"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Also aus dem Text heraus würde ich sagen, daß es Stertinius war.

Er war es, der die Brukterer schlug. Während des Mordens und Plünderns fand er (doch wohl Stertinius) den Adler der 19. Legion...

Fraglich ist der nächste Satz:

Dann führte er (wer? Stertinius oder Germanicus?) sein Heer weiter bis zur äußersten Grenze der Brukterer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Ems und Lippe (welches) nicht weit entfernt vom saltus teutoburgensis...

Oder anders:

Verwüstet wurde das Land zwischen Ems und Lippe, welches nicht weit entfernt vom saltus teutoburgensis lag.

Ich denke, dies bezieht sich recht eindeutig auf die Region zwischen Ems und Lippe.
 
Also aus dem Text heraus würde ich sagen, daß es Stertinius war.

Er war es, der die Brukterer schlug. Während des Mordens und Plünderns fand er (doch wohl Stertinius) den Adler der 19. Legion...

Fraglich ist der nächste Satz:

Dann führte er (wer? Stertinius oder Germanicus?) sein Heer weiter bis zur äußersten Grenze der Brukterer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Ems und Lippe (welches) nicht weit entfernt vom saltus teutoburgensis...

Oder anders:

Verwüstet wurde das Land zwischen Ems und Lippe, welches nicht weit entfernt vom saltus teutoburgensis lag.

Ich denke, dies bezieht sich recht eindeutig auf die Region zwischen Ems und Lippe.

Ergibt es denn Deiner Meinung nach einen Sinn, dass in Germanicus das Verlangen erwachte, das Schlachtfeld zu besuchen, weil sich Stertinius in der Nähe des Schlachtfeleds befand?
 
Ergibt es denn Deiner Meinung nach einen Sinn, dass in Germanicus das Verlangen erwachte, das Schlachtfeld zu besuchen, weil sich Stertinius in der Nähe des Schlachtfeleds befand?

Natürlich nicht. Aber das meinte ich auch nicht. Es geht doch wohl darum, daß das Varusschlachtfeld sich nicht weit entfernt von der Region zwischen Ems und Lippe befand.

Wir wissen nicht, wo Germanicus sich aufhielt (vieleicht irgendwo an der Ems). Insofern befand auch er sich im Gebiet zwischen Ems und Lippe (vieleicht an den Grenzen der Brukterer?) und damit unweit des Varusschlachtfeldes.

Aber da befinde ich mich wohl im Reich der Spekulation...:rotwerd:
 
Dann führte er (wer? Stertinius oder Germanicus?) sein Heer weiter bis zur äußersten Grenze der Brukterer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Ems und Lippe (welches) nicht weit entfernt vom saltus teutoburgensis...
Verwüstet wurde das Land zwischen Ems und Lippe, welches nicht weit entfernt vom saltus teutoburgensis lag.
Ich denke, dies bezieht sich recht eindeutig auf die Region zwischen Ems und Lippe.
Das sehe ich auch so. Wer auch immer gemeint ist, es wird aus obiger Textstelle deutlich, dass das Gebiet zwischen Ems und Lippe nicht weit des Teutoburger Waldes liegt.

Fest steht, dass Germanicus über die Ems kam und irgendwo anlandete. Wenn er das Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstete, so muss er sich auf die Lippe zubewegt haben. Und nun erwachte in ihm das Verlangen, die Varuslegionen zu bestatten.
Es deutet einiges darauf hin, dass er nun der Lippe näher war, als der Ems.
 
Das sehe ich auch so. Wer auch immer gemeint ist, es wird aus obiger Textstelle deutlich, dass das Gebiet zwischen Ems und Lippe nicht weit des Teutoburger Waldes liegt.

Fest steht, dass Germanicus über die Ems kam und irgendwo anlandete. Wenn er das Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstete, so muss er sich auf die Lippe zubewegt haben. Und nun erwachte in ihm das Verlangen, die Varuslegionen zu bestatten.
Es deutet einiges darauf hin, dass er nun der Lippe näher war, als der Ems.

Kann ja alles sein. Dennoch geht aus dem Text in keinster Weise hervor, wo sich Germanicus genau befand als der Teutoburger Wald nicht mehr weit entfernt lag. Und es geht aus dem Text nicht hervor, wie weit 'nicht weit' in diesem Fall gewesen ist.

Anhand der Tacitusstelle (und leider auch der anderen Quellen) ist es jedenfalls nicht möglich die meisten der 700 Theorien zu bestätigen oder abzulehnen.

Ich sehe jedenfalls keinen sonderlichen Sinn darin diese Stellen weiter hin und her zu wenden, um damit eine gewünschte Gegend als wahrscheinliche Varusschlacht-Örtlichkeit zu beweisen oder zu zeigen versuchen, dass Kalkriese als Ort garantiert nicht möglich gewesen sein kann - denn die Stellen geben das einfach nicht her!
 
Kann ja alles sein. Dennoch geht aus dem Text in keinster Weise hervor, wo sich Germanicus genau befand als der Teutoburger Wald nicht mehr weit entfernt lag. Und es geht aus dem Text nicht hervor, wie weit 'nicht weit' in diesem Fall gewesen ist.

Es geht auch nicht um die Frage, wo sich Germanicus zu betreffendem Zeitpunkt genau befand. Es geht um die Tatsache, dass er über die Ems kam, anlandete, und Richtung Lippe zog (und dabei das Land dazwischen verwüstete). Und nun, befand er sich „nicht weit“ des Teutoburger Waldes.

Nach diesen Angaben das Varusschlachtfeld zu finden, ist kaum möglich. Darum geht es auch gar nicht. Allerdings kann man aufgrund dieser Schilderung nahezu ausschließen, dass die Varusschlacht in Kalkriese, Halberstadt oder in den Niederlanden stattfand.
Es handelt sich um die einzige uns vorliegende geographische Angabe und sie spricht GEGEN die drei oben genannten Theorien.
 
Nach diesen Angaben das Varusschlachtfeld zu finden, ist kaum möglich. Darum geht es auch gar nicht.

Stimmt. Dir gehts einzig und allein darum Kalkriese als Varusschlachtfeld aufgrund dieser Angaben auszuschließen.

Allerdings kann man aufgrund dieser Schilderung nahezu ausschließen, dass die Varusschlacht in Kalkriese, Halberstadt oder in den Niederlanden stattfand.
Es handelt sich um die einzige uns vorliegende geographische Angabe und sie spricht GEGEN die drei oben genannten Theorien.

Das überrascht mich bei Dir jetzt überhaupt nicht!

Sie spricht nur dagegen, wenn du die Angaben zwanghaft so interpretierst, dass Kalkriese auf keinen Fall in Frage kommen kann.

Es steht Dir natürlich frei, dies so zu machen. Aber wir sollten trotzdem so ehrlich sein und uns eingestehen, dass es sich auch dabei nur um eine Interpretation handelt! Um eine Möglichkeit von mehreren. Keineswegs um die einzig mögliche. Und schon gar nicht um die einzig zwingende Interpretation.
 
Nach diesen Angaben das Varusschlachtfeld zu finden, ist kaum möglich. Darum geht es auch gar nicht. Allerdings kann man aufgrund dieser Schilderung nahezu ausschließen, dass die Varusschlacht in Kalkriese, Halberstadt oder in den Niederlanden stattfand.
Es handelt sich um die einzige uns vorliegende geographische Angabe und sie spricht GEGEN die drei oben genannten Theorien.

Gegen die Niederlande und Halberstadt bestimmt (diese Thesen, den Begriff Theorien würde ich hierfür nicht anwenden wollen, haben eigentlich überhaupt nichts, was für sie spräche). Bei Kalkriese sehe ich das anders. Von Lippstadt bis Kalkriese sind es ca. 90 km, das sind 18 Stunden Marschleistung. Von Bad Lippspringe sind es 96 km, Paderborn bis Kalkriese sind es 100 km, zwei Stunden Marschleistung mehr. Geben wir noch ein wenig dazu, wegen 40 kg Marschgepäck und mangelndem Wegeausbau, sind's halt statt 20 Stunden 25 Stunden Marschleistung und das vom weiter entfernten Fluss als weitest entferntem Startpunkt aus.
Von Warendorf (Ems) sind es 60 km bis Kalkriese, von Rheda 70 km und von Schloß Holte 75 km. 15 Stunden Marsch. Mittlere Marschleistung also: Gut 20 Stunden.
 
Gegen die Niederlande und Halberstadt bestimmt (diese Thesen, den Begriff Theorien würde ich hierfür nicht anwenden wollen, haben eigentlich überhaupt nichts, was für sie spräche). Bei Kalkriese sehe ich das anders. Von Lippstadt bis Kalkriese sind es ca. 90 km, das sind 18 Stunden Marschleistung. Von Bad Lippspringe sind es 96 km, Paderborn bis Kalkriese sind es 100 km, zwei Stunden Marschleistung mehr. Geben wir noch ein wenig dazu, wegen 40 kg Marschgepäck und mangelndem Wegeausbau, sind's halt statt 20 Stunden 25 Stunden Marschleistung und das vom weiter entfernten Fluss als weitest entferntem Startpunkt aus.
Von Warendorf (Ems) sind es 60 km bis Kalkriese, von Rheda 70 km und von Schloß Holte 75 km. 15 Stunden Marsch. Mittlere Marschleistung also: Gut 20 Stunden.

Es geht nicht um Marschleistungen. Es geht nicht darum, dass Germanicus wahrscheinlich dort oder dort war, als er "nicht weit" entfernt des Teutoburger Waldes war.
Es geht darum, dass Germanicus von der Ems kommt und Richtung Lippe marschiert und dann "nicht weit" des Varusschlachtfeldes ist.
Wenn er also von der Ems Richtung Lippe zog, so entfernte er sich von Kalkriese, ganz gleich welchen Standort er genau hatte.
Der Umstand, dass ihm das Verwüsten des Landes zwischen Ems und Lippe beinahe "zufällig" in die Nähe des Varusschlachtortes führte, darf nicht vergessen werden.
 
Wenn das Wörtchen 'Wenn' nicht wäre...

Na ja, dass Germanicus von der Ems kam, dürfte außer Frage stehen. Und dass er das Land zwischen Ems und Lippe verwüstete, ist ebenfalls belegt. Folglich muss er sich Richtung Lippe bewegt haben.
 
Der Verwüstungsfeldzug im Land zwischen Ems und Lippe muss aber nicht beendet gewesen sein, als Germanicus von der Ems kommend an der Lippe ankam. Der Feldzug kann durchaus ein wenig nach Osten oder Westen geschwenkt sein und dann auch wieder nach Norden geführt haben. Wäre alles auch abgedeckt mit der Formulierung der Verwüstung des Landes zwischen Ems und Lippe.

Ich glaube nicht, dass wir noch zusammenkommen werden. Interpretiere du ruhig die Stellen weiter so, dass Kalkriese dabei auf jeden Fall rausfliegen muss. Ich bleibe weiter auf dem Standpunkt, dass die geographischen Angaben nicht genau genug sind, um einen Ort zu belegen oder auch abzulehnen (Extrempositionen wie Holland mal ausgenommen).
 
Ich glaube nicht, dass wir noch zusammenkommen werden. Interpretiere du ruhig die Stellen weiter so, dass Kalkriese dabei auf jeden Fall rausfliegen muss. Ich bleibe weiter auf dem Standpunkt, dass die geographischen Angaben nicht genau genug sind, um einen Ort zu belegen oder auch abzulehnen (Extrempositionen wie Holland mal ausgenommen).


Ich möchte nur erreichen, dass Du über die Sache noch einmal genau nachdenkst. Die geographischen Angaben des Tacitus, da beißt die Maus keinen Faden ab, lassen sich mit der Kalkriese-Varusschlacht-Theorie nur mit größter Mühe in Einklang bringen. :weinen:
 
Es geht nicht um Marschleistungen. Es geht nicht darum, dass Germanicus wahrscheinlich dort oder dort war, als er "nicht weit" entfernt des Teutoburger Waldes war.
Es geht darum, dass Germanicus von der Ems kommt und Richtung Lippe marschiert und dann "nicht weit" des Varusschlachtfeldes ist.
Wenn er also von der Ems Richtung Lippe zog, so entfernte er sich von Kalkriese, ganz gleich welchen Standort er genau hatte.
Der Umstand, dass ihm das Verwüsten des Landes zwischen Ems und Lippe beinahe "zufällig" in die Nähe des Varusschlachtortes führte, darf nicht vergessen werden.

Das klingt eigentlich logisch!
Zumal ich den Gedanken von El Quijote teile, daß es wirklich Germanicus war, der mit seinem Heer das Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet hat.

Im Endeffekt hat es aber vieleicht doch mit Marschleistungen zu tun. Wir wissen einfach nicht wo Germanicus sich genau befand, als ihn das Verlangen ergriff, das Schlachtfeld aufzusuchen.

"Nun erwachte in dem Caesar das Verlangen, jenen Soldaten und ihrem Heerführer die letzte Ehre zu erweisen,..."

Das klingt zumindest so, als ob diese Aktion spontan geschah und nicht unbedingt geplant war. Und eins steht fest: Je weiter nördlich der Germanicus sich im Gebiet zwischen Ems und Lippe befand, umso geringer die Entfernung nach Kalkriese. Und dann dorthin, also östlich zu ziehen entbehrt nicht einer gewissen Logik. Denn der Ort liegt auf dem Weg Richtung Hauptfeind, den Cheruskern.
 
Das klingt zumindest so, als ob diese Aktion spontan geschah und nicht unbedingt geplant war. Und eins steht fest: Je weiter nördlich der Germanicus sich im Gebiet zwischen Ems und Lippe befand, umso geringer die Entfernung nach Kalkriese. Und dann dorthin, also östlich zu ziehen entbehrt nicht einer gewissen Logik. Denn der Ort liegt auf dem Weg Richtung Hauptfeind, den Cheruskern.

Vom Gebiet zwischen Ems und Lippe zum Wiehengebirge geht es allerdings nord-, nicht ostwärts.

Allerdings waren die Cherusker auf Kriegszug. Zumindest laut Tacitus. Die ganze Aktion gegen die Brukterer wird ja - nach Tacitus - dadurch ausgelöst, dass der romfreundliche Inguiomerus sich seinem Neffen Arminius anschließt. D.h. die Cherusker (und ihre Verbündeten) waren irgendwo unterwegs, wahrscheinlich um den Chatten oder Brukterern zu Hilfe zu eilen. Insofern ist die Verfolgung der Cherusker außerhalb ihres Gebiets nach der Bestattungsaktion nicht ganz abwegig
 
Allerdings waren die Cherusker auf Kriegszug. Zumindest laut Tacitus.

Wo steht denn das? Und was verstehst Du unter einem Kriegszug? So etwas wie ein Kriegspfad?



D.h. die Cherusker (und ihre Verbündeten) waren irgendwo unterwegs, wahrscheinlich um den Chatten oder Brukterern zu Hilfe zu eilen.

Auch darüber gibt es keine Angaben bei Tacitus.

Insofern ist die Verfolgung der Cherusker außerhalb ihres Gebiets nach der Bestattungsaktion nicht ganz abwegig

Anstatt die Cherusker irgendwo herumziehen zu lassen, ist es plausibler, dass die "äußersten Brukterer" jene waren, die in Nachbarschaft zu den Cheruskern lebten. Germanicus stand nach der Bestattungsaktion an der Grenze zum Cheruskerland und deshalb tritt Arminius auf die Bühne.
 
Vom Gebiet zwischen Ems und Lippe zum Wiehengebirge geht es allerdings nord-, nicht ostwärts.

Da habe ich mich vieleicht falsch ausgedrückt.
Das Hauptanliegen des Germanicus war es wohl die Schmach der Niederlage in der Varusschlacht zu tilgen. Er wollte den Arminius unbedingt stellen. Der Hauptfeind waren deshalb wohl die Cherusker. Deren Stammesgebiet lag östlich der Ems. Ich denke, daß dieses Gebiet das eigentliche Ziel der Feldzüge war. Der Besuch des Schlachtfeldes war wohl eher spontan, aber nicht sehr weit vom Stammesgebiet der Cherusker entfernt. Somit hielt sich ein gewisser Zeitverlust in Grenzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings waren die Cherusker auf Kriegszug. Zumindest laut Tacitus.
Wo steht denn das?

Tac. ann. I 59, 1; Tac. ann. I, 60, 1.

Und was verstehst Du unter einem Kriegszug? So etwas wie ein Kriegspfad?

Was jeder normale Mensch unter Kriegszug versteht. (Hugh!)

D.h. die Cherusker (und ihre Verbündeten) waren irgendwo unterwegs, wahrscheinlich um den Chatten oder Brukterern zu Hilfe zu eilen.
Auch darüber gibt es keine Angaben bei Tacitus.

Nein? Da bin ich aber erstaunt. Die Chatten werden geschlagen - "die Cherusker hatten die Absicht gehabt, den Chatten zu helfen" (Tac. ann. I, 56, 5) - woraufhin Segestes zu den Römern geht (Tac. ann. I, 57), was Arminius in Raserei versetzt (Tac. ann. I, 59). Er hebt eine Armee aus (ebd.), Inguiomer schließt sich ihm an (Tac. ann. I, 60), woraufhin Germanicus gegen die Brukterer zieht (ebd.). Dies ergibt nur Sinn, wenn die Brukterer Verbündete der Cherusker sind. Im Verlaufe dieses Feldzugs kommt es zur Bestattungsaktion (Tac. ann. I, 62). Arminius ist in der Nähe, denn Germanicus folgt ihm (Tac. ann. I, 63), was aber nicht erfolgreich ist weshalb der Feldzug abgebrochen werden muss. Die Heeressäule zersplittert sich und Arminius greift Caecina an den pontes longi an (Tac. ann. I, 63 ff.)


Anstatt die Cherusker irgendwo herumziehen zu lassen, ist es plausibler, dass die "äußersten Brukterer" jene waren, die in Nachbarschaft zu den Cheruskern lebten. Germanicus stand nach der Bestattungsaktion an der Grenze zum Cheruskerland und deshalb tritt Arminius auf die Bühne.

Wie ich klar gezeigt habe, war Arminius schon vor dem Angriff auf die Brukterer aktiv.
 
Die ganze Aktion gegen die Brukterer wird ja - nach Tacitus - dadurch ausgelöst, dass der romfreundliche Inguiomerus sich seinem Neffen Arminius anschließt.

Bist Du sicher? Ich meine, bei einem der "Interpretatoren" (Wolters? Wiegels?) gelesen zu haben, dass der Übertritt von Inguiomer zu den Aufständischen eher als Reaktion auf die ungezügelte Racheaktion von Germanicus zu werten sei.

"Nun erwachte in dem Caesar das Verlangen, jenen Soldaten und ihrem Heerführer die letzte Ehre zu erweisen,..."

Das klingt zumindest so, als ob diese Aktion spontan geschah und nicht unbedingt geplant war.

Wobei man sich fragen muss, ob Tacitus in der Lage war, fast hundert Jahre nach den Ereignissen die Motive des Germanicus zu beurteilen.

Überhaupt scheint mir, dass Tacitus uns die Interpretation der damaligen Ereignisse (ungewollt) sehr schwer macht. Er schreibt vieles in einem merkwürdigen "Telegrammstil". Wie an anderer Stelle schon mal erwähnt, ist mir das besonders bei seiner Schilderung der Ankunft des Germanicus auf dem Schlachtfeld aufgefallen. Im ersten Moment liest sich das so, als würde er mit dem noch für drei Legionen ausgelegten Lager, den schon zu flachen Wällen und den Leichenhaufen auf freiem Feld ein und denselben Ort beschreiben. Man muss sich schon anstrengen, um zu erkennen, dass er vermutlich drei verschiedene Orte meint, die drei Tagesmärsche auseinander liegen.

Ähnlich verhält sich das mit dem ganzen Germanicus-Feldzug. Die Beschreibung ist ein paar Seiten lang, der Feldzug hat aber vermutlich Wochen gedauert. Bei manchen Punkten nennt Tacitus Details, andere "verschweigt" er offenbar völlig.

Meiner Ansicht nach liegt das daran, dass er nicht die Absicht hatte, einen "militärischen Einsatzbericht" zusammenzufassen, sondern einen Gegensatz zwischen den Absichten von Germanicus und Tiberius herauszuarbeiten: Germanicus als Held, der eine Schmach tilgen wollte; Tiberius als missgünstiger Neider, der den Verrat der Germanen ungesühnt ließ, um Germanicus als Konkurrenten um die Macht auszuschalten.

So nennt Tacitus nur die Details, die sein "Thema" stützen. Z.B. die Bestrafung der ärgsten Verräter (Brukterer, Marser), die Legionsadler erbeutet hatten. Andere Aktionen klammert er aus, obwohl es sie sicher gegeben hat. Wieder andere Schilderungen baut er ein, obwohl sie zweifelhaft bleiben müssen. Zum Beispiel den "spontanen" Einfall des Germanicus, das Schlachtfeld aufzusuchen. Wusste er wirklich, dass die Entscheidung spontan fiel? Oder wollte er auch hier nur eine "ehrenhafte" Tat des Germanicus schildern, die von Tiberius missgünstig aufgenommen wurde?

Ich glaube nicht, dass man das Problem, was "haud procul" bedeuten mag, durch wörtliche Auslegung lösen kann. Dazu verschweigt Tacitus zu viel.

MfG
 
Bist Du sicher? Ich meine, bei einem der "Interpretatoren" (Wolters? Wiegels?) gelesen zu haben, dass der Übertritt von Inguiomer zu den Aufständischen eher als Reaktion auf die ungezügelte Racheaktion von Germanicus zu werten sei.
Es kann durchaus sein, dass das eine das andere bedingt. Tacitus schreibt zwar "conciti per haec modo - veranlasst durch diese Weise", aber was darunter genau zu verstehen ist, ist nicht ganz klar, ob die Strafaktion gegen die Chatten durch Germanicus oder der Übertritt des Segestes zu den Römern. Jedenfalls "wurde Inguiomer, der Onkel des Arminius, der bei den Römern seit langem in Ansehen stand, zum Anschluss bewogen. So wuchs die Besorgnis des Caesar. Und damit nicht die ganze Wucht des Kriegs auf einmal hereinbreche, schickte er Caecina [...] an die Amisia...."
 
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