Burgen und Burgleben im Mittelalter

hideyoshi schrieb:
Wie ich schon betonte, scheint der arme Ritter die Regel gewesen zu sein.
Und der wird sich irgendwann aus schierer Not auch verkauft haben.
Warum soll das anders als bei den Reisläufern gewesen sein ?

Zu vielen wichtigen Punkten diesbezüglich hat Herold bereits genug geschrieben, dem ich auch gar nichts hinzuzufügen habe.
Eines gebe ich Dir aber noch zu bedenken: Du darfst bei dieser Beurteilung auch nicht zu stark verallgemeinern, denn da gab es sowohl zeitlich als auch regional (und dazu auch noch von Fall zu Fall) schon erhebliche Unterschiede.
 
Hi Timotheus.

Ich rede hier eigentlich von der Tatsache, daß Ritter viel zu oft dem Aufgebot nicht folgen konnten.
Und zwar aus finanziellen Gründen.
Noch dazu war die Heeresfolge zeitlich begrenzt und dadurch rannten die Mannen sofort bei Ablauf auseinander. Heim alsoum nur ja kein Geld zu verlieren.
Das weist auf entsprechenden wirtschaftlichen Druck hin.
Schon die Strafen die angedroht wurden , sollte dem Heerbann ferngebleiben werden machen sich drakonisch aus.
Warum das Alles ? Warum nahmen Ritter in Kauf gestraft zu werden ? Warum wurden die fadenscheinigsten Ausreden für´s Fernbleiben gesucht ?
Feigheit kann´s wohl nicht sein.
Also wird es wohl am Wirtschaftlichen gelegen sein müssen.
Vergiss nicht, der managende Ritter war in seinem wirtschaftlichen Kleinraum so gut wie unabkömmlich, wenn man davon ausgeht, daß wir hier nicht über den höheren Adel reden.
Stell´ dir vor was mit der Familie bei Mannfall in dieser harten Zeit geschah .
Nicht nur, daß ein hoher Wert an Gütern mit dem Mann verloren ging. Der Kerl war nur äusserst schwer zu ersetzen. Ganz abgesehen von der Gier der Nachbarn oder Verwandten, die den gefallenen gesetzlichen Besitzer und Schützer allesamt, na sagen wir beerben wollten.
Wie mit missliebigen Erben umgegangen wurde kannst Du dir am Beispiel der Stauffer ablesen.

Sicher gibt es regionale und zeitliche Unterschiede und deswegen tendiere ich dazu das Thema einzugrenzen.
Allgemein kann man jedoch sagen, daß Ritter zumeist wenig begütert waren.

Die Verallgemeinerung ist im Übrigen zulässig, denn den Soldritter gab es spätestens seit dem HMA in so ziemlich JEDER Region.
Und diese Leute kamen eben aus dem armen Adel.

Es ist richtig, daß man im Zusammenhang mit Rittern eigentlich von Fall zu Fall urteilen müsste.
Das geht so weit, daß man beim Gespräch über Taktiken schlüssigerweise jede einzelne Schlacht zumindest aber den einzelnen Anführer besprechen muß. Das führt aber in der Regel zu weit. Deswegen ist es sicher nicht falsch und verallgemeinernd (im negativen) wenn man versucht einen mehrheitlichen Nenner zu finden.

Als Beweis, daß ein Ritter nicht gerade vermögend gewesen sein kann, führe ich die Strafen für das Fernbleiben von Heerbann an, die in der "Lex Ribuaria" ( andere Schreibweise Ripuaria) festgelegt sind.
Berechnet man den Wert der dort angeführten Strafe in Solidi, so erkennt man schnell, daß der Ersatz für´s Fernbleiben im Wert den gesamten Grossviehbestand eines nicht gerade armen Dorfes ausmachte.
Diese Strafen waren, den damaligen Quellen zufolge für niederen Adel nicht aufzubringen.

Aber wie gesagt, man muß erstmal festmachen über WEN man redet, über welche Zeit man redet und vor Allem von welcher Region.


Die Disku bleibt aber desewegen allemal noch interessant.

mfg
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Hideyoshi,

ich glaube, wir mißverstehen uns - abgesehen davon, daß dies jetzt mit den Burgen bzw. dem Leben auf der Burg nicht mehr unmittelbar zu tun hat.
Deshalb bitte ich im Voraus um Vergebung wegen :eek:fftopic:

hideyoshi schrieb:
Ich rede hier eigentlich von der Tatsache, daß Ritter viel zu oft dem Aufgebot nicht folgen konnten.
Und zwar aus finanziellen Gründen.

Das hatte hier auch niemand grundsätzlich bestritten, nur solltest Du mit dem Terminus "viel zu oft" behutsamer umgehen.
Zum einen greift dieses Phänomen v.a. ab dem 14. Jh. (ergo Spätmittelalter) verstärkt um sich, wenngleich es dies auch vorher natürlich gegeben hat (allerdings in geringerem Maße) ; ich gehe beim "Soldritter" auch noch einmal darauf ein.
Andererseits zeigen die Zahlen der Ritter, welche dem Heerbann folgten, daß es noch "oft genug" (um den unseligen Terminus beizubehalten) Ritter gab, die dem Aufgebot folgten.

Warum finanzielle Gründe ins Feld geführt wurden, hatte Herold bereits geschrieben und auf die Quellenkritik verwiesen. Ich erlaube mir, ihn hier wiederzugeben: die eigene Lage wurde als besonders mißlich dargestellt. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: dies geschah v.a. auch, um glaubhaft versichern zu können, daß man sich dem Heerbann nicht anschließen konnte. Ob und inwiefern dies der Wirklichkeit tatsächlich entsprach, bleibt spekulativ - für den einen mag's zugetroffen haben, der andere hatte vielleicht doch gerade "Besseres zu tun"...

hideyoshi schrieb:
Noch dazu war die Heeresfolge zeitlich begrenzt und dadurch rannten die Mannen sofort bei Ablauf auseinander. Heim alsoum nur ja kein Geld zu verlieren.
Das weist auf entsprechenden wirtschaftlichen Druck hin.

Auch diesbezüglich hatte mW niemand etwas anderes behauptet.
Sicher war das Ganze zeitlich begrenzt, und danach kehrten die Ritter schnellstmöglich nach Hause zurück. Und gewiß gab es wirtschaftliche Gründe dafür, aber zudem mindestens genauso politische Gründe - darauf weisen die Schicksale weltlicher Ritter hin, welche bspw. während der Kreuzzüge im Hl. Land weilten.
Wer sein Eigentum wegen der Kriegsfahrt zurücklassen mußte, lief natürlich Gefahr, daß dort entweder die Ordnung verloren ging oder aber ein übel gesinnter Nachbar einem selbiges wegnahm. Hierfür spielt es im Übrigen eine untergeordnete Rolle, ob der Ritter nun besonders vermögend war oder nicht - wenn ihm ein anderer in Abwesenheit seine Burg nahm, konnte er "reich" gewesen sein wie er wollte; das nützte ihm dann auch nichts mehr...

Anm.: "Eigentum" schließt hier logischerweise Burg/Haus und Land ein!

hideyoshi schrieb:
Schon die Strafen die angedroht wurden , sollte dem Heerbann ferngebleiben werden machen sich drakonisch aus.
Warum das Alles ? Warum nahmen Ritter in Kauf gestraft zu werden ? Warum wurden die fadenscheinigsten Ausreden für´s Fernbleiben gesucht ?
Feigheit kann´s wohl nicht sein.
Also wird es wohl am Wirtschaftlichen gelegen sein müssen.

Der Ritter war immerhin durch seinen Lehnseid gebunden und damit v.a. zur Heerfolge verpflichtet.
Es bestreitet wiederum niemand, daß dies nicht jedem Ritter immer gerade ins Konzept paßte, und ebensowenig, daß der Ritter bei Fernbleiben mit drakonischen Strafen rechnen mußte. Schließlich gehörte die Heerfolge zu seinem Beruf!
Warum ein Ritter jedoch fernbleiben wollte, dafür mag es wiederum verschiedene Gründe gegeben haben - sicherlich wirtschaftliche, aber auch politische (vgl. oben).

hideyoshi schrieb:
Vergiss nicht, der managende Ritter war in seinem wirtschaftlichen Kleinraum so gut wie unabkömmlich, wenn man davon ausgeht, daß wir hier nicht über den höheren Adel reden.
Stell´ dir vor was mit der Familie bei Mannfall in dieser harten Zeit geschah .
Nicht nur, daß ein hoher Wert an Gütern mit dem Mann verloren ging. Der Kerl war nur äusserst schwer zu ersetzen. Ganz abgesehen von der Gier der Nachbarn oder Verwandten, die den gefallenen gesetzlichen Besitzer und Schützer allesamt, na sagen wir beerben wollten.
Wie mit missliebigen Erben umgegangen wurde kannst Du dir am Beispiel der Stauffer ablesen.

Hier weist Du selbst darauf hin, daß die "Gier von Nachbarn oder Verwandten" ein ganz gewichtiger Faktor war; übrigens versicherten sich bspw. nicht wenige weltliche Ritter, wenn sie an den Kreuzzügen teilnahmen, dahingehend, daß feindlich gesinnte Nachbarn zuvor in einer Fehde besiegt oder unliebsame Verwandte gefangengenommen (und teilweise auch geblendet o.ä.) wurden.

hideyoshi schrieb:
Sicher gibt es regionale und zeitliche Unterschiede und deswegen tendiere ich dazu das Thema einzugrenzen.
Allgemein kann man jedoch sagen, daß Ritter zumeist wenig begütert waren.

Genau da liegt aber der Kernpunkt: die Ritterschaft war über mehrere Jahrhunderte und regional viel zu differenziert, um diesbezüglich allgemeingültige Aussagen zu treffen.
Außerdem stellt sich die Frage, was "wenig begütert" bedeutet und - wenn ja - inwiefern die nicht ausreichende Begüterung zwangsläufig auf "arme" Ritter schließen läßt.

hideyoshi schrieb:
Die Verallgemeinerung ist im Übrigen zulässig, denn den Soldritter gab es spätestens seit dem HMA in so ziemlich JEDER Region.
Und diese Leute kamen eben aus dem armen Adel.

Zum Hochmittelalter:
Meines Wissens begann v.a. Friedrich II. (reg. 1210/50), seine ritterlichen Vasallen für den Kriegsdienst zusätzlich zu entlohnen, weil diese durch die Heerfolge wirtschaftlich stark belastet wurden. Dies hat frühere Historiker dazu veranlaßt, entweder - fälschlicherweise - vorwiegend Söldner in Friedrichs Heerbann zuzuordnen oder von einer "Versöldnerung" des Lehnskriegertums zu sprechen.
Beides trifft aber nicht zu, denn es handelte sich zum einen tatsächlich um Ritter des engeren Lehensverbandes, und zum anderen ist die Voraussetzung falsch, daß in den Jahrhunderten zuvor Kriegsdienst ohne Entlohnung geleistet wurde (sie geschah lediglich in anderen Formen).
Dementsprechend macht Bezahlung aus einem Ritter nicht einfach einen "Soldritter" oder gar einen "Söldner"!
Erst mit der Agrarkrise im 14. Jh. waren Ritter immer stärker gezwungen, sich für den Kriegsdienst zusätzlich zu verdingen - womit der Soldritter "geboren" ist. Das ist dann aber bereits Spätmittelalter...

Anm.: Und "armer Adel" ist nicht gleich "niederer Adel".

hideyoshi schrieb:
Das führt aber in der Regel zu weit. Deswegen ist es sicher nicht falsch und verallgemeinernd (im negativen) wenn man versucht einen mehrheitlichen Nenner zu finden.

Ich gebe Dir recht, daß dies zu weit führt - und wie ich eingangs schrieb, auch weg vom ursprünglichen Thema.
Überdies kann ich Deinen "mehrheitlichen Nenner" akzeptieren, wenn Du vom Spätmittelalter (also beginnend ab etwa 1300) sprichst, wenngleich Du auch dort nicht übersehen darfst, daß nicht wenige Ritter sich bspw. in Städten niederließen, um dort in Verwaltungen u.ä. tätig zu werden.

hideyoshi schrieb:
Als Beweis, daß ein Ritter nicht gerade vermögend gewesen sein kann, führe ich die Strafen für das Fernbleiben von Heerbann an, die in der "Lex Ribuaria" ( andere Schreibweise Ripuaria) festgelegt sind.
Berechnet man den Wert der dort angeführten Strafe in Solidi, so erkennt man schnell, daß der Ersatz für´s Fernbleiben im Wert den gesamten Grossviehbestand eines nicht gerade armen Dorfes ausmachte.
Diese Strafen waren, den damaligen Quellen zufolge für niederen Adel nicht aufzubringen.

Das wiederum beweist lediglich, daß die Strafen so hart waren, daß sie keiner - egal wie "arm" oder "reich" - zahlen konnte bzw. zu zahlen bereit war.
Abgesehen davon gibt es nicht nur - ich überspitze - "bettelarm" und "steinreich", sondern meist ein sehr breites Spektrum zwischen diesen Extremen. Ich erlaube mir an dieser Stelle noch einmal, Herolds Worte zu wiederholen: es reichte vielleicht nicht unbedingt zu einer Gewinnerwirtschaftung oder gar zu Luxus, aber immerhin zur Finanzierung des eigenen (standesgemäßen) Lebensstils.

hideyoshi schrieb:
Aber wie gesagt, man muß erstmal festmachen über WEN man redet, über welche Zeit man redet und vor Allem von welcher Region.

Und das waren genau meine Worte zuletzt gewesen, denn allgemeine Aussagen sind äußerst schwierig.
 
Marie_LL schrieb:
Hier gibt es noch Wissenswertes zum Tragen von Unterwäsche im Mittelalter

Wie oft willst Du den Link noch setzen und wie oft sollen wir ihn noch löschen?

Hast Du keine PN bekommen?
 
burgbesatzungen

hallo, mich interessiert wieviel mann auf einer grafenburg im 14. jahrhundert ständig gelebt haben ! zu friedenszeiten und zu zeiten einer fehde!

war das regional unterschiedlich?
 
war das regional unterschiedlich?

Kurzantwort: Ja; das war unterschiedlich, und das sowohl regional bzw. sogar von Burg zu Burg.
Und diese Uneinheitlichkeit war während des europäischen Mittelalters auch nicht nur im 14. Jh. so.
Grundsätzlich läßt sich bestenfalls sagen, daß die Zahl von Handwerkern, Knechten, Mägden etc. größer war als die Zahl von Adligen bzw. Verwaltern sowie Bewaffneten - und das nicht nur in Friedenszeiten (Klar; wenn die Burg belagert wurde, mußten sich ggf. auch gewöhnliche Nichtkämpfer an der Verteidigung beteiligen...).

Hier noch einige Threads aus dem Forum, die dazu evt. auch interessant sein könnten:
http://www.geschichtsforum.de/f48/burgen-und-burgleben-im-mittelalter-4143/
http://www.geschichtsforum.de/f51/wer-arbeitete-auf-einer-burg-15578/
http://www.geschichtsforum.de/f51/wie-war-es-der-burg-19809/
http://www.geschichtsforum.de/f77/wenn-eine-grafschaft-mehrere-burgen-hat-10408/
 
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