Das mit der Gefährdung: das hätte man umgekehrt (von westlicher Seite) genauso sehen können: aber der Westen hat keine Mauern bauen lassen.
Ja eben. Danke für den Einwand. Genau das ist es doch. Der Westen hat den Begriff "Gefährder" und den Umgang mit einem solchen ganz anders definiert als der Osten. Jeder, wie er es für opportun hielt. Und jeder mit national juristischer Konsequenz für seine Bürger. Im Westen galt Westrecht und im Osten Ostrecht. Dass letzteres aus Sicht des Westens nicht richtig war, hat den Osten nicht gejuckt.
Wir beurteilen hier ein DDR-Gesetz aus westlicher Sicht und westlichen juristischen Prinzipien heraus. Aus dieser Sicht heraus halten wir es für falsch (ich natürlich auch).
Aber: Mit welcher Legitimation tun wir das?
Erlässt denn die Bundesregierung die Gesetze für andere Staaten?
Ist das System der BRD das einzig wahre auf der Welt und wir sind befugt, alle anderen daran zu messen?
Selbst wenn wir einzelne Gesetze nicht richtig finden: Die Existenz schlechter Gesetze macht einen Staat eben, das wurde ja nun schon mehrfach erklärt (nicht von mir), noch nicht zu einem Unrechtsstaat.
Genau deswegen versuche ich mich ja, bei der Suche nach dem Unrecht im Unrechststaat, von eben diesem nationalen Recht (Gesetzen) zu lösen, gleich ob sie mir passen oder nicht.
Und da habe ich eben das große Problem: Auch sämtliche Erklärungsversuche, die ich bisher bekommen habe, wann ein Staat ein Rechtstaat sei und wann nicht, basieren auf genau dem, wovon sie vorgegen, unabhängig zu sein: auf gesetzlichen Grundlagen, die von Regierungen aufgestellt wurden.
[...] Bei einem Rechtsstaat wird das staatliche Handeln durch das Gesetz bestimmt und durch unabhängige Gerichte kontrolliert (in D: ab 19. Jh. Verwaltungsgerichtsbarkeit, ab 1949 Verfassungsgerichtsbarkeit).[...]
Wer hat denn genau diese Gesetze gemacht, die das staatliche Handeln bestimmen? Der liebe Gott? Nein:
Eben genau derselbe Staat, der sein Handeln dann an diesen Gesetzen ausrichtet. Das ist ja die Augenwischerei. Der Staat lässt sich von einem "unabhängigen" Gericht kontrollieren. Das klingt gut, nur dummerweise legt nicht dieses Gericht die Gesetze fest, an die sich der Staat zu halten hat. Es hat nur die Gesetze zur Verfügung, die ihm ebender zu kontrollierende Staat vorgegeben hat. Passen diese Gesetze oder gar Verfassung dem Staat mal nicht, gibt's eben ruck-zuck eine Gesetzes- oder gar Verfassungsänderung. Hand auf's Herz: Hatte die BRD da noch nie eine?
Daraus folgt für mich: Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist eben nicht vom Staat unabhängig. Sie kann einen Verfassungsbruch nicht verhindern, sondern nur verzögern, bis eben die besagte Verfassung entsprechend angepasst wurde, was durchaus, das gebe ich zu, schon mal mehrere Versuche und geschickte Neuformulierungen benötigen kann. Aber irgendwann wird das VG in der Situation sein, sagen zu müssen: "nach der aktuellen Verfassungslage..."
Wer definiert also beispielsweise die BRD als Rechststaat? Doch in erster Linie sie sich selbst. Dass ich dem subjektiv zustimme, tut objektiv nichts zur Sache. Wenn wir hier Systeme als Unrechtsstaaten definieren - ob historisch oder nicht - dann stets mit den bei uns in der heutigen BRD geltenden Maßstäben. Also, wie ich schon in meinem ersten Beitrag gesagt habe: hochgradig subjektiv. "Für mich, Willi Mustermann, geprägt durch mein Leben in der BRD und durch meine persönliche, politische Überzeugung, ist die Republik Schlawonien ein Unrechtsstaat."
Zudem: ein Mensch, der der damals DDR bewusst und andauernd Schaden hinzugefügt hätte, der wäre wohl auch im Westen nicht sicher gewesen. So schlecht war die Organisation der Stasi auch wieder nicht.:detektiv:
Das ist sicherlich richtig, gilt aber nicht nur für die DDR und tut außerdem doch, soweit ich das sehe, zur eigentlichen Problemfrage nichts zur Sache, oder?
@ Gandolf:
[...] Dass betrifft vor allem jene Zeitgenossen, die behaupten, dass Regierungen nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz an Umfrageergebnisse gebunden seien und ein Widerstandsrecht bei Abweichung von dieser Bindung in Erwägung ziehen. [...]nebst anderen
Ich behaupte nicht, ich stelle Fragen im Rahmen einer Problemanalyse. Bitte berücksichtigen.