Erfolgreichster Komponist des 17. bis 18.Jh.?

Brissotin

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Salut!

Ich war eben erstaunt zu lesen, dass es die Oper "La caravane du Caire" von Grétry aus dem Jahre 1783 auf über 500 Aufführungen an der Parise Oper bis zum Jahre 1829 gebracht haben soll. La caravane du Caire - Wikipedia, the free encyclopedia
Dabei nahm ich an, dass Rameaus "Les Indes Galantes" oder "Les Fêtes d'Hébé" die erfolgreichsten oder zumindest meistgespieltesten französischen Opern des 18.Jh. gewesen wären. "Les Fêtes d'Hébé" kam aber "nur" auf ca. 200 Aufführungen während des 18.Jh..:grübel:

Kennt sich dazu jemand aus?
 
Mir sind die folgenden Herren eingefallen:
<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
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Also in der Mitte des 17.Jahrhunderts war Francesco Cavalli der erfolgreichste Opernkomponist.
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http://de.wikipedia.org/wiki/Francesco_Cavalli
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Ebenfalls erfolgreich war Claudio Monteverdi:<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Claudio_Monteverdi#Bedeutung
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Das gleiche gilt für Antonio Cesti:<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Marc'_Antonio_Cesti
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Nicht zu vergessen ist Wolfgang Amadeus Mozart.<o:p></o:p>
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Hmm, mir war spontan John Gay und seine 'Beggar's Opera' eingefallen, aber wenn man Wikipedia Glauben schenken darf, dann lief sie 1728 nur 62 Mal, und erlangte ihre größte Popularität erst in den 1920ern, mit 1463 Aufführungen, nachdem die Musik neu arrangiert war. The Beggar's Opera - Wikipedia, the free encyclopedia

Also, eher doch nicht.

(Zugegebenermassen war ich damit mal wieder 'insel-zentrisch' :pfeif:)
 
Auch von Bedeutung sind:
<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
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Luigi Cherubini:<o:p></o:p>
<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Luigi_Cherubini
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Domenicio Cimarosa:<o:p></o:p>
<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Domenico_Cimarosa
<o:p></o:p>
<o:p></o:p>
Nicoló Piccini:<o:p></o:p>
<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Niccol%C3%B2_Piccinni
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<o:p></o:p>
Giovanni Pergolesi:<o:p></o:p>
<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_Battista_Pergolesi
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Christoph Willibald von Gluck:<o:p></o:p>
<o:p></o:p>
http://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Willibald_Gluck<o:p></o:p>
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Lully bitte nicht vergessen ;)


Besonders erfolgreiche Komponisten in Sachen Oper waren auch noch:


Johann Adolf Hasse

Nicolo Jommelli

aber das trifft wohl alles nicht ganz Brissotins Frage, es geht ja um die Häufigkeit von Aufführungen bestimmter Werke.

Und da gibt es nur ganz wenige Komponisten, bei denen das der Fall ist.

An erster Stelle Cavalli.
Seine Oper "Giasone" war die am häufigsten gespielte Oper des 17. Jahrhunderts (aber nach Praxis der Zeit, war jede Aufführung mit abgeänderter Partitur gemacht worden) Es gibt über 50 erhaltene Quellen für diese Oper und alle sind sie verschieden.

Dann Lully, dessen Werke wurden meist unverändert bis zum Ende des Ancien regime regelmäßig gespielt. Seine Opern dürften die am meisten gespieltesten der gesamten Epoche sein.
Allerdings wurden im Laufe des 18. jahrhunderts zusätzliche Nummern aus anderen Opern integriert, gewissermaßen als "Ritterschlag" für einen Komponisten, es gab kaum eine größere Auszeichnung, wenn ein Tanz, ein Air in eine Lully Oper aufgenommen wurde.

Außerdem gab es auch in Deutschland, den Niederlanden, Spanien und England zu Aufführungen der Opern Lullys (anscheinend auch Schweden und Russland) selbst in Amerika finden sich zeitgenössische Abschriften seiner Opern.

Rameau hat eben mit den beiden Ballettopern auch Dauerbrenner gelandet.



die Italienier hatten alle das gleiche los, sie waren zwar berühmt und ständig ausgebucht, aber viele Opern verschwanden nach ein paar Aufführungen für immer in der Versenkung.


Gretrys "Zemire et Azor" war übrigens noch erfolgreicher als die Caravane.
 
Zuletzt bearbeitet:
1.
Lully bitte nicht vergessen

2.
Besonders erfolgreiche Komponisten in Sachen Oper waren auch noch:


Johann Adolf Hasse

Nicolo Jommelli

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aber das trifft wohl alles nicht ganz Brissotins Frage, es geht ja um die Häufigkeit von Aufführungen bestimmter Werke.

Und da gibt es nur ganz wenige Komponisten, bei denen das der Fall ist.

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An erster Stelle Cavalli.
Seine Oper "Giasone" war die am häufigsten gespielte Oper des 17. Jahrhunderts (aber nach Praxis der Zeit, war jede Aufführung mit abgeänderter Partitur gemacht worden) Es gibt über 50 erhaltene Quellen für diese Oper und alle sind sie verschieden.

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Dann Lully, dessen Werke wurden meist unverändert bis zum Ende des Ancien regime regelmäßig gespielt. Seine Opern dürften die am meisten gespieltesten der gesamten Epoche sein.
Allerdings wurden im Laufe des 18. jahrhunderts zusätzliche Nummern aus anderen Opern integriert, gewissermaßen als "Ritterschlag" für einen Komponisten, es gab kaum eine größere Auszeichnung, wenn ein Tanz, ein Air in eine Lully Oper aufgenommen wurde.

Außerdem gab es auch in Deutschland, den Niederlanden, Spanien und England zu Aufführungen der Opern Lullys (anscheinend auch Schweden und Russland) selbst in Amerika finden sich zeitgenössische Abschriften seiner Opern.

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Rameau hat eben mit den beiden Ballettopern auch Dauerbrenner gelandet.


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die Italienier hatten alle das gleiche los, sie waren zwar berühmt und ständig ausgebucht, aber viele Opern verschwanden nach ein paar Aufführungen für immer in der Versenkung.

8.
Gretrys "Zemire et Azor" war übrigens noch erfolgreicher als die Caravane.
1.
Aber sicher doch.
Ich hatte ihn nur nicht gleich anfänglich genannt, da ich auf Dich gehofft hatte.

2.
Oh ja. Von Hasse liest man immer wieder was, der Herr war ja auch viel unterwegs Dresden - London - Venedig - Wien. Er scheint einer der Komponisten gewesen zu sein, der so wie ein moderner Superstar international herrum reiste. (Ist das mit Mozarts Berühmtheit als Wunderkind vergleichbar?) Seine Opern wurden allerdings auch mehrfach verrwendet und von anderen Komponisten erweitert, verändert usw.. Leider kann ich ihn musikalisch noch nicht einschätzen, weil ich noch nicht seine "Cleofide" gehört habe.
Trat er eigentlich als Sänger, der er ja genauso wie Graun war, auch mal mit seiner Frau Faustina Bordoni auf?

3.
Sagen wir es so, die Häufigkeit der Aufführung der Opern finde ich sehr interessant. Das bedeutet andererseits natürlich nicht, dass der Komponist besonders erfolgreich war. Mancher mag einfach einen Protegé an oberster Stelle für sich gewonnen haben, der dann durchboxte, dass die Opern eines bestimmten Komponisten ständig auf den Spielplänen standen. Ich glaube zumindest soetwas schon mal in Sachen Mannheim und Theater gelesen zu haben, wo auch weniger beliebte Stücke dennoch aufgeführt wurden, da sie eben bei der Leitung des Nationaltheaters beliebt waren... Andererseits kann auch mancher Komponist erfolgreich gewesen sein, aber dennoch war er gezwungen ständig neue Opern zu komponieren, welche dann die eigenen Werke vom Spielplan verdrängten.

Also die Einstufung von Erfolg kann ruhig auch facettenreich sein.

Man kann ja auch mal die Damen zählen, die bei Arien ihrer Helden in Ohnmacht fielen und daher Erfolg abrechnen...;)

4.
Cavalli kannte ich noch garnicht. Liegt aber auch daran, dass ich eben v.a. Komponisten des 18.Jh. höre. Kenntnis des 17.Jh. ist natürlich dringend notwendig. Dann merkt man erst wie Rameau z.B. Lully verwurschtete.

5.
Das ist mir auch schon aufgefallen. Erstaunlich ist es schon, dann gingen die selben Leute, die eben Gluck hörten in "Pirame et Thisbé" von Rebel/Francœur oder gar einem noch "älteren Stiefel" von Lully.

Dass die Franzosen auch nach dem Tod von Rameau, der ja manchmal als Schlussstrich unter das Kapitel der Musikgeschichte gezeichnet wird, eigentlich mit der französischen Oper weitermachten, finde ich sehr interessant. François Francœur bsw. lebte noch bis 1787 und war ein Verfechter der Ansichten des großen Rameau.

6.
Wenn ich mir vorstelle, was für diese Opern an Tricktechnik der Zeit und Aufwand an Tänzern usw. aufgeboten wurde, erscheint mir das auch nicht so verwunderlich. Man kann schier jede Oper von Rameau hernehmen, überall wird sehr auf Effekte gesetzt. "Les Boréades" sollte ja Fortschritte der Bühnentechnik ausnutzen, dafür war der Sturm in der Tragédie Lyrique besonders gut geeignet...
Du erwähnst selber ja einmal 360 Aufführungen von "Les Indes Galantes" im 18.Jh.. Wenn ich mir diese Oper anhöre, kann ich mir das aber auch leicht erklären. Ich wäre ja auch immer, wenn es geht, reingegangen.
:red::D

7.
Tja, die armen Italiener... Da erging es also Vivaldi nicht besser als seinen Kollegen?

8.
Sehr interessant.:)
 
Hmm, mir war spontan John Gay und seine 'Beggar's Opera' eingefallen, aber wenn man Wikipedia Glauben schenken darf, dann lief sie 1728 nur 62 Mal, und erlangte ihre größte Popularität erst in den 1920ern, mit 1463 Aufführungen, nachdem die Musik neu arrangiert war. The Beggar's Opera - Wikipedia, the free encyclopedia

Also, eher doch nicht.
62-mal in einem Jahr finde ich eigentlich schon sehr oft und es zeugt von einer enormen Beliebtheit. In den 1720ern und 1730ern gab es ja noch ziemliche Kongurrenz auf dem Markt...

Wie ist es mit Purcell und Arne? Die werden doch auch sehr oft gespielt worden sein.
 
Händel verzeichnete mit seinen Opern "Agrippina" und "Rinaldo" meines Wissens große Erfolge.
 
Soweit ich weiß war Purcell schon sehr erfolgreich, aber natürlich nur in England. Aber in erster Linie für seine Songs und Anthems, die ja auch den Löwenanteil seines Schaffens ausmachen.

Dido and Aenes war z.B. kaum beachtet worden, obwohl es sogar zu einer Aufführung in Paris gekommen war. Soweit ich weiß musste er wegen Finanzknappheit die Dido selbst singen (wie Charpentier war er ein Countertenor)

Die Masques waren da schon wichtiger, aber die erfolgreichste war "The Tempest" nur das da die Musik nicht von Purcell bzw. nicht nur von einem Komponisten beigesteuert wurde. Ein Großteil stammt von Matthew Locke, der Rest von Blow, Grabu, Humfrey und vielen vielen anderen. Hin und wieder verirrten sich auch Passagen von Purcell und Lully in das Stück.
Wie bei der italienischen Oper wurden da ständig neue Szenen eingebaut, so das es DEN Tempest nicht gibt.


Arne war sehr erfolgreich, aber eben auch nur in England, ähnlich auch Boyce und Johann Christian Bach.


Und man sollte auch an Alessandro Scarlatti denken, der mit seinen Opern große Erfolge feierte, seine Kantaten und geistliche Musik verbreite sich ja auch über ganz Europa.

Aber da kommt man schnell vom Hundertsten ins Tausendste.

dann muss man auch Caldara, Lotti, Steffani, Fux, Traetta, Cimarosa, Paisiello, Salieri und so viele andere nennen.


Erstaunlich ist, das es Komponisten gab die wirklich weltberühmt waren und Heute wirklich selbst Kennern kein Begriff mehr sind:
de Majo, Schuster, Naumann, Uttini etc.
 
Soweit ich weiß war Purcell schon sehr erfolgreich, aber natürlich nur in England. Aber in erster Linie für seine Songs und Anthems, die ja auch den Löwenanteil seines Schaffens ausmachen.

Dido and Aenes war z.B. kaum beachtet worden, obwohl es sogar zu einer Aufführung in Paris gekommen war. Soweit ich weiß musste er wegen Finanzknappheit die Dido selbst singen (wie Charpentier war er ein Countertenor)
Dann waren scheinbar einige Komponisten auch gute Sänger. Ich kannte das bis jetzt v.a., dass Komponisten gute bis ausgezeichnete Spieler von Tasteninstrumenten waren. Gut mal abgesehen von Streichervirtuosen wie Pisendel, der ja auch etwas komponierte.

Ich stelle mir das schwierig vor, zu komponieren und wohl auch zu leiten UND zu singen.

Aber Du hast Recht, man kommt leicht vom Hundertstel ins Tausendstel. Vielleicht sollte man den Erfolg wirklich nur an verkauften Schallplatten im 18.Jh. messen. ;)
 
Es gab recht viele Virtuosen (im heutigen Sinn) die auch als Komponisten tätig waren, wie z.B. Marin Marais, Arcangelo Corelli, Heinrich Ignaz Franz von Biber, Pietro Antonio Locatelli, Antonio Vivaldi um mal nur ein paar zu nennen.
Sie gehören ja auch zu den wichtigsten Komponisten des Barock.

Denn meist spielten diese Komponisten ja ihre eigenen Werke und das mit so einer unverwechselbaren Art, dass das Publikum nur noch staunte.
Da gab es dann noch Tricks mit modifizierten Instrumenten, speziellen Grifftechniken, Stimmungen etc.


Sänger gab es ebenfalls recht viele. Händel hat auch auf der Bühne gestanden, ebenso Lully.

Aber von der Bühne hat niemand das Orchester geleitet.
In Frankreich gab es den Taktschläger an der Oper, im übrige Europa wurde die Leitung vom Konzertmeister bzw. Cembalisten übernommen - da gab es keinen Dirigenten.
 
Kann man bei den Opern von Lully ganz grob sagen, wie oft sie z.B. in Paris im 18.Jh. zur Wiederaufführung gelangten? Am Besten wäre das aufgeschlüsselt nach Opern.

Wenn ich mir anschaue wie oft allein Rameau gespielt wurde, muss ja der Raum daneben doch eher in manchen Jahren überschaubar gewesen sein. :cool: :still: Gibt es heute noch Spielpläne der wichtigsten Häuser in Paris wie es das für Mannheim scheinbar noch gibt?
 
Erstaunlich ist, das es Komponisten gab die wirklich weltberühmt waren und Heute wirklich selbst Kennern kein Begriff mehr sind:
de Majo, Schuster, Naumann, Uttini etc.

Das findest du in der Musikgeschichte immer wieder, auch in späteren Zeiten.
Wr bringt z.B. heute noch Opern von Meyerbeer auf die Bühne, der im 19. Jh. nach Aufführungszahlen der erfolgreichste Opernkomponist war? In Vergessenheit geraten sind auch andere Komponisten, die zu ihrer Zeit höchst erfolgreich waren.

Es zeigt sich meist erst einige Jahrzehnte später, ob die Werke eines Komponisten wirklich dauerhaft ein fester Bestandteil der Konzertsäle oder Opernbühnen werden.
 
Es zeigt sich meist erst einige Jahrzehnte später, ob die Werke eines Komponisten wirklich dauerhaft ein fester Bestandteil der Konzertsäle oder Opernbühnen werden.
Wobei sicherlich die Protegés eine gewichtige Rolle spielen wie auch, was so rundum zeitgleich in der Musiklandschaft läuft. Händel schlug ja in England angeblich ein, wie sonst nichts, da man seine Art von Opern noch nicht kannte.

Ein Hasse musste sich hingegen auf einem umkämpften Markt behaupten. Zu seinem Glück genoss er aber auch das Wohlwollen August III. und hatte das Talent, als einer der führenden Komponisten italienischer Oper zu gelten. (Zumindest "Cleofide" wird noch aufegführt.)
Interessant wie sich dann der Siebenjährige Krieg auf das Kunstleben auswirkte. Die "Superstars", die August III. angeheuert hatte, konnten und wollten sich seine zwei Nachfolger Friedrich Christian und Kuradministrator Xaver nicht mehr leisten. Der große Hasse ging nach Wien in der Folge und der selbstbewusste Malerkönig Bellotto nach Warschau.
 
Der große Hasse ging nach Wien in der Folge und der selbstbewusste Malerkönig Bellotto nach Warschau.

... wobei Bellotto noch heute ein überaus geschätzter und bekannter Maler ist, während Johann Adolph Hasse in der Versenkung verschwand und nur noch musikhistorische Bedeutung hat.

Am Ende setzt sich meist - nicht immer - die bessere Qualität der Komposition und ihre Publikumswirksamkeit durch; besonders dann, wenn es zeitgenössische Komponisten gibt, deren Werk größere Virtuosität, Kraft und Erfindungsreichtum auszeichnet. Dann spielt man als Repräsentanten einer Epoche eben eher Mozart, Haydn oder Händel und kaum oder gar nicht Salieri, Hasse oder Graun.

Gegenwärtig wird das 150. Todesjahr von Louis Spohr begangen, was besonders in Braunschweig (Geburtsort) und Kassel (Wirkunggsort) gefeiert wird. Auch er mag ja musikhistorische Verdienste haben, aber wenn ich mir eine seiner Opern-Ausgrabungen anhöre - z.B. Zemire und Azor oder Jessonda -, dann muss ich sagen: so undramatisch und langweilig, dass sie zu Recht vergessen sind!
 
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... wobei Bellotto noch heute ein überaus geschätzter und bekannter Maler ist, während Johann Adolph Hasse in der Versenkung verschwand und nur noch musikhistorische Bedeutung hat.

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Am Ende setzt sich meist - nicht immer - die bessere Qualität der Komposition und ihre Publikumswirksamkeit durch; besonders dann, wenn es zeitgenössische Komponisten gibt, deren Werk größere Virtuosität, Kraft und Erfindungsreichtum auszeichnet. Dann spielt man als Repräsentanten einer Epoche eben eher Mozart, Haydn oder Händel und kaum oder gar nicht Salieri, Hasse oder Graun.
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Meines Wissens genießt Bellotto wie auch Canal seit den 1970ern ein gewisses Comeback in der Hinsicht, dass er wieder als MALER gewürdigt wird. Laut Fritz Löffler bezog sich die Wertschätzung für Bellotto früher hauptsächlich auf der präzisen Wiedergabe der Stadtarchitektur und dem Quellenwert. Das heißt aber nicht, dass seine Dresdenansichten und gerade die von ihm gewählten Bildausschnitte nicht noch im 19.Jh. anregend auf weitere Landschaftsmaler wirkten. Die große Begeisterung kam dann aber ab den 1970ern, in welchen man sich davon löste, Bellotto als typischen Barockmaler zu verunglimpfen. Dabei weiß ich nicht, in wie weit die frühere Fehleinschätzung über Bellotto damit zusammengehangen haben mag, dass Bellotto in der Gunst des sächsischen Hofes sank und an seine Stelle Klassizisten wie Mengs traten. Jedenfalls gibt es seit den 1980ern eine nicht abbrechende Menge von Publikationen zu dem großen italienischen Vedutenmaler und gerade der internationale Austausch zwischen den Museen mit großen Bellottosammlungen führte zu einer gänzlichen Revidierung des früher tradierten Urteils über den Künstler. Gerade die Warschauer Bilder weisen ihn nämlich keineswegs als rückständig und in der repräsentativen Barockmalerei des frühen 18.Jh. verhaftet aus, sondern im Gegenteil als einen Künstler, welche viele modernere Tendenzen der Landschaftsmalerei vorwegnahm. (Dennoch gefallen mir gerade die italienischen Bilder und die Wiener.:rotwerd:)

2.
Ein Ende ist ja nicht absehbar. Wir haben ja seit etwa 30 Jahren ein Comeback von Rameau, begonnen mit ein paar großen, "normalen" Orchestern, welche anfingen Rameau wieder zu spielen (Frankreich musste da natürlich eine besondere Rolle zukommen.), dann weitergehend mit "Les Arts Florissants" und anderen Ensembles wie "Les Musiciens du Louvre" und namenhaften Dirigenten, die weltweit Rameau wieder auf die Bühnen bringen. Das Aufkommen von HIP-Aufnahmen und die Fortentwicklung der Befürworter einer werkegetreuen Aufführung von Alter Musik spielen dabei eine wichtige Rolle.

Im Prinzip kam das natürlich auch Komponisten wie Händel zu gute, die zwar weiterhin auch im 20.Jh. gespielt wurden, aber eher mehr schlecht als recht und dann auch eher nur die instrumentalen Werke. René Jacobs, vielleicht einer der bedeutensten heutigen Dirigenten dieser Richtung oder überhaupt, betonte, dass die historische Aufführungspraxis Händel sehr zu Gute käme. Die Opern mit modernen Orchestern und moderner Spielweise etc. hatten lange Jahre die Musik Händels, aber auch anderer Komponisten völlig entstellt und "unhörbar" gemacht. Die Unzulänglichkeiten der Aufführungen vor der Wiederentdeckung der historischen Aufführungsformen hatten sogar das Bild von der Musik selbst für Kenner verschleiert.

Bei Nähe besehen ist die historische Aufführungspraxis aber auch eine Gefahr für die Werke eines Händel. Denn um so weiter geforscht wird, desto mehr irgendwo schlummernde Meisterwerke werden ausgegraben und durch eine hervorragende Aufführung kann es leicht kommen, dass sie einen Händel mit seinen Recyclingopern (Leonhard nannte in einem Interview mal Händel "leiernd" und "billig".) locker in ihren Schatten stellen. Ich denke zum Beispiel, dass Rameau der Anfang ist. Mittlerweile wurde auch schon ausgezeichnet Rebel/Francœur wieder eingespielt, Grétry ist auch wieder im kommen, auch wenn sich sicherlich Lully und vor allem Rameau am besten wieder auf den Bühnen etabliert haben.

Peter Van Heyghen hatte schon in einem Interview des SWR2 im April 2009, in welchem man ihn auf die triumphale "Radamisto"-Aufführung ansprach und darauf hinaus wollte, dass die historische Aufführungspraxis wohl an seinem Endpunkt angelangt sei, das vollständig verneint. Man stünde da noch vielmehr am Anfang von dem, was machbar sei. Der ausgesprochene Erfolg der Aufführung dürfte ihm wohl zumindest Recht geben, dass er und Sigrid T´Hooft durchaus den Nerv des Publikums getroffen haben und noch viel von ihnen zu hören, aber auch zu sehen sein wird.
 
Gegenwärtig wird das 150. Todesjahr von Louis Spohr begangen, was besonders in Braunschweig (Geburtsort) und Kassel (Wirkunggsort) gefeiert wird. Auch er mag ja musikhistorische Verdienste haben, aber wenn ich mir eine seiner Opern-Ausgrabungen anhöre - z.B. Zemire und Azor oder Jessonda -, dann muss ich sagen: so undramatisch und langweilig, dass sie zu Recht vergessen sind!
Sei beruhigt, das sehen noch mehr Musikliebhaber so.
Und das Langweilige betrifft nicht nur die Opernwerke, sondern im Grunde das gesamte Schaffen Spohrs.

Spohr mag ein großer Virtuose gewesen sein und ein großer Musikorganisator, mehr aber auch nicht.
Eine klitzekleine Ausnahme mag das Oratorium "die letzten Dinge" sein (man kann aber beruhigt sterben, ohne es je gehört zu haben)

Was das "feiern" in Kassel angeht, so ist das, wie üblich in dieser Stadt, eher halbherzig.
Die wenigen Perlen in Spohrs Musik sucht man vergebens, stattdessen wird seine einschläfernde Kammermusik zum besten gegeben.
(Das Budget ist entsprechend klein, das Interesse noch kleiner)
Mit diesem Rezept wird natürlich kaum größeres Interesse an seiner Musik geweckt, das riecht für mein Empfinden sehr nach Pflichtübung - man hat ja was gemacht. :fs:

Man hätte ja eventuell auch die nicht ganz uninteressanten Symphonien aufführen können....
 
Ja, nur "wirbt" man scheinbar lieber mit großen Opern oder Oratorien, als "kleinen" Symphonien, auch wenn sie schöner sind ... :winke:
 
äh klein ?!

im 19. Jahrhundert hatte man sie Beethovens Werken gleichgestellt.
Die haben also eine ähnliche Länge wie jene großen Vorbilder.
Aber auch da würde ich den Werken von Ries oder Fesca jederzeit den Vorzug geben.

Wie gesagt, in Kassel werden weder die Symphonien noch die großen Vokalwerke aufgeführ, sondern eben seine Kammermusik, diese ganzen Nonette, Oktette etc. die teils für eine recht absdruse Besetzung geschrieben wurden und einfach selbst für biedermeierliche Verhältnisse absolut langweilig sind (und wohl auch kaum als Hauptwerke Spohrs gelten dürften)


Ich habe sonst ja eine Schwäche für Komponisten abseits des Mainstreams, aber bei Spohr dachte ich mir zum ersten mal - diese Musik gehört zurecht vergessen - Mancheiner meinte noch, das seine Messen ganz gut seien - nun ja, für mich ist der Komponist abgestempelt (ebenso wie R. Strauss :pfeif: )

aber ich glaube langsam wirds O.T.
 
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