Wiener Kongress - Gewinner und Verlierer

Lest doch mal die Bundesakte.
wo ist da eine "volle" Souveränität?

Da wurde im Prinzip der vorherige Zustand wiederhergestellt.
Ohne Kaiser.

Natürlich war das so und der Deutsche Bund nur eine äußerst lockere Föderation, in der vor allem die Groß- und Mittelmächte auf niemand mehr Rücksicht nehmen mussten - was vordem zumindest formal der Kaiser des HRR einfordern konnte, auch wenn der de facto nur noch schattenhafte Rechte hatte.

Man muss sich eher wundern, dass das ganze Gebilde Deutscher Bund nicht auseinanderfiel und wirklich souveräne Staaten ohne jeden deutschen Verbund entstanden.
 
Man muss sich eher wundern, dass das ganze Gebilde Deutscher Bund nicht auseinanderfiel und wirklich souveräne Staaten ohne jeden deutschen Verbund entstanden.
Vielleicht hätten da die Mittelmächte vorneweg doch zu sehr Bammel gehabt, dass Preußen mal Sachsen oder sonstwas noch rascher schlucken würde.
Wir wissen ja nicht wie es gewesen wäre, wenn der preußische König oder der österreichische (P-)Kaiser agressivere Haltungen gegenüber den deutschen Klein- und Mittelstaaten angenommen hätten. Franz I. (II.) und Friedrich Wilhelm III. waren aber nicht so geartet.:winke:
 
..., musste Louis XVIII ja auch stets einigen Protest vom radikal royalistischen Flügel fürchten und wenn der sich gegen den König stellte, wäre es wohl noch schwerer gewesen zu regieren. Louis XVIII an der Spitze der Überreste der Königsmörder? Erscheint Dir doch auch etwas unglaublich oder nicht?;)

Zwischen diesen beiden Extremen hætte es sicher aber auch einen Mittelweg gegeben. Den ist er aber eher nicht gegangen.
Das dieser Mittelweg schwierig zu gehen war, und der arme Ludwig aufgrund seiner Persønlichkeit vielleicht gar nicht in der Lage war, sei unbestritten.

Gruss, muheijo
 
Zwischen diesen beiden Extremen hætte es sicher aber auch einen Mittelweg gegeben. Den ist er aber eher nicht gegangen.
Das dieser Mittelweg schwierig zu gehen war, und der arme Ludwig aufgrund seiner Persønlichkeit vielleicht gar nicht in der Lage war, sei unbestritten.
Ich glaube, zumindest am Anfang, ist er den Mittelweg gegangen, bekam aber mit der Rückkehr von Napi Druck, dass er dann doch eher auf die Royalisten hörte. Ich finde diese Kurskorrektur ab 1815 jedenfalls einleuchtend. Die Hundert Tage mussten dazu führen, dass Louis "royalisiert" wurde. Wenn man so will brach ja damit eine Stütze der Herrschaft weg, indem hohe Militärs den König verrieten. Gerade Leute wie Ney haben sicherlich für eine Brücke vom Frankreich der Restauration zum Frankreich der Revolution geschlagen.

Louis XVIII galt ja vor der Revolution als verhältnismäßig progressiv. Die Emigration hatte ihn in das royalistische Lager gezwungen. Dass er eben den Royalisten die Rückkehr u.a. verdankte, bzw. denen, die immer zu ihm gehalten hatten, Dank schuldig war, ist ja klar. Dennoch konnte er so ganz seine vorrevolutionäre Haltung nicht ablegen. Manchmal war er freilich auch vor der Revolution widersprüchlich. Das Dumme nur ist oder war vielmehr, dass die Alternative Charles X hieß und mehr brauche ich wohl nicht sagen. Der war wenigstens dann in seiner Persönlichkeit schön eindeutig.:D
 
Vielleicht hätten da die Mittelmächte vorneweg doch zu sehr Bammel gehabt, dass Preußen mal Sachsen oder sonstwas noch rascher schlucken würde.

Man macht sich das heute nicht mehr klar, aber eine Auflösung des Deutschen Bundes hätte durchaus im Bereich des Möglichen gelegen.

Dann hätte es in der Mitte Europas eine Vielzahl von Kleinstaaten gegeben, die möglicherweise alle ebenso die Zeiten überdauert hätten, wie Dänemark, die Schweiz oder später Belgien, Serbien, Montenegro usw.

Wäre dann der Begriff "Deutschland" nur noch eine historische Fußnote gewesen? :grübel:
 
1..
2.
Freier, aber eben auch ungeschützter würde ich sagen. Zwei Seiten einer Medaille sind das für mich.

Da würde ich ebenfalls widersprechen.
Der Schutz durch den Bund für die Klein- und kleinen Mittelstaaten war meines Erachtens sehr wohl gegeben.

OT:
Die "Trias" die Du oben angesprochen hast, der Versuch neben den beiden Österreich und Preußen im Bund als Dritte Kraft zu agieren ist eine recht interessante Option, die König Wilhelm von Württ. sein ganzes Leben mehr oder weniger intensiv verfolgt hat. Ohne Erfolg.


TT:
Ich denke man verkennt heute unter dem Einfluss der borussophilen Geschichtsschreibung des späten 19. Jahrhunderts sowohl die Spätzeit des HRR als auch den Deutschen Bund. Ist doch eigentlich ein Modell für heute und die Zukunft.
(Naja, ist auch OT, muss aber einfach gesagt werden.)
 
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Man macht sich das heute nicht mehr klar, aber eine Auflösung des Deutschen Bundes hätte durchaus im Bereich des Möglichen gelegen.
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Dann hätte es in der Mitte Europas eine Vielzahl von Kleinstaaten gegeben, die möglicherweise alle ebenso die Zeiten überdauert hätten, wie Dänemark, die Schweiz oder später Belgien, Serbien, Montenegro usw.
3.
Wäre dann der Begriff "Deutschland" nur noch eine historische Fußnote gewesen?
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Kann schon sein.
2.
Da glaube ich nicht recht dran. Dänemark, die Schweiz etc. hatten andere Vorraussetzungen. Die Klein- und Mittelstaaten schrumpften/verschwanden ja bisweilen schon während des HRR und trotz aller toller Mechanismen. Und das hätte dann ohne den Deutschen Bund dauerhaft gestopt sein sollen?:grübel:

Italien ist ja auch entstanden nachdem immer wieder die Landkarte bereinigt und wieder zerstückelt wurde. Gut, Italien ist vielleicht wirklich nicht so das gute Beispiel.:rotwerd:

3.
Wohl eine retorische Frage.
 
TT:
Ich denke man verkennt heute unter dem Einfluss der borussophilen Geschichtsschreibung des späten 19. Jahrhunderts sowohl die Spätzeit des HRR als auch den Deutschen Bund. Ist doch eigentlich ein Modell für heute und die Zukunft.
(Naja, ist auch OT, muss aber einfach gesagt werden.)
Als Fan von Hartmann würde ich Dir Recht geben.:winke:

Das Problem eben ist, dass man Gewinne und Verluste im ehem. HRR bis auf die allzu eindeutigen Fälle, kaum benennen kann, wenn man nicht das HRR in seinen Funktionen und auch in seiner wirklich nützlichen Wirksamkeit mit in die Betrachtungen einbezieht.
 
Da würde ich ebenfalls widersprechen.
Der Schutz durch den Bund für die Klein- und kleinen Mittelstaaten war meines Erachtens sehr wohl gegeben.
Kann natürlich schon sein, dass man von 1866 aus leicht zurück projeziert. Nach der Entstehung des Bundes waren sicherlich die Verhältnisse andere, aber auch grundsätzlich eine Sensibilisierung hinsichtlich militärischer Abenteuer eher vorhanden.
 
Ich denke man verkennt heute unter dem Einfluss der borussophilen Geschichtsschreibung des späten 19. Jahrhunderts sowohl die Spätzeit des HRR als auch den Deutschen Bund. Ist doch eigentlich ein Modell für heute und die Zukunft.

Ich würde ein Deutschland bzw. Europa mit einer Unmenge von Zollgrenzen, Zaunkönigen und Potentaten sowie einer völlig illiberalen Politik gegenüber der Bevölkerung nicht gerade als "Modell" ansehen.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden, Repo?
 
Zuletzt bearbeitet:
Man macht sich das heute nicht mehr klar, aber eine Auflösung des Deutschen Bundes hätte durchaus im Bereich des Möglichen gelegen.

Dann hätte es in der Mitte Europas eine Vielzahl von Kleinstaaten gegeben, die möglicherweise alle ebenso die Zeiten überdauert hätten, wie Dänemark, die Schweiz oder später Belgien, Serbien, Montenegro usw.

Wäre dann der Begriff "Deutschland" nur noch eine historische Fußnote gewesen? :grübel:


Auch das würde ich nicht unterschreiben.
Speziell in Süddeutschland war die Franzosenangst riesengroß. Die "brauchten" einfach den "großen Schutzschirm".
 
Ich würde ein Deutschland bzw. Europa mit einer Unmenge von Zollgrenzen, Zaunkönigen und Potentaten sowie einer völlig illiberalen Politik gegenüber der Bevölkerung nicht gerade als "Modell" ansehen.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden, Repo?
Sicherlich. Es geht dabei wahrscheinlich eher um den lockeren Zusammenschluss und die Parallelen welche heute gern zwischen dem HRR und der EU gezogen werden. Also kann man mit viel Fantasie im HRR ein föderalistisches Vorbild eben für ein Europa der Regionen sehen(z.B. Region Franken, Schwaben usw.). Aber eine allzu positivistische Darstellung hält eben auch Hartmann für ein bisschen gefährlich. Man tendiert sozusagen in letzter Zeit eher zu einer positiveren Auffassung über das HRR, als Du sie scheinbar einnimmst, aber eben zu einer doch auch durchaus der Probleme des HRR bewussten.

Ob man nun dem Ganzen etwas Positives oder Negatives abgewinnt ist eben die Frage, wenn es letztlich auch um die Bewertung des Ausganges der Koalitionskriege für die Staaten in Dtl. geht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das würde ein Deutschland bzw. Europa mit einer Unmenge von Zollgrenzen, Zaunkönigen und Potentaten sowie einer völlig illiberalen Politik gegenüber der Bevölkerung nicht gerade als "Modell" ansehen.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden, Repo?


Nee, Du hast mich keineswegs falsch verstanden.
Das haben sie doch überwunden, aus eigener Kraft! Zollverein!
Haben sie nun doch so gar keinen Bismarck aus Preußischberlin dazu gebraucht:pfeif:
Es wird auch oft übersehen, dass Maut- und Zollgrenzen auch in England und Frankreich am Anfang des 19. Jahrhunderts ein sehr weit verbreitetes Übel waren.

Ein verhältnismäßig riesengroßes Schutzbündnis, Verteidigungs-, aber nicht Angriffsfähig.
Ist doch ein richtiges Super-Modell! Oder nicht?

Bei der Innenpolitik würde ich Dir mindestens zum Teil widersprechen, aber die lassen wir hier besser außen vor, sind jetzt schon mehr als genug Themen in dem Thread.
 
Sicherlich. Es geht dabei wahrscheinlich eher um den lockeren Zusammenschluss und die Parallelen welche heute gern zwischen dem HRR und der EU gezogen werden.

Ja, einen solchen Thread hatten wir bereits, in dem ich mich ausführlich zu diesem Problem geäußert habe:

http://www.geschichtsforum.de/f44/welche-staatsform-hatte-das-reich-24103/

Man tendiert sozusagen in letzter Zeit eher zu einer positiveren Auffassung über das HRR, als Du sie scheinbar einnimmst, aber eben zu einer doch auch durchaus der Probleme des HRR bewussten.

Ich kenne diese Diskussion, die im Verbund mit der im Jahr 2006 in Magdeburg und Berlin eröffneten Ausstellung Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation erneut geführt wurde - eine übrigens sehenswerte Ausstellung, wie ich fand!

Natürlich kann man dem HRR eine Reihe von Vorteilen abgewinnen und man muss sagen, dass es insbesondere für die breite Bevölkerung stellenweise vorteilhaft war, in einer deutschen Grafschaft oder einem Fürstbistum zu leben und nicht in einem zentralisierten, straffen Staat wie Frankreich.

Dennoch bin ich der Meinung, dass die Unterschiede zwischen dem föderalistischen Reich (eher noch eine Konföderation, obwohl auch das hinkt) und der EU so groß sind, dass sich ein wirklicher Vergleich verbietet. Es gibt zwar einige Gemeinsamkeiten, die allerdings so mit anderen Inhalten und entsprechenden Konsequenzen besetzt sind, dass ein historisch befriedigendes Ergebnis kaum erreichbar ist.
 
Nee, Du hast mich keineswegs falsch verstanden.
Das haben sie doch überwunden, aus eigener Kraft! Zollverein!
Haben sie nun doch so gar keinen Bismarck aus Preußischberlin dazu gebraucht:pfeif:

Ich hatte eigntlich eher das bis 1806 währende mittelalterliche Reich im Sinn, das noch keinen deutschen Zollverein kannte und über 300 reichsständische Länder und über 1000 reichsritterschaftliche Gebiete hatte.

Ein verhältnismäßig riesengroßes Schutzbündnis, Verteidigungs-, aber nicht Angriffsfähig.

... aber kaum verteidigungsfähig! :D
 
Ob man nun dem Ganzen etwas Positives oder Negatives abgewinnt ist eben die Frage, wenn es letztlich auch um die Bewertung des Ausganges der Koalitionskriege für die Staaten in Dtl. geht.


Moment.
Das HRR und auch der Deutsche Bund werden meist als Anachronismus dargestellt, der sich selbst überlebt hatte, einfach beerdigt werden musste.
Und das bestreite ich auf das entschiedenste!
 
Zuletzt bearbeitet:
Moment.
Das HRR und auch der Deutsche Bund werden meist als Anakronismus dargestellt, der sich selbst überlebt hatte, einfach beerdigt werden musste.
Und das bestreite ich auf das entschiedenste!

Natürlich war das Heilige Römische Reich ein Anachronismus, da es - im Unterschied zu nahezu allen anderen europäischen Staaten - den Status einer modernen Staatlichkeit noch nicht erreicht hatte.

Das HRR war in seinen Institutionen und herrschaftliche Abläufen vormodern, ganz im Gegensatz zu seinen landesherrlichen Fürstentümern, die in Verwaltung und Regierung sehr wohl auf voller Höhe der Zeit waren.
 
... aber kaum verteidigungsfähig! :D


Wieso denn?
Alle Kriege gewonnen.:D

die tollen Militärstaaten seither haben nur noch verloren.....
je toller Militär desto mehr die Fresse poliert bekommen.....


Aber im Ernst:
Als der Bund mobilisierte, hat Frankreich in Italien mit Ö. sofort Frieden geschlossen.
 
Natürlich war das Heilige Römische Reich ein Anachronismus, da es - im Unterschied zu nahezu allen anderen europäischen Staaten - den Status einer modernen Staatlichkeit noch nicht erreicht hatte.

Das HRR war in seinen Institutionen und herrschaftliche Abläufen vormodern, ganz im Gegensatz zu seinen landesherrlichen Fürstentümern, die in Verwaltung und Regierung sehr wohl auf voller Höhe der Zeit waren.


Woher denn auch.

Aber wir haben das wirklich schon ausführlich diskutiert.

Mir geht es hier wirklich hauptsächlich um den Deutschen Bund. Den haben wir noch kaum diskutiert.
 
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