Welcher Archäologe / Historiker ist denn hier am Werke, wo ist das Experiment dazu? Wer hat es ausgewertet und welche Quellen und Funde liegen zugrunde?
Das sind keine Fachleute sondern Darsteller, Reenacter, Hobbiiesten die vor Publikum auftreten (was keine persönliche Abwertung oder Beleidigung sondern nur eine Einordnung sein soll!).
Wie an anderer Stelle beschrieben ist etwa nicht klar, ob der optio überhaupt den Helmbusch als Identifikationsmerkmal trägt, ja nicht mal seine hastile scheint eindeutig nur von seinesgleichen getragen worden zu sein. In nicht einer Quelle ist dies geäußert und eine Darstellung wie sie die Bilder darlegen vermissen wir ohnehin.
Um es mal klar zu sagen: Domaszewski, einer der wirklichen Urgesteine römischer Militärforschung hat einmal wunderbar erläutert, dass wir bei Caesar "Marschkommandos" meist in Verbindung mit "signa" formuliert finden. Die Soldaten konnten sich also mit Sicherheit an den Feldzeichen orientieren. Das macht auch mehr Sinn als einen ca. 20 - 40 cm hohen Kopfschmuck als Orientierungspunkt zu veranschlagen. Besonders während einer Schlacht, bei der für die weiter hinten stehenden Männer klar ist, wo sich ihr centurio befindet, sie aus dem Helmbusch oder seiner Position einen Befehl aber nicht ersehen können....
Nb. für ein Experiment bräuchte man wenigstens 80 - 100 römische, gut ausgerüstete und ausgebildete Darsteller, eine adäquate Anzahl Gegnerdarsteller (am besten sogar verschiedene Gegner datierend ins 1. Jh.n.Chr. für verschiedene Durchläufe) und das Wissen sowie die Möglichkeiten, einen Kampf angemessen zu simulieren. Dazu kommt dann der Dokumentations- und Auswertungsaufand. Liest man sich mal durch, was Junkelmann in den Anfangstagen der deutschen Experimentalarchäologie im Bereich römisches Militär bereits investieren mußte, so kann man sich vorstellen, welche Kosten das mit sich bringen dürfte.
Klingt auch recht einleuchtend und ist ein schnelles Orientierungsmittel im stressigen und unübersichtlichem Kampfgetümmel der Schlacht.
Warum klingt das einleuchtend? Wo der centurio sich befindet ist unfraglich. Er war IMMER vorne zu finden. Das war sein Platz, das erklärt die hohen Verluste die Caesar gerne unter ihnen hervorhebt, das erklärt ihren besonderen Heldenmut (s. bspw. den Wettbewerb unter den Namensspendern Vorenus und Pullo). Seine Bewaffnung dürfte sich hervorgehoben haben, er selbst war bekannt in seiner Truppe wie ein bunter Hund und die meisten centuriones dürften auch sonst zumindest vom sehen bekannt gewesen sein.
Dazu kommt das signum, welches mit seiner stattlichen Höhe leicht zu erspähen ist und eine Orientierung wesentlich leichter macht, als das Spähen nach einer in 1,80 - 2 m endenden Kopfbedeckung.
Versetze dich einmal in die damalige Zeit. Centurionen sind nicht irgendwelche Soldaten geworden. Centurio zu werden war einen Auszeichnung aufgrund von Tapferkeit und besonderer Taten in der Schlacht.
Goldsworthy berichtet entsprechend erhaltener Briefe vollkommen zutreffen, dass einige centuriones der Kaiserzeit sich eingekauft haben. Equitaner, die sich nicht erst hochdienen wollten aber mit einer Karriere im Heer sympathisierten haben sich mit Vitamin B und finzieller Familienunterstützung einen Platz gekauft.
Auch gibt es Beförderungen "ex suffragio". Es handelt sich also um eine Verklärung, dass nur die "Besten der Besten" nach oben kamen.
Außerdem war der Tod allgegenwärtig und demzufolge gab es ein ganz anderes Verhältnis zu ihm, als wir heute zu ihm haben.
Natürlich ist der Tod in einer Gesellschaft, die ein niedrigeres Durchschnittsalter, einen geringeren medizinischen Standart und nicht die Angewohnheit, ihre Sterbenden außer Sicht zu bringen nicht so erschreckend und ungewöhnlich wie heute. Trotzdem dürfte eine Todessehnsucht unter Soldaten sehr ungewöhnlich sein. Und in der Tat ist das Bild, dass wir heute oft durch die Medien oder Veranstaltungen vermittelt bekommen recht unlogisch. Die Phalerae als leichteres Beispiel genommen: diese runden Scheiben werden heute als Auszeichnungen, als donativa gewertet. Wir haben einige von ihnen im Fundgut und in Abbildungen. So ist ihre tragweise recht klar und die meisten Darsteller und Filmproduktionen zeigen die metallenen Varianten. Das wir aber ebensoviele davon aus Glas besitzen wird ausgeblendet. Würde man diese in der Schlacht tragen, so ist eine Beschädigung oder Zerstörung eigentlich unvermeidbar. Das diese z.T. Kaiserbildnisse tragen verschlimmert den Umstand nur.
Zwar ist richtig, dass gerade in der Neuzeit Offiziere sich besonders kenntlich machten (manchmal genormt), ebenso richtig ist aber auch, dass sie dadurch stets spezielles Ziel wurden. Sowohl aus den napoleonischen Kriegen als auch den Sezessionskriegen wissen wir bspw. vom gezielten "Abschiessen" der Offiziere. Dies führte zumindest im frühen 19. Jh. zu einiger Empörung und Briefverkehr, in dem gegen dieses "unsittliche Vorgehen" protestiert wurde. Genützt hat es nichts, und spätestens im 1. Weltkrieg unternahm man Schritte dagegen. Das Grüssen im Feld wurde ebenso unterlassen wie man heute im Einsatz gerne die Schulterklappen im dt. Heer umdreht...
Der Vergleich soll sagen: in Hinsicht auf Logik gibt es hier Beispiele für beide Seiten.
Dasselbe müsste dann doch auch für den signifer gelten. Das signum war ja kaum zu übersehen.
Richtig. Darum gibt es übrigens auch eine kleine Diskussion über die Bedeutung bzw. den Einsatz der "antesignani". Hier im Forum übrigens auch zu finden. Einfach mal Suche nutzen
Die Militärtechnik soll sich auch in Bezug auf Effektivität und Reichweiten der Waffen sehr weiterentwickelt haben seit den römischen Zeiten, was eben zur Abschaffung der Gefechtsfeldgockel führte.
So linear ist das nicht. Da wir hier über eine gewisse Form von Uniformierung sprechen kommt ja erst das 18. Jh.n.Chr. zum Vergleich in Frage. Dazu gibt es jede Menge Uniformkundebücher. Schauen wir also mal in ein leicht erreichbares hinein.
In Knötel & Siegs "Farbiges Handbuch der Uniformkunde" Band 2 von 1996 finden wir auf Seite 61 englische Infanterie von 1830 bis 1890 abgebildet. Darunter auch, bezeichnet mit "b" einen Infanterie-Offizier (also keinen aus dem Stab sondern "von vorne") aus dem Jahre 1830. Er trägt, genau wie der Infanterist seiner Zeit auch eine weiße Hose, eine rote jacke und eine weiße Schärpe. Dazu einen scharzen Tschako auf dem kopf. Als Waffe nutzt er einen Degen / Säbel. Die vereinfachte Zeichnung macht es schwer, einen wirklich gravierenden Unterschied auf den ersten Blick zu erkennen. Man muß genau hinsehen um zu bemerken, wo die Unterschiede liegen. Und arbeitet man sich ein, so erfährt man, dass diese "Gockel" sich ihre Uniformen natürlich haben auf den Körper schneidern lassen und dabei nur beste Materialien verwendeten (wenn sie es sich leisten konnten).
Gehen wir etwas zeitlich nach vorne, S. 58, so sehen wir Royal Grenadiers aus dem Jahr 1745. Der Soldat ist hier prächtig rausgeputzt, mit einer spitzen Mütze, rotem Rock mit blauen Aufschlägen usw. usf. Der Offizier trägt Dreispitz und ein Brustschild wie es im 2. Wk die Kettenhunde (Feldpolizei) verwendeten. Dazu, anders als der Grenadier, hohe Stiefel zu seinem Schoßrock. Man kann ihn erkennen, aber er ragt nicht heraus, eher im Gegenteil, er macht sich kleiner.
Im Jahr 1813 auf der gleichen Seite sehen wir den Offizier dann sogar sehr bescheiden. Gleiche Uniform, gleicher Hut, gleiche Schuhe. Auch hier sind es eher kleinste Details, die ihn verraten, aber er ragt nicht heraus.
Dies nur als Beispiele. Es gibt auch das ein oder andere Gegenbeispiel.
Was aber klar wird: auch hier handelt es sich wieder um Verklärung. Offiziere sind bei ihren Mannschaften, damals wie heute, bekannt. Sie brauchen in einer ordentlichen Aufstellung kaum Kennzeichnung. Gerade in der Neuzeit versuchten eher ALLE ein besonders schönes Bild aufs Schlachtfeld zu bringen. Die Uniformen der Husaren nur als Beispiel genannt. Brissotin kann hier sicher einiges klarstellen.
Generalstabsoffiziere, die oftmals gar nicht in der Front gedient hatten sind natürlich als Gockel besonders gern genommene Beispiele.
Napoleon ist aber hier besonders nett anzusehen. Er trug gerne einen veralteten und schmuckarmen Zweispitz zu einem einfachen, grauen Feldmantel. In dieser "tristess" fiel er auf. Nicht nur unter seinen Offizieren sondern bspw. auch unter seinen Männern.
Gerade im Schlachtgetümmel war es wichtig, sich orientieren zu können, aus dem Augenwinkel zu erkennen, wo der Centurio steht.
Warum? Caesar berichtet von der Nervierschlacht, dass es nicht die Kommandos der Offiziere waren, sondern das eingespielte, selbstständige Handeln der Soldaten. Er sagt fast wörtlich, dass die Veteranen wußten, was sie tun mussten und es taten ohne dafür Anleitung zu brauchen.
Wie gesagt, WO der centurio ist, dass war allen Soldaten klar. Was er mitten im Gefecht tat auch. Und ganz hinten, 4 - 6 Reihen dahinter dürfte es schwer gefallen sein, zu sehen, was vorne passiert. In der Reihe sieht man meist nur den Kopf seines Vordermannes...
Selbst bei modernen Kampftruppen ist es teilweise üblich, dass Offiziere und Unteroffiziere hinten auf dem Helm eine spezielle Markierung tragen.
Die Kämpfen nicht in Formation und diese US-Amerikanische Tradition hat sich nicht besonders weit ausgebreitet (Wehrmacht, Franzosen, Briten, Japaner verzichteten darauf, die heuten Tarnbezüge verhindern meist eine Anbringung). Auffällig ist hier höchstens: das hervorhebende Zeichen ist für den Feind nicht sichtbar (es ist
hinten am Helm und besteht aus einem einzelnen senkrechten oder waagerechten Strich für Offizier / Unteroffizier). Wie mehrfach gesagt ist es im Gegenteil üblich, heute den Offizier im Feld nicht mit der Hand an der Mütze / am Helm zum Abschuß frei zu geben und man dreht sehr gerne seine Schulterklappen um.