethiter ist er ganz und gar verfehlt.
Die Expansion der Hethiter, d. h. die Entstehung eines hethitischen Großreichs, beginnt im 17. Jahrhundert v. Chr., damit kann man die Einwanderung der Griechen weder zeitlich noch ursächlich in irgendeinen Zusammenhang bringen.
 
Einen Zeithorizont um 2.200 v. Chr. kann man für die Einwanderung der Griechen als gängige Lehrmeinung bezeichnen (wenngleich es auch ernstzunehmende alternative Vorschläge gibt, z. B. Coleman, der für ca. 3.200 v. Chr. plädiert), für die Expansion der Hethiter ist er ganz und gar verfehlt.

Ganz und gar nicht. Von einer Einwanderung der Hethiter nach Kleinasien wird vielfach in der Zeit zwischen 2500 und 2o00 ausgegangen.

Als Zeitpunkt der Einwanderung wird die zweite Hälfte des dritten Jahrtausends v. Chr. angenommen. Archäologisch ist weder eine gewaltsame Invasion noch eine Völkerverschiebung im großen Stil nachzuweisen. Vielleicht wanderten indogermanische Gruppen nach und nach in Anatolien ein und vermischten sich teilweise mit der einheimischen hattischen Bevölkerung. Etwa gleichzeitig kamen vielleicht auch andere indogermanische Einwanderer: Die Luwier ließen sich im Süden und Westen und die Palaier im Norden und Nordwesten Anatoliens nieder.

Geschichte der Hethiter ? Wikipedia

Das fügt sich in der Tat gut mit Bewegungen anderer indoeuropäisch sprechender Gruppen, wie den Proto-Griechen oder der Einwanderung der Indoarier nach Nordindien.
 
Ganz und gar nicht. Von einer Einwanderung der Hethiter nach Kleinasien wird vielfach in der Zeit zwischen 2500 und 2o00 ausgegangen.
Bitte, den unsinnigen Begriff "Einwanderung der Hethiter" sollten wir doch endlich begraben. "Die Hethiter sind gar nicht eingewandert" (Frank Starke). "Expansion der Hethiter" und "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Anatolien" sind, wie oft soll ich es denn noch sagen, zwei Paar Stiefel. Ebenso wie "Expansion Roms" und "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Italien".

Und was die "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Anatolien" betrifft, so können wir den Zeitraum 2.200 - 2.000 v. Chr. nach Meinung derjenigen Indogermanisten, die sich mit dem Thema intensiv befassen, vergessen. Auch über die Einwanderung verschiedener anatolischer Gruppen, ob "nach und nach" oder "etwa gleichzeitig", wie unser Wikipedia-Autörlein so schön vor sich hin fabuliert, wird dem Fachmann eher ein mildes Lächeln abnötigen.

Wenn Du die Zeitleiste auf 2.500 v. Chr. hinaufschraubst, kommen wir immerhin in den Bereich des Möglichen. Den Terminus quo ante "spätestens um das Jahr 2300 v. Chr." bezeichnet Norbert Oettinger als Tatsache. Über einen Terminus post quem ist damit freilich nichts gesagt. Hier kann mangels eindeutiger archäologischer Belege nur spekuliert werden. Als Beispiel für einen neueren Forschungsansatz möchte ich die Theorie H. Craig Melcherts, eines ganz herausragenden Fachmanns, anführen (Buchtip: The Luwians, Leiden Boston 2003 - Handbook of Oriental Studies I). Demnach wäre es denkbar, die frühesten Indogermanen mit den Trägern der Demircihüyük-Kultur (2. Hälfte 4. Jahrtausend / 1. Hälfte 3. Jahrtausend v. Chr.) zu identifizieren, was eine Einwanderung vom Balkan via Bosporus nach Nordwestanatolien nahelegen würde.



Das fügt sich in der Tat gut mit Bewegungen anderer indoeuropäisch sprechender Gruppen, wie den Proto-Griechen oder der Einwanderung der Indoarier nach Nordindien.
Wie bei letzteren der Stand der Forschung ist, weiß ich nicht; die von Dir anscheinend hochgeschätzte Wikipedia gibt hierfür 1.500 v. Chr. an, was zeitlich zwar zur "Expansion der Hethiter", in keinem Fall jedoch zur "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Anatolien" passen würde.
 
Bitte, den unsinnigen Begriff "Einwanderung der Hethiter" sollten wir doch endlich begraben. "Die Hethiter sind gar nicht eingewandert" (Frank Starke). "Expansion der Hethiter" und "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Anatolien" sind, wie oft soll ich es denn noch sagen, zwei Paar Stiefel. Ebenso wie "Expansion Roms" und "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Italien".

Es ist absurd, von der Einwanderung "indogermanischer Sprachträger" zu sprechen. Es gibt eine hethitische Sprache, die zur indoeuropäischen Sprachfamilie zählt und deren Träger waren Hethiter und nicht "indogermanische Sprachträger". =)

Dass es sich um Proto-Hethiter handelt, die erst in ihren anatolischen Sitzen zu einem "Volk" (im antiken Sinn) wurden, versteht sich von selbst.

Und was die "Einwanderung indogermanischer Sprachträger nach Anatolien" betrifft, so können wir den Zeitraum 2.200 - 2.000 v. Chr. nach Meinung derjenigen Indogermanisten, die sich mit dem Thema intensiv befassen, vergessen.

Ob wir das "vergessen" können sei dahingestellt. Die Hethiter wanderten vermutlich in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausend in ihre anatolischen Sitze ein, was weit verbreitete Meinung ist. Dass exaktere Aussagen umstritten sind, ist eine andere Tatsache.

Auch über die Einwanderung verschiedener anatolischer Gruppen, ob "nach und nach" oder "etwa gleichzeitig", wie unser Wikipedia-Autörlein so schön vor sich hin fabuliert, wird dem Fachmann eher ein mildes Lächeln abnötigen.

Und als diesen Fachmann bezeichnest du dich!

Verwandte indoeuropäische Gruppen wie Luwier und Palaier - die eine dem Hethitischen verwandte Sprache sprechen - sind nicht geflogen, sondern vermutlich mit den Hethitern ins Land gekommen. Woher auch sonst?

Dass alle Fragen, die mit der Einwanderung der Hethiter zu tun haben, mangels ausreichender archäologischer Funde spekulativ sind, versteht sich von selbst.
 
Es ist absurd, von der Einwanderung "indogermanischer Sprachträger" zu sprechen.
Allerdings nur dann, wenn man der felsenfesten Überzeugung ist, indogermanische Sprachträger seien nie eingewandert.

Auch an dieser Stelle kann ich Dir nur empfehlen, Dich mit den Fachleuten in Verbindung zu setzen, um ihnen mitzuteilen, die von ihnen verwendeten Begriffe seien "absurd".

Der von mir zitierte Norbert Oettinger hat vor einigen Jahren einen Artikel verfaßt mit dem Titel "Indogermanische Sprachträger lebten schon im 3. Jahrtausend v. Chr. in Kleinasien". Schreib ihm doch einfach, es sei absurd, daß diese Leute eingewandert seien.

Es ist allerdings absurd, im 3. Jahrtausend v. Chr. von "Hethitern" zu sprechen. Die gab es damals nämlich noch nicht, ebensowenig wie die "Römer" im 2. Jahrtausend v. Chr.

Ob wir das "vergessen" können sei dahingestellt. Die Hethiter wanderten vermutlich in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausend in ihre anatolischen Sitze ein, was weit verbreitete Meinung ist.
Wie weit eine Meinung unter Laien verbreitet ist, sagt nichts über ihren Wahrheitsgehalt aus.

Und als diesen Fachmann bezeichnest du dich!
Unsinn. Die Namen einiger Fachleute kannst Du meinem Beitrag entnehmen.

Verwandte indoeuropäische Gruppen wie Luwier und Palaier - die eine dem Hethitischen verwandte Sprache sprechen - sind nicht geflogen, sondern vermutlich mit den Hethitern ins Land gekommen. Woher auch sonst?
Nochmal: Diese Sprachen haben sich nach übereinstimmender Ansicht der zitierten Fachleute in Kleinasien erst herausgebildet.

Dass alle Fragen, die mit der Einwanderung der Hethiter zu tun haben, mangels ausreichender archäologischer Funde spekulativ sind, versteht sich von selbst.
Nicht "alle Fragen". Es gibt sehr wohl sprachwissenschaftliche Befunde, auch diese sagen etwas aus. Man muß sie nur zur Kenntnis nehmen.
 
Der von mir zitierte Norbert Oettinger hat vor einigen Jahren einen Artikel verfaßt mit dem Titel "Indogermanische Sprachträger lebten schon im 3. Jahrtausend v. Chr. in Kleinasien". Schreib ihm doch einfach, es sei absurd, daß diese Leute eingewandert seien.

Ich frage mich warum Dieter sich an Herrn N. Oettinger wenden soll, wenn ein Adept hier begeistert von dessen Thesen berichtet.
Die Herkunft der Hethiter ist ein Problem, und vielleicht hat die von dir angeführte Autor eine elegante Lösung gefunden, aber ich muß trotzdem Dieter zustimmen, daß es nichts desto weniger Spekulation bleiben dürfte.
 
Ich frage mich warum Dieter sich an Herrn N. Oettinger wenden soll, wenn ein Adept hier begeistert von dessen Thesen berichtet.
Die Herkunft der Hethiter ist ein Problem, und vielleicht hat die von dir angeführte Autor eine elegante Lösung gefunden, ...

Jetzt enttäuschst Du mich aber, von Dir hätte ich doch etwas mehr Leseverständnis erwartet.

Weder bin ich ein Adept des Herrn Oettinger noch hat Herr Oettinger eine besonders bemerkenswerte Lösung für die Herkunft der Hethiter gefunden. Herr Oettinger referiert hier nur den anerkannten Stand der Wissenschaft, ich erlaube mir dasselbe zu tun.

Darf ich an dieser Stelle noch einmal zu Protokoll geben, daß die Herkunft der Hethiter ebensowenig ein Problem darstellt wie die Herkunft der Römer? Die Römer kamen aus Rom, einer Stadt in Latium, Mittelitalien, und die Hethiter kamen aus der Gegend von Neša, Zentralanatolien, von wo aus sie Hattuša eroberten, das sie zu ihrer Hauptstadt machten.

Ein Problem stellen vielmehr die Herkunft und die Ausbreitungswege der frühen Indogermanen dar, seien es diejenigen indogermanischen Sprachträger, die nach Italien einwanderten (das waren nicht die Römer!) und dort dann die italische Gruppe bildeten, seien es diejenigen, die nach Kleinasien eingewandert sind (das waren nicht die Hethiter!) und dort die anatolische Gruppe der indogermanischen Sprachfamilie bildeten.


Ich frage mich warum Dieter sich an Herrn N. Oettinger wenden soll
Mein Tip an Dieter, sich an die jeweiligen Fachwissenschaftler zu wenden, kommt immer dann, wenn Dieter glaubt, den Inhalt meiner Beiträge desavouieren zu können, indem er sich über die von der Fachwissenschaft verwendete Terminologie lustig macht. Die stammt ja nun mal nicht von mir.

Wissenschaftlicher Buchtitel schrieb:
Die neuen Linear-B-Texte aus Theben: ihr Aufschlusswert für die mykenische Sprache und Kultur; Akten des internationalen Forschungskolloquiums an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 5. - 6. Dezember 2002
Die Sprachwissenschaft kennt keine "mykenische Sprache"
Artikel eines Sprachwissenschaftlers schrieb:
Indogermanische Sprachträger lebten schon im 3. Jahrtausend v. Chr. in Kleinasien...
Es ist absurd, von der Einwanderung "indogermanischer Sprachträger" zu sprechen. Es gibt eine hethitische Sprache, die zur indoeuropäischen Sprachfamilie zählt und deren Träger waren Hethiter und nicht "indogermanische Sprachträger". =)
 
die erst in ihren anatolischen Sitzen zu einem "Volk" (im antiken Sinn) wurden, versteht sich von selbst.

Ich möchte nachfragen, was genau Du mit einem "Volk im antiken Sinn" meinst. Vor allem, wie man sich das Selbstverständnis eines "Volkes" vorstellen soll, das für sich selber eigentlich gar keine Volksbezeichnung kannte.
 
Allerdings nur dann, wenn man der felsenfesten Überzeugung ist, indogermanische Sprachträger seien nie eingewandert.

Von einer solchen Einwanderung der Hethiter ist allerdings die ganz überwiegende Mehrheit der Geschichtsforschung überzeugt. Da allgemein ein indoeuropäisches Kern- und Ausgangsgebiet im Raum zwischen Osteuropa und Südrussland vermutet wird (um einmal den begriff "Urheimat" zu vermeiden), ist eine Einwanderung der Hethiter aus diesem Raum wahrscheinlich. Diskutiert wird, ob diese Proto-Hethiter von Osten oder von Westen nach Anatolien eingewandert sind.

Lediglich Colin Renfrew hat eine anatolische Urheimat der Indioeuropäer postuliert und die Neolithisierung Europas mit der Expansion der Indoeuropäer verbunden, was aber nicht auf Anerkennung gestoßen ist, da es starke chronologische und gesellschaftstypische Probleme gibt. Das gilt auch für die neuseeländischen Forscher R. Gray und Q. Atkinson.

Die Sprache der Hethiter zählt zur anatolischen Untergruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie. Von den Hattiern, die eine vermutlich vor-indoeuropäische Altanatolische Sprache sprachen, übernahmen sie die Bezeichnung Hatti für das Land. Ihre Sprache nannten die Hethiter dagegen Nesili (Nesisch), nach der Stadt Kanisch/Nescha.

Wie alle Völker blieben auch die Hethiter nicht unvermischt, sondern verschmolzen im Lauf ihrer rund 800 Jahre währenden Herrschaft vor allem mit den Hattiern: ein altanatolisches autochthones Volk, das den Hethitern wesentliche kulturelle und religiöse Impulse vermittelte. Insofern erfolgte die Ethnogenese der Hethiter selbstverständlich in Anatolien, wie auch die Ethnogenese der Italiker erst in Italien und die der Proto-Griechen in Griechenland.

Das alles nach komplizierten Assimilations- und Überschichtungsvorgängen mit der autochthonen Bevölkerung, was selbstverständlich auch die Sprache betraf.

Es ist allerdings absurd, im 3. Jahrtausend v. Chr. von "Hethitern" zu sprechen. Die gab es damals nämlich noch nicht, ebensowenig wie die "Römer" im 2. Jahrtausend v. Chr.

Natürlich ist das ebenso absurd, wie auch kein Mensch von der Einwanderung "indoeuropäischer Sprachträger" nach Griechenland spricht. Wir wissen beide, dass es sich natürlich um indoeuropäische "Proto"-Stämme handelt.

Dein "römisches Beispiel" musst du nicht erneut vorkramen. Ich habe dir dazu schon weiter oben gesagt, dass kein vernünftiger Mensch derartigen Unsinn von einer Einwanderung der Römer nach Italien behaupten wird.

Wie weit eine Meinung unter Laien verbreitet ist, sagt nichts über ihren Wahrheitsgehalt aus.

Dir ist klar, dass die Einwanderungshypothese unter Fachwissenschaftlern überaus verbreitet ist, selbst beim von dir zitierte Norbert Oettinger:

Den Terminus quo ante "spätestens um das Jahr 2300 v. Chr." bezeichnet Norbert Oettinger als Tatsache.
Bei der Gelegenheit noch ein kleiner Beitrag/Link:

Die Hethiter sind nicht vom Himmel gefallen, und sie sind auch nicht im Rahmen einer großen Völkerwanderung gekommen. Vielmehr haben Gruppen von Einwanderern, erkennbar an ihrer indoeuropäischen Sprache, im späten 3. und frühen 2. Jahrtausend v. Chr. in den alteingesessenen hattischen Fürstentümern Zentralanatoliens nach und nach Schlüsselpositionen besetzt und so allmählich die Macht im Land an sich gebracht.

Demzufolge ist der Staat, den wir hethitisch nennen, das Ergebnis einer Synthese von lokalem Kulturbestand und auswärtigen Einflüssen, eine Folge der Entwicklungen, die Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. in Anatolien vor sich gingen.

http://www.kah-bonn.de/ausstellungen/hethiter/hethiter.pdf

Mir ist unklar, worauf du überhaupt hinaus willst?
 
Zuletzt bearbeitet:
Da die unzähligen Indoeuropäer oder wie sie auch immer bezeichnet werden ständig auf Wanderschaft sein sollen, müßten sie aber irgendwo ein Gebiet haben, was als ihre Heimat bezeichnet werden kann. Die Hethiter sollten nicht wirklich nach Anatolien eingewandert sein, sondern dort autochthon sein. Die indoeuropäische Sprache sollte nicht dagegen sprechen, da deren Herkunft doch im Bereich Anatolien/Mesopotamien/Iran angenommen wird.
 
@Brahme: Die indoeuropäische Sprache sollte nicht dagegen sprechen, da deren Herkunft doch im Bereich Anatolien/Mesopotamien/Iran angenommen wird.
Die Anatolienhypothese betr. Herkunft der Indoeuropäer von Colin Renfrew wird von der Mehrheit der Fachwelt IMHO aus gutem Grund abgelehnt. Das hat @Dieter aber auch schon hervorgehoben, hast du überhaupt seinen vorherigen Beitrag gelesen?
 
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Von einer solchen Einwanderung der Hethiter ist allerdings die ganz überwiegende Mehrheit der Geschichtsforschung überzeugt.
Weder die Hethiter noch die Proto-Hethiter sind eingewandert, sondern allenfalls die Sprecher des Proto-Anatolischen. So sieht die communis opinio aus.

Insofern erfolgte die Ethnogenese der Hethiter selbstverständlich in Anatolien, wie auch die Ethnogenese der Italiker erst in Italien und die der Proto-Griechen in Griechenland.
Bitte nicht die Begriffsebenen durcheinanderbringen: "Italiker", "Proto-Griechen" und "Hethiter" sind keine vergleichbaren Einheiten. Da werden Äpfel mit Kartoffelsäcken verglichen.

Versuch einer Begriffsklärung:

"Italisch", "Griechisch" und "Anatolisch" sind Sammelbegriffe. Damit werden indogermanische Sprachzweige bezeichnet, die jeweils aus einer Reihe von Einzelsprachen bestehen.

- Unter "Italisch" werden historisch belegte Einzelsprachen wie Faliskisch, Oskisch, Umbrisch, Latein usw. zusammengefaßt.

- "Griechisch" ist wiederum der Sammelbegriff für Minoisch, Dorisch, Ionisch usw.

- "Anatolisch" faßt Sprachen wie Palaisch, Lydisch, Karisch, Pisidisch, Sidetisch, Lykisch, Milyisch usw. zusammen. "Hethitisch" ist nur eine dieser Einzelsprachen, jedoch kein Sammelbegriff. Den richtigen Ansatz hast Du ja selber schon korrekt benannt:

Die Sprache der Hethiter zählt zur anatolischen Untergruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie.
Dann sprechen wir doch bitte von der anatolischen Untergruppe, wenn wir die anatolische Untergruppe meinen, und von Hethitern, wenn wir die Hethiter meinen.

Meint man nicht die Summe der historisch belegten Einzelsprachen, sondern die hypothetisch zu postulierende Ausgangssprache, auf die alle jeweiligen Einzelsprachen., kann man die Silbe "Proto-" oder "Ur-" davorsetzen. Also "Ur-Anatolisch" oder "Proto-Anatolisch".

Alle anderen Begriffe, die von Einzelsprachen ausgehen, sind hier fehl am Platz. "Ur-Luwisch" oder "Proto-Luwisch" ist ja mitnichten dasselbe wie "Proto-Anatolisch", denn vom Urluwischen stammen zwar wohl eine Reihe von Einzelsprachen wie etwa Lykisch oder Karisch ab, nicht jedoch z. B. Lydisch oder Palaisch. Von der direkten Vorgängersprache des Hethitischen stammt nach heutigem Wissen keine weitere belegte Sprache ab, daher ist es Unfug, den Begriff "Proto-Hethitisch" zu verwenden, wenn die Vorgängersprachen anderer Sprachen gemeint sind.

Ich hoffe, auch dies ist soweit verständlich.

Da allgemein ein indoeuropäisches Kern- und Ausgangsgebiet im Raum zwischen Osteuropa und Südrussland vermutet wird (um einmal den begriff "Urheimat" zu vermeiden), ist eine Einwanderung der Hethiter aus diesem Raum wahrscheinlich. Diskutiert wird, ob diese Proto-Hethiter von Osten oder von Westen nach Anatolien eingewandert sind.
Weder "Hethiter" noch "Proto-Hethiter" sind Kandidaten für irgendeine Wanderung aus einer indogermanischen Urheimat. Ebensowenig wie (um mal die Römer hier nicht zu strapazieren) die Proto-Alemannen... Ich weiß zwar, was Du meinst, das sollte aber kein Grund sein, immer wieder absichtlich falsche Begriffe zu verwenden.

Lediglich Colin Renfrew hat eine anatolische Urheimat der Indioeuropäer postuliert
Das ist in dieser Formulierung zumindest mißverständlich, wenn nicht gar falsch. Unabhängig von Renfrew und mit ganz anderen Argumenten haben Gamkrelidze und Ivanov eine ost-anatolische Urheimat der Indio... äh Indoeuropäer postuliert. Freilich bringen Gamkrelidze und Ivanov die Expansion der Indoeuropäer nicht in eine zeitliche und ursächliche Verbindung mit der Neolithisierung Europas, sondern setzen sie deutlich später an.

und die Neolithisierung Europas mit der Expansion der Indoeuropäer verbunden, was aber nicht auf Anerkennung gestoßen ist, da es starke chronologische und gesellschaftstypische Probleme gibt.
Es sind insbesondere chronologische Probleme, da gibt es harte Fakten, die nicht mit Renfrews Theorie harmonieren. Bei den "gesellschaftstypischen Problemen" handelt es sich hingegen nicht um harte Fakten. Um es mal zugespitzt auszudrücken: Die "gesellschaftstypischen Probleme" existieren vor allem in den Köpfen von Leuten, die sich bestimmte Phantasiebilder "alteuropäischer" oder "indoeuropäischer" Gesellschaften gemalt haben und diese so liebgewonnen haben, daß sie Probleme bekommen, wenn sie mit einer anderen Sichtweise konfrontiert werden.

Das gilt auch für die neuseeländischen Forscher R. Gray und Q. Atkinson.
Über Gray und Atkinson brauchen wir nun wirklich nicht zu diskutieren, auf welchem Fachgebiet betreiben die bitteschön ihre Forschungen?

Wie alle Völker blieben auch die Hethiter nicht unvermischt, sondern verschmolzen im Lauf ihrer rund 800 Jahre währenden Herrschaft vor allem mit den Hattiern:
Die Herrschaft der Hethiter währte keine 800 Jahre, sondern 400 Jahre; allenfalls 500 Jahre, wenn wir bis Anitta zurückrechnen. Während dieser Zeit ist in sprachlicher Sicht vor allem ein luwischer Einfluß auf das Hethitische festzustellen. Der hattische Einfluß ist, wie neuere Forschungen ergeben haben (siehe vor allem H. Craig Melchert), sehr beschränkt. Vieles, was früher als hattisches Lehngut vermutet wurde, hat sich als eindeutig luwisch erwiesen.

Natürlich ist das ebenso absurd, wie auch kein Mensch von der Einwanderung "indoeuropäischer Sprachträger" nach Griechenland spricht. Wir wissen beide, dass es sich natürlich um indoeuropäische "Proto"-Stämme handelt.
Was daran soll bitte "absurd" sein? Natürlich waren diese indoeuropäische Stämme Träger indoeuropäischer Sprachen. Ist Dir eigentlich bewußt, daß wahrscheinlich nicht nur "Proto-Griechen" nach Griechenland gelangt sind, sondern auch Sprecher anderer - nicht mehr existenter - indoeuropäischer Sprachen, die jedoch deutliche Spuren im Griechischen hinterlassen haben?

im späten 3. und frühen 2. Jahrtausend v. Chr. in den alteingesessenen hattischen Fürstentümern Zentralanatoliens nach und nach Schlüsselpositionen besetzt und so allmählich die Macht im Land an sich gebracht.
Was Du hier zitierst, bezieht sich nicht direkt auf die Einwanderung. Um noch einmal die alte Analogie zu bemühen: Der Zeitpunkt, an dem die Römer begannen, sich gegenüber den bisherigen etruskischen Herren in eine Schlüsselposition zu bringen, ist nicht identisch mit der Einwanderung der Römer Proto-Römer Proto-Italiker auf die Halbinsel.


Dein "römisches Beispiel" musst du nicht erneut vorkramen. Ich habe dir dazu schon weiter oben gesagt, dass kein vernünftiger Mensch derartigen Unsinn von einer Einwanderung der Römer nach Italien behaupten wird.
Solange Du nicht müde wirst, denselben Unsinn bezüglich der "Einwanderung der Hethiter" wider besseres Wissen in jedem Deiner Beiträge unterzubringen, bin ich so frei und krame geduldig dieses Beispiel immer wieder vor.

Dir ist klar, dass die Einwanderungshypothese unter Fachwissenschaftlern überaus verbreitet ist, selbst beim von dir zitierte Norbert Oettinger:
Selbstverständlich, habe ich gegen jemals Gegenteiliges angedeutet? Die Einwanderung als solche steht nicht zur Debatte, wir sollten aber korrekt benennen, wer da nach verbreiteter Mutmaßung eingewandert ist:
Indogermanische Sprachträger? Korrekt.
Proto-Anatolier? Auch Korrekt, jedoch präziser.
Hethiter? Quatsch.
 
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@Jemand:
Indogermanische Sprachträger? Korrekt.
Proto-Anatolier? Auch Korrekt, jedoch präziser.
Hethiter? Quatsch.
Dann sind wir uns doch einig und ich bin sicher, das kann auch @Dieter unterschreiben. Angesichts deiner umfassenden Antwort frage ich mich, wo hier eigentlich ein Reibungspunkt bestand. Die Theorie von Gamkrelidze und Ivanov ist schon etwas älter und wirkt für mich etwas an den Haaren herbeigezogen (Man beachte den georgischen Namen des Erstautors). Erinnert mich an manche "Urvolk-Diskussionen" die wir hier schon hatten, vorgetragen von, wie es so schön heisst, Mitbürgern mit Migrationshintergrund (und mit "Wissenshintergrund" aus dubiosen Internetseiten).
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Theorie von Gamkrelidze und Ivanov ist schon etwas älter und wirkt für mich etwas an den Haaren herbeigezogen (Man beachte den georgischen Namen des Erstautors). Erinnert mich an manche "Urvolk-Diskussionen" die wir hier schon hatten, vorgetragen von, wie es so schön heisst, Mitbürgern mit Migrationshintergrund (und mit "Wissenshintergrund" aus dubiosen Internetseiten).

Die Theorie ist meines bescheidenen Dafürhaltens genauso gut und genauso schlecht wie jede von andere Wissenschaftlern vertretene und mit sprachlichen Argumenten vorgetragene Urheimat-Theorie. Gamkrelidze ist ein renommierter Sprachwissenschaftler und nicht irgendein Spinner mit "Wissenshintergrund" aus dubiosen Internetseiten. Wer sich damit auseinandersetzen will, sollte die Argumente auseinandernehmen. Für wenig seriös halte ich es, sich stattdessen auf die Herkunft des Autors einzuschießen. (Ivanov ist m. W. Russe, so what?) Was genau an Gamkrelidzes und Ivanovs Argumenten findest Du denn an den Haaren herbeigezogen? (Falls Du hierzu eine kompetente Antwort parat hast, sollten wir dazu ein neues Thema eröffnen, hier ist es doch völlig off-topic.)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Auch wenn ich damit reichlich spät komme:
Jetzt enttäuschst Du mich aber, von Dir hätte ich doch etwas mehr Leseverständnis erwartet.

Touché! Ich nehme das trotzdem als Kompliment und gestehe mein distant reading ein! Ich bin verblüfft. Mir war nicht ganz klar, worum es hier geht und ich gebe zu, es klärt sich erst langsam. Ich habe mir einfach mal die Mühe gemacht, diesen Thread noch einmal von Anfang zu lesen und muß feststellen, daß ihr, Du und Dieter, schon quer durch die Threads diskutiert hattet: http://www.geschichtsforum.de/404162-post37.html
http://www.geschichtsforum.de/404020-post44.html
http://www.geschichtsforum.de/404190-post38.html
& ff.
So überrascht es mich nicht mehr, daß ein Beitrag aus dem Mykene-Thread zitierender Weise wieder hier gelandet ist! Das habe ich anscheinend nicht verfolgt und erklärt meine Verwunderung darüber, daß ich eure Diskussion als mutwillig wahrgenommen habe.
@ Jemand: Für dein Beharren auf der terminologischen Trennung hast du meine Hochachtung und ich verstehe freilich deine Enttäuschung... . Ich habe inhaltlich leider nichts beizusteuern. Mich irritieren hier einige Daten, die dann auch in eine andere Diskussion beispielsweise über Indogermanen oder Träger indoeuropäischer Spravhen gehört, wie beispielsweise die Frage, ob sich Renfrews These wirklich überlebt hat oder sich nicht doch mit dem Ansatz von Gamkrelidze & Iwanow verbinden läßt http://www.geschichtsforum.de/219998-post91.html.
 
Dann sind wir uns doch einig und ich bin sicher, das kann auch @Dieter unterschreiben. Angesichts deiner umfassenden Antwort frage ich mich, wo hier eigentlich ein Reibungspunkt bestand.

Natürlich kann ich das "unterschreiben", zudem ich der endlosen Posts in diesem Thread müde bin.

Der "Reibungspunkt" bestand vor allem darin, dass ich die nach Anatolien einwandernden Indoeuropäer als Proto-Hethiter bezeichne, da aus ihnen immerhin die späteren Hethiter hervorgingen - wenn auch nach Verschmelzungs- und Assimilationsvorgängen mit der autochthonen Bevölkerung Anatoliens. Immerhin bewahrten die "Prä-Hethiter" ihre indoeuropäische Sprache und zahlreiche völlig un-anatolische kulturelle Eigenheiten.

Sir Jemand hingegen billigt das diesen Vor-Hethitern nicht zu und will sie lediglich anonym als "indoeuropäische Sprachträger" verstanden wissen.

Während also die eine Sichtweise den einwandernden Indoeuropäern bereits eine gewisse "hethitische Identität" zubilligt, lehnt das die andere Sichtweise nachdrücklich ab.
 
Der "Reibungspunkt" bestand vor allem darin, dass ich die nach Anatolien einwandernden Indoeuropäer als Proto-Hethiter bezeichne, da aus ihnen immerhin die späteren Hethiter hervorgingen
... und die Palaier, Lyder, Luwier usw. usw. Warum soll man die alten Germanen als "Proto-Dänen" oder "Proto-Bayern" bezeichnen? Die Dänen und die Bayern sind ja immerhin auch aus den alten Germanen hervorgegangen.

Sir Jemand hingegen billigt das diesen Vor-Hethitern nicht zu und will sie lediglich anonym als "indoeuropäische Sprachträger" verstanden wissen.
Lies bitte wenigstens meine Beiträge (auch die längeren) mal bis zum Ende, oben steht's doch:
Jemand schrieb:
Indogermanische Sprachträger? Korrekt.
Proto-Anatolier? Auch Korrekt, jedoch präziser.
Hethiter? Quatsch.

Während also die eine Sichtweise den einwandernden Indoeuropäern bereits eine gewisse "hethitische Identität" zubilligt,
... was ja Unsinn ist, die Germanen zur Völkerwanderungszeit hatten auch noch keine "preußische Identität"...
... lehnt das die andere Sichtweise nachdrücklich ab.
... und begründet das auch nachdrücklich.
 
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