Offensive der Hochseeflotte im August 1914?

[FONT=&quot]Nochmals, für meine Argumentation ist es nicht von Bedeutung, ob das Marinearchiv tendenziös ist.

Das Hauptproblem ist hier, dass sie in wesentlichen Schilderungen fehlerbehaftet sind, so hier bzgl. der Aktionen der britischen Flotte im August 1914.

Im hier fraglichen Zeitraum ab dem 12.8.1914 gab es ein "traversing the North Sea", und damit ein Abfangmanöver. Dieses Verhalten ist von der Handvoll deutscher U-Boote nicht aufgeklärt worden.

Ansonsten zur "Quellenkritik": vorsichtige Äußerungen der Akteure basierten u.a. auf falschen Informationen. So wurde im August 1914 der - angeblich einsatzbereiten! - DERFFLINGER das 14-inch-Kaliber zugeschrieben (tatsächlich 12-inch; ein ähnlicher Fehler wie am Skagerrak, als HINDENBURG und LÜTZOW mit 15-inch angenommen wurden), daneben wurde die Anzahl der deutschen Großkampfschiffe zu hoch geschätzt. Britischerseits ging man von 3 weiteren einsatzbereiten KÖNIGen aus, und damit annähernd vom Gleichgewicht (bei der eigenen Einsatzstärke zog man 2 Schiffe ab).

Um es nochmals klarzustellen, da das oben wohl nicht ganz herüber gekommen ist: trotz dieser ungünstigen Falschannahmen in den Memoranden war der britische Schlachtflottenkern mit Beginn der Kanaltransporte in Abfangposition.
 
Hier einige Hinweise zu den dem Operationsbefehl vom 30.07.1914 vorausgegangenen Directiven des Admiralstabs. Die Admiralstabschefs in der hier interessierenden Zeit waren:

Admiral Max von Fischel 06.09.1909 bis 11.03.1911
Vizeadmiral Augst von Heeringen 12.03.1911 bis 31.03.1913
Admiral Hugo von Pohl 01.04.1913 bis 01.02.1915

Mir ist nicht bekannt, wann genau (d.h. von wem) die Directiven erteilt wurden (beispielsweise ist mir nicht bekannt, ob die Directive für ein bestimmtes Jahr bereits im Vorjahr nach den Herbstmanövern gegeben wurden).

Operationsdirective 1910 und 1911
Seine Majestät der Kaiser haben über die Verwendung der Hochseeflotte im Falle eines Krieges mit England zu befehlen geruht:
1. Dass die Nordsee auch während der Kanalunterbrechung (Vertiefung des Nordostseekanals) für die größten Schiffe als unser natürliches Operationsgebiet gegen England anzusehen ist.
2. 2. Dass jede Chance des Erfolgs durch rücksichtsloses Ansetzen der ganzen Hochseeflotte zum Angriff in der Nordsee ausgenutzt werden soll.
3. 3. Dass deshalb die gesamte Hochseeflotte möglichst noch vor Ausbruch des Krieges in einer für diese Offensive günstigen Anfangsstellung in der Nordsee zu konzentrieren ist.
4. Ist der Verlauf der ersten Operation ein derartiger, dass er für unsere Flotte die Möglichkeit ausschließt, in der Nordsee Erfolge zu erreichen, so ist die Ostsee wie bisher als unsere zweite und letzte Stellung anzusehen, in der dann alle Chancen zur Schädigung des Gegners auszunutzen sind.

Operationsdirective 1912
1. Aufgab der Hochseeflotte ist, möglichst bald dem Gegner den größtmöglichen Abbruch zu tun, gegebenenfalls unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Streitkräfte.
2. Für die Entwicklung der Offensive ist unter normalen Verhältnissen die Nordsee einschließlich des Skagerrak das zunächst gegebene Operationsgebiet.
3. Soll der Krieg nicht offensiv geführt werden, so werden seine Majestät eine besondere Directive erteilen.

Operationsdirective 1913
Seine Majestät haben für die Kriegführung in der Nordsee befohlen:
1. Der Krieg ist von der Deutschen Bucht aus zu führen.
2. 2. Aufgabe der Hochseeflotte ist, dem Gegner möglichst bald durch offensives Vorgehen Abbruch zu tun, gegebenenfalls unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Streitkräfte.
3. Änderungen dieser Directive werden Seine Majestät erforderlichenfalls befehlen.


Mir ist nicht bekannt, ob der Operationsbefehl geändert wurde. Keine Änderungen erfolgten (m.E.) durch die – vom Kabinettschef Müller geschriebene – kaiserliche Ermächtigung vom 06.01.1915 oder auch nicht durch die Ermächtigung vom 30.04.1915. Bis zum Amtsantritt von Scheer (als Flottenchef) gab es grundsätzlich verschiedene Situationen. Bis Mitte September war die englische Flotte geteilt (1. Flotte oder Grand Fleet im Norden, 2. Und 3. Flotte im Kanal – das war die mit Abstand beste Gelegenheit für die Deutschen), danach waren die englischen Kräfte nicht vollzählig wegen Ostasiengeschwader. Chancen ergaben sich dann wegen der Dardanellenoperation, auch wegen der U-Boot-Gefahr. Allerdings ab Frühjahr 1915 wurden diese schnell deutlich schlechter (Kräftezuwachs durch Queen Elizabeth Klasse, König-Klasse bei Deutschland)

Ich habe noch nicht herausgefunden, warum die Gedanken Scheers ohne Diskussion genehmigt wurden. Sie sind genau das was Tirpitz im August 1914 vorschwebte.

Die „Leitgedanken für die Seekriegsführung in der Nordsee“ vom Anfang Februar 1916, ohne weiteres genehmigt vom Kaiser am 23.02.1916, lauten:

A. Grundgedanke. Das zurzeit bestehende Kräfteverhältnis verbietet uns zunächst, die Entscheidungsschlacht gegen die versammelte englische Flotte zu suchen. Unsere Seekriegsführung muss aber auch verhindern, dass diese Entscheidungsschlacht auch vom Gegner aufgezwungen wird.
B. Folgerungen. Durch planmäßige, ständige Einwirkung auf den Feind müssen wir einmal erzwingen, dass der Gegner aus seiner jetzt abwartenden Stellung heraus gegen uns gewisse Streitkräfte verschiebt, die uns günstige Angriffsmöglichkeiten bieten; andererseits müssen wir durch sie verhindern, beim Feinde ein solches Überlegenheitsgefühl aufkommen zu lassen, dass er sich nicht mehr scheut, uns nach seinem Willen zur Schlacht zu stellen.
Die vielseitigen Angriffsflächen unseres Gegners bieten uns den Vorteil, auch mit unserer unterlegenen Kraft stets als Angreifer aufzutreten…………………….

Es folgen Ausführungen über „Gangbare Wege“ und „Durchführung“.

Es folgte der – vermutlich verratene - Vorstoß in die Hoofden am 03 und 04.03.1916, also genau das, was Tirpitz um den 09.08.1914 wollte, wenngleich 1914 strategische, Wirkungen möglich gewesen wären. Dann erfolgten Planungen für Vorstöße Richtung Norden (für den 20.03.1916 und 08.04.1916), auch das Gedanken, die in der Marineführung Mitte August 1914 (Ingenohl) diskutiert wurden. Als ein Vorstoß nach Norden sich zur Skagerrak-Schlacht entwickelte, hatte die Marineleitung bereits alle Vorteile durch Zeitablauf aus der Hand gegeben (nicht einmal die U-Boote wirkten zu dieser Zeit auf die englische Einsatzbereitschaft). Als Scheer auf die Navy stieß, traf er nicht – wie er dachte – auf Teilstreitkräfte, sondern die gesammelte Macht der englischen Marine (durch Entschlüsselung des Funkverkehrs). Ungünstiger ging es nicht mehr, alles eine Folge der verfehlten Politik (über einen Zeitraum von 22 Monaten) von Wilhelm II., Bethmann, Müller und Pohl.
 
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Operationsdirective 1910 und 1911
Seine Majestät der Kaiser haben über die Verwendung der Hochseeflotte im Falle eines Krieges mit England zu befehlen geruht:
1. Dass die Nordsee auch während der Kanalunterbrechung (Vertiefung des Nordostseekanals) für die größten Schiffe als unser natürliches Operationsgebiet gegen England anzusehen ist.
2. 2. Dass jede Chance des Erfolgs durch rücksichtsloses Ansetzen der ganzen Hochseeflotte zum Angriff in der Nordsee ausgenutzt werden soll.
3. 3. Dass deshalb die gesamte Hochseeflotte möglichst noch vor Ausbruch des Krieges in einer für diese Offensive günstigen Anfangsstellung in der Nordsee zu konzentrieren ist.
4. Ist der Verlauf der ersten Operation ein derartiger, dass er für unsere Flotte die Möglichkeit ausschließt, in der Nordsee Erfolge zu erreichen, so ist die Ostsee wie bisher als unsere zweite und letzte Stellung anzusehen, in der dann alle Chancen zur Schädigung des Gegners auszunutzen sind.

Operationsdirective 1912
1. Aufgab der Hochseeflotte ist, möglichst bald dem Gegner den größtmöglichen Abbruch zu tun, gegebenenfalls unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Streitkräfte.
2. Für die Entwicklung der Offensive ist unter normalen Verhältnissen die Nordsee einschließlich des Skagerrak das zunächst gegebene Operationsgebiet.
3. Soll der Krieg nicht offensiv geführt werden, so werden seine Majestät eine besondere Directive erteilen.

Operationsdirective 1913
Seine Majestät haben für die Kriegführung in der Nordsee befohlen:
1. Der Krieg ist von der Deutschen Bucht aus zu führen.
2. 2. Aufgabe der Hochseeflotte ist, dem Gegner möglichst bald durch offensives Vorgehen Abbruch zu tun, gegebenenfalls unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Streitkräfte.
3. Änderungen dieser Directive werden Seine Majestät erforderlichenfalls befehlen.
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Diese Operativ Planungen widersprechen aber allem, was man bisher historisch in diesen Zusammenhang mit der kaiserlichen Marine wusste?

Für die Marine kam eigendlich nur die Entscheidungsschalcht in der deutschen Bucht in Frage. Das geben schon eindeutig die konstruktionsmäßigen Auslegung der deutschen Linienschiffe (z.B. Fahrstrecke oder Freibordhöhe) an.

Zudem gab es Überlegungen schon früh mit der Sorge, das die Engländer sich Dänemarks bemächtigen könnten. Entsprechend gab es Planungen.

http://www.geschichtsforum.de/f62/neutralit-t-von-d-nemark-und-admiralstab-25491/

Somit kommen planlose und ziellose Vorstöße in die Nordsee oder dem Skagerrak seh unwahrscheinlich vor.

Himmerhin sagte Tirpitz noch Aug 1914 zu Ingenohl: "Und was machen Sie, wenn sie nicht kommen?"....Wen Tirpitz mit "sie" meinte, brauche ich ja wohl nicht erläutern.

Das zeigt ja eindeutig, wie lang man an die enge britische Blockade glaubte oder hoffte, denn sonst waren die ganzen Linienschiffe für die Katz gebaut worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vieles was über die Kaiserliche Marine geschrieben wurde, konnte ich in amtlichen Dokumenten, aber auch in der Literatur nicht bestätigt finden. Ich beschäftige mich erst seit kurzer Zeit mit diesem Thema und auch nur durch Zufall (beruflich – ich bin im Börsengeschäft - musste ich wegen der Finanzkrise mit dem Gründerkrach beschäftigen und bin dadurch zum Aufschwung ab 1890 und damit zum Flottenbau gekommen; ich bin historisch interessiert, aber kein Historiker).



Die in #23 geäußerte Auffassung (kein Vorstoß zum Skagerrak) ist mit der Operationsdirective 1912 nicht vereinbar, da dort das Skagerrak ausdrücklich erwähnt ist. Zwar ist richtig, dass die Flotte von Tirpitz nach einem längerfristigen Plan aufgebaut wurde (nach einem politischen Ziel und nicht des Ziels des jederzeit günstigen Kriegseinsatzes – Tirpitz wollte keinen Krieg, den hat Bethmann herbeigeführt). Dennoch war die Flotte auch im Skagerrak zu gebrauchen, wie die Schlacht 1916 gezeigt hat.



Die Spitzen der Marine (z.B. Tirpitz, Scheer, Behnke, Eckermann) wollten die Freiwasserschlacht. Der geographische Begriff Deutsche Bucht ist in diesem Zusammenhang sehr missverständlich. Eine Schlacht zu nahe an den deutschen Küsten war höchst gefährlich, da sich die deutschen Linienschiffe schlecht aus den Flussläufen entwickeln konnten (siehe zum Beispiel das Helgoland-Gefecht am 28.08.1914). Die extreme Zurückhaltung von Wilhelm II. Müller, etc. war nicht Vorsicht, sondern Leichtsinn. Was hätten die Deutschen machen sollen, wenn die Engländer überraschend bei Ebbe angriffen?



Das führt zu einem weiteren, missverständlichen Argument. Die Deutschen wussten nicht, dass die Engländer vom 12.08 bis 19.08.1914 nach Süden Richtung Deutsche Bucht und wieder nach Norden kreuzten (Einzelheiten in #19). Nur warum wussten sie es nicht? Weil sie nicht aufklärten! Warum klärten sie nicht auf? Weil sie sich einigelten! Die extreme Zurückhaltung hatte die eingeschränkte Aufklärung zur Folge. Ist man offensiver, wird auch aufgeklärt werden (siehe auch die Maßnahmen bei Scheers Dienstantritt als Hochseechef. So heißt es in einer Aufzeichnung Tirpitz 07.08.1914, die Aufklärung „dürfe sich nicht auf engen Sicherheitsgürtel beschränken, sondern Aufklärung im weiteren Maße, evtl. mit der ganzen Flotte wäre notwendig.“


Innerhalb der Flotte waren doch die Möglichkeit von Vorstößen unstreitig (ich kenne nur von Lans, der sich negativ äußerte, auch Michaelis, aber erst 1915 unter anderen Bedingungen; selbst Pohl sagte später, er habe auf höheren, politische Aspekte berücksichtigenden Befehl gehandelt).


Nicht nur Tirpitz wollte im August die Seeschlacht, sondern auch der Flottenchef Ingenohl. Die Erfolgschancen hat der von vielen (Tirpitz, Scheer, auch Wilhelm II. nach Scarborough) als übervorsichtig angesehene Ingenohl als „sehr verlockend“ (Kriegstagebuch vom 09.08.1914) beurteilt. Ingenohls Geschwaderchef Scheer S. 54 formuliert das so: „Mit [13 Großkampfschiffen, 8 ältere Linienschiffen, 4 Große Kreuzer, Blücher mitgerechnet, einigen Kleinen Kreuzern und 7 Torpedobootsflottillen] wollte der Flottenchef in vollem Vertrauen auf Erfolg den Kampf aufnehmen.“ Scheer teilte Ingenohls positive Auffassung. Jellicoe und Marder sagen nichts anders als die deutschen Experten.


Das Thema ist wenige Wochen später wieder hochgekocht. Das beweisen die – unabhängig voneinander entstandenen, ähnlichen – Pläne von Hipper und Behnke (beides Vorstöße nach Norden), die am 09.09.1914 von Pohl dem Kaiser vorgeschlagen wurden. Sie sind von Pohl abgelehnt worden, weil – so wörtlich Pohl – „der Vorstoß dann zur Schlacht der Gros führen muss“ (Marinearchiv Bd. 2 S. 68). Das wollte Bethmann nicht, wohl aber Tirpitz. Über die militärischen Möglichkeiten war man sich viel einige, als dies heute dargestellt wird.


Das Problem mit Dänemark war 1906, nicht 1914. Gutachten englischer und deutscher Fachleute kamen zum Ergebnis, dass eine solche Landung 1914 und später zu riskant sei. Das waren Gedanken von Politikern (Churchill) unabhängig von militärischer Machbarkeit Nach dem das BEF einmal in Frankreich gelandet war, war doch diese Frage ohnehin erledigt, da das BEF nur einmal vorhanden war (eine Landung wurde 1915 in Gallipoli versucht und scheiterte, es ist kein Zufall, dass auf eine Landung in Dänemark verzichtet wurde).
 
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Die in #23 geäußerte Auffassung (kein Vorstoß zum Skagerrak) ist mit der Operationsdirective 1912 nicht vereinbar, da dort das Skagerrak ausdrücklich erwähnt ist. Zwar ist richtig, dass die Flotte von Tirpitz nach einem längerfristigen Plan aufgebaut wurde (nach einem politischen Ziel und nicht des Ziels des jederzeit günstigen Kriegseinsatzes – Tirpitz wollte keinen Krieg, den hat Bethmann herbeigeführt). Dennoch war die Flotte auch im Skagerrak zu gebrauchen, wie die Schlacht 1916 gezeigt hat.



Die Spitzen der Marine (z.B. Tirpitz, Scheer, Behnke, Eckermann) wollten die Freiwasserschlacht. Der geographische Begriff Deutsche Bucht ist in diesem Zusammenhang sehr missverständlich. Eine Schlacht zu nahe an den deutschen Küsten war höchst gefährlich, da sich die deutschen Linienschiffe schlecht aus den Flussläufen entwickeln konnten (siehe zum Beispiel das Helgoland-Gefecht am 28.08.1914). Die extreme Zurückhaltung von Wilhelm II. Müller, etc. war nicht Vorsicht, sondern Leichtsinn. Was hätten die Deutschen machen sollen, wenn die Engländer überraschend bei Ebbe angriffen?


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Also wenn ich etwas näher Darstellen möchte, dann sind gerade die Linienschiffe immer als gute Geschützplattformen für die Nordsee ausgerichtet. Dabei spielte immerwieder der Freibord eine wichtige Rolle, sowie die Medazentrische Höhe.
Diese Problematik Beginn mit der Brandenburg-Klasse und zieht sich bis zu Bayern-Klasse durch.

Der Freibord war meist so niedrig gewählt, das z.B. auf den 1899iger Schiffen der Kaiser-Freidrich-Klasse, oder später auch auf den großen Kreuzer der Moltke-Klasse oder der Seydlitz sowie der Derfflinger-Klasse das gesamte Heck bei Strumfahrt oder hohen Fahrstufen komplett Überspült wurde. Dies führte immerwieder zu Beeinträchtigung der Waffensysteme an Bord, bzw. die Achteren Geschütztürme konnten nicht eingestezt werden.

Hinzukommt, daß man erst an der Derfflinger dazuüberging einen sog. Flushdecker zu bauen. Bisher war die Back oder Poop weit bis achtern gezogen, was die nachteile hatte, daß das Panzerdeck zu niedrig im Schiff saß und die Mittelartillerie in den seitlichen Kasematten waren bei Windstärken ab 4 kaum noch einsatzbar.

Dies Beeinträchtigungen zeigten sich noch stärker, sobald man die deutsche Bucht (damit sind nicht die Flussmündungen gemeint!) verließ und in Richtung Hochsee bzw. weit in den Norden der Nordsee in Richtung Atlantik vorstieß.

Dafür waren die Schiffe durch aktive wie inaktive Schlingungsdämpfer optimal auf die Wellendünnung der südlichen Nordsee abgestimmt und waren so vorzückliche Geschützplattformen.

Das alles mit den strategischen Hintergrund, die englische Flotte im Bereich der deutschen Bucht, also um genau zu sein, ca. 300 Meilen um Helgoland herum, in der Entscheidungsschlacht zu vernichten.

Desweitern zeigen auch immer wieder die taktischen Übungen in den Frühjahrsmanövern und Herbstmanövern immer daß gleiche Bild, von der Schlachtlinie und den durchbrechenden Torpedobooten. Alles zielt auf die Schlacht. Doch schon Einzelaktionen zeigen schon in der Vorbereitung und dann auch in der Ausführung, (Angriffe auf die englische Ostküste 14/15)daß hier keinerlei Übung vorhanden war.

Und dabei spielt es keine Rolle, ob irgendeiner in der Marine nen Krieg wollte oder nicht.

Die deutsche Schiffstechnik war weder auf lange große ausgedehnte Patrolienfahren ausgelegt, noch in Einzelverbänden zu operieren.
 
Die Auffassungen in #25 teile ich (soweit ich sie beurteilen kann, in den technischen Einzelheiten bin ich nicht so sachkundig), nicht aber die Schlussfolgerungen. 300 Seemeilen von Helgoland ist eine weite Strecke, da ist man fast in Dover oder bei der Humber-Mündung oder Südnorwegen (und hat das Skagerrak schon hinter sich gelassen).



Das Thema wurde zu Recht auf den August beschränkt (nach Tirpitz Auffassung konnte und musste man davon ausgehen, dass die Truppentransporte im August stattfanden). Die Beschießung von Küstenstädten - mit dem Ziel die Engländer zum Vorschieben von Kräften zu veranlassen – waren in der Tat komplizierter, da die Schiffe für solche Aktionen nicht geeignet und besonders gefährdet waren. Aber – wie das Beispiel Scarborough (nach meiner Schätzung wäre der mögliche Ort der Schlacht etwa 160 Seemeilen von Helgoland gewesen) zeigte – sie funktionierten, wenn nur der Wille bestanden hätte zur Schlacht zu kommen.


Im August war die Situation für die Deutschen erheblich günstiger. Man griff nicht englische Städte an, was zur Verärgerung der englischen Bevölkerung führte, allerdings weitgehend als innenpolitisches Problem behandelt werden konnte. Ein Angriff (mit substantiellen Kräften) auf die Bewachungsstreitkräfte in den Hoofden brachte mit sofortiger Wirkung das Transportsystem durcheinander. Das merkte die verbündeten Franzosen und Belgier unmittelbar auf den Schlachtfeldern und konnte kaum deren Kampfmoral heben. Bei dem tatsächlichen Verlauf der Marneschlacht sogar eine strategische Wirkung denkbar. Da konnte die Navy nicht tatenlos bleiben (und wenn sie es tat, wirkte das als deutscher Sieg). Bei der Aufstellung der Navy vom 09. bis 11.08.14 (näheres unter #19) wäre ein Eingreifen der Engländer bei dem ab dem 08.08.1914 angedachten deutschen Vorstoß in die Hoofden nicht möglich gewesen. Die von Tirpitz gewünschte (und von Ingenohl als Vorstoß nach Norden gedachte) Aktion hätten die Engländer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beantwortet – in der südlichen Nordsee.



Auf die Frage an Ingenohl im August 1914 "Und was machen Sie, wenn sie nicht kommen?" hatte Tirpitz sehr wohl eine Antwort. Er war aber nicht Flottenchef und hatte keine verfassungsmäßige Zuständigkeit. Deswegen stellte er auch die Frage.
Dass für die Schlacht keine Übung bestand, halte ich für eine gewagte Aussage (siehe die Skagerrakschlacht 21 Monate später, die Übung in der Zwischenzeit war doch beschränkt). Das Argument der fehlenden praktischen Schlachterfahrung hat übrigens auch Tirpitz gebracht. Die Engländer hatten nämlich auch keine Erfahrung, für sie hing aber von einer Seeschlacht deutlich mehr ab.


Hier sei die Einschätzung der U-Boot-Gefahr durch die Engländer erwähnt. Die kuriose Erste Schlacht von Scapa Flow (es gab noch eine weitere am 16.10.114) am 01.09.1914 (Marder S. 66, die theatralische Bezeichnung battle ist von Marder übernommen und vermutlich im angelsächsischen Bereich üblich). Vermutlich wurde ein Seehund für ein U-Boot-Periskop gehalten mit dem Ergebnis, dass die Grand Fleet bis 05.09.1914 auf See blieb. Die Dreadnoughts wurden bis 24.09.1914 nach Loch Ewe 130 Seemeilen von Scapa an der Nordwestküste Schottlands verschickt. Drei Viertel des Monats September war die Grand Fleet vom Schauplatz des Geschehens aus Furcht vor deutschen Waffen verschwunden. Von Selbstvertrauen spricht das nicht (Jellicoe weist in seinem Buch darauf hin, dass die englischen Schiffe mangelhaft gegen Unterwasserangriffe geschützt waren).


Der Satz von der mangelnden Übung erinnert mich an Admiral von Müllers „unnützes und hoffnungsloses Einsetzen“ der Flotte (Aufzeichnung vom 07.08.1914, abgedruckt in Deutsche Politik, IV, 657). Müller war schon 10 Jahre nicht mehr im aktiven Marinedienst war (1904 Flügeladjudant), seit 1906 leitete er das Marinekabinett – war also der Personalvorstand der Marine. Er galt als Verbündeter von Bethmann und derjenige, der die Befehle für die Flotte von Wilhelm II. verfasste. Also ein Mann ohne Zuständigkeit und damit ohne Verantwortung. Nach Skagerrak war klar, dass Tirpitz Recht gehabt hat (er war seit dem 15.03.1916 nicht mehr im Amt), die Verantwortlichen mussten nun vor der Geschichte eine Rechtfertigung finden. Müller meinte die Marine hatte kein geeignetes Personal, das war (auch) ein Grund für die verordnete Zurückhaltung gewesen. In der Nachkriegsliteratur wird zum Beispiel dies gerne aufgenommen (deswegen ist die teilweise extrem unsachliche Kritik n der Person von Tirpitz, dem überragenden deutschen Marinefachmann so wichtig). Wer z.B. das Buch von Jellicoe liest, wird nur Lob über das deutsche Marinepersonal finden (das scheint mir auf Gegenseitigkeit zu beruhen, von Graf Spee wird berichtet, er habe in Valparaiso einen Deutschen, der sich negativ über englische Seeleute äußerte, zurechtgewiesen – ich will das aber nicht romantisieren, man war trotz allem Todfeinde).
 
Hier einige Hinweise zu den dem Operationsbefehl vom 30.07.1914 vorausgegangenen Directiven des Admiralstabs.
Operationsdirective 1910 und 1911
Operationsdirective 1912
Operationsdirective 1913


Das eigentlich interessierende Lage-Memorandum (mit 2 Varianten bzgl. des Verhaltens der Engländer) vom 24.7.1914 fehlt in bemerkenswerter Weise.

Der Rest sind überholte Papierlagen.
 
Die Auffassungen in #25 teile ich (soweit ich sie beurteilen kann, in den technischen Einzelheiten bin ich nicht so sachkundig), nicht aber die Schlussfolgerungen. 300 Seemeilen von Helgoland ist eine weite Strecke, da ist man fast in Dover oder bei der Humber-Mündung oder Südnorwegen (und hat das Skagerrak schon hinter sich gelassen).

Das Abstellen auf Entfernung geht am Kern des Problems vorbei. 300 sm Richtung Orkneys/Sdnorwegen sind lagebedingt etwas anderes als 300 sm Richtung Kanal. ;)


Hier wird der Seekrieg 1914-18 nachträglich zum x-ten Male von MA, Tirpitz & Co. gewonnen:
Aber – wie das Beispiel Scarborough (nach meiner Schätzung wäre der mögliche Ort der Schlacht etwa 160 Seemeilen von Helgoland gewesen) zeigte – sie funktionierten, wenn nur der Wille bestanden hätte zur Schlacht zu kommen.
Der "Wille zur Schlacht" ist schon vielsagend, vor allem, wenn:
(soweit ich sie beurteilen kann, in den technischen Einzelheiten bin ich nicht so sachkundig)

Ich wiederhole es gern für die Sandkasten-Spielchen: die britischen Kräfte bestanden aus der Gruppe der schnellsten Linienschiffe und den Schlachtkreuzern. Nur Hipper - der mit seiner Aufklärungsgruppe kräftemäßig unterlegen war - war hier theoretisch in der Lage, zu folgen. Wie erfolglos für die deutsche Seite ein Clash schnellerer Einheiten mit dem Hochseeflottenkern (gemeldet von den Deckungsstreitkräften) aussieht, mag man an Beattys Wende nach Norden im Rahmen der Skagerrakschlacht ablesen.



Hipper ist in der Nacht tatsächlich knapp der Vernichtung entgangen, als er hinter den beiden britischen Geschwadern mit Deckungskräften unwissentlich kreuzte.
 
Die extreme Zurückhaltung hatte die eingeschränkte Aufklärung zur Folge. Ist man offensiver, wird auch aufgeklärt werden
Dieser angebliche Zusammenhang ist falsch.
Tatsächlich muß der Verteidiger erheblich bessere Aufklärungsarbeit leisten als der Angreifer, denn der Angreifer kann den Ort und Zeitpunkt wählen, während der Verteidiger größere Räume verteidigen / bzw. sichern muß - ergo nicht überall gleichzeitig stark sein kann.
 
Vieles was über die Kaiserliche Marine geschrieben wurde, konnte ich in amtlichen Dokumenten, aber auch in der Literatur nicht bestätigt finden.
Das liegt sicher an der Literaturauswahl. :pfeif:

Dieser angebliche Zusammenhang ist falsch.
Tatsächlich muß der Verteidiger erheblich bessere Aufklärungsarbeit leisten als der Angreifer, denn der Angreifer kann den Ort und Zeitpunkt wählen, während der Verteidiger größere Räume verteidigen / bzw. sichern muß - ergo nicht überall gleichzeitig stark sein kann.
So sehe ich das auch.


Abgesehen davon ist dieses hier teilweise falsch und teilweise eine unvollständige Betrachtung:
Die Deutschen wussten nicht, dass die Engländer vom 12.08 bis 19.08.1914 nach Süden Richtung Deutsche Bucht und wieder nach Norden kreuzten (Einzelheiten in #19). Nur warum wussten sie es nicht? Weil sie nicht aufklärten! Warum klärten sie nicht auf? Weil sie sich einigelten! Die extreme Zurückhaltung hatte die eingeschränkte Aufklärung zur Folge. Ist man offensiver, wird auch aufgeklärt werden (siehe auch die Maßnahmen bei Scheers Dienstantritt als Hochseechef. So heißt es in einer Aufzeichnung Tirpitz 07.08.1914, die Aufklärung „dürfe sich nicht auf engen Sicherheitsgürtel beschränken, sondern Aufklärung im weiteren Maße, evtl. mit der ganzen Flotte wäre notwendig.“
Der Fehldarstellung des Admiral T. liegt wohl kaum in seiner unzureichenden Information.

1. gaben die deutschen Agentenberichte aus England fälscherweise an, dass die Kanaltransporte ab dem 16.8.1914 beginnen würden.

2. werden oben die Abläufe verzerrt:

a) der erste verfügbare Sicherungsstreifen von 10 U-Booten zur Aufklärung der weiten Blockade von der 1. Flottille ausgesandt (6.8. bis 11.8.), Aufklärungsstreifen von der mittleren Nordsee bis Linie Scapa Flow/Hardanger - 7Seemeilen-Abstand, danach Linie Scapa Flow/Stavanger.

b) die Verlustrate betrug 20 %, nämlich 2 Boote (U13, U15). 1 Boot (U5) kehrte wegen Schäden vorzeitig zurück.

c) ausgewählt wurden die älteren - als bzgl. der Mannschaften als zuverlässig und erfahren angesehene - UBoote.

d) die brandneue 2. Flottille mit nicht eingefahrenen Besatzungen wurde um Helgoland zur notwendigen Deckung gegen britische Vorstöße zurückgehalten - auch hieraus strickte das Marinearchiv ex post eine phantasiereiche Diskussion, die den Boden der Realitäten und der Informationslage im August 1914 verläßt, was nämlich alles hätte besser gemacht werden können.

e) sonst noch verfügbar waren damit lediglich 4 UBoote - diese wurden am 8.11.1914 in Linie Terschellig/Swarte ausgesandt (U 19,21,22,24), wo die vorderen britischen Patrouillen vermutet wurden.

f) sämtliche Boote waren am 11.8.1914 zurück oder auf Heimfahrt. Damit waren die Aufklärungspotentiale für einige Tage erschöpft.

g) U20 und U21 wurden als erste am 15.8. Richtung Norwegen ausgesandt. U22 ging Richtung Humber. U19/U24 gingen am 18.8. Richtung Downs, begleitet von Kleinen Kreuzern Stalsund und Strassburg, sowie Kolberg (bereits 17.8.). Die Kleinen Kreuzer wurden von britischen Kräften aufgeklärt.

h) am 20.8. ging die Aufklärung Richtung Doggerbank, bestehend aus Strassburg, Rostock und der 6. TB-Flottille (Hipper hielt hier übrigens die Rückendeckung durch Schlachtkreuzer - 150 sm vor Helgoland - für zu riskant (!), weswegen der Kleine Kreuzer Mainz die Rückendeckung spielen durfte).

Soweit ein kurzer Abriss der völlig überschaubaren deutschen Aufklärungspotentiale. Das gesamte U-Boot-Potential wurde benutzt, soweit aufgrund Ausbildungsstand verantwortbar. Bewaffnete Kleineinheiten ohne Rückendeckung zwecks Aufklärung Richtung Kanaltranporte wären in die britischen Vorpostenstreifen des Kanals gelaufen. Abgesehen davon gab es umgekehrt britische Aufklärung bis vor die deutsche Küste. Dafür wurde jedes verfügbare Schiff (einige Hundert, darunter auch Trawler etc.) mobilisiert.


Quelle: Goldrick: The Kings Ship were at Sea, The War in the North Sea August 1914 - February 1915.
 
Die Auffassungen in #25 teile ich (soweit ich sie beurteilen kann, in den technischen Einzelheiten bin ich nicht so sachkundig), nicht aber die Schlussfolgerungen. 300 Seemeilen von Helgoland ist eine weite Strecke, da ist man fast in Dover oder bei der Humber-Mündung oder Südnorwegen (und hat das Skagerrak schon hinter sich gelassen).

Also gut, vielleicht war ich mir nicht bewußt, wieviel 300 Meilen sein können. Es ging mir ja auch nur um einen cirka Wert, nachdem Du meine Bezeichnung "Deutsche Bucht" auf die Flußmündungen bezogen hast.

Also diese Kümmelspalterrei macht keinen Sinn und trägt nichts bei...

Interessant ist aber immerwieder zu sehen, dass die Ausrichtung der Konstruktionen des Reichsmarineamtes keinerlei Bezug auf das zu diskutierende Thema findet.

Diese zeigen eindeutig, welche operative Strategie gefahren wurde, bzw. was noch entscheidenter ist, welche Möglichkeiten man mit dieser Flotte überhaupt hatte!

Was gibt es da noch zu Philosophieren?
Und keiner war sich so bewußt, wie Tirpitz, was die Flotte leisten soll oder kann, doch der wurde nach Aug 14 nicht mehr gefragt.
 
Also gut, vielleicht war ich mir nicht bewußt, wieviel 300 Meilen sein können. Es ging mir ja auch nur um einen cirka Wert, nachdem Du meine Bezeichnung "Deutsche Bucht" auf die Flußmündungen bezogen hast.
Also diese Kümmelspalterrei macht keinen Sinn und trägt nichts bei...

Da hast du völlig recht.

Es war selbst in der separierten Konfrontation mit Frankreich (ohne Eingreifen Englands) nicht beabsichtigt, Dreadnoughts in oder durch den Kanal zu schicken, allein aufgrund der Bedrohung durch ca. 60+ frz. TP- und U-Boote.

Das I. LS-Geschwader mit den 4*Helgoland und 4*Nassau sollte vielmehr Großbritannien umrunden. Lediglich die Schlachtkreuzer sollten Rückhalt für leichte Einheiten beim Kanaldurchbruch bilden. Die Planungen stellen insoweit auf einen Kontrast zu dem Badewannen-Strategen Tirpitz dar.
 
Da hast du völlig recht.

Es war selbst in der separierten Konfrontation mit Frankreich (ohne Eingreifen Englands) nicht beabsichtigt, Dreadnoughts in oder durch den Kanal zu schicken, allein aufgrund der Bedrohung durch ca. 60+ frz. TP- und U-Boote.

Das I. LS-Geschwader mit den 4*Helgoland und 4*Nassau sollte vielmehr Großbritannien umrunden. Lediglich die Schlachtkreuzer sollten Rückhalt für leichte Einheiten beim Kanaldurchbruch bilden. Die Planungen stellen insoweit auf einen Kontrast zu dem Badewannen-Strategen Tirpitz dar.


Wie soll man sich dies logistisch vorstellen?
Öfter mal Kohlen aus Hapag-Dampfern?
Segel setzen?
Schleppen?
 
Wie soll man sich dies logistisch vorstellen?
Öfter mal Kohlen aus Hapag-Dampfern?
Es reicht bei 5000 sm und 10-12 kn für die Nassau-Klasse.
Nachkohlen ist kein ersichtliches Problem bei Seeherrschaft. Letzteres ist eine Frage der kalkulierten Variante, hier: ex-England (bitte beachten, war oben ausdrücklich erwähnt). Bei unklarer Haltung Englands wurde die Option nicht erwogen.


Segel setzen?Schleppen?
Ich nehme mal etwas vorlaut an, dass sollte ironisch gemeint sein.
http://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Straßburg_(1911) zum Schleppdienst, es reicht aber auch ein Breyer zum Nachschlagen, alternativ der zeitgenössische Weyer oder etwas anspruchsvoller Brasseys Naval Annual.
 
[...]
Das I. LS-Geschwader mit den 4*Helgoland und 4*Nassau sollte vielmehr Großbritannien umrunden. Lediglich die Schlachtkreuzer sollten Rückhalt für leichte Einheiten beim Kanaldurchbruch bilden.[...]
Silesia, wo hast du das denn her?

Das I. Geschwader soll die Insel umrunden?
Es gibt mehrere Gründe, warum ausgerechnet dieses Geschwader nicht dafür geeignet wäre.
Wir haben hier Schiff mit Kolbendampfmaschinen, dass bedeutet hoher Kohlenverbrauch bei gleichzeitig geringerer Leistung gegenüber einer Turbinenanlage. Das bedeutet auch einen kleineren Fahrbereich. Weiter hinderlich bei dem I. Geschwader war die unterschiedliche Bewaffnung, also 28iger und 30,5er!

Wenn überhaupt, dann wären für einen Atlantikkrieg die großen Kreuzer ab der von der Tann geeignet gewesen, schon allein wegen dem Geschwindigkeitsüberschuss. Diese Art von Überlegung gab es auch kurzeitig bei der Front Sept 1914. (Bzw. vom Kommandanten der von der Tann?) Wurde aber nicht ernsthaft weiterverfolgt.

Ich möchte aber nun etwas weiter in der Zeit zurückgehen, denn um hier die Konstruktion und Planung des Reichsmarineamtes etwas mehr ins Spiel zu bringen, habe ich folgendes gelesen:

[…]Die Planung für die neue Gesetzesvorlage begannen im Sommer 1903 konkrete Formen anzunehmen. Zunächst war s der Gedanke an eine „Seewehrschlachtflotte“, der die Arbeiten in der Etatabteilung des Reichsmarineamtes für die nächsten Monate leiten sollte. Diese Konzept, das in verschiedenen Versionen erstellt wurde, sah im Kern vor, neben den bereits bewilligten beiden Linienschiffgeschwadern der aktiven Schlachtflotte und den zwei Reservegeschwadern bei Verzicht auf eine weiter Verstärkung der Auslandsflotte ein fünftes und sechstes Geschwader, die „Seewehr“, zu fordern.
[…]
In der Seewehr, die der Landwehr der Roon´schen Armeereformen nachempfunden sein sollte[…]Für die Entwicklung einer modernen Seestreitkraft hätten solche nicht-maritimen Maßstäbe verhängnisvoll werden können. Zum anderen stellte dieses Konzept eine übersteigerte Form des Schlachtflottendogmas dar, das bei seiner Realisierung absolut keinen Raum für alternative seestrategische und –taktische Überlegungen mehr hätte bieten können. Auch zeugen diese Planungen davon, […]
Der Vergleich mit den strategischen und typentechnischen Planspielen, die Admiral Fisher zur selben Zeit in England anstellen sollte, spricht dabei Bände.[…]
Die international verbreitete Schlachtflottenphilosophie des sogenannten „Mahanismus“ trieb in der Tirpitz´schen Konzeption der Seewehr eine seltsame Blüte.
[…]
Quelle: Linienschiffe der Kaiserlichen Marine 1906 – 1918 /A. Grießmer / Seite 17 / I Der Weg zum deutschen Dreadnoughtbau: die Nassau-Klasse

Ich behaupte damit, dass die deutschen Linienschiffbauten, auch nach 1906, eigentlich nur an den Stand der Technik angepasste Ausfallkorvetten der Sachsen-Klasse darstellten. Darin ist keine Spur zu erkennen, von groß angelegten Operationen in die Tiefe der Nordsee oder gar um die britischen Inseln herum.
 
[FONT=&quot]Die Seeschlacht im August 1914 wollte man aus politischen Gründen nicht. Bethmann meinte nach dem Attentat in Sarajevo am 28.06.1914, dass Ö-U seine lokale Position gegenüber Serbien nachhaltig verbessern konnte. Die Stärkung von Ö-U sollte indirekt Deutschland helfen. Diese Rechnung wäre im Prinzip auch aufgegangen. Nur Bethmann schätzte die Situation in Ö-U falsch ein. Es gab Leute wie Conrad, die lautstark für eine Aktion eintraten. Aber eben auch andere. In Ö-U konnte kein politischer Wille gebildet werden. Der Zeitablauf ohne Aktionen (jede Nation hätte Ö-U maßvolle Sanktionen zugestanden) erhöhte die Spannung, Russland machte mobil und jetzt machte Bethmann seinen ersten groben Fehler. Er erklärte Russland am 01.08.1914 den Krieg (Ö-U erklärte am 06.08.1914 Russland den Krieg und zwar erst auf deutschen Druck, da die Deutschen bemerkten, dass Ö-U den deutschen Kriegsschiffen im Mittelmeer nicht helfen konnte; Russland und Ö-U verhandelten noch mit Aussicht auf Erfolg). Als Rechtfertigung wird gerne genannt, dass er die SPD auf seine Seite bringen wollte, als ob dies durch eine Kriegserklärung Russlands oder russische Kriegshandlungen nicht besser geschehen wäre. Juristisch war Deutschland der Angreifer. [/FONT]
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[FONT=&quot]Von Bethmann wird berichtet, dass er mit den Nerven völlig unter war. Von einer lokalen Begrenzung des Krieges konnte keine Rede mehr sein, und tatsächlich wurde von einer Begrenzung auf den Osten gesprochen. Die Leute in Berlin mussten völlig konfus gewesen sein, denn der Westaufmarsch war schon über ein Jahrzehnt alt und ist mehrfach bearbeitet worden. Tatsächlich versuchte sich die Reichsleitung als nicht informiert darzustellen, was schlichter Unsinn war. Schon eine Modifizierung eines Aufmarsches war eine Arbeit von Monaten, die letzte war 1911. Grund war, dass wegen der angenommenen englischen Blockade die Neutralität der Niederlande gesichert werden sollte. Der Durchmarsch konnte nur noch durch Belgien gehen, weshalb vom rechten Flügel Truppen abgezogen wurden. Das führte zu einer Verlangsamung des Durchmarsches, so dass die Unterstützung der Marine nötig geworden wäre um wiederum Aufmarschbewegungen der Gegenseite zu stören. Staatsrechtlich konnte dies nur der Kaiser machen, der sah aber das Problem nicht.[/FONT]
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[FONT=&quot]Bethmann, dem vor wenigen Tagen Belgrad als ö-u Pfandrecht vorschwebte, war plötzlich in einem Weltkrieg (Bethmann war ein schlechter Außenpolitiker, er nahm das Reichskanzleramt nur wiederstrebend an und tat alles aus Pflichterfüllung so gut er eben konnte). An eine Beteiligung von England hat er gar nicht gedacht. Auch Wilhelm II. war völlig konsterniert und ließ sich vom englischen König zusagen, dass England nicht in den Krieg eintreten wolle (als ob Wilhelm II. nicht gewusst hätte, wer England regiert). Bethmann blieb nichts anders als zu versuchen England aus dem Krieg herauszuhalten (England war nicht verpflichtet Belgien zu verteidigen, die belgische Neutralität war nicht mit der schweizerischen vergleichbar, sie war eine einseitige, frei widerrufliche, die faktisch auch nicht mehr bestand, da es militärische Abreden zwischen England und Belgien gab – was in Deutschland bekannt war). Bethmanns Versuch war rührig, aber chancenlos. Allerdings teilte der englische Botschafter Goshen das in einem vertraulichen Gespräch am 04.08.1014 geäußerte „scrap of paper“ der Öffentlichkeit mit, was einen sehr negativen Eindruck machte. Aber selbst nach der Kriegserklärung Englands am 05.08.1914 (die heimliche englische Mobilmachung war bereits 36 Stunden früher – zur Erinnerung, die Operationsanweisung des Kaisers ist vom 30.07.1914) meinte Bethmann England noch aus dem Krieg heraus verhandeln zu können.[/FONT]
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[FONT=&quot]Jetzt und in diesem Zusammenhang kommt die Frage, wie die Marine gegen England vorgehen soll. Die Aufzeichnungen Pohl vom 08.08.1914 sind eindeutig. Bethmann will keinerlei militärische Operationen, Tirpitz die Schlacht. Von Chancenlosigkeit spricht zu diesem Zeitpunkt kein Mensch. Im Gegenteil, Ingenohl will ausdrücklich „im vollen Vertrauen auf Erfolg“ gegen die 1. Englische Flotte vorgehen. Tirpitz meint nur, dass Ingenohl aktiv werden muss und nicht passiv auf die englische 1. Flotte warten darf. Dass steht in allen Operationsanweisungen und wäre auch durch die von 1914 nicht verboten. Die Ausführungen zur Chancenlosigkeit haben doch mit den historischen Vorgängen nichts mehr zu tun, wenn sich der Hochseechef anderweitig geäußert hat. Das war seine historisch verbürgte Einschätzung und die deckte sich mit den in diesem Zusammenhang ebenfalls verbürgten von Tirpitz und Scheer (und auch Jellicoes gibt in seinem Buch den Deutschen eine gute Erfolgschance) .[/FONT]
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[FONT=&quot]Schließlich ist auch die Frage der Chancen und Risiken einer Seeschlacht durch die Skagerrak-Schlacht geklärt. Der Unterschied vom August 1914 und Mai/Juni 1916 ist nur, dass im späteren Zeitpunkt die Chancen der deutschen deutlich (so Jellicoe) schlechter waren.[/FONT]
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[FONT=&quot]Bethmanns politisches Kalkül ging nach hinten los. Die Inaktivität der deutschen Marine führte zum völlig ungestörten Aufmarsch in Frankreich, der in der Marneschlacht endete. Und zum Zusammenführen der 1., 2. und 3. Englischen Flotte. Jetzt sah die Sache für die Deutschen ungünstiger aus. Warum sollten sich jetzt die Engländer aus dem Krieg zurück ziehen? Ihre Rechnung ist doch aufgegangen. [/FONT]
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Es reicht bei 5000 sm und 10-12 kn für die Nassau-Klasse.
Nachkohlen ist kein ersichtliches Problem bei Seeherrschaft. Letzteres ist eine Frage der kalkulierten Variante, hier: ex-England (bitte beachten, war oben ausdrücklich erwähnt). Bei unklarer Haltung Englands wurde die Option nicht erwogen.



Ich nehme mal etwas vorlaut an, dass sollte ironisch gemeint sein.
http://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Straßburg_(1911) zum Schleppdienst, es reicht aber auch ein Breyer zum Nachschlagen, alternativ der zeitgenössische Weyer oder etwas anspruchsvoller Brasseys Naval Annual.


Sorry,

aber ich kann solche Planungen einfach nicht ernst nehmen.
Das werden doch in aller Regel "Fingerübungen" für junge Führungsgehilfen gewesen sein.

Wie hoch ist der Kohlenverbrauch bei Höchstfahrt? Die hätten doch im Atlantik ständig Kohlen müssen, um nicht mit halbleeren Bunkern von den Franzosen überrascht zu werden.
Waren nicht auch die Freibordhöhen für den Atlantik zu gering?
Ausfall-Korvetten wie es Köbis schrieb.

Kein Admiral schickt des Steuerzahlers Schweiß in ein solches Szenario.
 
Sorry,
aber ich kann solche Planungen einfach nicht ernst nehmen.
Das werden doch in aller Regel "Fingerübungen" für junge Führungsgehilfen gewesen sein. ...
Kein Admiral schickt des Steuerzahlers Schweiß in ein solches Szenario. ...

Ich stelle das noch ausführlich dar.

Allerdings ist es verwegen, Quellenkritik ohne Kenntnis der Quelle zu wagen. Rein OT: Das ist schon einmal schiefgegangen
... ist doch nichts als eine Fingeraufgabe für "Führungsgehilfen" wenn ich mich richtig erinnere sollten die Kriegsschiffe ja zum erheblichen Teil über den Atlantik geschleppt werden,
das ist eine Spielerei sonst nichts.
Ist doch eine interessante Aufgabe für angehende Gerneralstäbler, Bedarf von Eisenbahnwaggons zur Verlegung von Truppen in die Nordseehäfen, Schiffe für eine Landungsstreitmacht, Kohlenbedarf, Kohlenschiffe aus denen unterwegs gekohlt werden könnte, Bedarf an Sauerkrautfässern, damit kein Skorbut ausbricht, Kondome für die erobernden Streitkräfte....
Aber zur Erinnerung: Wir befinden uns hier in einem Thread der den "Angriffsplan des Deutschen Reiches auf die USA 1903" zum Thema hat."Hard Facts" kann ich da nun gar keine finden.:pfeif:
Nicht mal,
das sind "Facharbeiten" in der Generalstabsausbildung. Reine Logistik-Fingeraufgaben.

@Köbis: später mehr zur Lageanalyse. Vorab ein Hinweis: ich hatte bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses das Kriegsszenario ohne Großbritannien darstellt. Es gibt ein zweites Szenario: Grobritannien unsicher. Es geht damit lediglich am Rande um "Atlantikkriegführung" - eingegrenzt auf französische Einheiten (dafür waren ggf. die "Nassaus" reichweitenbedingt vorgesehen).
 
@Köbis: später mehr zur Lageanalyse. Vorab ein Hinweis: ich hatte bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses das Kriegsszenario ohne Großbritannien darstellt. Es gibt ein zweites Szenario: Grobritannien unsicher. Es geht damit lediglich am Rande um "Atlantikkriegführung" - eingegrenzt auf französische Einheiten (dafür waren ggf. die "Nassaus" reichweitenbedingt vorgesehen).

Gut, für Frankreich, dann wäre wohl auch das Mitführen eines Troßverbandes nicht unbedingt ein Problem. Immerhin war ja gerade die detachierte Divison noch 1913/14 nach Amerika, sprich im Atlanik, unterwegs.

Doch bei aller zuversicht, aber bei der Helgoland- und Nassau-Klasse haben wir Feuerhöhen der schweren Artillerie von 7m bis 10m, bei einem Freibord von 6m bis 8m. Dabei ist zu beachten, die Mittelartillerie unter dem Hauptdeck sitzt. Als haben wir hier Feuerhöhen von ca. 4 - 5m!

Diese niedrige höhe sorgte schon bei leichten bis mittleren Wellengang in der flachen Nordsee für nicht einsatzbereite 15er.

Sicherlich wurde diese Probleme mit der Kaiser-Klasse sowie der Seydlitz mit der Erhöhung der Back reduziert und auch die Mittelartillerie stieg ein Deck höher. Doch waren auch diese Schiffe nicht unbedingt für Gefechtssituationen, ungeachtet der Versorgungslage, in diesen Regionen geeignet.

Als Beispiel möchte ich die späteren Problem mitd er Scharnhorst-Klasse oder den schweren Kreuzern der Hipper-Klasse anführen, die selbst nach Einführung eines Atlanikbugs, noch immer sehr naß im die Nase waren.
(Achtung, nur ein Bespiel, bitte diese Schiffstypen hier nicht thematisieren, anderer Zeitpunkt!;))

Außerdem war es mir echt neu, daß man nach den Flottengesetzen von 1898 und 1900 noch mit Frankreich als Seegegner rechnete bzw. daraufhin arbeitete?
 
Ich stelle das noch ausführlich dar.




@Köbis: später mehr zur Lageanalyse. Vorab ein Hinweis: ich hatte bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses das Kriegsszenario ohne Großbritannien darstellt. Es gibt ein zweites Szenario: Grobritannien unsicher. Es geht damit lediglich am Rande um "Atlantikkriegführung" - eingegrenzt auf französische Einheiten (dafür waren ggf. die "Nassaus" reichweitenbedingt vorgesehen).


Ja ja, man wollte gewaltsam in Bristol Kohlen..................................:rofl:


Allerdings ist es verwegen, Quellenkritik ohne Kenntnis der Quelle zu wagen. Rein OT: Das ist schon einmal schiefgegangen
Auch nachdem ich seit heute weiß, dass es hier nicht um eine ergebnisorientierte Diskussion sondern um ein Tennisturnier geht, sehe ich keinen Grund mich stärker anzustrengen.

Den Hund zum Jagen tragen................


Ich gebe das Turnier auf, das Preisgeld ist mir zu gering:rofl::winke::still:
 
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