Das Römerlager Aliso

salvus

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Liebe Freunde der römisch/germanischen Geschichte,

das Römerlager Aliso gibt nach wie vor große Rätsel auf.

Es ist das wohl wirklich einzig namentlich benannte Lager in Germanien (oder täusche ich mich?).

War dieses Lager deshalb wichtig, bzw. hatte es aufgrund dessen eine herausragende Stellung? Oder ist es nur aufgrund der geschilderten Belagerung in die Geschichte eingegangen und war daher nur eines von diversen Lagern?
Fakt ist, daß mehrere römische Geschichtsschreiber dieses Lager erwähnen.

Die spannende Frage ist aber: Wo war Aliso?
Im allgemeinen wird eines der bekannten Lager hier herangezogen.

Oberaden: Kommt nicht infrage, da es noch in vorchristlicher Zeit aufgegeben wurde.

Anreppen: Folgt man Kühlborn, dann existierte auch dieses Lager schon zur Statthalterschaft des Varus nicht mehr. Folglich kommt es wohl auch nicht infrage.

Haltern: Wird häufig gleichgesetzt mit Aliso. Ein archäologisches Indiz könnten die verscharrten Germanen im Töpfereibezirk sein. Dies könnte auf die erwähnte Belagerung hindeuten. Auch die hohe Bedeutung des Lagers Haltern für die Römer könnte auf Aliso hinweisen.

Trotzdem bleiben diverse Fragen:

1.
Muß man Aliso mit den bekannten Lippelagern gleichsetzen? Oder kann es auch ein bisher nicht entdecktes Lager sein?

2.
Sollte man aufgrund der Quellenlage nicht annehmen, daß Aliso sich in unmittelbarer Nähe zum Rhein befunden hat? Max. 2-3 Tagesmärsche?

3.
Aliso wird auch vom Tacitus im Zusammenhang mit den Germanicus-Feldzügen erwähnt:

Er (Germanicus) selbst führte auf die Nachricht,dass an dem Fluß Lupia angelegte Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin....Das ganze Gebiet zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein wurde mit neuen Grenzwegen und Dämmen befestigt.
(Tacitus ann. II ,7)

Ist das belagerte Kastell mit Aliso gleichzusetzen?
Lag Aliso an der Lippe?
Hat Germanicus Aliso wieder errichtet?

Don't ask any more stupid questions...:weinen:
(New model army)
 
Aliso wird nur zweimal namentlich erwähnt (als einziges Lager in Germanien).
Zuerst von Velleius Paterculus (II,120,4), der berichtet dass dieses Lager nach der Varusschlacht belagert, aber vom Lagerpräfekten L. Caedicius verteidigt wird. Trotz Mangel an Lebensmitteln kann er das Lager halten und sich schließlich zu den eigenen Leuten durchschlagen.

Frontinus erwähnt in seinen Strategemata zweimal ein belagertes Kastell, ohne einen Namen zu nennen.
In III,15,4 beschreibt er wie in einem, nach der Varusniederlage belagerten, Lager Mangel an Getreide herrscht.
In IV,7,8 erfährt man wie der Primipilar Caedicius, der in Germanien nach der Niederlage des Varus die Führung der eingeschlossenen Römer übernommen hatte, listenreich sein Lager verteidigt.
Es bleibt offen ob es sich um dasselbe Lager handelt, allerdings würden beide Episoden zum Aliso des Paterculus passen.

Die zweite namentliche Erwähnung findet sich bekanntlich bei Tacitus, Annalen II,7.

Schlußendlich gibt es noch eine Schilderung eines belagerten Lagers bei Zonaras (10,37), einem byzantinischen Autor der sich auf Cassius Dio stützt.
Dort ist wieder die Rede vom Mangel an Lebensmitteln und wie sich die Eingeschlossenen zum Entsatzheer des Aspreans durchschlagen.
Auch diese Geschichte würde zu Aliso passen, zumal man dort erfährt dass es das einzige Lager sei welches sich noch halten konnte.
 
War dieses Lager deshalb wichtig, bzw. hatte es aufgrund dessen eine herausragende Stellung? Oder ist es nur aufgrund der geschilderten Belagerung in die Geschichte eingegangen und war daher nur eines von diversen Lagern?
Fakt ist, daß mehrere römische Geschichtsschreiber dieses Lager erwähnen.

Die allerdings nicht unbedingt unabhängig voneinander sind, also nicht unbedingt zur gegenseitigen Bestätigung herangezogen werden können.

Sollte man aufgrund der Quellenlage nicht annehmen, daß Aliso sich in unmittelbarer Nähe zum Rhein befunden hat? Max. 2-3 Tagesmärsche?

Holsterhausen-Xanten: 8 Stunden Fußweg
Haltern-Xanten: 11,5 Stunden Fußweg
Beckinghausen-Xanten: 18 Stunden Fußweg
Oberaden-Xanten: 18 Stunden Fußweg
Anreppen-Xanten: 1 Tag, 9 Stunden Fußweg

Kleiner Schönheitsfehler: Alle Zeitangaben basieren auf dem modernen Straßen-Netz.
 
Es gibt noch eine Textstelle zur Gründung von Aliso (Cass. Dio LIV 33,4), die auf das Jahr 11 v. Chr. verweist:

So wurden sie besiegt und waren dann nicht mehr so kühn, belästigten aber weiterhin geringfügig seine Truppen aus der Entfernung, ohne näher zu kommen. Drusus fühlte sich nun seinerseits überlegen und legte dort, wo der Lupias (Λουπίας) und der Elison (᾿Ελίσων) sich vermischen, eine Festung an und eine weitere im Land der Chatten beim Rheine selbst.

(Mal eben aus der Wikipedia kopiert:cool:)

Die Schwierigkeit mit Oberaden ist, daß es bereits vor der Zeitenwende aufgegeben worden ist (wie auch oben beschrieben), da dort die später anzusetzenden Funde fehlen, bei Haltern ist es umgekehrt: dort fehlen die frühen Funde:motz:.

Vielleicht ist Haltern Aliso und Aliso ist von woanders dahin verlegt worden und der Name wurde beibehalten.
 
Für Haltern sprechen durchaus die folgenden Gründe:

1.
Die relative Nähe zum Rhein.
Wäre dieses Kastell weiter weg vom Rhein gewesen, so wäre der Fluchtweg zum Rhein entsprechend lang und somit die Wahrscheinlichkeit, daß die Flüchtenden den Rhein erreichen eher gering.

2.
Bei der Flucht aus Aliso waren Frauen und Kinder anwesend. Dies läßt auf zivile Strukturen in der Nähe des Lagers schließen. Solche hat es in Haltern wohl gegeben.

3.
Die gefundenen Knochen im Töpferofen. Knochen von 24 Individuen, welche pietätlos verscharrt wurden. Es waren, wie man inzwischen festgestellt hat Knochen von Germanen. Dies könnte auf Kampfhandlungen, bzw. eine Belagerung hindeuten.

Bleibt die spannende Frage, was nach der Flucht aus Aliso aus dem Kastell wurde. Haben es die Germanen geplündert? Wurde es gar zerstört? Wurde es neu aufgebaut für die Germanicus Feldzüge? Müßte man nicht archäologische Hinweise auf diese Fragen finden (Neuaufbau/Zerstörung)?
Die gibt es aber wohl nicht.:weinen:
 
Was geschah mit Haltern nach der Varusniederlage? Wurde es einfach offen gelassen? Normalerweise wurden doch Lager die nicht mehr gebraucht wurden von den Römer zerstört, wenn es im Feindesland war. Oder dachten sie vllt wiederkommen zu wollen, mit frischen Kräften?

Apvar
 
Was geschah mit Haltern nach der Varusniederlage? Wurde es einfach offen gelassen? Normalerweise wurden doch Lager die nicht mehr gebraucht wurden von den Römer zerstört, wenn es im Feindesland war. Oder dachten sie vllt wiederkommen zu wollen, mit frischen Kräften?

Apvar

Das ist natürlich die spannende Frage.
Es gibt keine genauen (archäologischen) Hinweise wann das Lager in Haltern errichtet wurde. Ebenso gibt es keine Hinweise auf das Ende des Lagers. Im allgemeinen geht man davon aus, daß das Ende von Haltern mit der Varusschlacht gleichzusetzen ist. Endgültige Beweise hierfür fehlen jedoch. Daher auch die Frage ob Haltern mit Aliso gleichzusetzen ist.
 
Dr. Peter Glüsing, ehemals Akademischer Oberrat am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Münster, sieht das Enddatum von Anreppen 9 n.Chr. und erwähnt das Lager Haltern (16 n.Chr.) als mögliches Aliso:

„Das an der Lippe gelegene Anreppen ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im späten Jahre 4 n.Chr. von Tiberius als Winterlager angelegt worden, und zwar im Endstadium des sog. immensum bellum, dem großen Aufstand der germanischen Stämme zwischen Nordsee, Elbe und Rhein von 1 n.Chr. bis ca. 5 n.Chr. In Anbetracht zahlreich nachgewiesener Brandspuren sind die Gebäude des Lagers Anreppen am Ende der militärischen Nutzung in Flammen aufgegangen, sehr wahrscheinlich erst im Jahre 9 n.Chr., im Zuge des bellum Varianum. Denn nach einer C-14 untersuchten Bauholzprobe aus Anreppen ist es ziemlich sicher, dass dieses Lager im Jahre 6 n.Chr., also nach Ende des immensum bellum, durchaus bestand. Angemerkt werden muss noch, dass - ganz im Gegensatz zur Anzahl der Lugdunum I-Asse - die Zahl der Nemausus-Asse in Anreppen bis jetzt relativ gering ist. Die Belegungszeit dieses Legionslagers war kurz: Ende 4 n.Chr. bis Herbst 9 n.Chr. (…)
Fazit: Sehr wahrscheinlich wurde das Legionslager Anreppen im Jahre 9 n.Chr. zerstört (Feuersbrunst sowie unbrauchbar gemachte Eisennagel-Vorräte in einem Brunnen). Das Legionslager Haltern hingegen wurde letztlich erst 16 n.Chr. aufgegeben (Aliso-Frage).“

Glüsing, Peter, Ergänzende Anmerkungen zur Enddatierung der frührömischen Lippelager Anreppen und Haltern. In: Rainer Wiegels (Hrsg.), Die Fundmünzen von Kalkriese und die frühkaiserzeitliche Münzprägung, Paderborn 2000, S.119 f.
 
Zuletzt bearbeitet:
"...Das Legionslager Haltern hingegen wurde letztlich erst 16 n.Chr. aufgegeben (Aliso-Frage).“

Zu dem Zeitpunkt scheint es aber kein Legionslager mehr gewesen zu sein, sondern bereits vor 9 im Übergang zu zivilen Nutzung.

Wenn die These von der Nutzung als Verwaltungs- und Handelszentrum richtig ist, ergibt sich daraus bereits die Aufgabe im Zuge der Varusschlacht. Dann handelt sich wohl eher zu diesem Zeitpunkt um eine aufgegebene Siedlung ohne militärische Funktion.

Römerlager Haltern ? Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu dem Zeitpunkt scheint es aber kein Legionslager mehr gewesen zu sein, sondern bereits vor 9 im Übergang zu zivilen Nutzung.

Wenn die These von der Nutzung als Verwaltungs- und Handelszentrum richtig ist, ergibt sich daraus bereits die Aufgabe im Zuge der Varusschlacht. Dann handelt sich wohl eher zu diesem Zeitpunkt um eine aufgegebene Siedlung ohne militärische Funktion.

Römerlager Haltern ? Wikipedia


Das war mir neu. Wenn Haltern 9 n.Chr. aufgelassen und nicht wieder besetzt wurde, dann kann es in der Tat nicht Aliso sein. (Tac.ann. II, 7).
Außerdem: Wenn es vor 9 n.Chr. bereits in ziviler Nutzung war, dann kann es dort auch keinen Lagerkommandanten L. Caedicius (Velleius Paterculus, 120,4) gegeben haben, der das Lager gegen die germanischen Belagerer verteidigte.

Im wikipedia-Eintrag verwundert mich allerdings, dass in den Literaturangaben „J.-S. Kühlborn: Germaniam pacavi, Münster 1995“ nicht auftaucht.

Kühlborn schreibt (1995):

„Das Ende (von Haltern) wird in Zusammenhang mit der Varusniederlage des Jahres 9 gebracht. (…) Die eigentliche Begründung des Enddatums vom römischen Haltern basiert letztlich auf der Feststellung, dass Münzen aus der frühen Regierungszeit des Tiberius (14-37) fehlen. Die Überzeugungskraft dieses Arguments verblasst leider angesichts der Tatsache, dass uns von der riesigen Streitmacht des Germanicus, die im Inneren Germaniens weitreichende Feldzüge (14-16) durchführte, ebenfalls keine frühtiberischen Prägungen vorliegen..“

Kühlborn, J.-S., Germaniam pacavi – Germanien habe ich befriedet, Münster 1995, S.98

Aliso wurde von Germanicus spätestens 16 n.Chr. wieder besetzt (Tac.ann. II, 7). Archäologische Spuren dieser Wiederbesetzung gibt es in Haltern allerdings nicht. Kühlborn ist sich folglich nicht ganz sicher, ob Haltern 9 n. Chr. (=namenlos) oder eventuell erst 16 n.Chr. (=Aliso) aufgelassen wurde.
 
Wenn die These von der Nutzung als Verwaltungs- und Handelszentrum richtig ist, ergibt sich daraus bereits die Aufgabe im Zuge der Varusschlacht. Dann handelt sich wohl eher zu diesem Zeitpunkt um eine aufgegebene Siedlung ohne militärische Funktion.

Das würde auch durchaus einen Sinn ergeben.
Schließlich gab es das weit östlicher gelegene Legionslager Anreppen, dass als vorgeschobener Posten für Operationen im Weserraum dienen konnte. Haltern war dann von militärischer Funktion entbunden und konnte in zivile Nutzung übergehen.
 
Bzgl. der Rückschlüsse aus Münzfunden stellt sich mir wieder die Frage, welche Nachweise bzgl. der Umlaufgeschwindigkeit und damit der Verbreitung für diesen Zeitraum bestehen.

Kann man definitiv ausschließen, dass die Verbreitung mehrere Jahre dauerte, um in die entfernten Außenlager zu gelangen?

Weitere Frage: wieso würde Haltern nicht eine eine Kettenstruktur von Lagern vorwärts Rhein/Main passen, also etwa Lippe - Weser - Fulda (grob ein Halbkreis)?
 
Das würde auch durchaus einen Sinn ergeben.
Schließlich gab es das weit östlicher gelegene Legionslager Anreppen, dass als vorgeschobener Posten für Operationen im Weserraum dienen konnte. Haltern war dann von militärischer Funktion entbunden und konnte in zivile Nutzung übergehen.

Dr. Kühlborn (soweit mir bekannt ist, war er Grabungsleiter in Anreppen) geht von einer eher kurzen Belegungszeit des Lagers in Anreppen aus. Seiner Meinung nach war das Lager zu Beginn der Statthalterschaft des Varus wahrscheinlich schon nicht mehr in Betrieb. Es fehlen offensichtlich entsprechende archäologische Funde, die einen möglichen Betrieb des Lagers zur Zeit der Statthalterschaft des Varus möglich erscheinen lassen.

In diesem Zusammenhang noch ein interessantes Zitat:

Insbesondere die Zusammensetzung der Terra Sigillata und die Münzen legen nahe, daß die Auflassung Anreppens vor dem Ende von Haltern erfolgt sein muß. Halterns Ende setzt man gewöhnlich ins Jahr 9 n.Chr., dem Jahr der Varusschlacht. Das die Belegungsdauer Anreppens relativ kurz gewesen sein muß, ist an dem vergleichsweise schwachen Fundaufkommen abzulesen.
( J.S. Kühlborn: Die Zeugnisse der Archäologie, aus: Wiegels (Hrsg.): Die Varusschlacht - Wendepunkt der Geschichte? 2. Theiss Verlag 2. Auflage 2009)
 
Zuletzt bearbeitet:
Tut man das noch? Ich dachte, das sei seit drei, vier Jahren überholt.

Diese Frage (die Existenz von Haltern über die Varusschlacht hinaus) wird wohl seit einigen Jahren auch in Fachkreisen recht kontrovers diskutiert. Im allgemeinen wird wohl von einem möglichen Ende Halterns im Jahre 9 n.Chr. ausgegangen. Eine längere Existenz bzw. Belegung wird insbesondere nach den Befunden in Kalkriese diskutiert. Lt. Kühlborn haben insbesondere solche Wissenschaftler, welche Kalkriese eher mit den Germanicus-Feldzügen in Verbindung bringen die Diskussion ins Rollen gebracht.

1.
Auffallend ist auf jeden Fall der nahezu identische Münzhorizont der beiden Fundorte.
2.
Außerdem gibt es in Haltern keinerlei Anzeichen für eine Zerstörung des Lagers, ähnlich wie in Oberaden und Anreppen.
3.
Desweiteren fehlen Spuren einer möglichen Neuerrichtung des Lagers in Haltern oder Umgebung.

Insbesondere die Punkte 2 und 3 könnten für eine dauerhafte Weiterbelegung des Lagers sprechen. Dies würde allerdings den Quellen widersprechen.
Und außerdem:
Die verscharrten Knochen im Töpferofen, als auch einige Hortfunde in denen offenbar schnell einige Sachen versteckt wurden sprechen wohl für Kämpfe bzw. eine eilige Aufgabe des Lagers.
Ob man bei diesen Fragen Haltern mit Aliso gleichsetzen kann ist ebenfalls fraglich. Hätten die Germanen nach der römischen Flucht aus Aliso dieses Lager nicht zerstört? Oder haben die Germanen das Lager (Haltern bzw. Aliso) nur geplündert? Und im Jahr 11 n.Chr. hat Tiberius dieses Lager wieder in Betrieb genommen. (Achtung: These!:pfeif:)

Komplizierte Sachlage!
Aber jede Menge Stoff zum diskutieren.:winke:
 
Archäologische Indizien: Haltern war wohl das antike Aliso

ich habe in der Lokalpresse gelesen, daß der Landschaftsverband Westfalen-Lippe einen Band zu Haltern/Aliso veröffentlicht hat:

Hier der Artikel aus den Ruhrnachrichten:


Archäologische Indizien: Haltern war wohl das antike Aliso
HALTERN Die Altertumskommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) veröffentlicht in der Reihe "Römerlager in Westfalen" den Band 5 "Haltern". Eines der Ergebnisse: Haltern war wohl das antike Aliso.

Das 44 Seiten umfassende Heft im DIN-A-5-Format enthält sowohl die Entdeckungs- und Forschungsgeschichte wie auch die Beschreibung und archäologische Einordnung der römischen Anlagen von Haltern. Autor Dr. Rudolf Aßkamp, Direktor des LWL-Römermuseums Haltern, bewertet den Militärkomplex im Rahmen der Römischen Feldzüge in Germanien (12 v.Chr. bis 16 n.Chr.).

Schließlich führt er sämtliche Indizien zusammen, die Haltern mit dem in der antiken Literatur beschriebenen "Aliso" gleichsetzen - die Antwort auf eine Frage, die die Gemüter zumindest der Experten ebenso stark bewegt wie die Örtlichkeit der Varusschlacht.

Forschungsgeschichte

War der römische Militärkomplex in Haltern tatsächlich das in der antiken Literatur beschriebene Aliso? Und damit auch der letzte Stützpunkt, den die Römer nach der Niederlage in der Varusschlacht 9 n.Chr. noch gehalten haben? "Die Gleichsetzung von Aliso mit Haltern durchzieht die Forschungsgeschichte dieses Römerlagers seit Beginn der Ausgrabungen vor 111 Jahren", erläuterte Aßkamp am Donnerstag (12.8.) vor der Presse im LWL-Römermuseum.

"Die Details aus der schriftlichen Überlieferung passten schon immer auf Haltern. Jetzt können wir auch von archäologischer Seite die Aliso-These bekräftigen." Denn laut der Schriftquellen bestand das Lager Aliso bis 16 n.Chr. fort und wurde im Winter 9/10 n.Chr. von Germanen belagert. In Haltern belegen nun unter anderem germanische Skelette aus einem Töpferofen und die Überlagerungen von Grabanlagen in der Gräberstraße, dass dieser Stützpunkt tatsächlich noch über das Jahr 9 n.Chr. hinaus mit römischen Soldaten besetzt war. Außerdem deuten nachträgliche Sperrvorrichtungen an Süd- und Osttor wie auch unmittelbar südlich des Hauptlagers geborgene Geschosse wie Schleuderbleie, Steinkugeln und dreiflügelige Pfeilspitzen auf eine Belagerung hin.

"Wir freuen uns, einen neuen und so lange erwarteten Band in unserer Reihe "Römerlager in Westfalen" zu präsentieren. Nach den Römerlagern Kneblinghausen, Holsterhausen, Oberaden und Anreppen publizieren wir mit Haltern innerhalb von nur zwei Jahren bereits über das fünfte römische Lager", erklärte Dr. Vera Brieske, Geschäftsführerin der Altertumskommission für Westfalen.

Hintergrund

1899 initiierte die Altertumskommission für Westfalen die ersten wissenschaftlichen Ausgrabungen in Haltern. Die Funde erregten so großes Aufsehen in der Fachwelt, dass noch im August eine De-legation des Kaiserlichen Archäologischen Instituts weitere Ausgrabungen in die Wege leitete. Bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs erforschten Wissenschaftler der später so genannten "Archäologenschule von Haltern" die römischen Überreste. Schon damals wurden die Forschungsergebnisse von der Altertumskommission für Westfalen publiziert und zählen bis heute zur Grundlagenliteratur in der provinzialrömischen Archäologie.

Die neue Publikation stellt wissenschaftlich fundiert die römischen Anlagen von Haltern dar. Zahlreiche Fotos von den Ausgrabungen, Abbildungen von Funden, Rekonstruktionen und detailgenaue Pläne illustrieren das Heft. Die Reihe wurde 2008 von der Altertumskommission für Westfalen begründet und stellt alle römischen Fundorte Westfalens in Einzelheften vor. Zu beziehen ist die Schrift für vier Euro über das LWL-Römermuseum Haltern, im Buchhandel oder direkt bei der Altertumskommission für Westfalen
 
Sehr interessante Artikel. Vielen Dank dafür.

Ich denke, daß Dr Aßkamp durchaus recht haben könnte. Es gibt diverse Indizien für eine These Haltern=Aliso.

Wenn dem wirklich so ist, dann stellt sich eine spannende Frage, die ich bereits erwähnt habe:

Der Münzhorizont von Haltern ist nahezu identisch mit dem in Kalkriese. Hieraus könnte sich dann folglich ergeben, daß aufgrund des Münzhorizonts das Schlachtfeld von Kalkriese durchaus auch mit den Germanicus Feldzügen in Verbindung gebracht werden kann.

Aber noch spannender:
Vieleicht muß man die Datierung auch anderer Fundorte neu überdenken. Es bleibt wohl nach wie vor schwierig einen gesonderten Germanicus-Horizont nachzuweisen.:weinen:
 
Wenn die Legionslager nach der Varusschlacht offen gehalten worden sind, frag ich mich warum sie nach den Germanicus-Feldzügen aufgegeben worden sind. Nach der Varusschlacht war ja erst einmal relative Ruhe an der Rheinfront. Hat Germanicus zuviel Porzellan bei seinen Verbündeten zerschlagen, so das mit einer geringeren Truppenstärke das Rechtsrheinische Gebiet nicht mehr gehalten werden konnte? Im Weserbergland, Rothaargebirge und Sauerland hätte man sogar mit wenigen kleinen Lagern das ganze Gebiet eigentlich sichern können.

Apvar
 
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